&&am &&lg=0 &&lh=0 &&c=9 . &&c=0 &&SGLogo &&___A4A5A6_Z0___halb16zu9_Z16___T3A7_Z-1___SVGHTML_Z0 &&fa &&g="[Titelseite]" {{Kinder- und Hausmärchen}} &&fe gesammelt durch &&sw0 die Brüder Grimm (Jacob und Wilhelm) &&x &&ns &&ll=0 &&lg=x &&g="[Verlagseite]" Erster Band Große Ausgabe Siebente Auflage Göttingen Verlag der Dieterichschen Buchhandlung 1857 Sage vergeht nie ganz, die verbreitete, welche der Völker redende Lippe umschwebt: denn sie ist unsterbliche Göttin. Hesiod 763 &&g="(Inhaltsverzeichnis)" {{Inhalt}} &&gv &&x &&ns &&al &&g="An_Bettina_von_Arnim" An die Frau &&fz1 &&fzs=1 Bettina von Arnim &&sw02 &&ax Liebe Bettine, dieses Buch kehrt abermals bei Ihnen ein, wie eine ausgeflogene Taube die Heimat wieder sucht und sich da friedlich sonnt. Vor[[Präpos]] fünfundzwanzig Jahren hat es Ihnen Arnim zuerst, grün eingebunden mit goldenem Schnitt, unter die Weihnachtsgeschenke gelegt. Uns freute, daß er es so wert hielt, und er konnte uns einen schönern Dank nicht sagen. Er war es, der uns, als er in jener Zeit einige Wochen bei uns in Cassel zubrachte, zur Herausgabe angetrieben hatte. Wie nahm er an allem Teil, was eigentümliches Leben zeigte: auch das kleinste beachtete er, wie er ein grünes Blatt, eine Feldblume mit besonderem Geschick anzufassen und sinnvoll zu betrachten wußte. Von unsern Sammlungen gefielen ihm diese Märchen am besten. Er meinte wir sollten nicht zu lange damit zurückhalten, weil bei dem Streben nach Vollständigkeit die Sache am Ende liegen bliebe. »Es ist alles schon so reinlich und sauber geschrieben« fügte er mit gutmütiger Ironie hinzu, denn bei den kühnen, nicht sehr lesbaren Zügen seiner Hand schien er selbst nicht viel auf deutliche Schrift zu halten. Im Zimmer auf und abgehend las er die einzelnen Blätter, während ein zahmer Kanarienvogel, in zierlicher Bewegung mit den Flügeln sich im Gleichgewicht haltend, auf seinem Kopfe saß, in dessen vollen Locken es ihm sehr behaglich zu sein schien. Dies edle Haupt ruht nun schon seit Jahren im Grab, aber noch heute bewegt mich die Erinnerung daran, als hätte ich ihn erst gestern zum letztenmal gesehen, als stände er noch auf grüner Erde wie ein Baum, der seine Krone in der Morgensonne schüttelt. Ihre Kinder sind groß geworden und bedürfen der Märchen nicht mehr: Sie[[1]] selbst haben schwerlich Veranlassung sie wieder zu lesen, aber die unversiegbare Jugend Ihres Herzens nimmt doch das Geschenk treuer Freundschaft und Liebe gerne von uns an. Mit diesen Worten sendete ich Ihnen das Buch vor drei Jahren aus Göttingen, heute sende ich es Ihnen wieder aus meinem Geburtslande, wie das erstemal. Ich konnte in Göttingen aus meinem Arbeitszimmer nur ein paar über die Dächer hinausragende Linden sehen, die Heyne hinter seinem Hause gepflanzt hatte, und die mit dem Ruhm der Universität aufgewachsen waren: ihre Blätter waren gelb und wollten abfallen, als ich am 3. Oktober 1838 meine[[Besitz]] Wohnung verließ; ich glaube nicht daß ich sie je wieder im Frühlingsschmuck erblicke. Ich mußte noch einige Wochen dort verweilen und brachte sie in dem Hause eines Freundes zu, im Umgange mit denen, welche mir lieb geworden und lieb geblieben waren. Als ich abreiste wurde mein Wagen von einem Zug aufgehalten: es war die Universität, die einer Leiche folgte. Ich langte in der Dunkelheit hier an und trat in dasselbe Haus, das ich vor acht Jahren in bitterer Kälte verlassen hatte: wie war ich überrascht als ich Sie[[1]], liebe Bettine, fand neben den Meinigen sitzend, Beistand und Hilfe meiner kranken Frau leistend. Seit jener verhängnisvollen Zeit, die unser ruhiges Leben zerstörte, haben Sie[[1]] mit warmer Treue an unserm Geschick Teil genommen, und ich empfinde diese Teilnahme ebenso wohltätig als die Wärme des blauen Himmels, der jetzt in mein Zimmer herein blickt, wo ich die Sonne wieder am Morgen aufsteigen und ihre Bahn über die Berge vollenden sehe, unter welchen der Fluß glänzend herzieht: die Düfte der Orangen und Linden dringen aus dem Park herauf, und ich fühle mich in Liebe und Haß jugendlich erfrischt. Kann ich eine bessere Zeit wünschen um mit diesen Märchen mich wieder zu beschäftigen? hatte ich doch auch im Jahre 1813 an dem zweiten Band geschrieben, als wir Geschwister von der Einquartierung bedrängt waren und russische Soldaten neben in dem Zimmer lärmten, aber damals war das Gefühl der Befreiung der Frühlingshauch, der die Brust erweiterte und jede Sorge aufzehrte. Diesmal kann ich Ihnen, liebe Bettine, das Buch, das sonst aus der Ferne kam, selbst in die Hand geben. Sie[[1]] haben uns ein Haus außerhalb der Mauern ausgesucht, wo am Rande des Waldes eine neue Stadt heranwächst, von den Bäumen geschützt, von grünendem Rasen, Rosenhügeln und Blumengewinden umgeben, von dem rasselnden Lärm noch nicht erreicht. Als ich in dem heißen Sommer des vorigen Jahres während der Morgenfrühe in dem Schatten der Eichen auf und ab wandelte, und die kühlende Luft allmählich den Druck löste, der von einer schweren Krankheit auf mir lastete, so empfand ich dankbar wie gut Sie[[1]] auch darin für uns gesorgt hatten. Ich bringe Ihnen nicht eins von den prächtigen Gewächsen, die hier im Tiergarten gepflegt werden, auch keine Goldfische aus dem dunkeln Wasser, über dem das griechische Götterbild lächelnd steht: warum aber sollte ich Ihnen diese unschuldigen Blüten, die immer wieder frisch aus der Erde dringen, nicht nochmals darreichen? Habe ich doch selbst gesehen daß Sie[[1]] vor einer einfachen Blume still standen und mit der Lust der ersten Jugend in ihren Kelch schauten. &&ar Berlin im Frühjahr 1843. Wilhelm Grimm &&x &&ns &&am &&g="Vorrede" Vorrede &&ax Wir finden es wohl, wenn von Sturm oder anderem Unglück, das der Himmel schickt, eine ganze Saat zu Boden geschlagen wird, daß noch bei niedrigen Hecken oder Sträuchen, die am Wege stehen, ein kleiner Platz sich gesichert hat, und einzelne Ähren aufrecht geblieben sind. Scheint dann die Sonne wieder günstig, so wachsen sie einsam und unbeachtet fort: keine frühe Sichel schneidet sie für die großen Vorratskammern, aber im Spätsommer, wenn sie reif und voll geworden, kommen arme Hände, die sie suchen, und Ähre an Ähre gelegt, sorgfältig gebunden und höher geachtet, als sonst ganze Garben, werden sie heim getragen, und winterlang sind sie Nahrung, vielleicht auch der einzige Samen für die Zukunft. So ist es uns vorgekommen, wenn wir gesehen haben wie von so vielem, was in früherer Zeit geblüht hat, nichts mehr übrig geblieben, selbst die Erinnerung daran fast ganz verloren war, als unter dem Volke Lieder, ein paar Bücher, Sagen, und diese unschuldigen Hausmärchen. Die Plätze am Ofen, der Küchenherd, Bodentreppen, Feiertage noch gefeiert, Triften und Wälder in ihrer Stille, vor allem die ungetrübte Phantasie sind die Hecken gewesen, die sie gesichert und einer Zeit aus der andern überliefert haben. Es war vielleicht gerade Zeit, diese Märchen festzuhalten, da diejenigen, die sie bewahren sollen, immer seltner werden. Freilich, die sie noch wissen, wissen gemeinlich auch recht viel, weil die Menschen ihnen absterben, sie nicht den Menschen: aber die Sitte selber nimmt immer mehr ab, wie alle heimlichen Plätze in Wohnungen und Gärten, die vom Großvater bis zum Enkel fortdauerten, dem stätigen Wechsel einer leeren Prächtigkeit weichen, die dem Lächeln gleicht, womit man von diesen Hausmärchen spricht, welches vornehm aussieht und doch wenig kostet. Wo sie noch da sind, leben sie so, daß man nicht daran denkt, ob sie gut oder schlecht sind, poetisch oder für gescheite Leute abgeschmackt: man weis sie und liebt sie, weil man sie eben so empfangen hat, und freut sich daran, ohne einen Grund dafür. So herrlich ist lebendige Sitte, ja auch das hat die Poesie mit allem Unvergänglichen gemein, daß man ihr selbst gegen einen andern Willen geneigt sein muß. Leicht wird man übrigens bemerken daß sie nur da gehaftet hat, wo überhaupt eine regere Empfänglichkeit für Poesie, oder eine noch nicht von den Verkehrtheiten des Lebens ausgelöschte Phantasie vorhanden war. Wir wollen in gleichem Sinne diese Märchen nicht rühmen oder gar gegen eine entgegengesetzte Meinung verteidigen: ihr bloßes Dasein reicht hin sie zu schützen. Was so mannigfach und immer wieder von neuem erfreut bewegt und belehrt hat, das trägt seine Notwendigkeit in sich und ist gewiss aus jener ewigen Quelle gekommen, die alles Leben betaut, und wenn es auch nur ein einziger Tropfen wäre, den ein kleines, zusammenhaltendes Blatt gefaßt hat, so schimmert er doch in dem ersten Morgenrot. Darum geht innerlich durch diese Dichtungen jene Reinheit, um derentwillen uns Kinder so wunderbar und selig erscheinen: sie haben gleichsam dieselben blaulichweißen makellosen glänzenden Augen [{{*)}} in die sich Kinder selbst so gern greifen ({{Fischarts Gargantua}} 129 {{b}} 131 {{b}}), und die sie sich holen möchten.], die nicht mehr wachsen können, während die andern Glieder noch zart, schwach und zum Dienste der Erde ungeschickt sind. Das ist der Grund, warum wir durch unsere Sammlung nicht bloß der Geschichte der Poesie und Mythologie einen Dienst erweisen wollten, sondern es zugleich Absicht war, daß die Poesie selbst, die darin lebendig ist, wirke und erfreue, wen sie erfreuen kann, also auch, daß es als ein Erziehungsbuch diene. Wir suchen für ein solches nicht jene Reinheit, die durch ein ängstliches Ausscheiden dessen, was Bezug auf gewisse Zustände und Verhältnisse hat, wie sie täglich vorkommen und auf keine Weise verborgen bleiben können, erlangt wird, und wobei man zugleich in der Täuschung ist, daß was in einem gedruckten Buche ausführbar, es auch im wirklichen Leben sei. Wir suchen die Reinheit in der Wahrheit einer geraden nichts Unrechtes im Rückhalt bergenden Erzählung. Dabei haben wir jeden für das Kinderalter nicht passenden Ausdruck in dieser neuen Auflage sorgfältig gelöscht. Sollte man dennoch einzuwenden haben daß Eltern eins und das andere in Verlegenheit setze und ihnen anstößig vorkomme, so daß sie das Buch Kindern nicht geradezu in die Hände geben wollten, so mag für einzelne Fälle die Sorge begründet sein, und sie können dann leicht eine Auswahl treffen: im Ganzen, das heißt für einen gesunden Zustand, ist sie gewiss unnötig. Nichts besser kann uns verteidigen als die Natur selber, welche diese Blumen und Blätter in solcher Farbe und Gestalt hat wachsen lassen; wem sie nicht zuträglich sind nach besonderen Bedürfnissen, der kann nicht fordern daß sie deshalb anders gefärbt und geschnitten werden sollen. Oder auch, Regen und Tau fällt als eine Wohltat für alles herab, was auf der Erde steht, wer seine Pflanzen nicht hineinzustellen getraut, weil sie zu empfindlich sind und Schaden nehmen könnten, sondern sie lieber in der Stube mit abgeschrecktem Wasser begießt, wird doch nicht verlangen daß Regen und Tau darum ausbleiben sollen. Gedeihlich aber kann alles werden was natürlich ist, und danach sollen wir trachten. Übrigens wissen wir kein gesundes und kräftiges Buch, welches das Volk erbaut hat, wenn wir die Bibel obenan stellen, wo solche Bedenklichkeiten nicht in ungleich größerem Maß einträten; der rechte Gebrauch aber findet nichts Böses heraus, sondern, wie ein schönes Wort sagt, ein Zeugnis unseres Herzens. Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen. Gesammelt haben wir an diesen Märchen seit etwa dreizehn Jahren, der erste Band, welcher im Jahre 1812 erschien, enthielt meist was wir nach und nach in Hessen, in den Main und Kinziggegenden der Grafschaft Hanau, wo wir her sind, von mündlichen Überlieferungen aufgefaßt hatten. Der zweite Band wurde im Jahre 1814 beendigt und kam schneller zu Stande, teils weil das Buch selbst sich Freunde verschafft hatte, die es nun, wo sie bestimmt sahen was und wie es gemeint war, unterstützten, teils weil uns das Glück begünstigte, das Zufall scheint, aber gewöhnlich beharrlichen und fleißigen Sammlern beisteht. Ist man erst gewöhnt auf dergleichen zu achten, so begegnet es doch häufiger als man sonst glaubt, und das ist überhaupt mit Sitten und Eigentümlichkeiten, Sprüchen und Scherzen des Volkes der Fall. Die schönen plattdeutschen Märchen aus dem Fürstentum Münster und Paderborn verdanken wir besonderer Güte und Freundschaft: das Zutrauliche der Mundart bei der innern Vollständigkeit zeigt sich hier besonders günstig. Dort, in den altberühmten Gegenden deutscher Freiheit, haben sich an manchen Orten die Sagen und Märchen als eine fast regelmäßige Vergnügung der Feiertage erhalten, und das Land ist noch reich an ererbten Gebräuchen und Liedern. Da, wo die Schrift teils noch nicht durch Einführung des Fremden stört oder durch Überladung abstumpft, teils, weil sie sichert, dem Gedächtnis noch nicht nachlässig zu werden gestattet, überhaupt bei Völkern, deren Literatur unbedeutend ist, pflegt sich als Ersatz die Überlieferung stärker und ungetrübter zu zeigen. So scheint auch Niedersachsen mehr als alle andere Gegenden behalten zu haben. Was für eine viel vollständigere und innerlich reichere Sammlung wäre im 15. Jahrhundert, oder auch noch im 16. zu Hans Sachsens und Fischarts Zeiten in Deutschland möglich gewesen [{{*)}} Merkwürdig ist daß bei den Galliern nicht erlaubt war die überlieferten Gesänge aufzuschreiben, während man sich der Schrift in allen übrigen Angelegenheiten bediente. Cäsar, der dies anmerkt ({{de B. G. VI. 4.}}), glaubt daß man damit habe verhüten wollen, im Vertrauen auf die Schrift, leichtsinnig im Erlernen und Behalten der Lieder zu werden. Auch {{Thamus}} hält dem {{Theut}} (im {{Phädrus}} des {{Plato}}) bei Erfindung der Buchstaben den Nachteil vor, den die Schrift auf die Ausbildung des Gedächtnisses haben würde.]. Einer jener guten Zufälle aber war es, daß wir aus dem bei Cassel gelegenen Dorfe Niederzwehrn {{[Niederzwehrn]}} eine Bäuerin kennen lernten, die uns die meisten und schönsten Märchen des zweiten Bandes erzählte. Die Frau Viehmännin {{[Viehmännin]}} war noch rüstig und nicht viel über fünfzig Jahre alt. Ihre Gesichtszüge hatten etwas Festes, Verständiges und Angenehmes, und aus großen Augen blickte sie hell und scharf [{{*)}} Unser Bruder Ludwig Grimm hat eine recht ähnliche und natür]. Sie[[1]] bewahrte die alten Sagen fest im Gedächtnis, und sagte wohl selbst daß diese Gabe nicht jedem verliehen sei und mancher gar nichts im Zusammenhange behalten könne. Dabei erzählte sie bedächtig, sicher und ungemein lebendig, mit eigenem Wohlgefallen daran, erst ganz frei, dann, wenn man es wollte, noch einmal langsam, so daß man ihr mit einiger Übung nachschreiben konnte. Manches ist auf diese Weise wörtlich beibehalten und wird in seiner Wahrheit nicht zu verkennen sein. Wer an leichte Verfälschung der Überlieferung, Nachlässigkeit bei Aufbewahrung und daher an Unmöglichkeit langer Dauer als Regel glaubt, der hätte hören müssen, wie genau sie immer bei der Erzählung blieb und auf ihre Richtigkeit eifrig war; sie änderte niemals bei einer Wiederholung etwas in der Sache ab und besserte ein Versehen, sobald sie es bemerkte, mitten in der Rede gleich selber. Die Anhänglichkeit an das Überlieferte ist bei Menschen, die in gleicher Lebensart unabänderlich fortfahren, stärker als wir, zur Veränderung geneigt, begreifen. Eben darum hat es, so vielfach bewährt, eine gewisse eindringliche Nähe und innere Tüchtigkeit, zu der Anderes, das äußerlich viel glänzender erscheinen kann, nicht so leicht gelangt. Der epische Grund der Volksdichtung gleicht dem durch die ganze Natur in mannigfachen Abstufungen verbreiteten Grün, das sättigt und sänftigt, ohne je zu ermüden. Wir erhielten außer den Märchen des zweiten Bandes auch reichliche Nachträge zu dem ersten, und bessere Erzählungen vieler dort gelieferten gleichfalls aus jener oder andern ähnlichen Quellen. Hessen hat als ein bergichtes, von großen Heerstraßen abseits liegendes und zunächst mit dem Ackerbau beschäftigtes Land den Vorteil, daß es alte Sitten und Überlieferungen besser aufbewahren kann. Ein gewisser Ernst, eine gesunde, tüchtige und tapfere Gesinnung, die von der Geschichte nicht wird unbeachtet bleiben, selbst die große und schöne Gestalt der Männer in den Gegenden, wo der eigentliche Sitz der Chatten {{[Chatten]}} war, haben sich auf diese Art erhalten und lassen den Mangel an dem Bequemen und [{{*)}} Unser Bruder Ludwig Grimm hat eine recht ähnliche und natürliche Zeichnung von ihr radiert, die man in der Sammlung seiner Blätter (bei Weigel in Leipzig) findet. Durch den Krieg geriet die gute Frau in Elend und Unglück, das wohltätige Menschen lindern aber nicht heben konnten. Der Vater ihrer zahlreichen Enkel starb am Nervenfieber, die Waisen brachten Krankheit und die höchste Not in ihre schon arme Hütte. Sie[[1]] ward siech und starb am 17. Nov 1816.] Zierlichen, den man im Gegensatz zu andern Ländern, etwa aus Sachsen kommend, leicht bemerkt, eher als einen Gewinn betrachten. Dann empfindet man auch daß die zwar rauheren aber oft ausgezeichnet herrlichen Gegenden, wie eine gewisse Strenge und Dürftigkeit der Lebensweise, zu dem Ganzen gehören. Überhaupt müssen die Hessen zu den Völkern unseres Vaterlandes gezählt werden, die am meisten wie die alten Wohnsitze so auch die Eigentümlichkeit ihres Wesens durch die Veränderung der Zeit festgehalten haben. Was wir nun bisher für unsere Sammlung gewonnen hatten, wollten wir bei dieser zweiten Auflage dem Buch einverleiben. Daher ist der erste Band fast ganz umgearbeitet, das Unvollständige ergänzt, manches einfacher und reiner erzählt, und nicht viel Stücke werden sich finden, die nicht in besserer Gestalt erscheinen. Es ist noch einmal geprüft, was verdächtig schien, d.h. was etwa hätte fremden Ursprungs oder durch Zusätze verfälscht sein können, und dann alles ausgeschieden. Dafür sind die neuen Stücke, worunter wir auch Beiträge aus Österreich[[1]][[Variante1]] und Deutschböhmen zählen, eingerückt, so daß man manches bisher ganz Unbekannte finden wird. Für die Anmerkungen war uns früher nur ein enger Raum gegeben, bei dem erweiterten Umfange des Buchs konnten wir für jene nun einen eigenen dritten Band bestimmen. Hierdurch ist es möglich geworden, nicht nur das, was wir früher ungern zurück behielten, mitzuteilen, sondern auch neue, hierher gehörige Abschnitte zu liefern, die, wie wir hoffen, den wissenschaftlichen Wert dieser Überlieferungen noch deutlicher machen werden. Was die Weise betrifft, in der wir hier gesammelt haben, so ist es uns zuerst auf Treue und Wahrheit angekommen. Wir haben nämlich aus eigenen Mitteln nichts hinzugesetzt, keinen Umstand und Zug der Sage selbst verschönert, sondern ihren Inhalt so wiedergegeben, wie wir ihn empfangen hatten; daß der Ausdruck und die Ausführung des Einzelnen großenteils von uns herrührt versteht sich von selbst, doch haben wir jede Eigentümlichkeit, die wir bemerkten, zu erhalten gesucht, um auch in dieser Hinsicht der Sammlung die Mannigfaltigkeit der Natur zu lassen. Jeder, der sich mit ähnlicher Arbeit befaßt, wird es übrigens begreifen, daß dies kein sorgloses und unachtsames Auffassen kann genannt werden, im Gegenteil ist Aufmerksamkeit und ein Takt nötig, der sich erst mit der Zeit erwirbt, um das Einfachere, Reinere und doch in sich Vollkommnere von dem Verfälschten zu unterscheiden. Verschiedene Erzählungen haben wir, sobald sie sich ergänzten und zu ihrer Vereinigung keine Widersprüche wegzuschneiden waren, als Eine mitgeteilt, wenn sie aber abwichen, wo dann jede gewöhnlich ihre eigentümlichen Züge hatte, der besten den Vorzug gegeben und die andern für die Anmerkungen aufbewahrt. Diese Abweichungen nämlich erschienen uns merkwürdiger, als denen, welche darin bloß Abänderungen und Entstellungen eines einmal dagewesenen Urbildes sehen, da es im Gegenteil vielleicht nur Versuche sind, einem im Geist bloß vorhandenen, unerschöpflichen, auf mannigfachen Wegen sich zu nähern. Wiederholungen einzelner Sätze, Züge und Einleitungen, sind wie epische Zeilen zu betrachten, die, sobald der Ton sich rührt, der sie anschlägt, immer wiederkehren, und in einem andern Sinne eigentlich nicht zu verstehen. Eine entschiedene Mundart haben wir gerne beibehalten. Hätte es überall geschehen können, so würde die Erzählung ohne Zweifel gewonnen haben. Es ist hier ein Fall wo die erlangte Bildung, Feinheit und Kunst der Sprache zu Schanden wird und man fühlt daß eine geläuterte Schriftsprache, so gewandt sie in allem übrigen sein mag, heller und durchsichtiger aber auch schmackloser geworden ist und nicht mehr so fest dem Kerne sich anschließt. Schade, daß die niederhessische Mundart in der Nähe von Cassel, als in den Grenzpunkten des alten sächsischen und fränkischen Hessengaues, eine unbestimmte und nicht reinlich aufzufassende Mischung von Niedersächsischem und Hochdeutschem ist. In diesem Sinne gibt es unsers Wissens sonst keine Sammlungen von Märchen in Deutschland. Entweder waren es nur ein paar zufällig erhaltene, die man mitteilte, oder man betrachtete sie bloß als rohen Stoff, um größere Erzählungen daraus zu bilden. Gegen solche Bearbeitungen erklären wir uns geradezu. Zwar ist es unbezweifelt, daß in allem lebendigen Gefühl für eine Dichtung ein poetisches Bilden und Fortbilden liegt, ohne welches auch eine Überlieferung etwas Unfruchtbares und Abgestorbenes wäre, ja eben dies ist mit Ursache, warum jede Gegend nach ihrer Eigentümlichkeit, jeder Mund anders erzählt. Aber es ist doch ein großer Unterschied zwischen jenem halb unbewußten, dem stillen Forttreiben der Pflanzen ähnlichen und von der unmittelbaren Lebensquelle getränkten Einfalten, und einer absichtlichen, alles nach Willkür zusammenknüpfenden und auch wohl leimenden Umänderung: diese aber ist es, welche wir nicht billigen können. Die einzige Richtschnur wäre dann die von seiner Bildung abhängende, gerade vorherrschende Ansicht des Dichters, während bei jenem natürlichen Fortbilden der Geist des Volkes in dem Einzelnen waltet und einem besondern Gelüsten vorzudringen nicht erlaubt. Räumt man den Überlieferungen wissenschaftlichen Wert ein, das heißt gibt man zu daß sich in ihnen Anschauungen und Bildungen der Vorzeit erhalten, so versteht sich von selbst daß dieser Wert durch solche Bearbeitungen fast immer zu Grunde gerichtet wird. Allein die Poesie gewinnt nicht dadurch, denn wo lebt sie wirklich als da, wo sie die Seele trifft, wo sie in der Tat kühlt und erfrischt, oder wärmt und stärkt? Aber jede Bearbeitung dieser Sagen, welche ihre Einfachheit, Unschuld und prunklose Reinheit wegnimmt, reißt sie aus dem Kreise, welchem sie angehören, und wo sie ohne Überdruß immer wieder begehrt werden. Es kann sein, und dies ist der beste Fall, daß man Feinheit, Geist, besonders Witz, der die Lächerlichkeit der Zeit mit hineinzieht, ein zartes Ausmahlen des Gefühls, wie es einer von der Poesie aller Völker genährten Bildung nicht allzuschwer fällt, dafür gibt: aber diese Gabe hat doch mehr Schimmer als Nutzen, sie denkt an das einmalige Anhören oder Lesen, an das sich unsere Zeit gewöhnt hat, und sammelt und spitzt dafür die Reize. Doch in der Wiederholung ermüdet uns der Witz, und das Dauernde ist etwas Ruhiges Stilles und Reines. Die geübte Hand solcher Bearbeitungen gleicht doch jener unglücklich begabten, die alles, was sie anrührte, auch die Speisen, in Gold verwandelte, und kann uns mitten im Reichtum nicht sättigen und tränken. Gar, wo aus bloßer Einbildungskraft die Mythologie mit ihren Bildern soll angeschafft werden, wie kahl, innerlich leer und gestaltlos sieht dann trotz den besten und stärksten Worten alles aus! Übrigens ist dies nur gegen sogenannte Bearbeitungen gesagt, welche die Märchen zu verschönern und poetischer auszustatten vorhaben, nicht gegen ein freies Auffassen derselben zu eignen, ganz der Zeit angehörenden Dichtungen, denn wer hätte Lust der Poesie Grenzen abzustecken? Wir übergeben dies Buch wohlwollenden Händen, dabei denken wir an die segnende Kraft, die in ihnen liegt, und wünschen daß denen, welche diese Brosamen der Poesie Armen und Genügsamen nicht gönnen, es gänzlich verborgen bleiben möge. Cassel am 3. Julius 1819. Durch eine Anzahl neuer, dem zweiten Teile zugefügter Märchen, unter welchen einige in schweizerischer Mundart sich auszeichnen, ist unsere Sammlung in gegenwärtiger dritten Auflage wiederum gewachsen und der Vollständigkeit, so weit sie möglich ist, näher gerückt. Außerdem sind viele der frühern Stücke abermals umgearbeitet und durch Zusätze und einzelne, aus mündlichen Erzählungen gewonnene Züge ergänzt und bereichert. Der dritte Teil, dessen Inhalt sich lediglich auf den wissenschaftlichen Gebrauch der Sammlung bezieht und daher nur in einem viel engern Kreis Eingang finden konnte, ist diesmal nicht mit abgedruckt, weil davon noch Exemplare in der Reimerschen {{[Reimerschen]}} Buchhandlung zu Berlin vorrätig sind. In der Folge soll dieser dritte Teil als ein für sich bestehendes Werk erscheinen, in welchem auch die in der vorigen Ausgabe vorangesetzten Einleitungen von dem Wesen der Märchen und von Kindersitten einen Platz finden werden. Die treue Auffassung der Überlieferung, der ungesuchte Ausdruck und, wenn es nicht unbescheiden klingt, der Reichtum und die Mannigfaltigkeit der Sammlung haben ihr fortdauernde Teilnahme unter uns und Beachtung im Auslande verschafft. Unter den verschiedenen Übersetzungen verdient die englische als die vollständigste, und weil die verwandte Sprache sich am genausten anschließt, den Vorzug [{{*)}} Nachdem {{Francis Cohen}} im {{Quarterly Review}} (1810 Mai) die ältere Ausgabe ausführlich angezeigt hatte, erschien nach der zweiten eine Übersetzung von {{Edgar Taylor}} in zwei Teilen mit geistreichen Kupfern von {{Cruikshank (German popular stories}} London 1823 und 1826), welche nochmals (1839) aufgelegt ward. Eine andere Auswahl mit Bildern von {{Richard Doyle}} lieferte {{John Edward Taylor}} ({{The fairy ring: a new collection of popular tales translated from the german of Jacob and Wilhelm Grimm.}} London 1846). Ferner, {{Grimms Household stories newly translated with illustrations by Wehnert 2 voll.}} London 1856. 8. Ein einzelnes Märchen {{The charmed Roe or the little brother and little sister illustrated by Otto Spekter}} London 1847; die Bilder sind sehr hübsch. Eine holländische ({{Sprookjesboek vor Kinderen.}} Amsterdam 1820) enthielt einen Auszug, wie eine dänische von {{Hegermann-Lindencrone}} ({{Börne Eventyr.}} Kopenhagen. 1820 oder 21). Auch in {{Dansk Laesebog for Tydske af Frederik Bresemann}}, zweite Auflage 1843, {{S}}. 123 bis 133 sind drei Stücke von {{J. F. Lindencrone}} übersetzt. Einzelne Stücke hat {{Öhlenschläger}} übertragen, eine größere Anzahl {{C. Molbech}} ({{Julegave for Börn}} 1835 bis 1839 und {{Udvalgte Eventyr og Fortällingar}}. Kopenhagen 1843). Mehrere Stücke findet man in {{Reuterdahls Julläsning for barn}} ins Schwedische übersetzt. Das {{Journal de Débats}} vom 4. August 1832 enthält sinnreiche Äußerungen über das Buch und als Probe eine Übersetzung des Märchens von dem eisernen Heinrich: ferner das Blatt vom 1. Jan 1834 ein Bruchstück aus dem Machandelbaum {{[Machandelbaum]}}; späterhin (Paris 1836) erschienen {{Contes choisis de Grimm traduits par F. C. Gérard}} mit Kupfern. Endlich im Jahr 1846 {{Contes de la famille par les frères Grimm, traduits de l'allemand par N. Martin et Pitre Chevalier}} (Paris ohne Angabe des Jahrs) mit einer märchenhaften Biographie.]. Eine Auswahl, als kleinere Ausgabe in einem Bändchen, wobei zugleich die Bedenklichkeit derer berücksichtigt ist, welche nicht jedes Stück der größeren Sammlung für Kinder angemessen halten, veranstalteten wir zuerst 1825, sie ist 1833 und 1836 wieder aufgelegt worden. Der wissenschaftliche Wert dieser Überlieferungen hat sich in mancher überraschenden Verwandtschaft mit alten Göttersagen bewährt, und die deutsche Mythologie nicht selten Gelegenheit gehabt darauf zurückzukommen, ja sie hat in der Übereinstimmung mit nordischen Mythen einen Beweis des ursprünglichen Zusammenhangs gefunden. Wenn die Gunst für dieses Buch fortdauert, so soll es an weiterer Pflege von unserer Seite nicht fehlen. Göttingen am 15. Mai 1837. Es freut uns, daß unter den neuen Stücken, womit die Sammlung abermals ist vermehrt worden, sich auch eins wieder aus unserer Heimat befindet. Das schöne Märchen von der Lebenszeit (Nr 176) erzählte ein Bauer aus Zwehrn {{[Zwehrn]}} einem meiner Freunde, mit dem er auf dem freien Felde eine Unterredung angeknüpft hatte; man sieht daß die Weisheit auf der Gasse noch nicht ganz untergegangen ist. Cassel am 17. September 1840. Diese fünfte Ausgabe enthält wiederum eine bedeutende Anzahl neuer Märchen; andere sind nach vollständigerer Überlieferung umgearbeitet oder ergänzt worden. Seit dem ersten Erscheinen der Sammlung sind nach und nach über fünfzig Stücke hinzugekommen. Das große sinnreiche Blatt von Dornröschen, das Neureuther (München 1836) erfunden und selbst radiert hat, zeigt die Einwirkung dieser Dichtungen auf die bildende Kunst. Auch artige Bilder von Rotkäppchen haben wir gesehen. Nicht minder verdienen die hübschen Zeichnungen zu einzelnen Märchen von {{Franz Pocci}} Erwähnung; sie sind in München erschienen, Schneewittchen (Nr 53) 1837, Hänsel und Gretel (Nr 15) 1838, der Jude im Dorn (Nr 110) unter dem Titel »das lustige Märlein vom kleinen Frieder« 1839, zuletzt das »Märlein von einem, der auszog das Fürchten zu lernen« (Nr 4) ohne Angabe des Jahrs. Unsere kleine Ausgabe ist 1839 und 1841 wieder aufgelegt worden. Berlin am 4. April 1843. Auch die sechste Ausgabe hat durch neue Märchen Zuwachs erhalten, und ist im einzelnen verbessert oder vervollständigt worden. Fortwährend bin ich bemüht gewesen Sprüche und eigentümliche Redensarten des Volks, auf die ich immer horche, einzutragen und will ein Beispiel anführen, weil es zugleich einer Erklärung bedarf: der Landmann, wenn er seine Zufriedenheit mit etwas ausdrücken will, sagt »das muß ich über den grünen Klee loben,« und nimmt das Bild von dem dicht bewachsenen, frisch grünenden Kleefeld, dessen Anblick sein Herz erfreut: schon altdeutsche Dichter rühmen ihn in diesem Sinne ({{MS Hag}}. 2, 66{{b}}, 94{{b}}). Erdmannsdorf in Schlesien am 30. September 1850. Ein Märchen aus dem 15. Jahrhundert (Nr 151 {{*}}) ist in der siebenten Auflage zugefügt worden und drei andere aus lebendiger Überlieferung geschöpfte (Nr 104, 175 und 191) ersetzen ein paar ausgeschiedene, die, wie in der neuen Auflage des dritten Bandes nachgewiesen ist, auf fremdem Boden entsprungen waren. Dort hat auch die Übersicht der Literatur, die sonst hier folgte, einen angemessenern Platz erhalten. Berlin am 23. Mai 1857. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="1._Der_Froschkönig_oder_der_eiserne_Heinrich" 1. Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich. &&ax &&lg=x &&fe In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön, aber die jüngste war so schön, daß die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte so oft sie ihr ins Gesicht schien. Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde war ein Brunnen: wenn nun der Tag recht heiß war, so ging das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens: und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk. Nun trug es sich einmal zu, daß die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hinein rollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, so tief daß man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu »was hast du vor, Königstochter, du schreist ja daß sich ein Stein erbarmen möchte.« Sie[[1]] sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken häßlichen Kopf aus dem Wasser streckte. »Ach, du bists, alter Wasserpatscher,« sagte sie, »ich weine über meine[[Besitz]] goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinab gefallen ist.« »Sei still und weine nicht,« antwortete der Frosch, »ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?« »Was du haben willst, lieber Frosch,« sagte sie, » meine[[Besitz]] Kleider, meine[[Besitz]] Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage.« Der Frosch antwortete » deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, und deine goldene Krone, die mag ich nicht: aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinunter steigen und dir die goldene Kugel wieder herauf holen.« »Ach ja,« sagte sie, »ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.« Sie[[1]] dachte aber »was der einfältige Frosch schwätzt, der sitzt im Wasser bei seines Gleichen und quackt, und kann keines Menschen Geselle sein.« Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab und über ein Weilchen kam er wieder herauf gerudert, hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras. Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort. »Warte, warte,« rief der Frosch, »nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du.« Aber was half ihm daß er ihr sein quack quack so laut nachschrie als er konnte! sie hörte nicht darauf, eilte nach Haus und hatte bald den armen Frosch vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinab steigen mußte. Am andern Tage, als sie mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem goldenen Tellerlein aß, da kam, plitsch platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe herauf gekrochen, und als es oben angelangt war, klopfte es an der Tür und rief »Königstochter, jüngste, mach mir auf.« Sie[[1]] lief und wollte sehen wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Frosch davor. Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch, und war ihr ganz angst. Der König sah wohl daß ihr das Herz gewaltig klopfte und sprach »mein Kind, was fürchtest du dich, steht etwa ein Riese vor der Tür und will dich holen?« »Ach nein,« antwortete sie, »es ist kein Riese, sondern ein garstiger Frosch.« »Was will der Frosch von dir?« »Ach lieber Vater, als ich gestern im Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel meine[[Besitz]] goldene Kugel ins Wasser. Und weil ich so weinte, hat sie der Frosch wieder heraufgeholt, und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm er sollte mein Geselle werden, ich dachte aber nimmermehr daß er aus seinem Wasser heraus könnte. Nun ist er draußen und will zu mir herein.« Indem klopfte es zum zweitenmal und rief »Königstochter, jüngste, mach mir auf, weißt du nicht was gestern du zu mir gesagt bei dem kühlen Brunnenwasser? Königstochter, jüngste, mach mir auf.« Da sagte der König »was du versprochen hast, das mußt du auch halten; geh nur und mach ihm auf.« Sie[[1]] ging und öffnete die Türe, da hüpfte der Frosch herein, ihr immer auf dem Fuße nach, bis zu ihrem Stuhl. Da saß er und rief »heb mich herauf zu dir.« Sie[[1]] zauderte bis es endlich der König befahl. Als der Frosch erst auf dem Stuhl war, wollte er auf den Tisch, und als er da saß, sprach er »nun schieb mir dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen.« Das tat sie zwar, aber man sah wohl daß sies nicht gerne tat. Der Frosch ließ sichs gut schmecken, aber ihr blieb fast jedes Bisslein im Halse. Endlich sprach er »ich habe mich satt gegessen, und bin müde, nun trag mich in dein Kämmerlein und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen.« Die Königstochter fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem kalten Frosch, den sie nicht anzurühren getraute, und der nun in ihrem schönen reinen Bettlein schlafen sollte. Der König aber ward zornig und sprach »wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten.« Da packte sie ihn mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke. Als sie aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach »ich bin müde, ich will schlafen so gut wie du: heb mich herauf, oder ich sags deinem Vater.« Da ward sie erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn aus allen Kräften wider die Wand, »nun wirst du Ruhe haben, du garstiger Frosch.« Als er aber herab fiel, war er kein Frosch, sondern ein Königssohn mit schönen und freundlichen Augen. Der war nun nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl. Da erzählte er ihr, er wäre von einer bösen Hexe verwünscht worden, und Niemand hätte ihn aus dem Brunnen erlösen können als sie allein, und morgen wollten sie zusammen in sein Reich gehen. Dann schliefen sie ein, und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen heran gefahren mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf, und gingen in goldenen Ketten, und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich. Der treue Heinrich hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Frosch verwandelt worden, daß er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge. Der Wagen aber sollte den jungen König in sein Reich abholen; der treue Heinrich hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung. Und als sie ein Stück Wegs gefahren waren, hörte der Königssohn daß es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief »Heinrich, der Wagen bricht.« »Nein, Herr, der Wagen nicht, es ist ein Band von meinem Herzen, das da lag in großen Schmerzen, als ihr in dem Brunnen saßt, als ihr eine Fretsche (Frosch) wast (wart).« Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, und der Königssohn meinte immer der Wagen bräche, und es waren doch nur die Bande, die vom Herzen des treuen Heinrich absprangen, weil sein Herr erlöst und glücklich war. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="2._Katze_und_Maus_in_Gesellschaft" 2. Katze und Maus in Gesellschaft. &&ax &&lg=x &&fe Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus gemacht und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die sie zu ihr trüge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem Hause zu wohnen und gemeinschaftliche Wirtschaft zu führen. »Aber für den Winter müssen wir Vorsorge tragen, sonst leiden wir Hunger,« sagte die Katze, »du Mäuschen, kannst dich nicht überall hinwagen und gerätst mir am Ende in eine Falle.« Der gute Rat ward also befolgt und ein Töpfchen mit Fett angekauft. Sie[[1]] wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten, endlich nach langer Überlegung sprach die Katze »ich weis keinen Ort, wo es besser aufgehoben wäre, als die Kirche, da getraut sich Niemand etwas wegzunehmen: wir stellen es unter den Altar und rühren es nicht eher an als bis wir es nötig haben.« Das Töpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber es dauerte nicht lange, so trug die Katze Gelüsten danach und sprach zur Maus »was ich dir sagen wollte, Mäuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter gebeten: sie hat ein Söhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, das soll ich über die Taufe halten. Laß mich heute ausgehen und besorge du das Haus allein.« »Ja, ja,« antwortete die Maus, »geh in Gottes Namen, wenn du was Gutes issest, so denk an mich: von dem süßen roten Kindbetterwein {{[Kindbetterwein]}} tränk ich auch gerne ein Tröpfchen.« Es war aber alles nicht wahr, die Katze hatte keine Base, und war nicht zu Gevatter gebeten. Sie[[1]] ging geradeswegs nach der Kirche, schlich zu dem Fetttöpfchen, fing an zu lecken und leckte die fette Haut ab. Dann machte sie einen Spatziergang auf den Dächern der Stadt, besah sich die Gelegenheit, streckte sich hernach in der Sonne aus und wischte sich den Bart so oft sie an das Fetttöpfchen dachte. Erst als es Abend war, kam sie wieder nach Haus. »Nun, da bist du ja wieder,« sagte die Maus, »du hast gewiss einen lustigen Tag gehabt.« »Es ging wohl an« antwortete die Katze. »Was hat denn das Kind für einen Namen bekommen?« fragte die Maus. &&c=8 »Hautab« &&c=0 sagte die Katze ganz trocken. »Hautab,« rief die Maus, »das ist ja ein wunderlicher und seltsamer Name, ist der in eurer Familie gebräuchlich?« »Was ist da weiter,« sagte die Katze, »er ist nicht schlechter als Bröseldieb, wie deine Paten heißen.« Nicht lange danach überkam die Katze wieder ein Gelüsten. Sie[[1]] sprach zur Maus »du mußt mir den Gefallen tun und nochmals das Hauswesen allein besorgen, ich bin zum zweitenmal zu Gevatter gebeten, und da das Kind einen weißen Ring um den Hals hat, so kann ichs nicht absagen.« Die gute Maus willigte ein, die Katze aber schlich hinter der Stadtmauer zu der Kirche und fraß den Fetttopf halb aus. »Es schmeckt nichts besser,« sagte sie, »als was man selber isst,« und war mit ihrem Tagewerk ganz zufrieden. Als sie heimkam, fragte die Maus »wie ist denn dieses Kind getauft worden?« &&c=8 »Halbaus« &&c=0 antwortete die Katze. »Halbaus! was du sagst! den Namen habe ich mein Lebtag noch nicht gehört, ich wette der steht nicht in dem Kalender.« Der Katze wässerte das Maul bald wieder nach dem Leckerwerk. »Aller guten Dinge sind drei,« sprach sie zu der Maus, »da soll ich wieder Gevatter stehen, das Kind ist ganz schwarz und hat bloß weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am ganzen Leib, das trifft sich alle paar Jahr nur einmal: du lässest mich doch ausgehen?« »Hautab! Halbaus!« antwortete die Maus, »es sind so kuriose Namen, die machen mich so nachdenksam.« »Da sitzest du daheim in deinem dunkelgrauen Flausrock und deinem langen Haarzopf,« sprach die Katze, »und fängst Grillen: das kommt davon wenn man bei Tage nicht ausgeht.« Die Maus räumte während der Abwesenheit der Katze auf und brachte das Haus in Ordnung, die naschhafte Katze aber fraß den Fetttopf rein aus. »Wenn erst alles aufgezehrt ist, so hat man Ruhe« sagte sie zu sich selbst und kam satt und dick erst in der Nacht nach Haus. Die Maus fragte gleich nach dem Namen, den das dritte Kind bekommen hätte. »Er wird dir wohl auch nicht gefallen,« sagte die Katze, »er heißt &&c=8 Ganzaus &&c=0 .« »Ganzaus!« rief die Maus, »das ist der allerbedenklichste Namen, gedruckt ist er mir noch nicht vorgekommen. Ganzaus! was soll das bedeuten?« Sie[[1]] schüttelte den Kopf, rollte sich zusammen und legte sich schlafen. Von nun an wollte niemand mehr die Katze zu Gevatter bitten, als aber der Winter herangekommen und draußen nichts mehr zu finden war, gedachte die Maus ihres Vorrats und sprach »komm, Katze, wir wollen zu unserm Fetttopfe gehen, den wir uns aufgespart haben, der wird uns schmecken.« »Ja wohl,« antwortete die Katze, »der wird dir schmecken als wenn du deine feine Zunge zum Fenster hinaus streckst.« Sie[[1]] machten sich auf den Weg, und als sie anlangten, stand zwar der Fetttopf noch an seinem Platz, er war aber leer. »Ach,« sagte die Maus, »jetzt merke ich was geschehen ist, jetzt kommts an den Tag, du bist mir die wahre Freundin! aufgefressen hast du alles, wie du zu Gevatter gestanden hast: erst Haut ab, dann halb aus, dann ...« »Willst du schweigen« rief die Katze, »noch ein Wort, und ich fresse dich auf.« »Ganz aus« hatte die arme Maus schon auf der Zunge, kaum war es heraus, so tat die Katze einen Satz nach ihr, packte sie und schluckte sie hinunter. Siehst du, so gehts in der Welt. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="3._Marienkind" 3. Marienkind. &&ax &&lg=x &&fe Vor[[Präpos]] einem großen Walde lebte ein Holzhacker mit seiner Frau, der hatte nur ein einziges Kind, das war ein Mädchen von drei Jahren. Sie[[1]] waren aber so arm, daß sie nicht mehr das tägliche Brot hatten und nicht wußten was sie ihm sollten zu essen geben. Eines Morgens ging der Holzhacker voller Sorgen hinaus in den Wald an seine Arbeit, und wie er da Holz hackte, stand auf einmal eine schöne große Frau vor ihm, die hatte eine Krone von leuchtenden Sternen auf dem Haupt und sprach zu ihm »ich bin die Jungfrau Maria, die Mutter des Christkindleins: du bist arm und dürftig, bring mir dein Kind, ich will es mit mir nehmen, seine Mutter sein und für es sorgen.« Der Holzhacker gehorchte, holte sein Kind und übergab es der Jungfrau Maria, die nahm es mit sich hinauf in den Himmel. Da ging es ihm wohl, es aß Zuckerbrot und trank süße Milch, und seine Kleider waren von Gold, und die Englein spielten mit ihm. Als es nun vierzehn Jahr alt geworden war, rief es einmal die Jungfrau Maria zu sich und sprach »liebes Kind, ich habe eine große Reise vor, da nimm die Schlüssel zu den dreizehn Türen des Himmelreichs in Verwahrung: zwölf davon darfst du aufschließen und die Herrlichkeiten darin betrachten, aber die dreizehnte, wozu dieser kleine Schlüssel gehört, die ist dir verboten: hüte dich daß du sie nicht aufschließest, sonst wirst du unglücklich.« Das Mädchen versprach gehorsam zu sein, und als nun die Jungfrau Maria weg war, fing sie an und besah die Wohnungen des Himmelreichs: jeden Tag schloß es eine auf, bis die zwölfe herum waren. In jeder aber saß ein Apostel, und war von großem Glanz umgeben, und es freute sich über all die Pracht und Herrlichkeit, und die Englein, die es immer begleiteten, freuten sich mit ihm. Nun war die verbotene Tür allein noch übrig, da empfand es eine große Lust zu wissen was dahinter verborgen wäre, und sprach zu den Englein »ganz aufmachen will ich sie nicht und will auch nicht hinein gehen, aber ich will sie aufschließen, damit wir ein wenig durch den Ritz sehen.« »Ach nein,« sagten die Englein, »das wäre Sünde: die Jungfrau Maria hats verboten, und es könnte leicht dein Unglück werden.« Da schwieg es still, aber die Begierde in seinem Herzen schwieg nicht still, sondern nagte und pickte ordentlich daran und ließ ihm keine Ruhe. Und als die Englein einmal alle hinausgegangen waren, dachte es »nun bin ich ganz allein und könnte hinein gucken, es weis es ja niemand, wenn ichs tue.« Es suchte den Schlüssel heraus und als es ihn in der Hand hielt, steckte es ihn auch in das Schloß, und als es ihn hinein gesteckt hatte, drehte es auch um. Da sprang die Türe auf, und es sah da die Dreieinigkeit im Feuer und Glanz sitzen. Es blieb ein Weilchen stehen und betrachtete alles mit Erstaunen, dann rührte es ein wenig mit dem Finger an den Glanz, da ward der Finger ganz golden. Alsbald empfand es eine gewaltige Angst, schlug die Türe heftig zu und lief fort. Die Angst wollte auch nicht wieder weichen, es mochte anfangen was es wollte, und das Herz klopfte in einem fort und wollte nicht ruhig werden: auch das Gold blieb an dem Finger und ging nicht ab, es mochte waschen und reiben so viel es wollte. Gar nicht lange, so kam die Jungfrau Maria von ihrer Reise zurück. Sie[[1]] rief das Mädchen zu sich und forderte ihm die Himmelsschlüssel wieder ab. Als es den Bund hinreichte, blickte ihm die Jungfrau in die Augen, und sprach »hast du auch nicht die dreizehnte Türe geöffnet?« »Nein« antwortete es. Da legte sie ihre Hand auf sein Herz, fühlte wie es klopfte und klopfte, und merkte wohl daß es ihr Gebot übertreten und die Türe aufgeschlossen hatte. Da sprach sie noch einmal »hast du es gewiss nicht getan?« »Nein« sagte das Mädchen zum zweitenmal. Da erblickte sie den Finger der von der Berührung des himmlischen Feuers golden geworden war, sah wohl daß es gesündigt hatte und sprach zum drittenmal »hast du es nicht getan?« »Nein« sagte das Mädchen zum drittenmal. Da sprach die Jungfrau Maria »du hast mir nicht gehorcht, und hast noch dazu gelogen, du bist nicht mehr würdig im Himmel zu sein.« Da versank das Mädchen in einen tiefen Schlaf, und als es erwachte, lag es unten auf der Erde, mitten in einer Wildnis. Es wollte rufen, aber es konnte keinen Laut hervorbringen. Es sprang auf und wollte fortlaufen, aber wo es sich hinwendete, immer ward es von dichten Dornhecken zurück gehalten, die es nicht durchbrechen konnte. In der Einöde, in welche es eingeschlossen war, stand ein alter hohler Baum, das mußte seine Wohnung sein. Da kroch es hinein, wenn die Nacht kam, und schlief darin, und wenn es stürmte und regnete, fand es darin Schutz: aber es war ein jämmerliches Leben, und wenn es daran dachte, wie es im Himmel so schön gewesen war, und die Engel mit ihm gespielt hatten, so weinte es bitterlich. Wurzeln und Waldbeeren waren seine einzige Nahrung, die suchte es sich, so weit es kommen konnte. Im Herbst sammelte es die herabgefallenen Nüsse und Blätter und trug sie in die Höhle, die Nüsse waren im Winter seine Speise und wenn Schnee und Eis kam, so kroch es, wie ein armes Tierchen in die Blätter, daß es nicht fror. Nicht lange, so zerrissen seine Kleider und fiel ein Stück nach dem andern vom Leib herab. Sobald dann die Sonne wieder warm schien, ging es heraus und setzte sich vor den Baum, und seine langen Haare bedeckten es von allen Seiten wie ein Mantel. So saß es ein Jahr nach dem andern und fühlte den Jammer und das Elend der Welt. Einmal, als die Bäume wieder in frischem Grün standen, jagte der König des Landes in dem Wald und verfolgte ein Reh, und weil es in das Gebüsch geflohen war, das den Waldplatz einschloß, stieg er vom Pferd, riss das Gestrüppe aus einander und hieb sich mit seinem Schwert einen Weg. Als er endlich hindurch gedrungen war, sah er unter dem Baum ein wunderschönes Mädchen sitzen, das saß da und war von seinem goldenen Haar bis zu den Fußzehen bedeckt. Er stand still und betrachtete es voll Erstaunen, dann redete er es an und sprach »wer bist du? warum sitzest du hier in der Einöde?« Es gab aber keine Antwort, denn es konnte seinen Mund nicht auftun. Der König sprach weiter »willst du mit mir auf mein Schloß gehen?« Da nickte es nur ein wenig mit dem Kopf. Der König nahm es auf seinen Arm, trug es auf sein Pferd und ritt mit ihm heim, und als er auf das königliche Schloß kam, ließ er ihm schöne Kleider anziehen und gab ihm alles im Überfluß. Und ob es gleich nicht sprechen konnte, so war es doch schön und holdselig, daß er es von Herzen lieb gewann, und es dauerte nicht lange, da vermählte er sich mit ihm. Als etwa ein Jahr verflossen war, brachte die Königin einen Sohn zur Welt. Darauf in der Nacht, wo sie allein in ihrem Bette lag, erschien ihr die Jungfrau Maria und sprach »willst du die Wahrheit sagen und gestehen daß du die verbotene Tür aufgeschlossen hast, so will ich deinen Mund öffnen und dir die Sprache wieder geben: verharrst du aber in der Sünde, und leugnest hartnäckig, so nehm ich dein neugebornes Kind mit mir.« Da war der Königin verliehen zu antworten, sie blieb aber verstockt und sprach »nein, ich habe die verbotene Tür nicht aufgemacht,« und die Jungfrau Maria nahm das neugeborene Kind ihr aus den Armen und verschwand damit. Am andern Morgen, als das Kind nicht zu finden war, ging ein Gemurmel unter den Leuten, die Königin wäre eine Menschenfresserin und hätte ihr eigenes Kind umgebracht. Sie[[1]] hörte alles und konnte nichts dagegen sagen, der König aber wollte es nicht glauben weil er sie so lieb hatte. Nach einem Jahr gebar die Königin wieder einen Sohn. In der Nacht trat auch wieder die Jungfrau Maria zu ihr herein und sprach »willst du gestehen daß du die verbotene Türe geöffnet hast, so will ich dir dein Kind wiedergeben und deine Zunge lösen: verharrst du aber in der Sünde und leugnest, so nehme ich auch dieses neugeborne mit mir.« Da sprach die Königin wiederum »nein, ich habe die verbotene Tür nicht geöffnet,« und die Jungfrau nahm ihr das Kind aus den Armen weg und mit sich in den Himmel. Am Morgen, als das Kind abermals verschwunden war, sagten die Leute ganz laut die Königin hätte es verschlungen, und des Königs Räte verlangten daß sie sollte gerichtet werden. Der König aber hatte sie so lieb daß er es nicht glauben wollte, und befahl den Räten bei Leibes- und Lebensstrafe nichts mehr darüber zu sprechen. Im nächsten Jahre gebar die Königin ein schönes Töchterlein, da erschien ihr zum drittenmal Nachts die Jungfrau Maria und sprach »folge mir.« Sie[[1]] nahm sie bei der Hand und führte sie in den Himmel, und zeigte ihr da ihre beiden ältesten Kinder, die lachten sie an und spielten mit der Weltkugel. Als sich die Königin darüber freute, sprach die Jungfrau Maria »ist dein Herz noch nicht erweicht? wenn du eingestehst daß du die verbotene Tür geöffnet hast, so will ich dir deine beiden Söhnlein zurück geben.« Aber die Königin antwortete zum drittenmal »nein, ich habe die verbotene Tür nicht geöffnet.« Da ließ sie die Jungfrau wieder zur Erde herabsinken und nahm ihr auch das dritte Kind. Am andern Morgen, als es ruchbar ward, riefen alle Leute laut »die Königin ist eine Menschenfresserin, sie muß verurteilt werden,« und der König konnte seine Räte nicht mehr zurückweisen. Es ward ein Gericht über sie gehalten, und weil sie nicht antworten und sich nicht verteidigen konnte, ward sie verurteilt auf dem Scheiterhaufen zu sterben. Das Holz wurde zusammengetragen, und als sie an einen Pfahl festgebunden war und das Feuer rings umher zu brennen anfing, da schmolz das harte Eis des Stolzes und ihr Herz ward von Reue bewegt, und sie dachte »könnt ich nur noch vor meinem Tode gestehen daß ich die Tür geöffnet habe,« da kam ihr die Stimme daß sie laut ausrief »ja, Maria, ich habe es getan!« Und alsbald fing der Himmel an zu regnen und löschte die Feuerflammen, und über ihr brach ein Licht hervor, und die Jungfrau Maria kam herab und hatte die beiden Söhnlein zu ihren Seiten und das neugeborne Töchterlein auf dem Arm. Sie[[1]] sprach freundlich zu ihr »wer seine Sünde bereut und eingesteht, dem ist sie vergeben,« und reichte ihr die drei Kinder, löste ihr die Zunge, und gab ihr Glück für das ganze Leben. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="4._Märchen_von_einem,_der_auszog_das_Fürchten_zu_lernen" 4. Märchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen. &&ax &&lg=x &&fe Ein Vater hatte zwei Söhne, davon war der älteste klug und gescheit, und wußte sich in alles wohl zu schicken, der jüngste aber war dumm, konnte nichts begreifen und lernen: und wenn ihn die Leute sahen, sprachen sie »mit dem wird der Vater noch seine Last haben!« Wenn nun etwas zu tun war, so mußte es der älteste allzeit ausrichten: hieß ihn aber der Vater noch spät oder gar in der Nacht etwas holen, und der Weg ging dabei über den Kirchhof oder sonst einen schaurigen Ort, so antwortete er wohl »ach nein, Vater, ich gehe nicht dahin, es gruselt mir!« denn er fürchtete sich. Oder, wenn Abends beim Feuer Geschichten erzählt wurden, wobei einem die Haut schaudert, so sprachen die Zuhörer manchmal »ach, es gruselt mir!« Der jüngste saß in einer Ecke und hörte das mit an, und konnte nicht begreifen was es heißen sollte. »Immer sagen sie es gruselt mir! es gruselt mir! mir gruselts nicht: das wird wohl eine Kunst sein, von der ich auch nichts verstehe.« Nun geschah es, daß der Vater einmal zu ihm sprach »hör du, in der Ecke dort, du wirst groß und stark, du mußt auch etwas lernen womit du dein Brot verdienst. Siehst du, wie dein Bruder sich Mühe gibt, aber an dir ist Hopfen und Malz verloren.« »Ei, Vater,« antwortete er, »ich will gerne was lernen; ja, wenns anginge, so möchte ich lernen daß mirs gruselte; davon verstehe ich noch gar nichts.« Der älteste lachte als er das hörte, und dachte bei sich »du lieber Gott, was ist mein Bruder ein Dummbart, aus dem wird sein Lebtag nichts: was ein Häkchen werden will, muß sich bei Zeiten krümmen.« Der Vater seufzte und antwortete ihm »das Gruseln, das sollst du schon lernen, aber dein Brot wirst du damit nicht verdienen.« Bald danach kam der Küster zum Besuch ins Haus, da klagte ihm der Vater seine Not und erzählte wie sein jüngster Sohn in allen Dingen so schlecht beschlagen wäre, er wüßte nichts und lernte nichts. »Denkt euch, als ich ihn fragte, womit er sein Brot verdienen wollte, hat er gar verlangt das Gruseln zu lernen.« »Wenns weiter nichts ist,« antwortete der Küster, »das kann er bei mir lernen; tut ihn nur zu mir, ich will ihn schon abhobeln.« Der Vater war es zufrieden, weil er dachte »der Junge wird doch ein wenig zugestutzt.« Der Küster nahm ihn also ins Haus, und er mußte die Glocke läuten. Nach ein paar Tagen weckte er ihn um Mitternacht, hieß ihn aufstehen, in den Kirchturm steigen und läuten. »Du sollst schon lernen was Gruseln ist,« dachte er, ging heimlich voraus, und als der Junge oben war, und sich umdrehte und das Glockenseil fassen wollte, so sah er auf der Treppe, dem Schallloch gegenüber, eine weiße Gestalt stehen. »Wer da?« rief er, aber die Gestalt gab keine Antwort, regte und bewegte sich nicht. »Gib Antwort,« rief der Junge, »oder mache daß du fort kommst, du hast hier in der Nacht nichts zu schaffen.« Der Küster aber blieb unbeweglich stehen, damit der Junge glauben sollte es wäre ein Gespenst. Der Junge rief zum zweitenmal »was willst du hier? sprich, wenn du ein ehrlicher Kerl bist, oder ich werfe dich die Treppe hinab.« Der Küster dachte »das wird so schlimm nicht gemeint sein,« gab keinen Laut von sich und stand als wenn er von Stein wäre. Da rief ihn der Junge zum drittenmale an, und als das auch vergeblich war, nahm er einen Anlauf und stieß das Gespenst die Treppe hinab, daß es zehn Stufen hinab fiel und in einer Ecke liegen blieb. Darauf läutete er die Glocke, ging heim, legte sich, ohne ein Wort zu sagen, ins Bett und schlief fort. Die Küsterfrau wartete lange Zeit auf ihren Mann, aber er wollte nicht wieder kommen. Da ward ihr endlich angst, sie weckte den Jungen, und fragte »weißt du nicht, wo mein Mann geblieben ist? er ist vor dir auf den Turm gestiegen.« »Nein,« antwortete der Junge, »aber da hat einer dem Schallloch gegenüber auf der Treppe gestanden, und weil er keine Antwort geben und auch nicht weggehen wollte, so habe ich ihn für einen Spitzbuben gehalten und hinunter gestoßen. Geht nur hin, so werdet Ihr sehen ob ers gewesen ist, es sollte mir leid tun.« Die Frau sprang fort, und fand ihren Mann, der in einer Ecke lag und jammerte, und ein Bein gebrochen hatte. Sie[[1]] trug ihn herab und eilte dann mit lautem Geschrei zu dem Vater des Jungen. »Euer Junge,« rief sie, »hat ein großes Unglück angerichtet, meinen[[Besitz]] Mann hat er die Treppe hinab geworfen daß er ein Bein gebrochen hat: schafft den Taugenichts aus unserm Hause.« Der Vater erschrak, kam herbeigelaufen und schalt den Jungen aus. »Was sind das für gottlose Streiche, die muß dir der Böse eingegeben haben.« »Vater,« antwortete er, »hört nur an, ich bin ganz unschuldig: er stand da in der Nacht, wie einer der böses im Sinne hat. Ich wußte nicht wers war, und habe ihn dreimal ermahnt zu reden oder wegzugehen.« »Ach,« sprach der Vater, »mit dir erleb ich nur Unglück, geh mir aus den Augen, ich will dich nicht mehr ansehen.« »Ja, Vater, recht gerne, wartet nur bis Tag ist, da will ich ausgehen und das Gruseln lernen, so versteh ich doch eine Kunst, die mich ernähren kann.« »Lerne was du willst,« sprach der Vater, »mir ist alles einerlei. Da hast du funfzig Taler, damit geh in die weite Welt und sage keinem Menschen wo du her bist und wer dein Vater ist, denn ich muß mich deiner schämen.« »Ja, Vater, wie ihrs haben wollt, wenn ihr nicht mehr verlangt, das kann ich leicht in Acht behalten.« Als nun der Tag anbrach, steckte der Junge seine funfzig Taler in die Tasche, ging hinaus auf die große Landstraße und sprach immer vor sich hin »wenn mirs nur gruselte! wenn mirs nur gruselte!« Da kam ein Mann heran, der hörte das Gespräch, das der Junge mit sich selber führte, und als sie ein Stück weiter waren, daß man den Galgen sehen konnte, sagte der Mann zu ihm »siehst du, dort ist der Baum, wo siebene mit des Seilers Tochter Hochzeit gehalten haben und jetzt das Fliegen lernen: setz dich darunter und warte bis die Nacht kommt, so wirst du schon das Gruseln lernen.« »Wenn weiter nichts dazu gehört,« antwortete der Junge, »das ist leicht getan; lerne ich aber so geschwind das Gruseln, so sollst du meine[[Besitz]] funfzig Taler haben: komm nur Morgen früh wieder zu mir.« Da ging der Junge zu dem Galgen, setzte sich darunter und wartete bis der Abend kam. Und weil ihn fror, machte er sich ein Feuer an: aber um Mitternacht ging der Wind so kalt, daß er trotz des Feuers nicht warm werden wollte. Und als der Wind die Gehenkten gegen einander stieß, daß sie sich hin und her bewegten, so dachte er »du frierst unten bei dem Feuer, was mögen die da oben erst frieren und zappeln.« Und weil er mitleidig war, legte er die Leiter an, stieg hinauf, knüpfte einen nach dem andern los, und holte sie alle siebene herab. Darauf schürte er das Feuer, blies es an und setzte sie rings herum, daß sie sich wärmen sollten. Aber sie saßen da und regten sich nicht, und das Feuer ergriff ihre Kleider. Da sprach er »nehmt euch in Acht, sonst häng ich euch wieder hinauf.« Die Toten aber hörten nicht, schwiegen und ließen ihre Lumpen fort brennen. Da ward er bös und sprach »wenn ihr nicht Acht geben wollt, so kann ich euch nicht helfen, ich will nicht mit euch verbrennen,« und hing sie nach der Reihe wieder hinauf. Nun setzte er sich zu seinem Feuer und schlief ein, und am andern Morgen, da kam der Mann zu ihm, wollte die funfzig Taler haben und sprach »nun, weißt du was gruseln ist?« »Nein,« antwortete er, »woher sollte ichs wissen? die da droben haben das Maul nicht aufgetan und waren so dumm, daß sie die paar alten Lappen, die sie am Leibe haben, brennen ließen.« Da sah der Mann daß er die funfzig Taler heute nicht davon tragen würde, ging fort und sprach »so einer ist mir noch nicht vorgekommen.« Der Junge ging auch seines Weges und fing wieder an vor sich hin zu reden »ach, wenn mirs nur gruselte! ach, wenn mirs nur gruselte!« Das hörte ein Fuhrmann, der hinter ihm her schritt, und fragte »wer bist du?« »Ich weis nicht« antwortete der Junge. Der Fuhrmann fragte weiter »wo bist du her?« »Ich weis nicht.« »Wer ist dein Vater?« »Das darf ich nicht sagen.« »Was brummst du beständig in den Bart hinein?« »Ei,« antwortete der Junge, »ich wollte, daß mirs gruselte, aber niemand kann mirs lehren.« »Laß dein dummes Geschwätz,« sprach der Fuhrmann, »komm, geh mit mir, ich will sehen daß ich dich unterbringe.« Der Junge ging mit dem Fuhrmann, und Abends gelangten sie zu einem Wirtshaus, wo sie übernachten wollten. Da sprach er beim Eintritt in die Stube wieder ganz laut »wenn mirs nur gruselte! wenn mirs nur gruselte!« Der Wirt, der das hörte, lachte und sprach »wenn dich danach lüstet, dazu sollte hier wohl Gelegenheit sein.« »Ach schweig stille,« sprach die Wirtsfrau, »so mancher Vorwitzige hat schon sein Leben eingebüßt, es wäre Jammer und Schade um die schönen Augen, wenn die das Tageslicht nicht wieder sehen sollten.« Der Junge aber sagte »wenns noch so schwer wäre, ich wills einmal lernen, deshalb bin ich ja ausgezogen.« Er ließ dem Wirt auch keine Ruhe, bis dieser erzählte nicht weit davon stände ein verwünschtes Schloß, wo einer wohl lernen könnte was gruseln wäre, wenn er nur drei Nächte darin wachen wollte. Der König hätte dem, ders wagen wollte, seine Tochter zur Frau versprochen, und die wäre die schönste Jungfrau, welche die Sonne beschien: in dem Schlosse steckten auch große Schätze, von bösen Geistern bewacht, die würden dann frei und könnten einen Armen reich genug machen. Schon viele wären wohl hinein aber noch keiner wieder heraus gekommen. Da ging der Junge am andern Morgen vor den König und sprach »wenns erlaubt wäre, so wollte ich wohl drei Nächte in dem verwünschten Schlosse wachen.« Der König sah ihn an, und weil er ihm gefiel, sprach er »du darfst dir noch dreierlei ausbitten, aber es müssen leblose Dinge sein, und darfst das du mit ins Schloß nehmen.« Da antwortete er »so bitt ich um ein Feuer, eine Drehbank und eine Schnitzbank mit dem Messer.« Der König ließ ihm das alles bei Tage in das Schloß tragen. Als es Nacht werden wollte, ging der Junge hinauf, machte sich in einer Kammer ein helles Feuer an, stellte die Schnitzbank mit dem Messer daneben und setzte sich auf die Drehbank. »Ach, wenn mirs nur gruselte!« sprach er, »aber hier werde ichs auch nicht lernen.« Gegen Mitternacht wollte er sich sein Feuer einmal aufschüren: wie er so hinein blies, da schries plötzlich aus einer Ecke »au, miau! was uns friert!« »Ihr Narren,« rief er, »was schreit ihr? wenn euch friert, kommt, setzt euch ans Feuer und wärmt euch.« Und wie er das gesagt hatte, kamen zwei große schwarze Katzen in einem gewaltigen Sprunge herbei, setzten sich ihm zu beiden Seiten und sahen ihn mit ihren feurigen Augen ganz wild an. Über ein Weilchen, als sie sich gewärmt hatten, sprachen sie »Kamerad, wollen wir eins in der Karte spielen?« »warum nicht?« antwortete er, »aber zeigt einmal eure Pfoten her.« Da streckten sie die Krallen aus. »Ei,« sagte er, »was habt ihr lange Nägel! wartet, die muß ich euch erst abschneiden.« Damit packte er sie beim Kragen, hob sie auf die Schnitzbank und schraubte ihnen die Pfoten fest. »Euch habe ich auf die Finger gesehen,« sprach er, »da vergeht mir die Lust zum Kartenspiel,« schlug sie tot und warf sie hinaus ins Wasser. Als er aber die zwei zur Ruhe gebracht hatte und sich wieder zu seinem Feuer setzen wollte, da kamen aus allen Ecken und Enden schwarze Katzen und schwarze Hunde an glühenden Ketten, immer mehr und mehr, daß er sich nicht mehr bergen konnte: die schrien gräulich, traten ihm auf sein Feuer, zerrten es auseinander und wollten es ausmachen. Das sah er ein Weilchen ruhig mit an, als es ihm aber zu arg ward, faßte er sein Schnitzmesser und rief »fort mit dir, du Gesindel,« und haute auf sie los. Ein Teil sprang weg, die andern schlug er tot und warf sie hinaus in den Teich. Als er wieder gekommen war, blies er aus den Funken sein Feuer frisch an und wärmte sich. Und als er so saß, wollten ihm die Augen nicht länger offen bleiben und er bekam Lust zu schlafen. Da blickte er um sich und sah in der Ecke ein großes Bett, »das ist mir eben recht« sprach er und legte sich hinein. Als er aber die Augen zutun wollte, so fing das Bett von selbst an zu fahren, und fuhr im ganzen Schloß herum. »Recht so,« sprach er, »nur besser zu.« Da rollte das Bett fort, als wären sechs Pferde vorgespannt, über Schwellen und Treppen auf und ab: auf einmal hopp hopp! warf es um, das unterste zu oberst, daß es wie ein Berg auf ihm lag. Aber er schleuderte Decken und Kissen in die Höhe, stieg heraus und sagte »nun mag fahren wer Lust hat,« legte sich an sein Feuer und schlief bis es Tag war. Am Morgen kam der König, und als er ihn da auf der Erde liegen sah, meinte er die Gespenster hätten ihn umgebracht, und er wäre tot. Da sprach er »es ist doch schade um den schönen Menschen.« Das hörte der Junge, richtete sich auf und sprach »so weit ists noch nicht!« Da verwunderte sich der König, freute sich aber, und fragte wie es ihm gegangen wäre. »Recht gut,« antwortete er, »eine Nacht wäre herum, die zwei andern werden auch herum gehen.« Als er zum Wirt kam, da machte der große Augen. »Ich dachte nicht,« sprach er, »daß ich dich wieder lebendig sehen würde; hast du nun gelernt was Gruseln ist?« »Nein,« sagte er, »es ist alles vergeblich: wenn mirs nur einer sagen könnte!« Die zweite Nacht ging er abermals hinauf ins alte Schloß, setzte sich zum Feuer und fing sein altes Lied wieder an, »wenn mirs nur gruselte!« Wie Mitternacht herankam, ließ sich ein Lärm und Gepolter hören, erst sachte, dann immer stärker, dann wars ein bisschen still, endlich kam mit lautem Geschrei ein halber Mensch den Schornstein herab und fiel vor ihn hin. »Heda!« rief er, »noch ein halber gehört dazu, das ist zu wenig.« Da ging der Lärm von frischem an, es tobte und heulte, und fiel die andere Hälfte auch herab. »Wart,« sprach er, »ich will dir erst das Feuer ein wenig anblasen.« Wie er das getan hatte und sich wieder umsah, da waren die beiden Stücke zusammen gefahren, und saß da ein gräulicher Mann auf seinem Platz. »So haben wir nicht gewettet,« sprach der Junge, »die Bank ist mein.« Der Mann wollte ihn wegdrängen, aber der Junge ließ sichs nicht gefallen, schob ihn mit Gewalt weg und setzte sich wieder auf seinen Platz. Da fielen noch mehr Männer herab, einer nach dem andern, die holten neun Totenbeine und zwei Totenköpfe, setzten auf und spielten Kegel. Der Junge bekam auch Lust und fragte »hört ihr, kann ich mit sein?« »Ja, wenn du Geld hast.« »Geld genug,« antwortete er, »aber eure Kugeln sind nicht recht rund.« Da nahm er die Totenköpfe, setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund. »So, jetzt werden sie besser schüppeln,« sprach er, »heida! nun gehts lustig!« Er spielte mit und verlor etwas von seinem Geld, als es aber zwölf Uhr schlug, war alles vor seinen Augen verschwunden. Er legte sich nieder und schlief ruhig ein. Am andern Morgen kam der König und wollte sich erkundigen. »Wie ist dirs diesmal gegangen?« fragte er. »Ich habe gekegelt,« antwortete er, »und ein paar Heller verloren.« »Hat dir denn nicht gegruselt?« »Ei was,« sprach er, »lustig hab ich mich gemacht. Wenn ich nur wüßte was Gruseln wäre?« In der dritten Nacht setzte er sich wieder auf seine Bank und sprach ganz verdrießlich »wenn es mir nur gruselte!« Als es spät ward kamen sechs große Männer und brachten eine Totenlade hereingetragen. Da sprach er »ha ha, das ist gewiss mein Vetterchen, das erst vor ein paar Tagen gestorben ist,« winkte mit dem Finger und rief »komm, Vetterchen, komm!« Sie[[1]] stellten den Sarg auf die Erde, er aber ging hinzu und nahm den Deckel ab: da lag ein toter Mann darin. Er fühlte ihm ans Gesicht, aber es war kalt wie Eis. »Wart,« sprach er, »ich will dich ein bisschen wärmen,« ging ans Feuer, wärmte seine Hand und legte sie ihm aufs Gesicht, aber der Tote blieb kalt. Nun nahm er ihn heraus, setzte sich ans Feuer und legte ihn auf seinen Schoß, und rieb ihm die Arme, damit das Blut wieder in Bewegung kommen sollte. Als auch das nichts helfen wollte, fiel ihm ein »wenn zwei zusammen im Bett liegen, so wärmen sie sich,« brachte ihn ins Bett, deckte ihn zu und legte sich neben ihn. Über ein Weilchen ward auch der Tote warm und fing an sich zu regen. Da sprach der Junge »siehst du, Vetterchen, hätt ich dich nicht gewärmt!« Der Tote aber hub an und rief »jetzt will ich dich erwürgen.« »Was,« sagte er, »ist das mein Dank? gleich sollst du wieder in deinen Sarg,« hub ihn auf, warf ihn hinein und machte den Deckel zu; da kamen die sechs Männer, und trugen ihn wieder fort. »Es will mir nicht gruseln,« sagte er, »hier lerne ichs mein Lebtag nicht.« Da trat ein Mann herein, der war größer als alle andere, und sah fürchterlich aus; er war aber alt und hatte einen langen weißen Bart. »O du Wicht,« rief er, »nun sollst du bald lernen was Gruseln ist, denn du sollst sterben.« »Nicht so schnell,« antwortete der Junge, »soll ich sterben, so muß ich auch dabei sein.« »Dich will ich schon packen« sprach der Unhold. »Sachte, sachte, mach dich nicht so breit; so stark wie du bin ich auch, und wohl noch stärker.« »Das wollen wir sehn,« sprach der Alte, »bist du stärker als ich, so will ich dich gehn lassen; komm, wir wollens versuchen.« Da führte er ihn durch dunkle Gänge zu einem Schmiedefeuer, nahm eine Axt und schlug den einen Amboß mit einem Schlag in die Erde. »Das kann ich noch besser« sprach der Junge, und ging zu dem andern Amboß: der Alte stellte sich neben hin und wollte zusehen, und sein weißer Bart hing herab. Da faßte der Junge die Axt, spaltete den Amboß auf einen Hieb und klemmte den Bart des Alten mit hinein. »Nun hab ich dich,« sprach der Junge, »jetzt ist das Sterben an dir.« Dann faßte er eine Eisenstange und schlug auf den Alten los, bis er wimmerte und bat er möchte aufhören, er wollte ihm große Reichtümer geben. Der Junge zog die Axt raus, und ließ ihn los. Der Alte führte ihn wieder ins Schloß zurück und zeigte ihm in einem Keller drei Kasten voll Gold. »Davon,« sprach er, »ist ein Teil den Armen, der andere dem König, der dritte dein.« Indem schlug es zwölfe, und der Geist verschwand, also daß der Junge im finstern stand. »Ich werde mir doch heraushelfen können« sprach er, tappte herum, fand den Weg in die Kammer und schlief dort bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der König und sagte »nun wirst du gelernt haben was Gruseln ist?« »Nein,« antwortete er, »was ists nur? mein toter Vetter war da, und ein bärtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber was Gruseln ist hat mir keiner gesagt.« Da sprach der König »du hast das Schloß erlöst und sollst meine[[Besitz]] Tochter heiraten.« »Das ist all recht gut,« antwortete er, »aber ich weis noch immer nicht was Gruseln ist.« Da ward das Gold herauf gebracht und die Hochzeit gefeiert, aber der junge König, so lieb er seine Gemahlin hatte und so vergnügt er war, sagte doch immer »wenn mir nur gruselte, wenn mir nur gruselte.« Das verdroß sie endlich. Ihr Kammermädchen sprach »ich will Hilfe schaffen, das Gruseln soll er schon lernen.« Sie[[1]] ging hinaus zum Bach, der durch den Garten floß, und ließ sich einen ganzen Eimer voll Gründlinge holen. Nachts, als der junge König schlief, mußte seine Gemahlin ihm die Decke wegziehen und den Eimer voll kalt Wasser mit den Gründlingen über ihn herschütten, daß die kleinen Fische um ihn herum zappelten. Da wachte er auf und rief »ach was gruselt mir, was gruselt mir, liebe Frau! Ja, nun weis ich was Gruseln ist.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="5._Der_Wolf_und_die_sieben_jungen_Geislein" 5. Der Wolf und die sieben jungen Geislein. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine alte Geis, die hatte sieben junge Geislein, und hatte sie lieb, wie eine Mutter ihre Kinder lieb hat. Eines Tages wollte sie in den Wald gehen und Futter holen, da rief sie alle sieben herbei und sprach »liebe Kinder, ich will hinaus in den Wald, seid auf eurer Hut vor dem Wolf, wenn er herein kommt, so frisst er Euch alle mit Haut und Haar. Der Bösewicht verstellt sich oft, aber an seiner rauhen Stimme und an seinen schwarzen Füßen werdet ihr ihn gleich erkennen.« Die Geislein sagten, »liebe Mutter, wir wollen uns schon in Acht nehmen, Ihr könnt ohne Sorge fortgehen.« Da meckerte die Alte und machte sich getrost auf den Weg. Es dauerte nicht lange, so klopfte jemand an die Haustür und rief »macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von Euch etwas mitgebracht.« Aber die Geiserchen hörten an der rauhen Stimme daß es der Wolf war, »wir machen nicht auf,« riefen sie, »du bist unsere Mutter nicht, die hat eine feine und liebliche Stimme, aber deine Stimme ist rauh; du bist der Wolf.« Da ging der Wolf fort zu einem Krämer, und kaufte sich ein großes Stück Kreide: die aß er und machte damit seine Stimme fein. Dann kam er zurück, klopfte an die Haustür und rief »macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von Euch etwas mitgebracht.« Aber der Wolf hatte seine schwarze Pfote in das Fenster gelegt, das sahen die Kinder und riefen »wir machen nicht auf, unsere Mutter hat keinen schwarzen Fuß, wie du: du bist der Wolf.« Da lief der Wolf zu einem Bäcker und sprach »ich habe mich an den Fuß gestoßen, streich mir Teig darüber.« Und als ihm der Bäcker die Pfote bestrichen hatte, so lief er zum Müller und sprach »streu mir weißes Mehl auf meine[[Besitz]] Pfote.« Der Müller dachte »der Wolf will einen betrügen« und weigerte sich, aber der Wolf sprach »wenn du es nicht tust, so fresse ich dich.« Da fürchtete sich der Müller und machte ihm die Pfote weiß. Ja, das sind die Menschen. Nun ging der Bösewicht zum drittenmal zu der Haustüre, klopfte an und sprach »macht mir auf, Kinder, euer liebes Mütterchen ist heim gekommen und hat jedem von Euch etwas aus dem Walde mitgebracht.« Die Geiserchen riefen »zeig uns erst deine Pfote, damit wir wissen daß du unser liebes Mütterchen bist.« Da legte er die Pfote ins Fenster, und als sie sahen daß sie weiß war, so glaubten sie es wäre alles wahr, was er sagte, und machten die Türe auf. Wer aber hereinkam, das war der Wolf. Sie[[1]] erschraken und wollten sich verstecken. Das eine sprang unter den Tisch, das zweite ins Bett, das dritte in den Ofen, das vierte in die Küche, das fünfte in den Schrank, das sechste unter die Waschschüssel, das siebente in den Kasten der Wanduhr. Aber der Wolf fand sie alle und machte nicht langes Federlesen: eins nach dem andern schluckte er in seinen Rachen; nur das jüngste in dem Uhrkasten das fand er nicht. Als der Wolf seine Lust gebüßt hatte, trollte er sich fort, legte sich draußen auf der grünen Wiese unter einen Baum und fing an zu schlafen. Nicht lange danach kam die alte Geis aus dem Walde wieder heim. Ach, was mußte sie da erblicken! Die Haustüre stand sperrweit auf: Tisch, Stühle und Bänke waren umgeworfen, die Waschschüssel lag in Scherben, Decke und Kissen waren aus dem Bett gezogen. Sie[[1]] suchte ihre Kinder, aber nirgend waren sie zu finden. Sie[[1]] rief sie nacheinander bei Namen, aber niemand antwortete. Endlich als sie an das jüngste kam, da rief eine feine Stimme »liebe Mutter, ich stecke im Uhrkasten.« Sie[[1]] holte es heraus, und es erzählte ihr daß der Wolf gekommen wäre und die andern alle gefressen hätte. Da könnt ihr denken wie sie über ihre armen Kinder geweint hat. Endlich ging sie in ihrem Jammer hinaus, und das jüngste Geislein lief mit. Als sie auf die Wiese kam, so lag da der Wolf an dem Baum und schnarchte daß die Äste zitterten. Sie[[1]] betrachtete ihn von allen Seiten, und sah daß in seinem angefüllten Bauch sich etwas regte und zappelte. »Ach Gott,« dachte sie, »sollten meine[[Besitz]] armen Kinder, die er zum Abendbrot hinunter gewürgt hat, noch am Leben sein?« Da mußte das Geislein nach Haus laufen und Scheere, Nadel und Zwirn holen. Dann schnitt sie dem Ungetüm den Wanst auf, und kaum hatte sie einen Schnitt getan, so streckte schon ein Geislein den Kopf heraus, und als sie weiter schnitt, so sprangen nacheinander alle sechse heraus, und waren noch alle am Leben, und hatten nicht einmal Schaden gelitten, denn das Ungetüm hatte sie in der Gier ganz hinunter geschluckt. Das war eine Freude! Da herzten sie ihre liebe Mutter, und hüpften wie ein Schneider, der Hochzeit hält. Die Alte aber sagte »jetzt geht und sucht Wackersteine, damit wollen wir dem gottlosen Tier den Bauch füllen, so lange es noch im Schlafe liegt.« Da schleppten die sieben Geiserchen in aller Eile die Steine herbei und steckten sie ihm in den Bauch, so viel sie hinein bringen konnten. Dann nähte ihn die Alte in aller Geschwindigkeit wieder zu, daß er nichts merkte und sich nicht einmal regte. Als der Wolf endlich ausgeschlafen hatte, machte er sich auf die Beine, und weil ihm die Steine im Magen so großen Durst erregten, so wollte er zu einem Brunnen gehen und trinken. Als er aber anfing zu gehen und sich hin und her zu bewegen, so stießen die Steine in seinem Bauch aneinander und rappelten. Da rief er »was rumpelt und pumpelt in meinem Bauch herum? ich meinte es wären sechs Geislein, so sinds lauter Wackerstein.« Und als er an den Brunnen kam und sich über das Wasser bückte und trinken wollte, da zogen ihn die schweren Steine hinein, und er mußte jämmerlich ersaufen. Als die sieben Geislein das sahen, da kamen sie herbei gelaufen, riefen laut »der Wolf ist tot! der Wolf ist tot!« und tanzten mit ihrer Mutter vor Freude um den Brunnen herum. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="6._Der_treue_Johannes" 6. Der treue Johannes. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein alter König, der war krank und dachte »es wird wohl das Totenbett sein, auf dem ich liege.« Da sprach er »laßt mir den getreuen Johannes kommen.« Der getreue Johannes war sein liebster Diener, und hieß so, weil er ihm sein Lebelang so treu gewesen war. Als er nun vor das Bett kam, sprach der König zu ihm »getreuester Johannes, ich fühle daß mein Ende heran naht, und da habe ich keine andere Sorge als um meinen[[Besitz]] Sohn: er ist noch in jungen Jahren, wo er sich nicht immer zu raten weis, und wenn du mir nicht versprichst ihn zu unterrichten in allem, was er wissen muß, und sein Pflegevater zu sein, so kann ich meine[[Besitz]] Augen nicht in Ruhe schließen.« Da antwortete der getreue Johannes »ich will ihn nicht verlassen, und will ihm mit Treue dienen, wenns auch mein Leben kostet.« Da sagte der alte König »so sterb ich getrost und in Frieden.« Und sprach dann weiter »nach meinem Tode sollst du ihm das ganze Schloß zeigen, alle Kammern, Säle und Gewölbe, und alle Schätze, die darin liegen: aber die letzte Kammer in dem langen Gange sollst du ihm nicht zeigen, worin das Bild der Königstochter vom goldenen Dache verborgen steht. Wenn er das Bild erblickt, wird er eine heftige Liebe zu ihr empfinden, und wird in Ohnmacht niederfallen und wird ihretwegen in große Gefahren geraten; davor sollst du ihn hüten.« Und als der treue Johannes nochmals dem alten König die Hand darauf gegeben hatte, ward dieser still, legte sein Haupt auf das Kissen und starb. Als der alte König zu Grabe getragen war, da erzählte der treue Johannes dem jungen König was er seinem Vater auf dem Sterbelager versprochen hatte, und sagte »das will ich gewisslich halten, und will dir treu sein, wie ich ihm gewesen bin, und sollte es mein Leben kosten.« Die Trauer ging vorüber, da sprach der treue Johannes zu ihm »es ist nun Zeit, daß du dein Erbe siehst: ich will dir dein väterliches Schloß zeigen.« Da führte er ihn überall herum, auf und ab, und ließ ihn alle die Reichtümer und prächtigen Kammern sehen: nur die eine Kammer öffnete er nicht, worin das gefährliche Bild stand. Das Bild war aber so gestellt, daß, wenn die Türe aufging, man gerade darauf sah, und war so herrlich gemacht, daß man meinte es leibte und lebte, und es gäbe nichts lieblicheres und schöneres auf der ganzen Welt. Der junge König aber merkte wohl daß der getreue Johannes immer an einer Tür vorüberging und sprach »warum schließest du mir diese niemals auf?« »Es ist etwas darin,« antwortete er, »vor dem du erschrickst.« Aber der König antwortete »ich habe das ganze Schloß gesehen, so will ich auch wissen was darin ist,« ging und wollte die Türe mit Gewalt öffnen. Da hielt ihn der getreue Johannes zurück und sagte »ich habe es deinem Vater vor seinem Tode versprochen, daß du nicht sehen sollst was in der Kammer steht: es könnte dir und mir zu großem Unglück ausschlagen.« »Ach nein,« antwortete der junge König, »wenn ich nicht hineinkomme, so ists es mein sicheres Verderben: ich würde Tag und Nacht keine Ruhe haben, bis ichs mit meinen[[Besitz]] Augen gesehen hätte. Nun gehe ich nicht von der Stelle, bis du aufgeschlossen hast.« Da sah der getreue Johannes daß es nicht mehr zu ändern war, und suchte mit schwerem Herzen und vielem Seufzen aus dem großen Bund den Schlüssel heraus. Als er die Türe geöffnet hatte, trat er zuerst hinein und dachte er wolle das Bildnis bedecken daß es der König vor ihm nicht sähe: aber was half das? der König stellte sich auf die Fußspitzen und sah ihm über die Schulter. Und als er das Bildnis der Jungfrau erblickte, das so herrlich war und von Gold und Edelsteinen glänzte, da fiel er ohnmächtig zur Erde nieder. Der getreue Johannes hob ihn auf, trug ihn in sein Bett und dachte voll Sorgen »das Unglück ist geschehen, Herr Gott, was will daraus werden!« dann stärkte er ihn mit Wein, bis er wieder zu sich selbst kam. Das erste Wort, das er sprach, war »ach! wer ist das schöne Bild?« »Das ist die Königstochter vom goldenen Dache,« antwortete der treue Johannes. Da sprach der König weiter » meine[[Besitz]] Liebe zu ihr ist so groß, wenn alle Blätter an den Bäumen Zungen wären, sie könntens nicht aussagen; mein Leben setze ich daran, daß ich sie erlange. Du bist mein getreuster Johannes, du mußt mir beistehen.« Der treue Diener besann sich lange wie die Sache anzufangen wäre, denn es hielt schwer, nur vor das Angesicht der Königstochter zu kommen. Endlich hatte er ein Mittel ausgedacht und sprach zu dem König »alles, was sie um sich hat, ist von Gold, Tische, Stühle, Schüsseln, Becher, Näpfe und alles Hausgerät; in deinem Schatze liegen fünf Tonnen Goldes, laß eine von den Goldschmieden des Reichs verarbeiten zu allerhand Gefäßen und Gerätschaften, zu allerhand Vögeln, Gewild und wunderbaren Tieren, das wird ihr gefallen, wir wollen damit hinfahren und unser Glück versuchen.« Der König hieß alle Goldschmiede herbei holen, die mußten Tag und Nacht arbeiten, bis endlich die herrlichsten Dinge fertig waren. Als alles auf ein Schiff geladen war, zog der getreue Johannes Kaufmannskleider an, und der König mußte ein gleiches tun, um sich ganz unkenntlich zu machen. Dann fuhren sie über das Meer, und fuhren so lange, bis sie zu der Stadt kamen, worin die Königstochter vom goldenen Dache wohnte. Der treue Johannes hieß den König auf dem Schiffe zurückbleiben und auf ihn warten. »Vielleicht,« sprach er, »bring ich die Königstochter mit, darum sorgt daß alles in Ordnung ist, laßt die Goldgefäße aufstellen und das ganze Schiff ausschmücken.« Darauf suchte er sich in sein Schürzchen allerlei von den Goldsachen zusammen, stieg ans Land und ging gerade nach dem königlichen Schloß. Als er in den Schloßhof kam, stand da beim Brunnen ein schönes Mädchen, das hatte zwei goldene Eimer in der Hand und schöpfte damit. Und als es das blinkende Wasser forttragen wollte und sich umdrehte, sah es den fremden Mann und fragte wer er wäre? Da antwortete er »ich bin ein Kaufmann,« und öffnete sein Schürzchen und ließ sie hineinschauen. Da rief sie »ei, was für schönes Goldzeug!« setzte die Eimer nieder und betrachtete eins nach dem andern. Da sprach das Mädchen »das muß die Königstochter sehen, die hat so große Freude an den Goldsachen, daß sie euch alles abkauft.« Es nahm ihn bei der Hand und führte ihn hinauf, denn es war die Kammerjungfer. Als die Königstochter die Waare sah, war sie ganz vergnügt und sprach »es ist so schön gearbeitet, daß ich dir alles abkaufen will.« Aber der getreue Johannes sprach »ich bin nur der Diener von einem reichen Kaufmann: was ich hier habe ist nichts gegen das, was mein Herr auf seinem Schiff stehen hat, und das ist das künstlichste und köstlichste, was je in Gold ist gearbeitet worden.« Sie[[1]] wollte alles herauf gebracht haben, aber er sprach »dazu gehören viele Tage, so groß ist die Menge, und so viel Säle um es aufzustellen, daß euer Haus nicht Raum dafür hat.« Da ward ihre Neugierde und Lust immer mehr angeregt, so daß sie endlich sagte »führe mich hin zu dem Schiff, ich will selbst hingehen und deines Herrn Schätze betrachten.« Da führte sie der getreue Johannes zu dem Schiffe hin und war ganz freudig, und der König, als er sie erblickte, sah daß ihre Schönheit noch größer war, als das Bild sie dargestellt hatte, und meinte nicht anders als das Herz wollte ihm zerspringen. Nun stieg sie in das Schiff, und der König führte sie hinein; der getreue Johannes aber blieb zurück bei dem Steuermann und hieß das Schiff abstoßen, »spannt alle Segel auf, daß es fliegt wie ein Vogel in der Luft.« Der König aber zeigte ihr drinnen das goldene Geschirr, jedes einzeln, die Schüsseln, Becher, Näpfe, die Vögel, das Gewild und die wunderbaren Tiere. Viele Stunden gingen herum, während sie alles besah, und in ihrer Freude merkte sie nicht daß das Schiff dahin fuhr. Nachdem sie das letzte betrachtet hatte, dankte sie dem Kaufmann und wollte heim, als sie aber an des Schiffes Rand kam, sah sie daß es fern vom Land auf hohem Meere ging und mit vollen Segeln forteilte. »Ach,« rief sie erschrocken, »ich bin betrogen, ich bin entführt und in die Gewalt eines Kaufmanns geraten; lieber wollt ich sterben!« Der König aber faßte sie bei der Hand und sprach »ein Kaufmann bin ich nicht, ich bin ein König und nicht geringer an Geburt als du bist: aber daß ich dich mit List entführt habe, das ist aus übergroßer Liebe geschehen. Das erstemal, als ich dein Bildnis gesehen habe, bin ich ohnmächtig zur Erde gefallen.« Als die Königstochter vom goldenen Dache das hörte, ward sie getröstet, und ihr Herz ward ihm geneigt, so daß sie gerne einwilligte seine Gemahlin zu werden. Es trug sich aber zu, während sie auf dem hohen Meere dahin fuhren, daß der getreue Johannes, als er vorn auf dem Schiffe saß und Musik machte, in der Luft drei Raben erblickte, die daher geflogen kamen. Da hörte er auf zu spielen und horchte was sie mit einander sprachen, denn er verstand das wohl. Die eine rief »ei, da führt er die Königstochter vom goldenen Dache heim.« »Ja,« antwortete die zweite, »er hat sie noch nicht.« Sprach die dritte »er hat sie doch, sie sitzt bei ihm im Schiffe.« Da fing die erste wieder an und rief »was hilft ihm das! wenn sie ans Land kommen, wird ihm ein fuchsrotes Pferd entgegenspringen: da wird er sich aufschwingen wollen, und tut er das, so sprengt es mit ihm fort und in die Luft hinein, daß er nimmer mehr seine Jungfrau wieder sieht.« Sprach die zweite »ist gar keine Rettung?« »O ja, wenn ein anderer schnell aufsitzt, das Feuergewehr, das in den Halftern stecken muß, heraus nimmt und das Pferd damit tot schießt, so ist der junge König gerettet. Aber wer weis das! und wers weis und sagts ihm, der wird zu Stein von den Fußzehen bis zum Knie.« Da sprach die zweite »ich weis noch mehr, wenn das Pferd auch getötet wird, so behält der junge König doch nicht seine Braut: wenn sie zusammen ins Schloß kommen, so liegt dort ein gemachtes Brauthemd in einer Schüssel, und sieht aus als wärs von Gold und Silber gewebt, ist aber nichts als Schwefel und Pech: wenn ers antut, verbrennt es ihn bis aufs Mark und Knochen.« Sprach die dritte »ist da gar keine Rettung?« »O ja,« antwortete die zweite, »wenn einer mit Handschuhen das Hemd packt und wirft es ins Feuer, daß es verbrennt, so ist der junge König gerettet. Aber was hilfts! wers weis und es ihm sagt, der wird halbes Leibes Stein vom Knie bis zum Herzen.« Da sprach die dritte »ich weis noch mehr, wird das Brauthemd auch verbrannt, so hat der junge König seine Braut doch noch nicht: wenn nach der Hochzeit der Tanz anhebt, und die junge Königin tanzt, wird sie plötzlich erbleichen und wie tot hinfallen: und hebt sie nicht einer auf und zieht aus ihrer rechten Brust drei Tropfen Blut und speit sie wieder aus, so stirbt sie. Aber verrät das einer, der es weis, so wird er ganzes Leibes zu Stein vom Wirbel bis zur Fußzehe.« Als die Raben das mit einander gesprochen hatten, flogen sie weiter, und der getreue Johannes hatte alles wohl verstanden, aber von der Zeit an war er still und traurig; denn verschwieg er seinem Herrn, was er gehört hatte, so war dieser unglücklich: entdeckte er es ihm, so mußte er selbst sein Leben hingeben. Endlich aber sprach er bei sich »meinen[[Besitz]] Herrn will ich retten, und sollt ich selbst darüber zu Grunde gehen.« Als sie nun ans Land kamen, da geschah es, wie die Rabe vorher gesagt hatte, und es sprengte ein prächtiger fuchsroter Gaul daher. »Wohlan,« sprach der König, »der soll mich in mein Schloß tragen,« und wollte sich aufsetzen, doch der treue Johannes kam ihm zuvor, schwang sich schnell darauf, zog das Gewehr aus den Halftern, und schoß den Gaul nieder. Da riefen die andern Diener des Königs, die dem treuen Johannes doch nicht gut waren, »wie schändlich, das schöne Tier zu töten, das den König in sein Schloß tragen sollte!« Aber der König sprach »schweigt und laßt ihn gehen, es ist mein getreuester Johannes, wer weis wozu das gut ist!« Nun gingen sie ins Schloß, und da stand im Saal eine Schüssel, und das gemachte Brauthemd lag darin und sah aus nicht anders als wäre es von Gold und Silber. Der junge König ging darauf zu und wollte es ergreifen, aber der treue Johannes schob ihn weg, packte es mit Handschuhen an, trug es schnell ins Feuer und ließ es verbrennen. Die anderen Diener fingen wieder an zu murren und sagten »seht, nun verbrennt er gar des Königs Brauthemd.« Aber der junge König sprach »wer weis wozu es gut ist, laßt ihn gehen, es ist mein getreuester Johannes.« Nun ward die Hochzeit gefeiert: der Tanz hub an, und die Braut trat auch hinein, da hatte der treue Johannes Acht und schaute ihr ins Antlitz; auf einmal erbleichte sie und fiel wie tot zur Erde. Da sprang er eilends hinzu, hob sie auf und trug sie in eine Kammer, da legte er sie nieder, kniete und sog die drei Blutstropfen aus ihrer rechten Brust und speite sie aus. Alsbald atmete sie wieder und erholte sich, aber der junge König hatte es mit angesehen, und wußte nicht warum es der getreue Johannes getan hatte, ward zornig darüber, und rief »werft ihn ins Gefängnis.« Am andern Morgen ward der getreue Johannes verurteilt und zum Galgen geführt, und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er »jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?« »Ja,« antwortete der König, »es soll dir vergönnt sein.« Da sprach der treue Johannes »Ich bin mit Unrecht verurteilt und bin dir immer treu gewesen,« und erzählte wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört, und wie er, um seinen Herrn zu retten, das alles hätte tun müssen. Da rief der König »o mein treuester Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter.« Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort das er geredet hatte leblos herabgefallen, und war ein Stein. Darüber trug nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach »ach, was hab ich große Treue so übel belohnt!« und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach »ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.« Es ging eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war, und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder das steinerne Bildnis voll Trauer an, seufzte und rief »ach, könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuester Johannes.« Da fing der Stein an zu reden und sprach »ja, du kannst mich wieder lebendig machen, wenn du dein Liebstes daran wenden willst.« Da rief der König »alles, was ich auf der Welt habe, will ich für dich hingeben.« Sprach der Stein weiter »wenn du mit deiner eigenen Hand deinen beiden Kindern den Kopf abhaust und mich mit ihrem Blute bestreichst, so erhalte ich das Leben wieder.« Der König erschrak, als er hörte daß er seine liebsten Kinder selbst töten sollte, doch dachte er an die große Treue, und daß der getreue Johannes für ihn gestorben war, zog sein Schwert und hieb mit eigener Hand den Kindern den Kopf ab. Und als er mit ihrem Blute den Stein bestrichen hatte, so kehrte das Leben zurück, und der getreue Johannes stand wieder frisch und gesund vor ihm. Er sprach zum König » deine Treue soll nicht unbelohnt bleiben,« und nahm die Häupter der Kinder, setzte sie auf, und bestrich die Wunde mit ihrem Blut, davon wurden sie im Augenblick wieder heil, sprangen herum und spielten fort, als wär ihnen nichts geschehen. Nun war der König voll Freude, und als er die Königin kommen sah, versteckte er den getreuen Johannes und die beiden Kinder in einen großen Schrank. Wie sie hereintrat, sprach er zu ihr »hast du gebetet in der Kirche?« »Ja,« antwortete sie, »aber ich habe beständig an den treuen Johannes gedacht, daß er so unglücklich durch uns geworden ist.« Da sprach er »liebe Frau, wir können ihm das Leben wieder geben, aber es kostet uns unsere beiden Söhnlein, die müssen wir opfern.« Die Königin ward bleich und erschrak im Herzen, doch sprach sie »wir sinds ihm schuldig wegen seiner großen Treue.« Da freute er sich daß sie dachte wie er gedacht hatte, ging hin und schloß den Schrank auf, holte die Kinder und den treuen Johannes heraus und sprach »Gott sei gelobt, er ist erlöst, und unsere Söhnlein haben wir auch wieder,« und erzählte ihr wie sich alles zugetragen hatte. Da lebten sie zusammen in Glückseligkeit bis an ihr Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="7._Der_gute_Handel" 7. Der gute Handel. &&ax &&lg=x &&fe Ein Bauer, der hatte seine Kuh auf den Markt getrieben und für sieben Taler verkauft. Auf dem Heimweg mußte er an einem Teich vorbei, und da hörte er schon von weitem wie die Frösche riefen »ak, ak, ak, ak.« »Ja,« sprach er für sich, »die schreien auch ins Haberfeld hinein: sieben sinds, die ich gelöst habe, keine acht.« Als er zu dem Wasser heran kam, rief er ihnen zu »dummes Vieh, das ihr seid! wisst ihrs nicht besser? sieben Taler sinds und keine acht.« Die Frösche blieben aber bei ihrem »ak, ak, ak, ak.« »Nun, wenn ihrs nicht glauben wollt, ich kanns euch vorzählen,« holte das Geld aus der Tasche und zählte die sieben Taler ab, immer vierundzwanzig Groschen[[1]] auf einen. Die Frösche kehrten sich aber nicht an seine Rechnung und riefen abermals »ak, ak, ak, ak.« »Ei,« rief der Bauer ganz bös, »wollt ihrs besser wissen als ich, so zählt selber,« und warf ihnen das Geld miteinander ins Wasser hinein. Er blieb stehen und wollte warten bis sie fertig wären und ihm das Seinige wieder brächten, aber die Frösche beharrten auf ihrem Sinn, schrien immerfort »ak, ak, ak, ak«, und warfen auch das Geld nicht wieder heraus. Er wartete noch eine gute Weile, bis der Abend anbrach, und er nach Haus mußte, da schimpfte er die Frösche aus und rief »ihr Wasserpatscher, ihr Dickköpfe, ihr Klotzaugen, ein groß Maul habt ihr und könnt schreien daß einem die Ohren weh tun, aber sieben Taler könnt ihr nicht zählen: meint ihr, ich wollte da stehen bis ihr fertig wärt?« Damit ging er fort, aber die Frösche riefen noch »ak, ak, ak, ak« hinter ihm her, daß er ganz verdrießlich heim kam. Über eine Zeit erhandelte er sich wieder eine Kuh, die schlachtete er, und machte die Rechnung, wenn er das Fleisch gut verkaufte, könnte er so viel lösen, als die beiden Kühe wert wären, und das Fell hätte er obendrein. Als er nun mit dem Fleisch zu der Stadt kam, war vor dem Tore ein ganzes Rudel Hunde zusammengelaufen, voran ein großer Windhund: der sprang um das Fleisch, schnupperte und bellte »was, was, was, was.« Als er gar nicht aufhören wollte, sprach der Bauer zu ihm »ja, ich merke wohl, du sagst »was, was,« weil du etwas von dem Fleisch verlangst, da sollt ich aber schön ankommen, wenn ich dirs geben wollte.« Der Hund antwortete nichts als »was, was.« »Willst dus auch nicht wegfressen und für deine Kameraden da gut stehen?« »Was, was« sprach der Hund. »Nun, wenn du dabei beharrst, so will ich dirs lassen, ich kenne dich wohl und weis bei wem du dienst: aber das sage ich dir, in drei Tagen muß ich mein Geld haben, sonst geht dirs schlimm: du kannst mirs nur hinausbringen.« Darauf lud er das Fleisch ab und kehrte wieder um: die Hunde machten sich darüber her und bellten laut »was, was.« Der Bauer, der es von weitem hörte, sprach zu sich »horch, jetzt verlangen sie alle was, aber der große muß mir einstehen.« Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer »heute Abend hast du dein Geld in der Tasche« und war ganz vergnügt. Aber es wollte niemand kommen und auszahlen. »Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,« sprach er, und endlich riss ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu dem Fleischer ging und sein Geld forderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, aber der Bauer sagte »Spaß beiseite, ich will mein Geld: hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht?« Da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel und jagte ihn hinaus. »Wart,« sprach der Bauer, »es gibt noch Gerechtigkeit auf der Welt!« und ging in das königliche Schloß und bat sich Gehör aus. Er ward vor den König geführt, der da saß mit seiner Tochter und fragte was ihm für ein Leid wiederfahren wäre? »Ach,« sagte er, »die Frösche und die Hunde haben mir das Meinige genommen, und der Metzger hat mich dafür mit dem Stock bezahlt,« und erzählte weitläufig wie es zugegangen war. Darüber fing die Königstochter laut an zu lachen, und der König sprach zu ihm »Recht kann ich dir hier nicht geben, aber dafür sollst du meine[[Besitz]] Tochter zur Frau haben: ihr Lebtag hat sie noch nicht gelacht, als eben über dich, und ich habe sie dem versprochen, der sie zum Lachen brächte. Du kannst Gott für dein Glück danken.« »O,« antwortete der Bauer, »ich will sie gar nicht: ich habe daheim nur eine einzige Frau, und die ist mir schon zuviel: wenn ich nach Haus komme, so ist mir nicht anders als ob in jedem Winkel eine stände.« Da ward der König zornig und sagte »du bist ein Grobian.« »Ach, Herr König,« antwortete der Bauer, »was könnt Ihr von einem Ochsen anders erwarten, als Rindfleisch!« »Warte,« erwiederte der König, »du sollst einen andern Lohn haben. Jetzt pack dich fort, aber in drei Tagen komm wieder, so sollen dir fünfhundert vollgezählt werden.« Wie der Bauer hinaus vor die Tür kam, sprach die Schildwache »du hast die Königstochter zum Lachen gebracht, da wirst du was rechtes bekommen haben.« »Ja, das mein ich,« antwortete der Bauer, »fünfhundert werden mir ausgezahlt.« »Hör,« sprach der Soldat, »gib mir etwas davon: was willst du mit all dem Geld anfangen!« »Weil dus bist,« sprach der Bauer, »so sollst du zweihundert haben, melde dich in drei Tagen beim König, und laß dirs aufzählen.« Ein Jude, der in der Nähe gestanden und das Gespräch mit angehört hatte, lief dem Bauer nach, hielt ihn beim Rock und sprach »Gotteswunder, was seid ihr ein Glückskind! ich wills euch wechseln, ich wills euch umsetzen in Scheidemünz, was wollt ihr mit den harten Talern?« »Mauschel,« sagte der Bauer, »dreihundert kannst du noch haben, gib mirs gleich in Münze, heut über drei Tage wirst du dafür beim König bezahlt werden.« Der Jude freute sich über das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen[[1]], wo drei so viel wert sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage ging der Bauer, dem Befehl des Königs gemäß, vor den König. »Zieht ihm den Rock aus,« sprach dieser, »er soll seine fünfhundert haben.« »Ach,« sagte der Bauer, »sie gehören nicht mehr mein, zweihundert habe ich an die Schildwache verschenkt, und dreihundert hat mir der Jude eingewechselt, von Rechtswegen gebührt mir gar nichts.« Indem kam der Soldat und der Jude herein, verlangten das Ihrige, das sie dem Bauer abgewonnen hätten, und erhielten die Schläge richtig zugemessen. Der Soldat ertrugs geduldig und wußte schon wies schmeckte: der Jude aber tat jämmerlich, »au weih!« geschrien »sind das die harten Taler?«. Der König mußte über den Bauer lachen, und da aller Zorn verschwunden war, sprach er, »weil du deinen Lohn schon verloren hast, bevor er dir zu Teil ward, so will ich dir einen Ersatz geben: geh in meine[[Besitz]] Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.« Der Bauer ließ sich das nicht zweimal sagen, und füllte in seine weiten Taschen was nur hinein wollte. Danach ging er ins Wirtshaus und überzählte sein Geld. Der Jude war ihm nachgeschlichen und hörte wie er mit sich allein brummte »nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich was ich hätte, wie kann ich nun wissen ob das richtig ist was ich so auf gut Glück eingesteckt habe!« »Gott bewahre,« sprach der Jude für sich, »der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf und gebs an, da krieg ich eine Belohnung, und er wird obendrein noch bestraft.« Als der König von den Reden des Bauern hörte, geriet er in Zorn und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer, »ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.« »Ich weis besser, was sich schickt,« antwortete der Bauer, »erst laß ich mir einen neuen Rock machen; meinst du ein Mann, der so viel Geld in der Tasche hat, sollte in dem alten Lumpenrock hingehen?« Der Jude, als er sah daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete wenn der Zorn des Königs verraucht wäre, so käme er um seine Belohnung und der Bauer um seine Strafe, so sprach er »ich will euch für die kurze Zeit einen schönen Rock leihen aus bloßer Freundschaft; was tut der Mensch nicht alles aus Liebe!« Der Bauer ließ sich das gefallen, zog den Rock vom Juden an und ging mit ihm fort. Der König hielt dem Bauer die bösen Reden vor, die der Jude hinterbracht hatte. »Ach,« sprach der Bauer, »was ein Jude sagt ist immer gelogen, dem geht kein wahres Wort aus dem Munde; der Kerl da ist im Stand und behauptet ich hätte seinen Rock an.« »Was soll mir das?« schrie der Jude, »ist der Rock nicht mein? hab ich ihn euch nicht aus bloßer Freundschaft geborgt, damit ihr vor den Herrn König treten konntet?« Wie der König das hörte, sprach er »einen hat der Jude gewiss betrogen, mich oder den Bauer,« und ließ ihm noch etwas in harten Talern nachzahlen. Der Bauer aber ging in dem guten Rock und mit dem guten Geld in der Tasche heim und sprach »diesmal hab ichs getroffen.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="8._Der_wunderliche_Spielmann" 8. Der wunderliche Spielmann. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein wunderlicher Spielmann, der ging durch einen Wald mutterselig allein und dachte hin und her, und als für seine Gedanken nichts mehr übrig war, sprach er zu sich selbst »mir wird hier im Walde Zeit und Weile lang, ich will einen guten Gesellen herbei holen.« Da nahm er die Geige vom Rücken und fidelte eins daß es durch die Bäume schallte. Nicht lange, so kam ein Wolf durch das Dickicht daher getrabt. »Ach, ein Wolf kommt! nach dem trage ich kein Verlangen,« sagte der Spielmann: aber der Wolf schritt näher und sprach zu ihm »ei, du lieber Spielmann, was fidelst du so schön! das möcht ich auch lernen.« »Das ist bald gelernt,« antwortete ihm der Spielmann, »du mußt nur alles tun, was ich dich heiße.« »O Spielmann,« sprach der Wolf, »ich will dir gehorchen, wie ein Schüler seinem Meister.« Der Spielmann hieß ihn mitgehen, und als sie ein Stück Wegs zusammen gegangen waren, kamen sie an einen alten Eichbaum, der innen hohl und in der Mitte aufgerissen war. »Sieh her,« sprach der Spielmann, »willst du fideln lernen, so lege die Vorderpfoten in diesen Spalt.« Der Wolf gehorchte, aber der Spielmann hob schnell einen Stein auf und keilte ihm die beiden Pfoten mit einem Schlag so fest daß er wie ein Gefangener da liegen bleiben mußte. »Warte da so lange bis ich wieder komme,« sagte der Spielmann und ging seines Weges. Über eine Weile sprach er abermals zu sich selber »mir wird hier im Walde Zeit und Weile lang, ich will einen andern Gesellen herbeiholen,« nahm seine Geige und fidelte wieder in den Wald hinein. Nicht lange, so kam ein Fuchs durch die Bäume daher geschlichen. »Ach, ein Fuchs kommt!« sagte der Spielmann »nach dem trage ich kein Verlangen.« Der Fuchs kam zu ihm heran, und sprach »ei, du lieber Spielmann, was fidelst du so schön! das möcht ich auch lernen.« »Das ist bald gelernt,« sprach der Spielmann, »du mußt nur alles tun, was ich dich heiße.« »O Spielmann,« antwortete der Fuchs, »ich will dir gehorchen, wie ein Schüler seinem Meister.« »Folge mir,« sagte der Spielmann, und als sie ein Stück Wegs gegangen waren, kamen sie auf einen Fußweg, zu dessen beiden Seiten hohe Sträuche standen. Da hielt der Spielmann still, bog von der einen Seite ein Haselnußbäumchen zur Erde herab und trat mit dem Fuß auf die Spitze, dann bog er von der andern Seite noch ein Bäumchen herab und sprach »wohlan, Füchslein, wenn du etwas lernen willst, so reich mir deine linke Vorderpfote.« Der Fuchs gehorchte und der Spielmann band ihm die Pfote an den linken Stamm. »Füchslein,« sprach er, »nun reich mir die rechte:« die band er ihm an den rechten Stamm. Und als er nachgesehen hatte, ob die Knoten der Stricke auch fest genug waren, ließ er los, und die Bäumchen fuhren in die Höhe und schnellten das Füchslein hinauf daß es in der Luft schwebte und zappelte. »Warte da so lange bis ich wiederkomme,« sagte der Spielmann und ging seines Weges. Wiederum sprach er zu sich »Zeit und Weile wird mir hier im Walde lang; ich will einen andern Gesellen herbei holen,« nahm seine Geige, und der Klang erschallte durch den Wald. Da kam ein Häschen daher gesprungen. »Ach, ein Hase kommt!« sagte der Spielmann, »den wollte ich nicht haben.« »Ei, du lieber Spielmann,« sagte das Häschen, »was fidelst du so schön, das möchte ich auch lernen.« »Das ist bald gelernt,« sprach der Spielmann, »du mußt nur alles tun was ich dich heiße.« »O Spielmann,« antwortete das Häslein, »ich will dir gehorchen wie ein Schüler seinem Meister.« Sie[[1]] gingen ein Stück Wegs zusammen, bis sie zu einer lichten Stelle im Wald kamen, wo ein Espenbaum stand. Der Spielmann band dem Häschen einen langen Bindfaden um den Hals, wovon er das andere Ende an den Baum knüpfte. »Munter, Häschen, jetzt spring mir zwanzigmal um den Baum herum,« rief der Spielmann, und das Häschen gehorchte, und wie es zwanzigmal herumgelaufen war, so hatte sich der Bindfaden zwanzigmal um den Stamm gewickelt, und das Häschen war gefangen, und es mochte ziehen und zerren wie es wollte, es schnitt sich nur den Faden in den weichen Hals. »Warte da so lange bis ich wiederkomme,« sprach der Spielmann und ging weiter. Der Wolf indessen hatte gerückt, gezogen, an dem Stein gebissen, und so lange gearbeitet, bis er die Pfoten frei gemacht und wieder aus der Spalte gezogen hatte. Voll Zorn und Wut eilte er hinter dem Spielmann her, und wollte ihn zerreißen. Als ihn der Fuchs laufen sah, fing er an zu jammern, und schrie aus Leibeskräften »Bruder Wolf, komm mir zur Hilfe, der Spielmann hat mich betrogen.« Der Wolf zog die Bäumchen herab, bis die Schnüre entzwei und machte den Fuchs frei, der mit ihm ging und an dem Spielmann Rache nehmen wollte. Sie[[1]] fanden das gebundene Häschen, das sie ebenfalls erlösten, und dann suchten alle zusammen ihren Feind auf. Der Spielmann hatte auf seinem Weg abermals seine Fidel erklingen lassen, und diesmal war er glücklicher gewesen. Die Töne drangen zu den Ohren eines armen Holzhauers, der alsbald, er mochte wollen oder nicht, von der Arbeit abließ, und mit dem Beil unter dem Arme heran kam die Musik zu hören. »Endlich kommt doch der rechte Geselle,« sagte der Spielmann, »denn einen Menschen suchte ich und keine wilden Tiere.« Und fing an und spielte so schön und lieblich, daß der arme Mann wie bezaubert da stand, und ihm das Herz vor Freude aufging. Und wie er so stand, kamen der Wolf, der Fuchs und das Häslein heran, und er merkte wohl daß sie etwas Böses im Schilde führten. Da erhob er seine blinkende Axt und stellte sich vor den Spielmann, als wollte er sagen »wer an ihn will, der hüte sich, der hat es mit mir zu tun.« Da ward den Tieren angst und liefen in den Wald zurück, der Spielmann aber spielte dem Manne noch eins zum Dank und zog dann weiter. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="9._Die_zwölf_Brüder" 9. Die zwölf Brüder. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein König und eine Königin, die lebten in Frieden mit einander und hatten zwölf Kinder, das waren aber lauter Buben. Nun sprach der König zu seiner Frau »wenn das dreizehnte Kind, was du zur Welt bringst, ein Mädchen ist, so sollen die zwölf Buben sterben, damit sein Reichtum groß wird und das Königreich ihm allein zufällt.« Er ließ auch zwölf Särge machen, die waren schon mit Hobelspänen gefüllt, und in jedem lag das Totenkisschen, und ließ sie in eine verschlossene Stube bringen, dann gab er der Königin den Schlüssel und gebot ihr niemand etwas davon zu sagen. Die Mutter aber saß nun den ganzen Tag und trauerte, so daß der kleinste Sohn, der immer bei ihr war, und den sie nach der Bibel Benjamin nannte, zu ihr sprach »liebe Mutter, warum bist du so traurig?« »Liebstes Kind,« antwortete sie, »ich darf dirs nicht sagen.« Er ließ ihr aber keine Ruhe, bis sie ging und die Stube aufschloß, und ihm die zwölf mit Hobelspänen schon gefüllten Totenladen zeigte. Darauf sprach sie »mein liebster Benjamin, diese Särge hat dein Vater für dich und deine elf Brüder machen lassen, denn wenn ich ein Mädchen zur Welt bringe, so sollt ihr allesammt getötet und darin begraben werden.« Und als sie weinte während sie das sprach, so tröstete sie der Sohn und sagte »weine nicht, liebe Mutter, wir wollen uns schon helfen und wollen fortgehen.« Sie[[1]] aber sprach »geh mit deinen elf Brüdern hinaus in den Wald, und einer setze sich immer auf den höchsten Baum, der zu finden ist, und halte Wacht und schaue nach dem Turm hier im Schloß. Gebär ich ein Söhnlein, so will ich eine weiße Fahne aufstecken, und dann dürft ihr wiederkommen; gebär ich ein Töchterlein, so will ich eine rote Fahne aufstecken, und dann flieht fort, so schnell ihr könnt, und der liebe Gott behüte euch. Alle Nacht will ich aufstehen und für euch beten, im Winter, daß ihr an einem Feuer euch wärmen könnt, im Sommer, daß ihr nicht in der Hitze schmachtet.« Nachdem sie also ihre Söhne gesegnet hatte, gingen sie hinaus in den Wald. Einer hielt um den andern Wacht, saß auf der höchsten Eiche und schaute nach dem Turm. Als elf Tage herum waren und die Reihe an Benjamin kam, da sah er wie eine Fahne aufgesteckt wurde: es war aber nicht die weiße sondern die rote Blutfahne, die verkündigte daß sie alle sterben sollten. Wie die Brüder das hörten, wurden sie zornig und sprachen »sollten wir um eines Mädchens willen den Tod leiden! wir schwören daß wir uns rächen wollen: wo wir ein Mädchen finden, soll sein rotes Blut fließen.« Darauf gingen sie tiefer in den Wald hinein, und mitten drein, wo er am dunkelsten war, fanden sie ein kleines verwünschtes Häuschen, das leer stand. Da sprachen sie »hier wollen wir wohnen, und du, Benjamin, du bist der jüngste und schwächste, du sollst daheim bleiben und haushalten, wir andern wollen ausgehen und Essen holen.« Nun zogen sie in den Wald und schossen Hasen, wilde Rehe, Vögel und Täuberchen und was zu essen stand: das brachten sie dem Benjamin, der mußte es ihnen zurecht machen, damit sie ihren Hunger stillen konnten. In dem Häuschen lebten sie zehn Jahre zusammen, und die Zeit ward ihnen nicht lang. Das Töchterchen, das ihre Mutter, die Königin, geboren hatte, war nun herangewachsen, war gut von Herzen und schön von Angesicht und hatte einen goldenen Stern auf der Stirne. Einmal, als große Wäsche war, sah es darunter zwölf Mannshemden und fragte seine Mutter »wem gehören diese zwölf Hemden, für den Vater sind sie doch viel zu klein?« Da antwortete sie mit schwerem Herzen »liebes Kind, die gehören deinen zwölf Brüdern.« Sprach das Mädchen »wo sind meine[[Besitz]] zwölf Brüder, ich habe noch niemals von ihnen gehört.« Sie[[1]] antwortete »das weis Gott, wo sie sind: sie irren in der Welt herum.« Da nahm sie das Mädchen und schloß ihm das Zimmer auf, und zeigte ihm die zwölf Särge mit den Hobelspänen und den Totenkisschen. »Diese Särge,« sprach sie, »waren für deine Brüder bestimmt, aber sie sind heimlich fortgegangen, eh du geboren warst,« und erzählte ihm wie sich alles zugetragen hatte. Da sagte das Mädchen »liebe Mutter, weine nicht, ich will gehen und meine[[Besitz]] Brüder suchen.« Nun nahm es die zwölf Hemden und ging fort und geradezu in den großen Wald hinein. Es ging den ganzen Tag und am Abend kam es zu dem verwünschten Häuschen. Da trat es hinein und fand einen jungen Knaben, der fragte »wo kommst du her und wo willst du hin?« und erstaunte daß sie so schön war, königliche Kleider trug und einen Stern auf der Stirne hatte. Da antwortete sie »ich bin eine Königstochter und suche meine[[Besitz]] zwölf Brüder und will gehen so weit der Himmel blau ist, bis ich sie finde.« Sie[[1]] zeigte ihm auch die zwölf Hemden, die ihnen gehörten. Da sah Benjamin daß es seine Schwester war und sprach »ich bin Benjamin, dein jüngster Bruder.« Und sie fing an zu weinen vor Freude, und Benjamin auch, und sie küßten und herzten einander vor großer Liebe. Hernach sprach er »liebe Schwester, es ist noch ein Vorbehalt da, wir hatten verabredet, daß ein jedes Mädchen, das uns begegnete, sterben sollte, weil wir um ein Mädchen unser Königreich verlassen mußten.« Da sagte sie »ich will gerne sterben, wenn ich damit meine[[Besitz]] zwölf Brüder erlösen kann.« »Nein,« antwortete er, »du sollst nicht sterben, setze dich unter diese Bütte bis die elf Brüder kommen, dann will ich schon einig mit ihnen werden.« Also tat sie; und wie es Nacht ward, kamen die andern von der Jagd, und die Mahlzeit war bereit. Und als sie am Tische saßen und aßen, fragten sie »was gibts neues?« Sprach Benjamin »wisst ihr nichts?« »Nein« antworteten sie. Sprach er weiter »ihr seid im Walde gewesen, und ich bin daheim geblieben, und weis doch mehr als ihr.« »So erzähle uns« riefen sie. Antwortete er »versprecht ihr mir auch daß das erste Mädchen, das uns begegnet, nicht soll getötet werden?« »Ja,« riefen sie alle, »das soll Gnade haben, erzähl uns nur.« Da sprach er »unsere Schwester ist da,« und hub die Bütte auf, und die Königstochter kam hervor in ihren königlichen Kleidern mit dem goldenen Stern auf der Stirne, und war so schön, zart und fein. Da freuten sie sich alle, fielen ihr um den Hals und küßten sie und hatten sie vom Herzen lieb. Nun blieb sie bei Benjamin zu Haus und half ihm in der Arbeit. Die elfe zogen in den Wald, fingen Gewild, Rehe, Vögel und Täuberchen, damit sie zu essen hatten, und die Schwester und Benjamin sorgten daß es zubereitet wurde. Sie[[1]] suchte das Holz zum Kochen und die Kräuter zum Gemüs, und stellte die Töpfe ans Feuer, also daß die Mahlzeit immer fertig war, wenn die Elfe kamen. Sie[[1]] hielt auch sonst Ordnung im Häuschen, und deckte die Bettlein hübsch weiß und rein, und die Brüder waren immer zufrieden und lebten in großer Einigkeit mit ihr. Auf eine Zeit hatten die beiden daheim eine schöne Kost zurecht gemacht, und wie sie nun alle beisammen waren, setzten sie sich, aßen und tranken und waren voller Freude. Es war aber ein kleines Gärtchen an dem verwünschten Häuschen, darin standen zwölf Lilienblumen, die man auch Studenten heißt: nun wollte sie ihren Brüdern ein Vergnügen machen, brach die zwölf Blumen ab und dachte jedem aufs Essen eine zu schenken. Wie sie aber die Blumen abgebrochen hatte, in demselben Augenblick waren die zwölf Brüder in zwölf Raben verwandelt und flogen über den Wald hin fort, und das Haus mit dem Garten war auch verschwunden. Da war nun das arme Mädchen allein in dem wilden Wald, und wie es sich umsah, so stand eine alte Frau neben ihm, die sprach »mein Kind, was hast du angefangen? warum hast du die zwölf weißen Blumen nicht stehen lassen? das waren deine Brüder, die sind nun auf immer in Raben verwandelt.« Das Mädchen sprach weinend »ist denn kein Mittel sie zu erlösen?« »Nein,« sagte die Alte, »es ist keins auf der ganzen Welt als eins, das ist aber so schwer, daß du sie damit nicht befreien wirst, denn du mußt sieben Jahre stumm sein, darfst nicht sprechen und nicht lachen, und sprichst du ein einziges Wort, und es fehlt nur eine Stunde an den sieben Jahren, so ist alles umsonst, und deine Brüder werden von dem einen Wort getötet.« Da sprach das Mädchen in seinem Herzen »ich weis gewiss daß ich meine[[Besitz]] Brüder erlöse,« und ging und suchte einen hohen Baum, setzte sich darauf und spann, und sprach nicht und lachte nicht. Nun trugs sich zu, daß ein König in dem Walde jagte, der hatte einen großen Windhund, der lief zu dem Baum, wo das Mädchen drauf saß, sprang herum, schrie und bellte hinauf. Da kam der König herbei und sah die schöne Königstochter mit dem goldenen Stern auf der Stirne, und war so entzückt über ihre Schönheit, daß er ihr zurief ob sie seine Gemahlin werden wollte. Sie[[1]] gab keine Antwort, nickte aber ein wenig mit dem Kopf. Da stieg er selbst auf den Baum, trug sie herab, setzte sie auf sein Pferd und führte sie heim. Da ward die Hochzeit mit großer Pracht und Freude gefeiert: aber die Braut sprach nicht und lachte nicht. Als sie ein paar Jahre mit einander vergnügt gelebt hatten, fing die Mutter des Königs, die eine böse Frau war, an, die junge Königin zu verleumden und sprach zum König »es ist ein gemeines Bettelmädchen, das du dir mitgebracht hast, wer weis was für gottlose Streiche sie heimlich treibt. Wenn sie stumm ist und nicht sprechen kann, so könnte sie doch einmal lachen, aber wer nicht lacht, der hat ein böses Gewissen.« Der König wollte zuerst nicht daran glauben, aber die Alte trieb es so lange und beschuldigte sie so viel böser Dinge, daß der König sich endlich überreden ließ und sie zum Tod verurteilte. Nun ward im Hof ein großes Feuer angezündet, darin sollte sie verbrannt werden: und der König stand oben am Fenster und sah mit weinenden Augen zu, weil er sie noch immer so lieb hatte. Und als sie schon an den Pfahl festgebunden war, und das Feuer an ihren Kleidern mit roten Zungen leckte, da war eben der letzte Augenblick von den sieben Jahren verflossen. Da ließ sich in der Luft ein Geschwirr hören, und zwölf Raben kamen hergezogen und senkten sich nieder: und wie sie die Erde berührten, waren es ihre zwölf Brüder, die sie erlöst hatte. Sie[[1]] rissen das Feuer auseinander, löschten die Flammen, machten ihre liebe Schwester frei, und küßten und herzten sie. Nun aber, da sie ihren Mund auftun und reden durfte, erzählte sie dem Könige warum sie stumm gewesen wäre und niemals gelacht hätte. Der König freute sich als er hörte daß sie unschuldig war, und sie lebten nun alle zusammen in Einigkeit bis an ihren Tod. Die böse Stiefmutter ward vor Gericht gestellt, und in ein Faß gesteckt, das mit siedendem Öl und giftigen Schlangen angefüllt war, und starb eines bösen Todes. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="10._Das_Lumpengesindel" 10. Das Lumpengesindel. &&ax &&lg=x &&fe Hähnchen sprach zum Hühnchen »jetzt ist die Zeit wo die Nüsse reif werden, da wollen wir zusammen auf den Berg gehen und uns einmal recht satt essen, ehe sie das Eichhorn alle wegholt.« »Ja,« antwortete das Hühnchen, »komm, wir wollen uns eine Lust miteinander machen.« Da gingen sie zusammen fort auf den Berg, und weil es ein heller Tag war, blieben sie bis zum Abend. Nun weis ich nicht ob sie sich so dick gegessen hatten, oder ob sie übermütig geworden waren, kurz, sie wollten nicht zu Fuß nach Haus gehen, und das Hähnchen mußte einen kleinen Wagen von Nußschalen bauen. Als er fertig war, setzte sich Hühnchen hinein und sagte zum Hähnchen »du kannst dich nur immer vorspannen.« »Du kommst mir recht,« sagte das Hähnchen, »lieber geh ich zu Fuß nach Haus, als daß ich mich vorspannen lasse: nein, so haben wir nicht gewettet. Kutscher will ich wohl sein und auf dem Bock sitzen, aber selbst ziehen, das tu ich nicht.« Wie sie so stritten, schnatterte eine Ente daher »ihr Diebsvolk, wer hat euch geheißen in meinen[[Besitz]] Nußberg gehen? wartet, das soll euch schlecht bekommen!« ging also mit aufgesperrtem Schnabel auf das Hähnchen los. Aber Hähnchen war auch nicht faul und stieg der Ente tüchtig zu Leib, endlich hackte es mit seinen Sporn so gewaltig auf sie los, daß sie um Gnade bat und sich gern zur Strafe vor den Wagen spannen ließ. Hähnchen setzte sich nun auf den Bock und war Kutscher, und darauf ging es fort in einem Jagen, »Ente, lauf zu was du kannst!« Als sie ein Stück Weges gefahren waren, begegneten sie zwei Fußgängern, einer Stecknadel und einer Nähnadel. Sie[[1]] riefen »halt! halt!« und sagten es würde gleich stichdunkel werden, da könnten sie keinen Schritt weiter, auch wäre es so schmutzig auf der Straße, ob sie nicht ein wenig einsitzen könnten: sie wären auf der Schneiderherberge vor dem Tor gewesen und hätten sich beim Bier verspätet. Hähnchen, da es magere Leute waren, die nicht viel Platz einnahmen, ließ sie beide einsteigen, doch mußten sie versprechen ihm und seinem Hühnchen nicht auf die Füße zu treten. Spät Abends kamen sie zu einem Wirtshaus, und weil sie die Nacht nicht weiter fahren wollten, die Ente auch nicht gut zu Fuß war und von einer Seite auf die andere fiel, so kehrten sie ein. Der Wirt machte anfangs viel Einwendungen, sein Haus wäre schon voll, gedachte auch wohl es möchte keine vornehme Herrschaft sein, endlich aber, da sie süße Reden führten, er sollte das Ei haben, welches das Hühnchen unterwegs gelegt hatte, auch die Ente behalten, die alle Tage eins legte, so sagte er endlich sie möchten die Nacht über bleiben. Nun ließen sie wieder frisch auftragen und lebten in Saus und Braus. Früh Morgens, als es dämmerte und noch alles schlief, weckte Hähnchen das Hühnchen, holte das Ei, pickte es auf, und sie verzehrten es zusammen; die Schalen aber warfen sie auf den Feuerherd. Dann gingen sie zu der Nähnadel, die noch schlief, packten sie beim Kopf, und steckten sie in das Sesselkissen des Wirts, die Stecknadel aber in sein Handtuch, endlich flogen sie, mir nichts dir nichts, über die Heide davon. Die Ente, die gern unter freiem Himmel schlief, und im Hof geblieben war, hörte sie fortschnurren, machte sich munter, und fand einen Bach, auf dem sie hinab schwamm; und das ging geschwinder als vor dem Wagen. Ein paar Stunden später machte sich erst der Wirt aus den Federn, wusch sich und wollte sich am Handtuch abtrocknen, da fuhr ihm die Stecknadel über das Gesicht und machte ihm einen roten Strich von einem Ohr zum andern: dann ging er in die Küche, und wollte sich eine Pfeife anstecken, wie er aber an den Herd kam, sprangen ihm die Eierschalen in die Augen. »Heute Morgen will mir Alles an meinen[[Besitz]] Kopf,« sagte er, und ließ sich verdrießlich auf seinen Großvaterstuhl nieder; aber geschwind fuhr er wieder in die Höhe, und schrie »auweh!« denn die Nähnadel hatte ihn noch schlimmer und nicht in den Kopf gestochen. Nun war er vollends böse und hatte Verdacht auf die Gäste, die so spät gestern Abend gekommen waren; und wie er ging und sich nach ihnen umsah, waren sie fort. Da tat er einen Schwur, kein Lumpengesindel mehr in sein Haus zu nehmen, das viel verzehrt, nichts bezahlt, und zum Dank noch obendrein Schabernack treibt. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="11._Brüderchen_und_Schwesterchen" 11. Brüderchen und Schwesterchen. &&ax &&lg=x &&fe Brüderchen nahm sein Schwesterchen an der Hand und sprach »seit die Mutter tot ist, haben wir keine gute Stunde mehr; die Stiefmutter schlägt uns alle Tage, und wenn wir zu ihr kommen, stößt sie uns mit den Füßen fort. Die harten Brotkrusten, die übrig bleiben, sind unsere Speise, und dem Hündlein unter dem Tisch gehts besser: dem wirft sie doch manchmal einen guten Bissen zu. Daß Gott erbarm, wenn das unsere Mutter wüßte! Komm, wir wollen miteinander in die weite Welt gehen.« Sie[[1]] gingen den ganzen Tag über Wiesen, Felder und Steine, und wenn es regnete, sprach das Schwesterchen »Gott und unsere Herzen die weinen zusammen!« Abends kamen sie in einen großen Wald und waren so müde von Jammer, Hunger und dem langen Weg, daß sie sich in einen hohlen Baum setzten und einschliefen. Am andern Morgen, als sie aufwachten, stand die Sonne schon hoch am Himmel und schien heiß in den Baum hinein. Da sprach das Brüderchen »Schwesterchen, mich dürstet, wenn ich ein Brünnlein wüßte, ich ging und tränk einmal; ich mein, ich hört eins rauschen.« Brüderchen stand auf, nahm Schwesterchen an der Hand, und sie wollten das Brünnlein suchen. Die böse Stiefmutter aber war eine Hexe und hatte wohl gesehen wie die beiden Kinder fortgegangen waren, war ihnen nachgeschlichen, heimlich, wie die Hexen schleichen, und hatte alle Brunnen im Walde verwünscht. Als sie nun ein Brünnlein fanden, das so glitzerig über die Steine sprang, wollte das Brüderchen daraus trinken: aber das Schwesterchen hörte wie es im Rauschen sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Tiger: wer aus mir trinkt, wird ein Tiger.« Da rief das Schwesterchen »ich bitte dich, Brüderchen, trink nicht, sonst wirst du ein wildes Tier und zerreißest mich.« Das Brüderchen trank nicht, ob es gleich so großen Durst hatte, und sprach »ich will warten bis zur nächsten Quelle.« Als sie zum zweiten Brünnlein kamen, hörte das Schwesterchen wie auch dieses sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Wolf: wer aus mir trinkt, wird ein Wolf.« Da rief das Schwesterchen »Brüderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Wolf und frissest mich.« Das Brüderchen trank nicht und sprach »ich will warten, bis wir zur nächsten Quelle kommen, aber dann muß ich trinken, du magst sagen, was du willst: mein Durst ist gar zu groß.« Und als sie zum dritten Brünnlein kamen, hörte das Schwesterlein, wie es im Rauschen sprach »wer aus mir trinkt, wird ein Reh: wer aus mir trinkt, wird ein Reh.« Das Schwesterchen sprach »ach Brüderchen, ich bitte dich, trink nicht, sonst wirst du ein Reh und läufst mir fort.« Aber das Brüderchen hatte sich gleich beim Brünnlein nieder geknieet, hinab gebeugt und von dem Wasser getrunken, und wie die ersten Tropfen auf seine Lippen gekommen waren, lag es da als ein Rehkälbchen. Nun weinte das Schwesterchen über das arme verwünschte Brüderchen, und das Rehchen weinte auch und saß so traurig neben ihm. Da sprach das Mädchen endlich »sei still, liebes Rehchen, ich will dich ja nimmermehr verlassen.« Dann band es sein goldenes Strumpfband ab und tat es dem Rehchen um den Hals, und rupfte Binsen und flocht ein weiches Seil daraus. Daran band es das Tierchen und führte es weiter, und ging immer tiefer in den Wald hinein. Und als sie lange lange gegangen waren, kamen sie endlich an ein kleines Haus, und das Mädchen schaute hinein, und weil es leer war, dachte es »hier können wir bleiben und wohnen.« Da suchte es dem Rehchen Laub und Moos zu einem weichen Lager, und jeden Morgen ging es aus und sammelte sich Wurzeln, Beeren und Nüsse, und für das Rehchen brachte es zartes Gras mit, das fraß es ihm aus der Hand, war vergnügt und spielte vor ihm herum. Abends wenn Schwesterchen müde war und sein Gebet gesagt hatte, legte es seinen Kopf auf den Rücken des Rehkälbchens, das war sein Kissen, darauf es sanft einschlief. Und hätte das Brüderchen nur seine menschliche Gestalt gehabt, es wäre ein herrliches Leben gewesen. Das dauerte eine Zeitlang, daß sie so allein in der Wildnis waren. Es trug sich aber zu, daß der König des Landes eine große Jagd in dem Wald hielt. Da schallte das Hörnerblasen, Hundegebell und das lustige Geschrei der Jäger durch die Bäume, und das Rehlein hörte es und wäre gar zu gerne dabei gewesen. »Ach,« sprach es zum Schwesterlein, »laß mich hinaus in die Jagd, ich kanns nicht länger mehr aushalten,« und bat so lange, bis es einwilligte. »Aber,« sprach es zu ihm, »komm mir ja Abends wieder, vor den wilden Jägern schließ ich mein Türlein; und damit ich dich kenne, so klopf und sprich mein Schwesterlein, laß mich herein: und wenn du nicht so sprichst, so schließ ich mein Türlein nicht auf.« Nun sprang das Rehchen hinaus, und war ihm so wohl und war so lustig in freier Luft. Der König und seine Jäger sahen das schöne Tier und setzten ihm nach, aber sie konnten es nicht einholen, und wenn sie meinten, sie hätten es gewiss, da sprang es über das Gebüsch weg und war verschwunden. Als es dunkel ward, lief es zu dem Häuschen, klopfte und sprach »mein Schwesterlein, laß mich herein.« Da ward ihm die kleine Tür aufgetan, es sprang hinein und ruhete sich die ganze Nacht auf seinem weichen Lager aus. Am andern Morgen ging die Jagd von neuem an, und als das Rehlein wieder das Hüfthorn hörte und das ho, ho! der Jäger, da hatte es keine Ruhe, und sprach »Schwesterchen, mach mir auf, ich muß hinaus.« Das Schwesterchen öffnete ihm die Türe und sprach »aber zu Abend mußt du wieder da sein und dein Sprüchlein sagen.« Als der König und seine Jäger das Rehlein mit dem goldenen Halsband wieder sahen, jagten sie ihm alle nach, aber es war ihnen zu schnell und behend. Das währte den ganzen Tag, endlich aber hatten es die Jäger Abends umzingelt, und einer verwundete es ein wenig am Fuß, so daß es hinken mußte und langsam fortlief. Da schlich ihm ein Jäger nach bis zu dem Häuschen und hörte wie es rief »mein Schwesterlein, laß mich herein,« und sah daß die Tür ihm aufgetan und alsbald wieder zugeschlossen ward. Der Jäger behielt das alles wohl im Sinn, ging zum König und erzählte ihm was er gesehen und gehört hatte. Da sprach der König »morgen soll noch einmal gejagt werden.« Das Schwesterchen aber erschrak gewaltig, als es sah daß sein Rehkälbchen verwundet war. Es wusch ihm das Blut ab, legte Kräuter auf und sprach »geh auf dein Lager, lieb Rehchen, daß du wieder heil wirst.« Die Wunde aber war so gering, daß das Rehchen am Morgen nichts mehr davon spürte. Und als es die Jagdlust wieder draußen hörte, sprach es »ich kanns nicht aushalten, ich muß dabei sein; so bald soll mich keiner kriegen.« Das Schwesterchen weinte und sprach »nun werden sie dich töten, und ich bin hier allein im Wald und bin verlassen von aller Welt: ich laß dich nicht hinaus.« »So sterb ich dir hier vor Betrübnis,« antwortete das Rehchen, »wenn ich das Hüfthorn höre, so mein ich, ich müßt aus den Schuhen springen!« Da konnte das Schwesterchen nicht anders und schloß ihm mit schwerem Herzen die Tür auf, und das Rehchen sprang gesund und fröhlich in den Wald. Als es der König erblickte, sprach er zu seinen Jägern »nun jagt ihm nach den ganzen Tag bis in die Nacht, aber daß ihm keiner etwas zu Leide tut.« Sobald die Sonne untergegangen war, sprach der König zum Jäger »nun komm und zeige mir das Waldhäuschen.« Und als er vor dem Türlein war, klopfte er an und rief »lieb Schwesterlein, laß mich herein.« Da ging die Tür auf, und der König trat herein, und da stand ein Mädchen, das war so schön wie er noch keins gesehen hatte. Das Mädchen erschrak als es sah daß nicht sein Rehlein sondern ein Mann herein kam, der eine goldene Krone auf dem Haupt hatte. Aber der König sah es freundlich an, reichte ihm die Hand und sprach »willst du mit mir gehen auf mein Schloß und meine[[Besitz]] liebe Frau sein?« »Ach ja,« antwortete das Mädchen, »aber das Rehchen muß auch mit, das verlaß ich nicht.« Sprach der König »es soll bei dir bleiben, so lange du lebst, und soll ihm an nichts fehlen.« Indem kam es hereingesprungen, da band es das Schwesterchen wieder an das Binsenseil, nahm es selbst in die Hand und ging mit ihm aus dem Waldhäuschen fort. Der König nahm das schöne Mädchen auf sein Pferd und führte es in sein Schloß, wo die Hochzeit mit großer Pracht gefeiert wurde, und war es nun die Frau Königin, und lebten sie lange Zeit vergnügt zusammen; das Rehlein ward gehegt und gepflegt und sprang in dem Schloßgarten herum. Die böse Stiefmutter aber, um derentwillen die Kinder in die Welt hineingegangen waren, die meinte nicht anders als Schwesterchen wäre von den wilden Tieren im Walde zerrissen worden und Brüderchen als ein Rehkalb von den Jägern tot geschossen. Als sie nun hörte daß sie so glücklich waren, und es ihnen so wohl ging, da wurden Neid und Missgunst in ihrem Herzen rege und ließen ihr keine Ruhe, und sie hatte keinen andern Gedanken, als wie sie die beiden doch noch ins Unglück bringen könnte. Ihre rechte Tochter, die häßlich war wie die Nacht, und nur ein Auge hatte, die machte ihr Vorwürfe und sprach »eine Königin zu werden, das Glück hätte mir gebührt.« »Sei nur still,« sagte die Alte und sprach sie zufrieden, »wenns Zeit ist, will ich schon bei der Hand sein.« Als nun die Zeit heran gerückt war, und die Königin ein schönes Knäblein zur Welt gebracht hatte, und der König gerade auf der Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau an, trat in die Stube, wo die Königin lag und sprach zu der Kranken »kommt, das Bad ist fertig, das wird euch wohltun und frische Kräfte geben: geschwind, eh es kalt wird.« Ihre Tochter war auch bei der Hand, sie trugen die schwache Königin in die Badstube und legten sie in die Wanne: dann schlossen sie die Tür ab und liefen davon. In der Badstube aber hatten sie ein rechtes Höllenfeuer angemacht, daß die schöne junge Königin bald ersticken mußte. Als das vollbracht war, nahm die Alte ihre Tochter, setzte ihr eine Haube auf, und legte sie ins Bett an der Königin Stelle. Sie[[1]] gab ihr auch die Gestalt und das Ansehen der Königin, nur das verlorene Auge konnte sie ihr nicht wieder geben. Damit es aber der König nicht merkte, mußte sie sich auf die Seite legen, wo sie kein Auge hatte. Am Abend, als er heim kam und hörte daß ihm ein Söhnlein geboren war, freute er sich herzlich, und wollte ans Bett seiner lieben Frau gehen und sehen was sie machte. Da rief die Alte geschwind »bei Leibe, laßt die Vorhänge zu, die Königin darf noch nicht ins Licht sehen und muß Ruhe haben.« Der König ging zurück und wußte nicht daß eine falsche Königin im Bette lag. Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege saß und allein noch wachte, wie die Türe aufging, und die rechte Königin herein trat. Sie[[1]] nahm das Kind aus der Wiege, legte es in ihren Arm und gab ihm zu trinken. Dann schüttelte sie ihm sein Kisschen, legte es wieder hinein und deckte es mit dem Deckbettchen zu. Sie[[1]] vergaß aber auch das Rehchen nicht, ging in die Ecke, wo es lag, und streichelte ihm über den Rücken. Darauf ging sie ganz stillschweigend wieder zur Türe hinaus, und die Kinderfrau fragte am andern Morgen die Wächter ob jemand während der Nacht ins Schloß gegangen wäre, aber sie antworteten »nein, wir haben niemand gesehen.« So kam sie viele Nächte und sprach niemals ein Wort dabei; die Kinderfrau sah sie immer, aber sie getraute sich nicht jemand etwas davon zu sagen. Als nun so eine Zeit verflossen war, da hub die Königin in der Nacht an zu reden und sprach »was macht mein Kind? was macht mein Reh? Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr.« Die Kinderfrau antwortete ihr nicht, aber als sie wieder verschwunden war, ging sie zum König und erzählte ihm alles. Sprach der König »Ach Gott, was ist das! ich will in der nächsten Nacht bei dem Kinde wachen.« Abends ging er in die Kinderstube, aber um Mitternacht erschien die Königin wieder und sprach »was macht mein Kind? was macht mein Reh? Nun komm ich noch einmal und dann nimmermehr.« Und pflegte dann des Kindes, wie sie gewöhnlich tat, ehe sie verschwand. Der König getraute sich nicht sie anzureden, aber er wachte auch in der folgenden Nacht. Sie[[1]] sprach abermals »was macht mein Kind? was macht mein Reh? Nun komm ich noch diesmal und dann nimmermehr.« Da konnte sich der König nicht zurückhalten, sprang zu ihr und sprach »du kannst niemand anders sein, als meine[[Besitz]] liebe Frau.« Da antwortete sie »ja, ich bin deine liebe Frau,« und hatte in dem Augenblick durch Gottes Gnade das Leben wieder erhalten, war frisch, rot und gesund. Darauf erzählte sie dem König den Frevel, den die böse Hexe und ihre Tochter an ihr verübt hatten. Der König ließ beide vor Gericht führen, und es ward ihnen das Urteil gesprochen. Die Tochter ward in Wald geführt, wo sie die wilden Tiere zerrissen, die Hexe aber ward ins Feuer gelegt und mußte jammervoll verbrennen. Und wie sie zu Asche verbrannt war, verwandelte sich das Rehkälbchen und erhielt seine menschliche Gestalt wieder; Schwesterchen und Brüderchen aber lebten glücklich zusammen bis an ihr Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="12._Rapunzel" 12. Rapunzel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Mann und eine Frau, die wünschten sich schon lange vergeblich ein Kind, endlich machte sich die Frau Hoffnung der liebe Gott werde ihren Wunsch erfüllen. Die Leute hatten in ihrem Hinterhaus ein kleines Fenster, daraus konnte man in einen prächtigen Garten sehen, der voll der schönsten Blumen und Kräuter stand; er war aber von einer hohen Mauer umgeben, und niemand wagte hinein zu gehen, weil er einer Zauberin gehörte, die große Macht hatte und von aller Welt gefürchtet ward. Eines Tags stand die Frau an diesem Fenster und sah in den Garten hinab, da erblickte sie ein Beet, das mit den schönsten Rapunzeln bepflanzt war: und sie sahen so frisch und grün aus, daß sie lüstern ward und das größte Verlangen empfand von den Rapunzeln zu essen. Das Verlangen nahm jeden Tag zu, und da sie wußte daß sie keine davon bekommen konnte, so fiel sie ganz ab, sah blaß und elend aus. Da erschrak der Mann und fragte »was fehlt dir, liebe Frau?« »Ach,« antwortete sie, »wenn ich keine Rapunzeln aus dem Garten hinter unserm Hause zu essen kriege, so sterbe ich.« Der Mann, der sie lieb hatte, dachte »eh du deine Frau sterben lässest, holst du ihr von den Rapunzeln, es mag kosten was es will.« In der Abenddämmerung stieg er also über die Mauer in den Garten der Zauberin, stach in aller Eile eine Hand voll Rapunzeln und brachte sie seiner Frau. Sie[[1]] machte sich sogleich Salat daraus und aß sie in voller Begierde auf. Sie[[1]] hatten ihr aber so gut, so gut geschmeckt, daß sie den andern Tag noch dreimal so viel Lust bekam. Sollte sie Ruhe haben, so mußte der Mann noch einmal in den Garten steigen. Er machte sich also in der Abenddämmerung wieder hinab, als er aber die Mauer herabgeklettert war, erschrak er gewaltig, denn er sah die Zauberin vor sich stehen. »Wie kannst du es wagen,« sprach sie mit zornigem Blick, »in meinen[[Besitz]] Garten zu steigen und wie ein Dieb mir meine[[Besitz]] Rapunzeln zu stehlen? das soll dir schlecht bekommen.« »Ach,« antwortete er, »laßt Gnade für Recht ergehen, ich habe mich nur aus Not dazu entschlossen: meine[[Besitz]] Frau hat eure Rapunzeln aus dem Fenster erblickt, und empfindet ein so großes Gelüsten, daß sie sterben würde, wenn sie nicht davon zu essen bekäme.« Da ließ die Zauberin in ihrem Zorne nach und sprach zu ihm »verhält es sich so, wie du sagst, so will ich dir gestatten Rapunzeln mitzunehmen so viel du willst, allein ich mache eine Bedingung: du mußt mir das Kind geben, das deine Frau zur Welt bringen wird. Es soll ihm gut gehen, und ich will für es sorgen wie eine Mutter.« Der Mann sagte in der Angst alles zu, und als die Frau in Wochen kam, so erschien sogleich die Zauberin, gab dem Kinde den Namen &&c=8 Rapunzel &&c=0 und nahm es mit sich fort. Rapunzel ward das schönste Kind unter der Sonne. Als es zwölf Jahre alt war, schloß es die Zauberin in einen Turm, der in einem Walde lag, und weder Treppe noch Türe hatte, nur ganz oben war ein kleines Fensterchen. Wenn die Zauberin hinein wollte, so stellte sie sich unten hin, und rief »Rapunzel, Rapunzel, laß mir dein Haar herunter.« Rapunzel hatte lange prächtige Haare, fein wie gesponnen Gold. Wenn sie nun die Stimme der Zauberin vernahm, so band sie ihre Zöpfe los, wickelte sie oben um einen Fensterhaken, und dann fielen die Haare zwanzig Ellen tief herunter, und die Zauberin stieg daran hinauf. Nach ein paar Jahren trug es sich zu, daß der Sohn des Königs durch den Wald ritt und an dem Turm vorüber kam. Da hörte er einen Gesang, der war so lieblich, daß er still hielt und horchte. Das war Rapunzel, die in ihrer Einsamkeit sich die Zeit damit vertrieb, ihre süße Stimme erschallen zu lassen. Der Königssohn wollte zu ihr hinauf steigen und suchte nach einer Türe des Turms, aber es war keine zu finden. Er ritt heim, doch der Gesang hatte ihm so sehr das Herz gerührt, daß er jeden Tag hinaus in den Wald ging und zuhörte. Als er einmal so hinter einem Baum stand, sah er daß eine Zauberin heran kam und hörte wie sie hinauf rief »Rapunzel, Rapunzel, laß dein Haar herunter.« Da ließ Rapunzel die Haarflechten herab, und die Zauberin stieg zu ihr hinauf. »Ist das die Leiter, auf welcher man hinauf kommt, so will ich auch einmal mein Glück versuchen.« Und den folgenden Tag, als es anfing dunkel zu werden, ging er zu dem Turme und rief »Rapunzel, Rapunzel, laß dein Haar herunter.« Alsbald fielen die Haare herab und der Königssohn stieg hinauf. Anfangs erschrak Rapunzel gewaltig als ein Mann zu ihr herein kam, wie ihre Augen noch nie einen erblickt hatten, doch der Königssohn fing an ganz freundlich mit ihr zu reden und erzählte ihr daß von ihrem Gesang sein Herz so sehr sei bewegt worden, daß es ihm keine Ruhe gelassen, und er sie selbst habe sehen müssen. Da verlor Rapunzel ihre Angst, und als er sie fragte ob sie ihn zum Manne nehmen wollte, und sie sah daß er jung und schön war, so dachte sie »der wird mich lieber haben als die alte Frau Gotel {{[Gotel]}},« und sagte ja und legte ihre Hand in seine Hand. Sie[[1]] sprach »ich will gerne mit dir gehen, aber ich weis nicht wie ich herab kommen kann. Wenn du kommst, so bring jedesmal einen Strang Seide mit, daraus will ich eine Leiter flechten und wenn die fertig ist, so steige ich herunter und du nimmst mich auf dein Pferd.« Sie[[1]] verabredeten daß er bis dahin alle Abend zu ihr kommen sollte, denn bei Tag kam die Alte. Die Zauberin merkte auch nichts davon, bis einmal Rapunzel anfing und zu ihr sagte »sag sie mir doch, Frau Gotel, wie kommt es nur, sie wird mir viel schwerer heraufzuziehen, als der junge Königssohn, der ist in einem Augenblick bei mir.« »Ach du gottloses Kind,« rief die Zauberin, »was muß ich von dir hören, ich dachte ich hätte dich von aller Welt geschieden, und du hast mich doch betrogen!« In ihrem Zorne packte sie die schönen Haare der Rapunzel, schlug sie ein paar mal um ihre linke Hand, griff eine Scheere mit der rechten, und ritsch, ratsch, waren sie abgeschnitten, und die schönen Flechten lagen auf der Erde. Und sie war so unbarmherzig daß sie die arme Rapunzel in eine Wüstenei brachte, wo sie in großem Jammer und Elend leben mußte. Denselben Tag aber, wo sie Rapunzel verstoßen hatte, machte Abends die Zauberin die abgeschnittenen Flechten oben am Fensterhaken fest, und als der Königssohn kam und rief »Rapunzel, Rapunzel, laß dein Haar herunter,« so ließ sie die Haare hinab. Der Königssohn stieg hinauf, aber er fand oben nicht seine liebste Rapunzel, sondern die Zauberin, die ihn mit bösen und giftigen Blicken ansah. »Aha,« rief sie höhnisch, »du willst die Frau Liebste holen, aber der schöne Vogel sitzt nicht mehr im Nest und singt nicht mehr, die Katze hat ihn geholt und wird dir auch noch die Augen auskratzen. Für dich ist Rapunzel verloren, du wirst sie nie wieder erblicken.« Der Königssohn geriet außer sich vor Schmerz, und in der Verzweiflung sprang er den Turm herab: das Leben brachte er davon, aber die Dornen, in die er fiel, zerstachen ihm die Augen. Da irrte er blind im Walde umher, aß nichts als Wurzeln und Beeren, und tat nichts als jammern und weinen über den Verlust seiner liebsten Frau. So wanderte er einige Jahre im Elend umher und geriet endlich in die Wüstenei, wo Rapunzel mit den Zwillingen, die sie geboren hatte, einem Knaben und Mädchen, kümmerlich lebte. Er vernahm eine Stimme, und sie däuchte ihn so bekannt: da ging er darauf zu, und wie er heran kam, erkannte ihn Rapunzel und fiel ihm um den Hals und weinte. Zwei von ihren Tränen aber benetzten seine Augen, da wurden sie wieder klar, und er konnte damit sehen wie sonst. Er führte sie in sein Reich, wo er mit Freude empfangen ward, und sie lebten noch lange glücklich und vergnügt. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="13._Die_drei_Männlein_im_Walde" 13. Die drei Männlein im Walde. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein Mann, dem starb seine Frau, und eine Frau, der starb ihr Mann; und der Mann hatte eine Tochter, und die Frau hatte auch eine Tochter. Die Mädchen waren mit einander bekannt und gingen zusammen spazieren und kamen hernach zu der Frau ins Haus. Da sprach sie zu des Mannes Tochter »hör, sage deinem Vater, ich wollt ihn heiraten, dann sollst du jeden Morgen dich in Milch waschen und Wein trinken, meine[[Besitz]] Tochter aber soll sich in Wasser waschen und Wasser trinken.« Das Mädchen ging nach Haus und erzählte seinem Vater was die Frau gesagt hatte. Der Mann sprach »was soll ich tun? das Heiraten ist eine Freude und ist auch eine Qual.« Endlich, weil er keinen Entschluß fassen konnte, zog er seinen Stiefel aus und sagte »nimm diesen Stiefel, der hat in der Sohle ein Loch, geh damit auf den Boden, häng ihn an den großen Nagel und gieß dann Wasser hinein. Hält er das Wasser, so will ich wieder eine Frau nehmen, läufts aber durch, so will ich nicht.« Das Mädchen tat wie ihm geheißen war: aber das Wasser zog das Loch zusammen, und der Stiefel ward voll bis obenhin. Es verkündigte seinem Vater wies ausgefallen war. Da stieg er selbst hinauf, und als er sah daß es seine Richtigkeit hatte, ging er zu der Wittwe und freite sie, und die Hochzeit ward gehalten. Am andern Morgen, als die beiden Mädchen sich aufmachten, da stand vor des Mannes Tochter Milch zum Waschen und Wein zum Trinken, vor der Frau Tochter aber stand Wasser zum Waschen und Wasser zum Trinken. Am zweiten Morgen stand Wasser zum Waschen und Wasser zum Trinken so gut vor des Mannes Tochter als vor der Frau Tochter. Und am dritten Morgen stand Wasser zum Waschen und Wasser zum Trinken vor des Mannes Tochter, und Milch zum Waschen und Wein zum Trinken vor der Frau Tochter, und dabei bliebs. Die Frau ward ihrer Stieftochter spinnefeind und wußte nicht wie sie es ihr von einem Tag zum andern schlimmer machen sollte. Auch war sie neidisch, weil ihre Stieftochter schön und lieblich war, ihre rechte Tochter aber häßlich und widerlich. Einmal im Winter, als es steinhart gefroren hatte und Berg und Tal vollgeschneit lag, machte die Frau ein Kleid von Papier, rief das Mädchen und sprach »da zieh das Kleid an, geh hinaus in den Wald und hol mir ein Körbchen voll Erdbeeren; ich habe Verlangen danach.« »Du lieber Gott,« sagte das Mädchen, »im Winter wachsen ja keine Erdbeeren, die Erde ist gefroren, und der Schnee hat auch alles zugedeckt. Und warum soll ich in dem Papierkleide gehen? es ist draußen so kalt, daß einem der Atem friert: da weht ja der Wind hindurch und die Dornen reißen mirs vom Leib.« »Willst du mir noch widersprechen?« sagte die Stiefmutter, »mach daß du fortkommst, und laß dich nicht eher wieder sehen als bis du das Körbchen voll Erdbeeren hast.« Dann gab sie ihm noch ein Stückchen hartes Brot und sprach »davon kannst du den Tag über essen,« und dachte »draußen wirds erfrieren und verhungern und mir nimmermehr wieder vor die Augen kommen.« Nun war das Mädchen gehorsam, tat das Papierkleid an und ging mit dem Körbchen hinaus. Da war nichts als Schnee die Weite und Breite, und war kein grünes Hälmchen zu merken. Als es in den Wald kam, sah es ein kleines Häuschen, daraus guckten drei kleine Haulemännerchen {{[Haulemännerchen]}}. Es wünschte ihnen die Tageszeit und klopfte bescheidenlich an die Tür. Sie[[1]] riefen herein, und es trat in die Stube und setzte sich auf die Bank am Ofen, da wollte es sich wärmen und sein Frühstück essen. Die Haulemännerchen sprachen »gib uns auch etwas davon.« »Gerne« sprach es, teilte sein Stückchen Brot entzwei und gab ihnen die Hälfte. Sie[[1]] fragten »was willst du zur Winterzeit in deinem dünnen Kleidchen hier im Wald?« »Ach,« antwortete es, »ich soll ein Körbchen voll Erdbeeren suchen, und darf nicht eher nach Hause kommen als bis ich es mitbringe.« Als es sein Brot gegessen hatte, gaben sie ihm einen Besen und sprachen »kehre damit an der Hintertüre den Schnee weg.« Wie es aber draußen war, sprachen die drei Männerchen untereinander »was sollen wir ihm schenken, weil es so artig und gut ist und sein Brot mit uns geteilt hat?« Da sagte der erste »ich schenk ihm daß es jeden Tag schöner wird.« Der zweite sprach »ich schenk ihm daß Goldstücke ihm aus dem Mund fallen, so oft es ein Wort spricht.« Der dritte sprach »ich schenk ihm daß ein König kommt und es zu seiner Gemahlin nimmt.« Das Mädchen aber tat wie die Haulemännerchen gesagt hatten, kehrte mit dem Besen den Schnee hinter dem kleinen Hause weg, und was glaubt ihr wohl daß es gefunden hat? lauter reife Erdbeeren, die ganz dunkelrot aus dem Schnee hervor kamen. Da raffte es in seiner Freude sein Körbchen voll, dankte den kleinen Männern, gab jedem die Hand und lief nach Haus, und wollte der Stiefmutter das Verlangte bringen. Wie es eintrat und »guten Abend« sagte, fiel ihm gleich ein Goldstück aus dem Mund. Darauf erzählte es was ihm im Walde begegnet war, aber bei jedem Worte, das es sprach, fielen ihm die Goldstücke aus dem Mund, so daß bald die ganze Stube damit bedeckt ward. »Nun sehe einer den Übermut,« rief die Stiefschwester, »das Geld so hinzuwerfen,« aber heimlich war sie neidisch darüber und wollte auch hinaus in den Wald und Erdbeeren suchen. Die Mutter: »nein, mein liebes Töchterchen, es ist zu kalt, du könntest mir erfrieren.« Weil sie ihr aber keine Ruhe ließ, gab sie endlich nach, nähte ihm einen prächtigen Pelzrock, den es anziehen mußte, und gab ihm Butterbrot und Kuchen mit auf den Weg. Das Mädchen ging in den Wald und gerade auf das kleine Häuschen zu. Die drei kleinen Haulemänner guckten wieder, aber es grüßte sie nicht, und, ohne sich nach ihnen umzusehen und ohne sie zu grüßen, stolperte es in die Stube hinein, setzte sich an den Ofen und fing an sein Butterbrot und seinen Kuchen zu essen. »Gib uns etwas davon,« riefen die Kleinen, aber es antwortete »es schickt mir selber nicht, wie kann ich andern noch davon abgeben?« Als es nun fertig war mit dem Essen, sprachen sie »da hast du einen Besen, kehr uns draußen vor der Hintertür rein.« »Ei, kehrt euch selber,« antwortete es, »ich bin eure Magd nicht.« Wie es sah daß sie ihm nichts schenken wollten, ging es zur Türe hinaus. Da sprachen die kleinen Männer untereinander »was sollen wir ihm schenken, weil es so unartig ist und ein böses neidisches Herz hat, das niemand etwas gönnt?« Der erste sprach »ich schenk ihm daß es jeden Tag häßlicher wird.« Der zweite sprach »ich schenk ihm daß ihm bei jedem Wort, das es spricht, eine Kröte aus dem Munde springt.« Der dritte sprach »ich schenk ihm daß es eines unglücklichen Todes stirbt.« Das Mädchen suchte draußen nach Erdbeeren, als es aber keine fand, ging es verdrießlich nach Haus. Und wie es den Mund auftat und seiner Mutter erzählen wollte was ihm im Walde begegnet war, da sprang ihm bei jedem Wort eine Kröte aus dem Mund, so daß alle einen Abscheu vor ihm bekamen. Nun ärgerte sich die Stiefmutter noch viel mehr und dachte nur darauf wie sie der Tochter des Mannes alles Herzeleid antun wollte, deren Schönheit doch alle Tage größer ward. Endlich nahm sie einen Kessel, setzte ihn zum Feuer und sott Garn darin. Als es gesotten war, hing sie es dem armen Mädchen auf die Schulter, und gab ihm eine Axt dazu, damit sollte es auf den gefrornen Fluß gehen, ein Eisloch hauen und das Garn schlittern. Es war gehorsam, ging hin und hackte ein Loch in das Eis, und als es mitten im Hacken war, kam ein prächtiger Wagen hergefahren, worin der König saß. Der Wagen hielt still und der König fragte »mein Kind, wer bist du und was machst du da?« »Ich bin ein armes Mädchen und schlittere Garn.« Da fühlte der König Mitleiden, und als er sah wie es so gar schön war, sprach er »willst du mit mir fahren?« »Ach ja, von Herzen gern,« antwortete es, denn es war froh daß es der Mutter und Schwester aus den Augen kommen sollte. Also stieg es in den Wagen und fuhr mit dem König fort, und als sie auf sein Schloß gekommen waren, ward die Hochzeit mit großer Pracht gefeiert, wie es die kleinen Männlein dem Mädchen geschenkt hatten. Über ein Jahr gebar die junge Königin einen Sohn, und als die Stiefmutter von dem großen Glücke gehört hatte, so kam sie mit ihrer Tochter in das Schloß und tat als wollte sie einen Besuch machen. Als aber der König einmal hinausgegangen und sonst niemand zugegen war, packte das böse Weib die Königin am Kopf, und ihre Tochter packte sie an den Füßen, hoben sie aus dem Bett und warfen sie zum Fenster hinaus in den vorbei fließenden Strom. Darauf legte sich ihre häßliche Tochter ins Bett, und die Alte deckte sie zu bis über den Kopf. Als der König wieder zurück kam und mit seiner Frau sprechen wollte, rief die Alte »still, still, jetzt geht das nicht, sie liegt in starkem Schweiß, ihr müßt sie heute ruhen lassen.« Der König dachte nichts Böses dabei und kam erst den andern Morgen wieder, und wie er mit seiner Frau sprach, und sie ihm Antwort gab, sprang bei jedem Wort eine Kröte hervor, während sonst ein Goldstück heraus gefallen war. Da fragte er was das wäre, aber die Alte sprach das hätte sie von dem starken Schweiß gekriegt, und würde sich schon wieder verlieren. In der Nacht aber sah der Küchenjunge wie eine Ente durch die Gosse geschwommen kam, die sprach »König, was machst du? schläfst du oder wachst du?« Und als er keine Antwort gab, sprach sie »was machen meine[[Besitz]] Gäste?« Da antwortete der Küchenjunge »sie schlafen feste.« Fragte sie weiter »was macht mein Kindelein?« Antwortete er »es schläft in der Wiege fein.« Da ging sie in der Königin Gestalt hinauf, gab ihm zu trinken, schüttelte ihm sein Bettchen, deckte es zu und schwamm als Ente wieder durch die Gosse fort. So kam sie zwei Nächte, in der dritten sprach sie zu dem Küchenjungen »geh und sage dem König daß er sein Schwert nimmt und auf der Schwelle dreimal über mir schwingt.« Da lief der Küchenjunge und sagte es dem König, der kam mit seinem Schwert und schwang es dreimal über dem Geist: und beim drittenmal stand seine Gemahlin vor ihm, frisch, lebendig und gesund, wie sie vorher gewesen war. Nun war der König in großer Freude, er hielt aber die Königin in einer Kammer verborgen bis auf den Sonntag, wo das Kind getauft werden sollte. Und als es getauft war, sprach er »was gehört einem Menschen, der den andern aus dem Bett trägt und ins Wasser wirft?« »Nichts besseres,« antwortete die Alte, »als daß man den Bösewicht in ein Faß steckt, das mit Nägeln ausgeschlagen ist, und den Berg hinab ins Wasser rollt.« Da sagte der König »du hast dein Urteil gesprochen,« ließ ein solches Faß holen und die Alte mit ihrer Tochter hineinstecken, dann ward der Boden zugehämmert und das Faß bergab gekullert, bis es in den Fluß rollte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="14._Die_drei_Spinnerinnen" 14. Die drei Spinnerinnen. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein Mädchen faul und wollte nicht spinnen, und die Mutter mochte sagen was sie wollte, sie konnte es nicht dazu bringen. Endlich übernahm die Mutter einmal Zorn und Ungeduld, daß sie ihm Schläge gab, worüber es laut zu weinen anfing. Nun fuhr gerade die Königin vorbei, und als sie das Weinen hörte, ließ sie anhalten, trat in das Haus und fragte die Mutter, warum sie ihre Tochter schlüge, daß man draußen auf der Straße das Schreien hörte. Da schämte sich die Frau daß sie die Faulheit ihrer Tochter offenbaren sollte und sprach »ich kann sie nicht vom Spinnen abbringen, sie will immer und ewig spinnen, und ich bin arm und kann den Flachs nicht herbeischaffen.« Da antwortete die Königin »ich höre nichts lieber als spinnen, und bin nicht vergnügter als wenn die Räder schnurren: gebt mir eure Tochter mit ins Schloß, ich habe Flachs genug, da soll sie spinnen so viel sie Lust hat.« Die Mutter wars von Herzen gerne zufrieden und die Königin nahm das Mädchen mit. Als sie ins Schloß gekommen waren, führte sie es hinauf zu drei Kammern, die lagen von unten bis oben voll vom schönsten Flachs. »Nun spinn mir diesen Flachs,« sprach sie, »und wenn du es fertig bringst, so sollst du meinen[[Besitz]] ältesten Sohn zum Gemahl haben; bist du gleich arm, so acht ich nicht darauf, dein unverdroßner Fleiß ist Ausstattung genug.« Das Mädchen erschrak innerlich, denn es konnte den Flachs nicht spinnen, und wärs dreihundert Jahr alt geworden, und hätte jeden Tag vom Morgen bis Abend dabei gesessen. Als es nun allein war, fing es an zu weinen und saß so drei Tage ohne die Hand zu rühren. Am dritten Tage kam die Königin und als sie sah daß noch nichts gesponnen war, verwunderte sie sich, aber das Mädchen entschuldigte sich damit, daß es vor großer Betrübnis über die Entfernung aus seiner Mutter Hause noch nicht hätte anfangen können. Das ließ sich die Königin gefallen, sagte aber beim Weggehen »morgen mußt du mir anfangen zu arbeiten.« Als das Mädchen wieder allein war, wußte es sich nicht mehr zu raten und zu helfen, und trat in seiner Betrübnis vor das Fenster. Da sah es drei Weiber herkommen, davon hatte die erste einen breiten Platschfuß, die zweite hatte eine so große Unterlippe, daß sie über das Kinn herunterhing, und die dritte hatte einen breiten Daumen. Die blieben vor dem Fenster stehen, schauten hinauf und fragten das Mädchen was ihm fehlte. Es klagte ihnen seine Not, da trugen sie ihm ihre Hülfe an und sprachen »willst du uns zur Hochzeit einladen, dich unser nicht schämen und uns deine Basen heißen, auch an deinen Tisch setzen, so wollen wir dir den Flachs wegspinnen und das in kurzer Zeit.« »Von Herzen gern,« antwortete es, »kommt nur herein und fangt gleich die Arbeit an.« Da ließ es die drei seltsamen Weiber herein und machte in der ersten Kammer eine Lücke, wo sie sich hin setzten und ihr Spinnen anhuben. Die eine zog den Faden und trat das Rad, die andere netzte den Faden, die dritte drehte ihn und schlug mit dem Finger auf den Tisch, und so oft sie schlug, fiel eine Zahl Garn zur Erde, und das war aufs feinste gesponnen. Vor[[Präpos]] der Königin verbarg sie die drei Spinnerinnen und zeigte ihr, so oft sie kam, die Menge des gesponnenen Garns, daß diese des Lobes kein Ende fand. Als die erste Kammer leer war, gings an die zweite, endlich an die dritte, und die war auch bald aufgeräumt. Nun nahmen die drei Weiber Abschied und sagten zum Mädchen »vergiss nicht, was du uns versprochen hast, es wird dein Glück sein.« Als das Mädchen der Königin die leeren Kammern und den großen Haufen Garn zeigte, richtete sie die Hochzeit aus, und der Bräutigam freute sich daß er eine so geschickte und fleißige Frau bekäme und lobte sie gewaltig. »Ich habe drei Basen,« sprach das Mädchen, »und da sie mir viel Gutes getan haben, so wollte ich sie nicht gern in meinem Glück vergessen: erlaubt doch daß ich sie zu der Hochzeit einlade und daß sie mit an dem Tisch sitzen.« Die Königin und der Bräutigam sprachen »warum sollen wir das nicht erlauben?« Als nun das Fest anhub, traten die drei Jungfern in wunderlicher Tracht herein, und die Braut sprach »seid willkommen, liebe Basen.« »Ach,« sagte der Bräutigam, »wie kommst du zu der garstigen Freundschaft?« Darauf ging er zu der einen mit dem breiten Platschfuß und fragte »wovon habt ihr einen solchen breiten Fuß?« »Vom Treten,« antwortete sie, »vom Treten.« Da ging der Bräutigam zur zweiten und sprach »wovon habt ihr nur die herunterhängende Lippe?« »Vom Lecken,« antwortete sie, »vom Lecken.« Da fragte er die dritte »wovon habt ihr den breiten Daumen?« »Vom Faden drehen,« antwortete sie, »vom Faden drehen.« Da erschrak der Königssohn und sprach »so soll mir nun und nimmermehr meine[[Besitz]] schöne Braut ein Spinnrad anrühren.« Damit war sie das böse Flachsspinnen los. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="15._Hänsel_und_Gretel" 15. Hänsel und Gretel. &&ax &&lg=x &&fe Vor[[Präpos]] einem großen Walde wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; das Bübchen hieß Hänsel und das Mädchen Gretel. Er hatte wenig zu beißen und zu brechen, und einmal, als große Teuerung ins Land kam, konnte er auch das täglich Brot nicht mehr schaffen. Wie er sich nun Abends im Bette Gedanken machte und sich vor Sorgen herum wälzte, seufzte er und sprach zu seiner Frau »was soll aus uns werden? wie können wir unsere armen Kinder ernähren, da wir für uns selbst nichts mehr haben?« »Weißt du was, Mann,« antwortete die Frau, »wir wollen Morgen in aller Frühe die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist: da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie[[1]] finden den Weg nicht wieder nach Haus und wir sind sie los.« »Nein, Frau,« sagte der Mann, »das tue ich nicht; wie sollt ichs übers Herz bringen meine[[Besitz]] Kinder im Walde allein zu lassen, die wilden Tiere würden bald kommen und sie zerreißen.« »O du Narr,« sagte sie, »dann müssen wir alle viere Hungers sterben, du kannst nur die Bretter für die Särge hobelen,« und ließ ihm keine Ruhe bis er einwilligte. »Aber die armen Kinder dauern mich doch« sagte der Mann. Die zwei Kinder hatten vor Hunger auch nicht einschlafen können und hatten gehört was die Stiefmutter zum Vater gesagt hatte. Gretel weinte bittere Tränen und sprach zu Hänsel »nun ists um uns geschehen.« »Still, Gretel,« sprach Hänsel, »gräme dich nicht, ich will uns schon helfen.« Und als die Alten eingeschlafen waren, stand er auf, zog sein Röcklein an, machte die Untertüre auf und schlich sich hinaus. Da schien der Mond ganz helle, und die weißen Kieselsteine, die vor dem Haus lagen, glänzten wie lauter Batzen. Hänsel bückte sich und steckte so viel in sein Rocktäschlein, als nur hinein wollten. Dann ging er wieder zurück, sprach zu Gretel »sei getrost, liebes Schwesterchen und schlaf nur ruhig ein, Gott wird uns nicht verlassen,« und legte sich wieder in sein Bett. Als der Tag anbrach, noch ehe die Sonne aufgegangen war, kam schon die Frau und weckte die beiden Kinder, »steht auf, ihr Faullenzer, wir wollen in den Wald gehen und Holz holen.« Dann gab sie jedem ein Stückchen Brot und sprach »da habt ihr etwas für den Mittag, aber eßts nicht vorher auf, weiter kriegt ihr nichts.« Gretel nahm das Brot unter die Schürze, weil Hänsel die Steine in der Tasche hatte. Danach machten sie sich alle zusammen auf den Weg nach dem Wald. Als sie ein Weilchen gegangen waren, stand Hänsel still und guckte nach dem Haus zurück und tat das wieder und immer wieder. Der Vater sprach »Hänsel, was guckst du da und bleibst zurück, hab Acht und vergiss deine Beine nicht.« »Ach, Vater,« sagte Hänsel, »ich sehe nach meinem weißen Kätzchen, das sitzt oben auf dem Dach und will mir Ade sagen.« Die Frau sprach »Narr, das ist dein Kätzchen nicht, das ist die Morgensonne, die auf den Schornstein scheint.« Hänsel aber hatte nicht nach dem Kätzchen gesehen, sondern immer einen von den blanken Kieselsteinen aus seiner Tasche auf den Weg geworfen. Als sie mitten in den Wald gekommen waren, sprach der Vater »nun sammelt Holz, ihr Kinder, ich will ein Feuer anmachen, damit ihr nicht friert.« Hänsel und Gretel trugen Reisig zusammen, einen kleinen Berg hoch. Das Reisig ward angezündet, und als die Flamme recht hoch brannte, sagte die Frau »nun legt euch ans Feuer, ihr Kinder und ruht euch aus, wir gehen in den Wald und hauen Holz. Wenn wir fertig sind, kommen wir wieder und holen euch ab.« Hänsel und Gretel saßen am Feuer, und als der Mittag kam, aß jedes sein Stücklein Brot. Und weil sie die Schläge der Holzaxt hörten, so glaubten sie ihr Vater wäre in der Nähe. Es war aber nicht die Holzaxt, es war ein Ast, den er an einen dürren Baum gebunden hatte und den der Wind hin und her schlug. Und als sie so lange gesessen hatten, fielen ihnen die Augen vor Müdigkeit zu, und sie schliefen fest ein. Als sie endlich erwachten, war es schon finstere Nacht. Gretel fing an zu weinen und sprach »wie sollen wir nun aus dem Wald kommen!« Hänsel aber tröstete sie, »wart nur ein Weilchen, bis der Mond aufgegangen ist, dann wollen wir den Weg schon finden.« Und als der volle Mond aufgestiegen war, so nahm Hänsel sein Schwesterchen an der Hand und ging den Kieselsteinen nach, die schimmerten wie neu geschlagene Batzen und zeigten ihnen den Weg. Sie[[1]] gingen die ganze Nacht hindurch und kamen bei anbrechendem Tag wieder zu ihres Vaters Haus. Sie[[1]] klopften an die Tür, und als die Frau aufmachte und sah daß es Hänsel und Gretel war, sprach sie »ihr bösen Kinder, was habt ihr so lange im Walde geschlafen, wir haben geglaubt ihr wolltet gar nicht wieder kommen.« Der Vater aber freute sich, denn es war ihm zu Herzen gegangen daß er sie so allein zurück gelassen hatte. Nicht lange danach war wieder Not in allen Ecken, und die Kinder hörten wie die Mutter Nachts im Bette zu dem Vater sprach »alles ist wieder aufgezehrt, wir haben noch einen halben Laib Brot, hernach hat das Lied ein Ende. Die Kinder müssen fort, wir wollen sie tiefer in den Wald hineinführen, damit sie den Weg nicht wieder heraus finden; es ist sonst keine Rettung für uns.« Dem Mann fiels schwer aufs Herz und er dachte »es wäre besser, daß du den letzten Bissen mit deinen Kindern teiltest.« Aber die Frau hörte auf nichts, was er sagte, schalt ihn und machte ihm Vorwürfe. Wer A sagt muß auch B sagen, und weil er das erste Mal nachgegeben hatte, so mußte er es auch zum zweiten Mal. Die Kinder waren aber noch wach gewesen und hatten das Gespräch mit angehört. Als die Alten schliefen, stand Hänsel wieder auf, wollte hinaus und Kieselsteine auflesen, wie das vorigemal, aber die Frau hatte die Tür verschlossen, und Hänsel konnte nicht heraus. Aber er tröstete sein Schwesterchen und sprach »weine nicht, Gretel, und schlaf nur ruhig, der liebe Gott wird uns schon helfen.« Am frühen Morgen kam die Frau und holte die Kinder aus dem Bette. Sie[[1]] erhielten ihr Stückchen Brot, das war aber noch kleiner als das vorigemal. Auf dem Wege nach dem Wald bröckelte es Hänsel in der Tasche, stand oft still und warf ein Bröcklein auf die Erde. »Hänsel, was stehst du und guckst dich um,« sagte der Vater, »geh deiner Wege.« »Ich sehe nach meinem Täubchen, das sitzt auf dem Dache und will mir Ade sagen,« antwortete Hänsel. »Narr,« sagte die Frau, »das ist dein Täubchen nicht, das ist die Morgensonne, die auf den Schornstein oben scheint.« Hänsel aber warf nach und nach alle Bröcklein auf den Weg. Die Frau führte die Kinder noch tiefer in den Wald, wo sie ihr Lebtag noch nicht gewesen waren. Da ward wieder ein großes Feuer angemacht, und die Mutter sagte »bleibt nur da sitzen, ihr Kinder, und wenn ihr müde seid, könnt ihr ein wenig schlafen: wir gehen in den Wald und hauen Holz, und Abends, wenn wir fertig sind, kommen wir und holen euch ab.« Als es Mittag war, teilte Gretel ihr Brot mit Hänsel, der sein Stück auf den Weg gestreut hatte. Dann schliefen sie ein, und der Abend verging, aber niemand kam zu den armen Kindern. Sie[[1]] erwachten erst in der finstern Nacht, und Hänsel tröstete sein Schwesterchen und sagte, »wart nur, Gretel, bis der Mond aufgeht, dann werden wir die Brotbröcklein sehen, die ich ausgestreut habe, die zeigen uns den Weg nach Haus.« Als der Mond kam, machten sie sich auf, aber sie fanden kein Bröcklein mehr, denn die viel tausend Vögel, die im Walde und im Felde umher fliegen, die hatten sie weggepickt. Hänsel sagte zu Gretel »wir werden den Weg schon finden,« aber sie fanden ihn nicht. Sie[[1]] gingen die ganze Nacht und noch einen Tag von Morgen bis Abend, aber sie kamen aus dem Wald nicht heraus, und waren so hungrig, denn sie hatten nichts als die paar Beeren, die auf der Erde standen. Und weil sie so müde waren daß die Beine sie nicht mehr tragen wollten, so legten sie sich unter einen Baum und schliefen ein. Nun wars schon der dritte Morgen, daß sie ihres Vaters Haus verlassen hatten. Sie[[1]] fingen wieder an zu gehen, aber sie gerieten immer tiefer in den Wald und wenn nicht bald Hilfe kam, so mußten sie verschmachten. Als es Mittag war, sahen sie ein schönes schneeweißes Vöglein auf einem Ast sitzen, das sang so schön, daß sie stehen blieben und ihm zuhörten. Und als es fertig war, schwang es seine Flügel und flog vor ihnen her, und sie gingen ihm nach, bis sie zu einem Häuschen gelangten, auf dessen Dach es sich setzte, und als sie ganz nah heran kamen, so sahen sie daß das Häuslein aus Brot gebaut war, und mit Kuchen gedeckt; aber die Fenster waren von hellem Zucker. »Da wollen wir uns dran machen,« sprach Hänsel, »und eine gesegnete Mahlzeit halten. Ich will ein Stück vom Dach essen, Gretel, du kannst vom Fenster essen, das schmeckt süß.« Hänsel reichte in die Höhe und brach sich ein wenig vom Dach ab, um zu versuchen wie es schmeckte, und Gretel stellte sich an die Scheiben und knuperte daran. Da rief eine feine Stimme aus der Stube heraus »knuper, knuper, kneischen, wer knupert an meinem Häuschen?« die Kinder antworteten »der Wind, der Wind, das himmlische Kind,« und aßen weiter, ohne sich irre machen zu lassen. Hänsel, dem das Dach sehr gut schmeckte, riss sich ein großes Stück davon herunter, und Gretel stieß eine ganze runde Fensterscheibe heraus, setzte sich nieder, und tat sich wohl damit. Da ging auf einmal die Türe auf, und eine steinalte Frau, die sich auf eine Krücke stützte, kam heraus geschlichen. Hänsel und Gretel erschraken so gewaltig, daß sie fallen ließen was sie in den Händen hielten. Die Alte aber wackelte mit dem Kopfe und sprach »ei, ihr lieben Kinder, wer hat euch hierher gebracht? kommt nur herein und bleibt bei mir, es geschieht euch kein Leid.« Sie[[1]] faßte beide an der Hand und führte sie in ihr Häuschen. Da ward gutes Essen aufgetragen, Milch und Pfannekuchen mit Zucker, Äpfel und Nüsse. Hernach wurden zwei schöne Bettlein weiß gedeckt, und Hänsel und Gretel legten sich hinein und meinten sie wären im Himmel. Die Alte hatte sich nur so freundlich angestellt, sie war aber eine böse Hexe, die den Kindern auflauerte, und hatte das Brothäuslein bloß gebaut, um sie herbeizulocken. Wenn eins in ihre Gewalt kam, so machte sie es tot, kochte es und aß es, und das war ihr ein Festtag. Die Hexen haben rote Augen und können nicht weit sehen, aber sie haben eine feine Witterung, wie die Tiere, und merkens wenn Menschen heran kommen. Als Hänsel und Gretel in ihre Nähe kamen, da lachte sie boshaft und sprach höhnisch »die habe ich, die sollen mir nicht wieder entwischen.« Früh Morgens ehe die Kinder erwacht waren, stand sie schon auf, und als sie beide so lieblich ruhen sah, mit den vollen roten Backen, so murmelte sie vor sich hin »das wird ein guter Bissen werden.« Da packte sie Hänsel mit ihrer dürren Hand und trug ihn in einen kleinen Stall und sperrte ihn mit einer Gittertüre ein; er mochte schreien wie er wollte, es half ihm nichts. Dann ging sie zur Gretel, rüttelte sie wach und rief »steh auf, Faullenzerin, trag Wasser und koch deinem Bruder etwas gutes, der sitzt draußen im Stall und soll fett werden. Wenn er fett ist, so will ich ihn essen.« Gretel fing an bitterlich zu weinen, aber es war alles vergeblich, sie mußte tun was die böse Hexe verlangte. Nun ward dem armen Hänsel das beste Essen gekocht, aber Gretel bekam nichts als Krebsschalen. Jeden Morgen schlich die Alte zu dem Ställchen und rief »Hänsel, streck deine Finger heraus, damit ich fühle ob du bald fett bist.« Hänsel streckte ihr aber ein Knöchlein heraus, und die Alte, die trübe Augen hatte, konnte es nicht sehen, und meinte es wären Hänsels Finger, und verwunderte sich daß er gar nicht fett werden wollte. Als vier Wochen herum waren und Hänsel immer mager blieb, da übernahm sie die Ungeduld, und sie wollte nicht länger warten. »Heda, Gretel,« rief sie dem Mädchen zu, »sei flink und trag Wasser: Hänsel mag fett oder mager sein, morgen will ich ihn schlachten und kochen.« Ach, wie jammerte das arme Schwesterchen, als es das Wasser tragen mußte, und wie flossen ihm die Tränen über die Backen herunter! »Lieber Gott, hilf uns doch,« rief sie aus, »hätten uns nur die wilden Tiere im Wald gefressen, so wären wir doch zusammen gestorben.« »Spar nur dein Geblärre,« sagte die Alte, »es hilft dir alles nichts.« Früh Morgens mußte Gretel heraus, den Kessel mit Wasser aufhängen und Feuer anzünden. »Erst wollen wir backen« sagte die Alte, »ich habe den Backofen schon eingeheizt und den Teig geknetet.« Sie[[1]] stieß das arme Gretel hinaus zu dem Backofen, aus dem die Feuerflammen schon heraus schlugen. »Kriech hinein,« sagte die Hexe, »und sieh zu ob recht eingeheizt ist, damit wir das Brot hineinschießen können.« Und wenn Gretel darin war, wollte sie den Ofen zumachen, und Gretel sollte darin braten, und dann wollte sies auch aufessen. Aber Gretel merkte was sie im Sinn hatte und sprach »ich weis nicht wie ichs machen soll; wie komm ich da hinein?« »Dumme Gans,« sagte die Alte, »die Öffnung ist groß genug, siehst du wohl, ich könnte selbst hinein,« krappelte heran und steckte den Kopf in den Backofen. Da gab ihr Gretel einen Stoß daß sie weit hinein fuhr, machte die eiserne Tür zu und schob den Riegel vor. Hu! da fing sie an zu heulen, ganz grauselich; aber Gretel lief fort, und die gottlose Hexe mußte elendiglich verbrennen. Gretel aber lief schnurstracks zum Hänsel, öffnete sein Ställchen und rief »Hänsel, wir sind erlöst, die alte Hexe ist tot.« Da sprang Hänsel heraus, wie ein Vogel aus dem Käfig, wenn ihm die Türe aufgemacht wird. Wie haben sie sich gefreut, sind sich um den Hals gefallen, sind herumgesprungen und haben sich geküßt! Und weil sie sich nicht mehr zu fürchten brauchten, so gingen sie in das Haus der Hexe hinein, da standen in allen Ecken Kasten mit Perlen und Edelsteinen. »Die sind noch besser als Kieselsteine« sagte Hänsel und steckte in seine Taschen was hinein wollte, und Gretel sagte »ich will auch etwas mit nach Haus bringen« und füllte sich sein Schürzchen voll. »Aber jetzt wollen wir fort,« sagte Hänsel, »damit wir aus dem Hexenwald herauskommen.« Als sie aber ein paar Stunden gegangen waren, gelangten sie an ein großes Wasser. »Wir können nicht hinüber,« sprach Hänsel, »ich sehe keinen Steg und keine Brücke.« »Hier fährt auch kein Schiffchen,« antwortete Gretel, »aber da schwimmt eine weiße Ente, wenn ich die bitte, so hilft sie uns hinüber.« Da rief sie »Entchen, Entchen, da steht Gretel und Hänsel. Kein Steg und keine Brücke, nimm uns auf deinen weißen Rücken.« Das Entchen kam auch heran, und Hänsel setzte sich auf und bat sein Schwesterchen sich zu ihm zu setzen. »Nein,« antwortete Gretel, »es wird dem Entchen zu schwer, es soll uns nach einander hinüber bringen.« Das tat das gute Tierchen, und als sie glücklich drüben waren und ein Weilchen fortgingen, da kam ihnen der Wald immer bekannter und immer bekannter vor, und endlich erblickten sie von weitem ihres Vaters Haus. Da fingen sie an zu laufen, stürzten in die Stube hinein und fielen ihrem Vater um den Hals. Der Mann hatte keine frohe Stunde gehabt, seitdem er die Kinder im Walde gelassen hatte, die Frau aber war gestorben. Gretel schüttete sein Schürzchen aus daß die Perlen und Edelsteine in der Stube herumsprangen, und Hänsel warf eine Handvoll nach der andern aus seiner Tasche dazu. Da hatten alle Sorgen ein Ende, und sie lebten in lauter Freude zusammen. Mein Märchen ist aus, dort lauft eine Maus, wer sie fängt, darf sich eine große große Pelzkappe daraus machen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="16._Die_drei_Schlangenblätter" 16. Die drei Schlangenblätter. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein armer Mann, der konnte seinen einzigen Sohn nicht mehr ernähren. Da sprach der Sohn »lieber Vater, es geht euch so kümmerlich, ich falle euch zur Last, lieber will ich selbst fortgehen und sehen wie ich mein Brot verdiene.« Da gab ihm der Vater seinen Segen und nahm mit großer Trauer von ihm Abschied. Zu dieser Zeit führte der König eines mächtigen Reichs Krieg, der Jüngling nahm Dienste bei ihm und zog mit ins Feld. Und als er vor den Feind kam, so ward eine Schlacht geliefert, und es war große Gefahr, und regnete blaue Bohnen, daß seine Kameraden von allen Seiten niederfielen. Und als auch der Anführer blieb, so wollten die übrigen die Flucht ergreifen, aber der Jüngling trat heraus, sprach ihnen Mut zu und rief »wir wollen unser Vaterland nicht zu Grunde gehen lassen.« Da folgten ihm die andern, und er drang ein und schlug den Feind. Der König, als er hörte daß er ihm allein den Sieg zu danken habe, erhob ihn über alle andern, gab ihm große Schätze und machte ihn zum ersten in seinem Reich. Der König hatte eine Tochter, die war sehr schön, aber sie war auch sehr wunderlich. Sie[[1]] hatte das Gelübde getan, keinen zum Herrn und Gemahl zu nehmen, der nicht verspräche, wenn sie zuerst stürbe, sich lebendig mit ihr begraben zu lassen. »Hat er mich von Herzen lieb,« sagte sie, »wozu dient ihm dann noch das Leben?« Dagegen wollte sie ein Gleiches tun, und wenn er zuerst stürbe, mit ihm in das Grab steigen. Dieses seltsame Gelübde hatte bis jetzt alle Freier abgeschreckt, aber der Jüngling wurde von ihrer Schönheit so eingenommen, daß er auf nichts achtete, sondern bei ihrem Vater um sie anhielt. »Weißt du auch,« sprach der König, »was du versprechen mußt?« »Ich muß mit ihr in das Grab gehen,« antwortete er, »wenn ich sie überlebe, aber meine[[Besitz]] Liebe ist so groß, daß ich der Gefahr nicht achte.« Da willigte der König ein, und die Hochzeit ward mit großer Pracht gefeiert. Nun lebten sie eine Zeitlang glücklich und vergnügt mit einander, da geschah es, daß die junge Königin in eine schwere Krankheit fiel, und kein Arzt ihr helfen konnte. Und als sie tot da lag, da erinnerte sich der junge König was er hatte versprechen müssen, und es grauste ihm davor, sich lebendig in das Grab zu legen, aber es war kein Ausweg: der König hatte alle Tore mit Wachen besetzen lassen, und es war nicht möglich dem Schicksal zu entgehen. Als der Tag kam, wo die Leiche in das königliche Gewölbe beigesetzt wurde, da ward er mit hinabgeführt, und dann das Tor verriegelt und verschlossen. Neben dem Sarg stand ein Tisch, darauf vier Lichter, vier Laibe Brot und vier Flaschen Wein. Sobald dieser Vorrat zu Ende ging, mußte er verschmachten. Nun saß er da voll Schmerz und Trauer, aß jeden Tag nur ein Bisslein Brot, trank nur einen Schluck Wein, und sah doch wie der Tod immer näher rückte. Indem er so vor sich hinstarrte, sah er aus der Ecke des Gewölbes eine Schlange hervor kriechen, die sich der Leiche näherte. Und weil er dachte sie käme um daran zu nagen, zog er sein Schwert und sprach »so lange ich lebe sollst du sie nicht anrühren,« und hieb sie in drei Stücke. Über ein Weilchen kroch eine zweite Schlange aus der Ecke hervor, als sie aber die andere tot und zerstückt liegen sah, ging sie zurück, kam bald wieder und hatte drei grüne Blätter im Munde. Dann nahm sie die drei Stücke von der Schlange, legte sie, wie sie zusammen gehörten, und tat auf jede Wunde eins von den Blättern. Alsbald fügte sich das Getrennte an einander, die Schlange regte sich und ward wieder lebendig, und beide eilten mit einander fort. Die Blätter blieben auf der Erde liegen, und dem Unglücklichen, der alles mit angesehen hatte, kam es in die Gedanken, ob nicht die wunderbare Kraft der Blätter, welche die Schlange wieder lebendig gemacht hatte, auch einem Menschen helfen könnte. Er hob also die Blätter auf und legte eins davon auf den Mund der Toten, die beiden andern auf ihre Augen. Und kaum war es geschehen, so bewegte sich das Blut in den Adern, stieg in das bleiche Angesicht und rötete es wieder. Da zog sie Atem, schlug die Augen auf und sprach »ach, Gott, wo bin ich?« »Du bist bei mir, liebe Frau,« antwortete er, und erzählte ihr wie alles gekommen war und er sie wieder ins Leben erweckt hatte. Dann reichte er ihr etwas Wein und Brot, und als sie wieder zu Kräften gekommen war, erhob sie sich, und sie gingen zu der Türe, und klopften und riefen so laut daß es die Wachen hörten und dem König meldeten. Der König kam selbst herab und öffnete die Türe, da fand er beide frisch und gesund, und freute sich mit ihnen daß nun alle Not überstanden war. Die drei Schlangenblätter aber nahm der junge König mit, gab sie einem Diener und sprach »verwahr sie mir sorgfältig, und trag sie zu jeder Zeit bei dir, wer weis in welcher Not sie uns noch helfen können.« Es war aber in der Frau, nachdem sie wieder ins Leben war erweckt worden, eine Veränderung vorgegangen: es war als ob alle Liebe zu ihrem Manne aus ihrem Herzen gewichen wäre. Als er nach einiger Zeit eine Fahrt zu seinem alten Vater über das Meer machen wollte und sie auf ein Schiff gestiegen waren, so vergaß sie die große Liebe und Treue, die er ihr bewiesen und womit er sie vom Tode gerettet hatte, und faßte eine böse Neigung zu dem Schiffer. Und als der junge König einmal da lag und schlief, rief sie den Schiffer herbei, und faßte den schlafenden am Kopfe, und der Schiffer mußte ihn an den Füßen fassen, und so warfen sie ihn hinab ins Meer. Als die Schandtat vollbracht war, sprach sie zu ihm »nun laß uns heimkehren und sagen er sei unterwegs gestorben. Ich will dich schon bei meinem Vater so herausstreichen und rühmen, daß er mich mit dir vermählt und dich zum Erben seiner Krone einsetzt.« Aber der treue Diener, der alles mit angesehen hatte, machte unbemerkt ein kleines Schifflein von dem großen los, setzte sich hinein, schiffte seinem Herrn nach, und ließ die Verräter fortfahren. Er fischte den Toten wieder auf, und mit Hilfe der drei Schlangenblätter, die er bei sich trug, und auf die Augen und den Mund legte, brachte er ihn glücklich wieder ins Leben. Sie[[1]] ruderten beide aus allen Kräften Tag und Nacht, und ihr kleines Schiff flog so schnell dahin daß sie früher als das andere bei dem alten Könige anlangten. Er verwunderte sich als er sie allein kommen sah und fragte was ihnen begegnet wäre. Als er die Bosheit seiner Tochter vernahm, sprach er »ich kanns nicht glauben, daß sie so schlecht gehandelt hat, aber die Wahrheit wird bald an den Tag kommen,« und hieß beide in eine verborgene Kammer gehen und sich vor jedermann heimlich halten. Bald hernach kam das große Schiff herangefahren, und die gottlose Frau erschien vor ihrem Vater mit einer betrübten Miene. Er sprach »warum kehrst du allein zurück? wo ist dein Mann?« »Ach, lieber Vater,« antwortete sie, »ich komme in großer Trauer wieder heim, mein Mann ist während der Fahrt plötzlich erkrankt und gestorben, und wenn der gute Schiffer mir nicht Beistand geleistet hätte, so wäre es mir schlimm ergangen; er ist bei seinem Tode zugegen gewesen und kann euch alles erzählen.« Der König sprach »ich will den Toten wieder lebendig machen« und öffnete die Kammer, und hieß die beiden heraus gehen. Die Frau, als sie ihren Mann erblickte, war wie vom Donner gerührt, sank auf die Knie und bat um Gnade. Der König sprach »da ist keine Gnade, er war bereit mit dir zu sterben und hat dir dein Leben wieder gegeben, du aber hast ihn im Schlaf umgebracht, und sollst deinen verdienten Lohn empfangen.« Da ward sie mit ihrem Helfershelfer in ein durchlöchertes Schiff gesetzt und hinaus ins Meer getrieben, wo sie bald in den Wellen versanken. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="17._Die_weiße_Schlange" 17. Die weiße Schlange. &&ax &&lg=x &&fe Es ist nun schon lange her, da lebte ein König, dessen Weisheit im ganzen Lande berühmt war. Nichts blieb ihm unbekannt, und es war als ob ihm Nachricht von den verborgensten Dingen durch die Luft zugetragen würde. Er hatte aber eine seltsame Sitte. Jeden Mittag, wenn von der Tafel alles abgetragen und niemand mehr zugegen war, mußte ein vertrauter Diener noch eine Schüssel bringen. Sie[[1]] war aber zugedeckt, und der Diener wußte selbst nicht was darin lag, und kein Mensch wußte es, denn der König deckte sie nicht eher auf und aß nicht davon, bis er ganz allein war. Das hatte schon lange Zeit gedauert, da überkam eines Tages den Diener, der die Schüssel wieder wegtrug, die Neugierde, daß er nicht widerstehen konnte, sondern die Schüssel in seine Kammer brachte. Als er die Tür sorgfältig verschlossen hatte, hob er den Deckel auf und da sah er daß eine weiße Schlange darin lag. Bei ihrem Anblick konnte er die Lust nicht zurückhalten, sie zu kosten; er schnitt ein Stückchen davon ab und steckte es in den Mund. Kaum aber hatte es seine Zunge berührt, so hörte er vor seinem Fenster ein seltsames Gewisper von feinen Stimmen. Er ging und horchte, da merkte er daß es die Sperlinge waren, die mit einander sprachen und sich allerlei erzählten, was sie im Felde und Walde gesehen hatten. Der Genuß der Schlange hatte ihm die Fähigkeit verliehen, die Sprache der Tiere zu verstehen. Nun trug es sich zu, daß gerade an diesem Tage der Königin ihr schönster Ring fort kam und auf den vertrauten Diener, der überall Zugang hatte, der Verdacht fiel er habe ihn gestohlen. Der König ließ ihn vor sich kommen und drohte ihm unter heftigen Scheltworten wenn er bis morgen den Täter nicht zu nennen wüßte, so sollte er dafür angesehen und gerichtet werden. Es half nichts daß er seine Unschuld beteuerte, er ward mit keinem bessern Bescheid entlassen. In seiner Unruhe und Angst ging er hinab auf den Hof und bedachte wie er sich aus seiner Not helfen könne. Da saßen die Enten an einem fließenden Wasser friedlich neben einander und ruhten, sie putzten sich mit ihren Schnäbeln glatt und hielten ein vertrauliches Gespräch. Der Diener blieb stehen und hörte ihnen zu. Sie[[1]] erzählten sich wo sie heute Morgen all herumgewackelt wären und was für gutes Futter sie gefunden hätten, da sagte eine verdrießlich »mir liegt etwas schwer im Magen, ich habe einen Ring, der unter der Königin Fenster lag, in der Hast[[beeilen]] mit hinunter geschluckt.« Da packte sie der Diener gleich beim Kragen, trug sie in die Küche und sprach zum Koch »schlachte doch diese ab, sie ist wohl genährt.« »Ja,« sagte der Koch, und wog sie in der Hand, »die hat keine Mühe gescheut sich zu mästen und schon lange darauf gewartet gebraten zu werden.« Er schnitt ihr den Hals ab, und als sie ausgenommen ward, fand sich der Ring der Königin in ihrem Magen. Der Diener konnte nun leicht vor dem Könige seine Unschuld beweisen, und da dieser sein Unrecht wieder gut machen wollte, erlaubte er ihm sich eine Gnade auszubitten und versprach ihm die größte Ehrenstelle, die er sich an seinem Hofe wünschte. Der Diener schlug alles aus und bat nur um ein Pferd und Reisegeld, denn er hatte Lust die Welt zu sehen und eine Weile darin herum zu ziehen. Als seine Bitte erfüllt war, machte er sich auf den Weg und kam eines Tags an einem Teich vorbei, wo er drei Fische bemerkte, die sich im Rohr gefangen hatten und nach Wasser schnappten. Obgleich man sagt, die Fische wären stumm, so vernahm er doch ihre Klage daß sie so elend umkommen müßten. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so stieg er vom Pferde ab und setzte die drei Gefangenen wieder ins Wasser. Sie[[1]] zappelten vor Freude, streckten die Köpfe heraus und riefen ihm zu »wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten daß du uns errettet hast.« Er ritt weiter, und nach einem Weilchen kam es ihm vor als hörte er zu seinen Füßen in dem Sand eine Stimme. Er horchte und vernahm wie ein Ameisenkönig klagte »wenn uns nur die Menschen mit den ungeschickten Tieren vom Leib blieben! da tritt mir das dumme Pferd mit seinen schweren Hufen meine[[Besitz]] Leute ohne Barmherzigkeit nieder!« Er lenkte auf einen Seitenweg ein und der Ameisenkönig rief ihm zu »wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.« Der Weg führte ihn in einen Wald und da sah er einen Rabenvater und eine Rabenmutter, die standen bei ihrem Nest und warfen ihre Jungen heraus. »Fort mit euch, ihr Galgenschwengel,« riefen sie, »wir können euch nicht mehr satt machen, ihr seid groß genug, und könnt euch selbst ernähren.« Die armen Jungen lagen auf der Erde, flatterten und schlugen mit ihren Fittichen und schrien »wir hilflosen Kinder, wir sollen uns selbst ernähren und können noch nicht fliegen! was bleibt uns übrig als hier Hungers zu sterben!« Da stieg der gute Jüngling ab, tötete das Pferd mit seinem Degen und überließ es den jungen Raben zum Futter. Die kamen herbeigehüpft, sättigten sich und riefen »wir wollen dirs gedenken und dirs vergelten.« Er mußte jetzt seine eigenen Beine gebrauchen, und als er lange Wege gegangen war, kam er in eine große Stadt. Da war großer Lärm und Gedränge in den Straßen, und kam einer zu Pferde und machte bekannt, »die Königstochter suche einen Gemahl, wer sich aber um sie bewerben wolle, der müsse eine schwere Aufgabe vollbringen, und könne er es nicht glücklich ausführen, so habe er sein Leben verwirkt.« Viele hatten es schon versucht, aber vergeblich ihr Leben daran gesetzt. Der Jüngling, als er die Königstochter sah, ward er von ihrer großen Schönheit so verblendet, daß er alle Gefahr vergaß, vor den König trat und sich als Freier meldete. Alsbald ward er hinaus ans Meer geführt und vor seinen Augen ein goldener Ring hinein geworfen. Dann hieß ihn der König diesen Ring aus dem Meeresgrund wieder hervorzuholen, und fügte hinzu »wenn du ohne ihn wieder in die Höhe kommst, so wirst du immer aufs neue hinab gestürzt, bis du in den Wellen umkommst.« Alle bedauerten den schönen Jüngling und ließen ihn dann einsam am Meere zurück. Er stand am Ufer und überlegte was er wohl tun sollte, da sah er auf einmal drei Fische daher schwimmen, und es waren keine anderen, als jene, welchen er das Leben gerettet hatte. Der mittelste hielt eine Muschel im Munde, die er an den Strand zu den Füßen des Jünglings hinlegte, und als dieser sie aufhob und öffnete, so lag der Goldring darin. Voll Freude brachte er ihn dem Könige und erwartete daß er ihm den verheißenen Lohn gewähren würde. Die stolze Königstochter aber, als sie vernahm, daß er ihr nicht ebenbürtig war, verschmähte ihn und verlangte er sollte zuvor eine zweite Aufgabe lösen. Sie[[1]] ging hinab in den Garten und streute selbst zehn Säcke voll Hirsen ins Gras. »Die muß er Morgen, eh die Sonne hervor kommt, aufgelesen haben,« sprach sie, »und darf kein Körnchen fehlen.« Der Jüngling setzte sich in den Garten und dachte nach wie es möglich wäre, die Aufgabe zu lösen, aber er konnte nichts ersinnen, saß da ganz traurig und erwartete bei Anbruch des Morgens zum Tode geführt zu werden. Als aber die ersten Sonnenstrahlen in den Garten fielen, so sah er die zehn Säcke alle wohl gefüllt neben einander stehen, und kein Körnchen fehlte darin. Der Ameisenkönig war mit seinen tausend und tausend Ameisen in der Nacht angekommen, und die dankbaren Tiere hatten den Hirsen mit großer Emsigkeit gelesen und in die Säcke gesammelt. Die Königstochter kam selbst in den Garten herab und sah mit Verwunderung daß der Jüngling vollbracht hatte was ihm aufgegeben war. Aber sie konnte ihr stolzes Herz noch nicht bezwingen und sprach »hat er auch die beiden Aufgaben gelöst, so soll er doch nicht eher mein Gemahl werden, bis er mir einen Apfel vom Baume des Lebens gebracht hat.« Der Jüngling wußte nicht wo der Baum des Lebens stand, er machte sich auf und wollte immer zu gehen, so lange ihn seine Beine trügen, aber er hatte keine Hoffnung ihn zu finden. Als er schon durch drei Königreiche gewandert war und Abends in einen Wald kam, setzte er sich unter einen Baum und wollte schlafen: da hörte er in den Ästen ein Geräusch und ein goldner Apfel fiel in seine Hand. Zugleich flogen drei Raben zu ihm herab, setzten sich auf seine Knie und sagten »wir sind die drei jungen Raben, die du vom Hungertod errettet hast; als wir groß geworden waren und hörten daß du den goldenen Apfel suchtest, so sind wir über das Meer geflogen bis ans Ende der Welt, wo der Baum des Lebens steht, und haben dir den Apfel geholt.« Voll Freude machte sich der Jüngling auf den Heimweg und brachte der schönen Königstochter den goldenen Apfel, der nun keine Ausrede mehr übrig blieb. Sie[[1]] teilten den Apfel des Lebens und aßen ihn zusammen: da ward ihr Herz mit Liebe zu ihm erfüllt, und sie erreichten in ungestörtem Glück ein hohes Alter. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="18._Strohhalm,_Kohle_und_Bohne" 18. Strohhalm, Kohle und Bohne. &&ax &&lg=x &&fe In einem Dorfe wohnte eine arme alte Frau, die hatte ein Gericht Bohnen zusammen gebracht und wollte sie kochen. Sie[[1]] machte also auf ihrem Herd ein Feuer zurecht, und damit es desto schneller brennen sollte, zündete sie es mit einer Hand voll Stroh an. Als sie die Bohnen in den Topf schüttete, entfiel ihr unbemerkt eine, die auf dem Boden neben einen Strohhalm zu liegen kam; bald danach sprang auch eine glühende Kohle vom Herd zu den beiden herab. Da fing der Strohhalm an und sprach »liebe Freunde, von wannen kommt ihr her?« Die Kohle antwortete »ich bin zu gutem Glück dem Feuer entsprungen, und hätte ich das nicht mit Gewalt durchgesetzt, so war mir der Tod gewiss: ich wäre zu Asche verbrannt.« Die Bohne sagte »ich bin auch noch mit heiler Haut davon gekommen, aber hätte mich die Alte in den Topf gebracht, ich wäre ohne Barmherzigkeit zu Brei gekocht worden, wie meine[[Besitz]] Kameraden.« »Wäre mir denn ein besser Schicksal zu Teil geworden?« sprach das Stroh, »alle meine[[Besitz]] Brüder hat die Alte in Feuer und Rauch aufgehen lassen, sechszig hat sie auf einmal gepackt und ums Leben gebracht. Glücklicherweise bin ich ihr zwischen den Fingern durchgeschlüpft.« »Was sollen wir aber nun anfangen?« sprach die Kohle. »Ich meine[[Meinung]],« antwortete die Bohne, »weil wir so glücklich dem Tode entronnen sind, so wollen wir uns als gute Gesellen zusammen halten und, damit uns hier nicht wieder ein neues Unglück ereilt, gemeinschaftlich auswandern und in ein fremdes Land ziehen.« Der Vorschlag gefiel den beiden andern, und sie machten sich miteinander auf den Weg. Bald aber kamen sie an einen kleinen Bach, und da keine Brücke oder Steg da war, so wußten sie nicht wie sie hinüber kommen sollten. Der Strohhalm fand guten Rat und sprach »ich will mich quer über legen, so könnt ihr auf mir wie auf einer Brücke hinüber gehen.« Der Strohhalm streckte sich also von einem Ufer zum andern, und die Kohle, die von hitziger Natur war, trippelte auch ganz keck auf die neugebaute Brücke. Als sie aber in die Mitte gekommen war und unter ihr das Wasser rauschen hörte, ward ihr doch angst: sie blieb stehen und getraute sich nicht weiter. Der Strohhalm aber fing an zu brennen, zerbrach in zwei Stücke und fiel in den Bach: die Kohle rutschte nach, zischte wie sie ins Wasser kam und gab den Geist auf. Die Bohne, die vorsichtigerweise noch auf dem Ufer zurückgeblieben war, mußte über die Geschichte lachen, konnte nicht aufhören und lachte so gewaltig daß sie zerplatzte. Nun war es ebenfalls um sie geschehen, wenn nicht zu gutem Glück ein Schneider, der auf der Wanderschaft war, sich an dem Bach ausgeruht hätte. Weil er ein mitleidiges Herz hatte, so holte er Nadel und Zwirn heraus und nähte sie zusammen. Die Bohne bedankte sich bei ihm aufs schönste, aber da er schwarzen Zwirn gebraucht hatte, so haben seit der Zeit alle Bohnen eine schwarze Naht. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="19._Von_dem_Fischer_un_syner_Fru" 19. &&wt0 {{Von dem Fischer un syner Fru.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Dar wöör maal eens en Fi¬scher un sy¬ne Fru, de waan¬den to¬sa¬men in'n Pi߬putt, dicht an der See, un de Fi¬scher güng alle Dage hen un an¬geld: un he an¬geld un an¬geld. So seet he ook eens by de An¬gel un seeg jüm¬mer in dat blan¬ke Water he¬nin: un he seet un seet. Do güng de An¬gel to Grund, deep ün¬ner, un as he se herup¬haald, so haald he enen groo¬ten Butt heruut. Do säd de Butt to em »hör mal, Fi¬scher, ik bidd dy, laat my le¬wen, ik bün keen rech¬ten Butt, ik bün'n ver¬wünsch¬ten Prins. Wat helpt dy dat, dat du my doot maakst? ik würr dy doch nich recht smec¬ken: sett my wed¬der in dat Wa¬ter un laat my swem¬men.« »Nu,« säd de Mann, »du bruukst nich so veel Wöörd to ma¬ken, eenen Butt, de spre¬ken kann, hadd ik doch wol swem¬men laten.« Mit des sett't he em wed¬der in dat blan¬ke Water, do güng de Butt to Grund un leet enen langen Stry¬pen Bloot achter sik. Do stünn de Fi¬scher up un güng na syne Fru in'n Pi߬putt. »Mann,« säd de Fru, »hest du hüüt niks fun¬gen?« »Ne,« säd de Mann, »ik füng enen Butt, de säd he wöör en ver¬wünsch¬ten Prins, do hebb ik em wed¬der swem¬men laten.« »Hest du dy denn niks wünschd?« säd de Fru. »Ne,« säd de Mann, »wat schull ik my wün¬schen?« »Ach,« säd de Fru, »dat is doch äwel, hyr man jüm¬mer in'n Pi߬putt to waa¬nen, dat stinkt un is so eek¬lig: du haddst uns doch ene lütt¬je Hütt wün¬schen kunnt. Ga noch hen un roop em: segg em wy wählt 'ne lütt¬je Hütt heb¬ben, he dait dat ge¬wiss.« »Ach,« säd de Mann, »wat schull ick door noch hen¬gaan?« »Ja,« säd de Fru, »du haddst em doch fun¬gen, un hest em wed¬der swem¬men laten, he dait dat gewiss. Ga glyk hen.« De Mann wull noch nich recht, wull awerst syn Fru ook nich to wed¬dern syn un güng hen na der See. As he door köhm, wöör de See ganß gröön un geel un goor nich meer so blank. So güng he staan un säd »Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, myne Fru de Jlsebill will nich so as ik wol will.« Do köhm de Butt an¬swem¬men un säd »na, wat will se denn?« »Ach,« säd de Mann, »ik hebb dy doch fun¬gen hatt, nu säd myn Fru ik hadd my doch wat wün¬schen schullt. Se mag nich meer in'n Pi߬putt wanen, se wull geern 'ne Hütt.« »Ga man hen,« säd de Butt, »se hett se all.« Do güng de Mann hen, un sy¬ne Fru seet nich meer in'n Pi߬putt, dar stünn awerst ene lütt¬je Hütt, un sy¬ne Fru seet vor de Döhr up ene Bänk. Do nöhm syne Fru em by de Hand un säd to em »kumm man herin, süh, nu is dat doch veel beter.« Do gün¬gen se henin, un in de Hütt was een lütt¬jen Vör¬platz un ene lütt¬je herr¬liche Stuw un Kamer, wo jem eer Bedd stünn, un Kääk un Spy¬se¬kamer, al¬lens up dat beste mit Ge¬räd¬schop¬pen, un up dat schönn¬ste up¬ge¬fleyt, Tinn¬tüüg un Mi¬schen (Messing), wat sik da¬rin höört. Un ach¬ter was ook en lütt¬jen Hof mit Hö¬nern un Aan¬ten, un en lütt¬jen Goorn mit Grö¬nig¬kei¬ten un Aaft (Obst). »Süh,« säd de Fru, »is dat nich nett?« »Ja,« säd de Mann, »so schall't bly¬wen, nu wähl wy recht ver¬gnöögt le¬wen.« »Dat wähl wy uns be¬den¬ken« säd de Fru. Mit des eeten se wat un gün¬gen to Bedd. So güng dat wol 'n acht oder veer¬tein Dag, do säd de Fru »hör, Mann, de Hütt is ook goor to eng, un de Hof un de Goorn is so kleen: de Butt hadd uns ook wol een gröt¬ter Huus schen¬ken kunnt. Jk much woll in enem groo¬ten ste¬nern Slott wa¬nen: ga hen tom Butt, he schall uns en Slott schen¬ken.« »Ach, Fru,« säd de Mann, »de Hütt is jo god noog, wat wähl wy in'n Slott wa¬nen.« »J wat,« säd de Fru, »ga du man hen, de Butt kann dat jüm¬mer doon.« »Ne, Fru,« säd de Mann, »de Butt hett uns eerst de Hütt ge¬wen, ik mag nu nich all wed¬der ka¬men, den Butt muchd et vör¬dre¬ten.« »Ga doch,« säd de Fru, »he kann dat recht good un dait dat geern; ga du man hen.« Dem Mann wöör syn Hart so swoor, un wull nich: he säd by sik sül¬ven »dat is nich recht,« he güng awerst doch hen. As he an de See köhm, wöör dat Wa¬ter ganß vi¬ge¬lett un dun¬kel¬blau un grau un dick, un goor nich meer so gröön un geel, doch wöör't noch still. Do güng he staan un säd »Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, myne Fru de Jlsebill will nich so as ik wol will.« »Na, wat will se denn?« säd de Butt. »Ach,« säd de Mann half be¬drööft, »se will in'n groot ste¬nern Slott wa¬nen.« »Ga man hen, se stait vör der Döhr,« säd de Butt. Da güng de Mann hen und dachd he wull na Huus gaan, as he awerst daar köhm, so stünn door 'n groo¬ten ste¬nern Pal¬last, un syn Fru stünn ewen up de Trepp un wull he¬nin gaan: do nöhm se em by de Hand un säd »kumm man herein.« Mit des güng he mit ehr he¬nin, un in dem Slott wöör ene groo¬te Dehl mit mar¬mel¬ste¬nern Asters (Est¬rich), un dar wö¬ren so veel Be¬deen¬ters, de reten de groo¬ten Dö¬ren up, un de Wen¬de wö¬ren all blank un mit schö¬ne Ta¬pe¬ten, un in de Zim¬mers luter goll¬ne Stöhl un Di¬schen, un krys¬tal¬len Kroon¬lüch¬ters hün¬gen an dem Bähn, un so wöör dat all de Stu¬wen un Ka¬mers mit Foot¬deken: un dat Aeten un de aller¬beste Wyn stünn up den Di¬schen as wenn se bre¬ken wul¬len. Un ach¬ter dem Huse wöör ook 'n groo¬ten Hof mit Peerd- un Koh¬stall, un Kutsch¬wa¬gens up dat aller¬beste, ook was door en groo¬ten herr¬lichen Goorn mit de schönn¬sten Blo¬men un fyne Aaft¬bömer, un en Lust¬holt wol 'ne hal¬we Myl lang, door wören Hir¬schen un Reh un Ha¬sen drin un al¬lens wat man sik jüm¬mer wün¬schen mag. »Na,« säd de Fru, »is dat nu nich schön?« »Ach ja,« säd de Mann, »so schall't ook bly¬wen, nu wähl wy ook in das schö¬ne Slott wa¬nen, un wähln to¬fre¬den syn.« »Dat wähl wy uns be¬den¬ken« säd de Fru, »un wäh¬len't be¬sla¬pen.« Mit des gün¬gen se to Bedd. Den an¬nern Mor¬gen waakd de Fru to eerst up, dat was jüst Dag, un seeg uut jem ehr Bedd dat herr¬liche Land vör sik lig¬gen. De Mann reckd sik noch, do stödd se em mit dem Ell¬ba¬gen in de Syd un säd »Mann, sta up un kyk mal uut dem Fens¬ter. Süh, kun¬nen wy nich Kö¬nig war¬den äwer all düt Land? Ga hen tom Butt, wy wählt Kö¬nig syn.« »Ach, Fru,« säd de Mann, »wat wähl wy Kö¬nig syn! ik mag nich Kö¬nig syn.« »Na,« säd de Fru, »wult du nich Kö¬nig syn, so will ik Kö¬nig syn. Ga hen tom Butt, ik will Kö¬nig syn.« »Ach, Fru,« säd de Mann, »wat wullst du Kö¬nig syn? dat mag ik em nich seg¬gen.« »Wo¬rüm nich?« säd de Fru, »ga stracks hen, ik mutt Kö¬nig syn.« Do güng de Mann hen un wöör ganß be¬dröft dat sy¬ne Fru Kö¬nig war¬den wull. »Dat is nich recht un is nich recht,« dachd de Mann. He wull nich hen gaan, güng awerst doch hen. Un as he an de See köhm, do wöör de See ganß swart¬grau, un dat Water geerd so von ün¬nen up un stünk ook ganß fuul. Do güng he staan un säd »Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, myne Fru de Jlsebill will nich so as ik wol will.« »Na, wat will se denn?« säd de Butt. »Ach,« säd de Mann, »se will Kö¬nig war¬den.« »Ga man hen, se is't all,« säd de Butt. Do güng de Mann hen, un as he na dem Pal¬last köhm, so wöör dat Slott veel gröt¬ter wor¬ren, mit enem groo¬ten Toorn un herr¬ly¬ken Zy¬raat do¬ran: un de Schild¬wacht stünn vor de Döhr, un dar wö¬ren so väle Sol¬da¬ten un Pau¬ken un Trum¬pe¬ten. Un as he in dat Huus köhm, so wöör al¬lens von pu¬rem Mar¬mel¬steen mit Gold, un samm¬tne De¬ken un groo¬te goll¬ne Quas¬ten. Do gün¬gen de Dö¬ren von dem Saal up, door de gan¬ße Hof¬staat wöör, un sy¬ne Fru seet up enem ho¬gen Troon von Gold un De¬mant, un hadd ene groo¬te goll¬ne Kroon up un den Zep¬ter in der Hand von pu¬rem Gold un Edel¬steen, un up bey¬den Sy¬den by ehr stün¬nen ses Jump¬fern in ene Reeg, jüm¬mer ene enen Kops lütt¬jer as de an¬ne¬re. Do güng he staan und säd »ach Fru, büst du nu Kö¬nig?« »Ja,« säd de Fru, »nu bün ik Kö¬nig.« Do stünn he un seeg se an, un as he se do een Flach (ei¬ne Zeit lang) so an¬sehn hadd, säd he »ach, Fru, wat lett dat schöön, wenn du Kö¬nig büst! nu wähl wy ook niks meer wün¬schen.« »Ne, Mann,« säd de Fru, un wöör ganß un¬ru¬hig, »my waart de Tyd und Wyl al lang, ik kann dat nich meer uut¬hol¬len. Ga hen tom Butt, Kö¬nig bün ik, nu mutt ik ook Kai¬ser war¬den.« »Ach, Fru,« säd de Mann, »wat wullst du Kai¬ser war¬den?« »Mann,« säd se, »ga tom Butt, ik will Kai¬ser syn.« »Ach, Fru,« säd de Mann, »Kai¬ser kann he nich ma¬ken, ik mag dem Butt dat nich seg¬gen; Kai¬ser is man een¬mal im Reich: Kai¬ser kann de Butt jo nich ma¬ken, dat kann un kann he nich.« »Wat,« säd de Fru, »ik bünn Kö¬nig un du bist man myn Mann, wullt du glyk hen¬gaan? glyk ga hen, kann he Kö¬nig ma¬ken, kann he ook Kai¬ser ma¬ken, ik will un will Kai¬ser syn; glyk ga hen.« Do mussd he hen¬gaan. Do de Mann awer hen¬güng, wöör em ganß bang, un as he so güng, dachd he by sik »düt gait un gait nich good: Kai¬ser is to uut¬vör¬schaamt, de Butt wart am Ende möd.« Mit des köhm he an de See, do wöör de See noch ganß swart un dick un füng al so von ün¬nen up to gee¬ren, dat et so Bla¬sen smeet, un et güng so ein Keek¬wind äwer hen, dat et sik so köhrd; un de Mann wurr groen (grau¬en). Do güng he staan un säd »Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, myne Fru de Jlsebill will nich so as ik wol will.« »Na, wat will se denn?« säd de Butt. »Ach, Butt,« säd he, »myn Fru will Kai¬ser warden.« »Ga man hen,« säd de Butt, »se is't all.« Do güng de Mann hen, un as he door köhm, so wöör dat gan¬ße Slott von po¬leer¬tem Mar¬mel¬steen mit al¬bas¬ter¬nen Fi¬gu¬ren und goll¬nen Zy¬ra¬ten. Vör de Döhr mar¬scheer¬den de Sol¬da¬ten, un se blö¬sen Trum¬pe¬ten und slö¬gen Pau¬ken un Trum¬meln: awerst in dem Hu¬se da gün¬gen de Ba¬ro¬nen un Gra¬wen un Her¬zo¬gen man so as Be¬deen¬ters he¬rüm: do maak¬den se em de Dö¬ren up, de von lu¬ter Gold wören. Und as he he¬rin¬köhm, door seet syne Fru up enem Troon, de wöör von een Stück Gold, un wör wol twe Myl hoog: un hadd ene groo¬te goll¬ne Kroon up, de wöör dre Elen hoog un mit Bril¬jan¬ten un Kar¬fun¬kel¬steen be¬sett't: in de ene Hand had¬de se den Zep¬ter un in de an¬ne¬re Hand den Reichs¬ap¬pel, un up bey¬den Sy¬den by eer door stün¬nen de Tra¬ban¬ten so in twe Re¬gen, jüm¬mer een lütt¬jer as de an¬ne¬re, von dem aller¬gröt¬tes¬ten Ry¬sen, de wöör twe Myl hoog, bet to dem aller¬lütt¬jes¬ten Dwaark, de wöör man so groot as min lütt¬je Fin¬ger. Un vör ehr stün¬nen so ve¬le Fürs¬ten un Her¬zo¬gen. Door güng de Mann tü¬schen staan un säd »Fru, büst du nu Kai¬ser?« »Ja,« säd se, »ik bün Kai¬ser.« Do güng he staan un be¬seeg se sik so recht, un as he se so'n Flach an¬sehn hadd, so säd he »ach, Fru, watt lett dat schöön, wenn du Kai¬ser büst.« »Mann,« säd se, »wat staist du door? ik bün nu Kaiser, nu will ik awerst ook Paabst war¬den, ga hen tom Butt.« »Ach, Fru,« säd de Mann, »wat wulst du man nich? Paabst kannst du nich war¬den, Paabst is man een¬maal in der Kris¬ten¬hait, dat kann he doch nich ma¬ken.« »Mann,« säd se, »ik will Paabst war¬den, ga glyk hen, ik mutt hüüt noch Paabst war¬den.« »Ne, Fru,« säd de Mann, »dat mag ik em nich seg¬gen, dat gait nich good, dat is to groff, tom Paabst kann de Butt nich ma¬ken.« »Mann, wat Snack!« säd de Fru, »kann he Kai¬ser maken, kann he ook Paabst ma¬ken. Ga foorts hen, ik bünn Kai¬ser un du büst man myn Mann, wullt du wol hen¬gaan?« Do wurr he bang un güng hen, em wöör awerst ganß flau, un zit¬terd un beewd, un de Knee un de Wa¬den slak¬ker¬den em. Un dar streek so'n Wind äwer dat Land, un de Wol¬ken flö¬gen, as dat düs¬ter wurr ge¬gen Awend: de Blä¬der wai¬den von den Bö¬mern, un dat Wa¬ter güng un bruusd as kaakd dat, un platschd an dat Aever, un von feern seeg he de Sche¬pen, de schö¬ten in der Noot, un dan߬den un sprün¬gen up den Bül¬gen. Doch wöör de Him¬mel noch so'n bitt¬en blau in de Midd, awerst an den Sy¬den door toog dat so recht rood up as en swohr Ge¬wit¬ter. Do güng he recht vör¬zufft (ver¬zagt) staan in de Angst un säd »Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, myne Fru de Jlsebill, will nich so as ik wol will.« »Na, wat will se denn?« säd de Butt. »Ach,« säd de Mann, »se will Paabst war¬den.« »Ga man hen, se is't all« säd de Butt. Do güng he hen, un as he door köhm, so wöör dar as en groo¬te Kirch mit lu¬ter Pal¬las¬tens üm¬ge¬wen. Door drängd he sik dorch dat Volk: in¬wen¬dig was awer al¬lens mit dau¬send un dau¬send Lich¬tern er¬leuch¬tet, un sy¬ne Fru wöör in lu¬ter Gold ge¬kle¬det, un seet noch up enem veel hö¬ge¬ren Troon, un had¬de dre groo¬te goll¬ne Kro¬nen up, un üm ehr dar so veel von geist¬ly¬kem Staat, un up bey¬den Sy¬den by ehr door stün¬nen twe Re¬gen Lich¬ter, dat grött¬ste so dick un groot as de aller¬grött¬ste Toorn, bet to dem aller¬kleens¬ten Kä¬ken¬licht; un al¬le de Kai¬sers un de Kö¬ni¬gen de le¬gen vör ehr up de Kne un kü߬den ehr den Tüf¬fel. »Fru,« säd de Mann un seeg se so recht an, »büst du nu Paabst?« »Ja,« säd se, »ik bün Paabst.« Do güng he staan un seeg se recht an, un dat wöör as wenn he in de hell Sunn seeg. As he se do en Flach an¬sehn hadd, so segt he »ach, Fru, wat lett dat schöön, wenn du Paabst büst!« Se seet awerst ganß styf as en Boom, un rüp¬peld un röhrd sik nich. Do säd he »Fru, nu sy to¬fre¬den, nu du Paabst büst, nu kannst du doch niks meer war¬den.« »Dat will ik my be¬den¬ken« säd de Fru. Mit des gün¬gen se bey¬de to Bedd, awerst se wöör nich to¬fre¬den, un de Gi¬rig¬hait leet se nich sla¬pen, se dachd jüm¬mer wat se noch war¬den wull. De Mann sleep recht good un fast, he hadd den Dag veel lo¬pen, de Fru awerst kunn goor nich in¬sla¬pen, un smeet sik von een Syd to der an¬nern de gan¬ße Nacht un dachd man jüm¬mer wat se noch wol war¬den kunn, un kunn sik doch up niks meer be¬sin¬nen. Mit des wull de Sünn up¬gaan, un as se dat Mor¬gen¬rood seeg, richt'd se sik äwer End im Bedd un seeg door he¬nin, un as se uut dem Fens¬ter de Sünn so he¬rup ka¬men seeg, »ha,« dachd se, »kunn ik nich ook de Sünn un de Maan up¬gaan la¬ten?« »Mann,« säd se un stödd em mit dem Ell¬ba¬gen in de Rib¬ben, »waak up, ga hen tom Butt, ik will war¬den as de le¬we Gott.« De Mann was noch meist in'n Slaap, awerst he vör¬schrock sik so, dat he uut dem Bedd füll. He meend he hadd sik vör¬höörd un reef sik de Ogen uut un säd »ach, Fru, wat säd'st du?« »Mann,« säd se, »wenn ik nich de Sünn un de Maan kan up¬gaan la¬ten, un mutt dat so an¬sehn, dat de Sünn un de Maan up¬gaan, ik kann dat nich uut¬hol¬len, un hebb ke¬ne ge¬ru¬hi¬ge Stünd meer, dat ik se nich sülwst kann up¬gaan la¬ten.« Do seeg se em so recht grä¬sig an, dat em so'n Schud¬der äwer¬leep. »Glyk ga hen, ik will war¬den as de le¬we Gott.« »Ach, Fru,« säd de Mann, un füll vör eer up de Knee, »dat kann de Butt nich. Kai¬ser un Paabst kann he ma¬ken, ik bidd dy, sla in dy un blyf Paabst.« Do köhm se in de Boos¬hait, de Hoor flö¬gen ehr so wild üm den Kopp, da reet se sik dat Lyf¬ken up, un geef em eens mit dem Foot un schreed »ik holl dat nich uut, un holl dat nich län¬ger uut, wult du hen¬gaan??« Do slööpd he sik de Büxen an un leep wech as un¬sin¬nig. Bu¬ten awer güng de Storm, un bruus¬de dat he kuum up den Fö¬ten staan kunn: de Hu¬ser un de Bö¬mer wai¬den um, un de Baar¬ge beew¬den, un de Fel¬sen¬stüc¬ken rull¬den in de See, un de Him¬mel wöör ganß pick¬swart, un dat dun¬nerd un blitzd, un de See güng in so ho¬ge swar¬te Bül¬gen as Kir¬chen¬töörn un as Baar¬ge, un de had¬den ba¬wen all ene wit¬te Kroon von Schuum up. Do schre he, un kun syn egen Woord nich hö¬ren, »Manntje, Manntje, Timpe Te, Buttje, Buttje in der See, myne Fru de Jlsebill will nich so as ik wol will.« »Na, wat will se denn?« säd de Butt. »Ach,« säd he, »se will war¬den as de le¬we Gott.« »Ga man hen, se sitt all we¬der in'n Pi߬putt.« Door sit¬ten se noch bet up hüüt un düs¬sen Dag.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="20._Das_tapfere_Schneiderlein" 20. Das tapfere Schneiderlein. &&ax &&lg=x &&fe An einem Sommermorgen saß ein Schneiderlein auf seinem Tisch am Fenster, war guter Dinge und nähte aus Leibeskräften. Da kam eine Bauersfrau die Straße herab und rief »gut Mus feil! gut Mus feil!« Das klang dem Schneiderlein lieblich in die Ohren, er steckte sein zartes Haupt zum Fenster hinaus und rief »hier herauf, liebe Frau, hier wird sie ihre Waare los.« Die Frau stieg die drei Treppen mit ihrem schweren Korbe zu dem Schneider herauf und mußte die Töpfe sämmtlich vor ihm auspacken. Er besah sie alle, hob sie in die Höhe, hielt die Nase dran und sagte endlich »das Mus scheint mir gut, wieg sie mir doch vier Lot ab, liebe Frau, wenns auch ein Viertelpfund ist, kommt es mir nicht darauf an.« Die Frau, welche gehofft hatte einen guten Absatz zu finden, gab ihm was er verlangte, ging aber ganz ärgerlich und brummig fort. »Nun, das Mus soll mir Gott gesegnen,« rief das Schneiderlein, »und soll mir Kraft und Stärke geben,« holte das Brot aus dem Schrank, schnitt sich ein Stück über den ganzen Laib und strich das Mus darüber. »Das wird nicht bitter schmecken,« sprach er, »aber erst will ich den Wams fertig machen, eh ich anbeiße.« Er legte das Brot neben sich, nähte weiter und machte vor Freude immer größere Stiche. Indess stieg der Geruch von dem süßen Mus hinauf an die Wand, wo die Fliegen in großer Menge saßen, so daß sie heran gelockt wurden und sich scharenweis darauf nieder ließen. »Ei, wer hat euch eingeladen?« sprach das Schneiderlein, und jagte die ungebetenen Gäste fort. Die Fliegen aber, die kein deutsch verstanden, ließen sich nicht abweisen, sondern kamen in immer größerer Gesellschaft wieder. Da lief dem Schneiderlein endlich, wie man sagt, die Laus über die Leber, es langte aus seiner Hölle nach einem Tuchlappen, und »wart, ich will es euch geben!« schlug es unbarmherzig drauf. Als es abzog und zählte, so lagen nicht weniger als sieben vor ihm tot und streckten die Beine. »Bist du so ein Kerl?« sprach er, und mußte selbst seine Tapferkeit bewundern, »das soll die ganze Stadt erfahren.« Und in der Hast[[beeilen]] schnitt sich das Schneiderlein einen Gürtel, nähte ihn und stickte mit großen Buchstaben darauf: »siebene auf einen Streich!« »Ei was Stadt!« sprach er weiter, »die ganze Welt solls erfahren!« und sein Herz wackelte ihm vor Freude wie ein Lämmerschwänzchen. Der Schneider band sich den Gürtel um den Leib, und wollte in die Welt hinaus, weil er meinte die Werkstätte sei zu klein für seine Tapferkeit. Eh er abzog, suchte er im Haus herum ob nichts da wäre, was er mitnehmen könnte, er fand aber nichts als einen alten Käs, den steckte er ein. Vor[[Präpos]] dem Tore bemerkte er einen Vogel, der sich im Gesträuch gefangen hatte, der mußte zu dem Käse in die Tasche. Nun nahm er den Weg tapfer zwischen die Beine, und weil er leicht und behend war, fühlte er keine Müdigkeit. Der Weg führte ihn auf einen Berg, und als er den höchsten Gipfel erreicht hatte, so saß da ein gewaltiger Riese und schaute sich ganz gemächlich um. Das Schneiderlein ging beherzt auf ihn zu, redete ihn an und sprach »guten Tag, Kamerad, gelt, du sitzest da, und besiehst dir die weitläufige Welt? ich bin eben auf dem Wege dahin und will mich versuchen. Hast[[Besitz]] du Lust mit zu gehen?« Der Riese sah den Schneider verächtlich an und sprach »du Lump! du miserabler Kerl!« »Das wäre!« antwortete das Schneiderlein, knöpfte den Rock auf und zeigte dem Riesen den Gürtel, »da kannst du lesen was ich für ein Mann bin.« Der Riese las »siebene auf einen Streich,« meinte das wären Menschen gewesen, die der Schneider erschlagen hätte, und kriegte ein wenig Respekt vor dem kleinen Kerl. Doch wollte er ihn erst prüfen, nahm einen Stein in die Hand, und drückte ihn zusammen daß das Wasser heraus tropfte. »Das mach mir nach,« sprach der Riese, »wenn du Stärke hast.« »Ists weiter nichts?« sagte das Schneiderlein, »das ist bei unser einem Spielwerk,« griff in die Tasche, holte den weichen Käs und drückte ihn daß der Saft heraus lief. »Gelt,« sprach er, »das war ein wenig besser?« Der Riese wußte nicht was er sagen sollte, und konnte es von dem Männlein nicht glauben. Da hob der Riese einen Stein auf und warf ihn so hoch, daß man ihn mit Augen kaum noch sehen konnte: »nun, du Erpelmännchen, das tu mir nach.« »Gut geworfen,« sagte der Schneider, »aber der Stein hat doch wieder zur Erde herabfallen müssen, ich will dir einen werfen, der soll gar nicht wieder kommen;« griff in die Tasche, nahm den Vogel und warf ihn in die Luft. Der Vogel, froh über seine Freiheit, stieg auf, flog fort und kam nicht wieder. »Wie gefällt dir das Stückchen, Kamerad?« fragte der Schneider. »Werfen kannst du wohl,« sagte der Riese, »aber nun wollen wir sehen ob du im Stande bist etwas ordentliches zu tragen.« Er führte das Schneiderlein zu einem mächtigen Eichbaum, der da gefällt auf dem Boden lag, und sagte »wenn du stark genug bist, so hilf mir den Baum aus dem Walde heraus tragen.« »Gerne,« antwortete der kleine Mann, »nimm du nur den Stamm auf deine Schulter, ich will die Äste mit dem Gezweig aufheben und tragen, das ist doch das schwerste.« Der Riese nahm den Stamm auf die Schulter, der Schneider aber setzte sich auf einen Ast, und der Riese, der sich nicht umsehen konnte, mußte den ganzen Baum und das Schneiderlein noch obendrein forttragen. Es war da hinten ganz lustig und guter Dinge, pfiff das Liedchen »es ritten drei Schneider zum Tore hinaus,« als wäre das Baumtragen ein Kinderspiel. Der Riese, nachdem er ein Stück Wegs die schwere Last fortgeschleppt hatte, konnte nicht weiter und rief »hör, ich muß den Baum fallen lassen.« Der Schneider sprang behendiglich herab, faßte den Baum mit beiden Armen, als wenn er ihn getragen hätte, und sprach zum Riesen »du bist ein so großer Kerl und kannst den Baum nicht einmal tragen.« Sie[[1]] gingen zusammen weiter, und als sie an einem Kirschbaum vorbei kamen, faßte der Riese die Krone des Baums, wo die zeitigsten Früchte hingen, bog sie herab, gab sie dem Schneider in die Hand und hieß ihn essen. Das Schneiderlein aber war viel zu schwach um den Baum zu halten, und als der Riese los ließ, fuhr der Baum in die Höhe, und der Schneider ward mit in die Luft geschnellt. Als er wieder ohne Schaden herabgefallen war, sprach der Riese »was ist das, hast du nicht Kraft die schwache Gerte zu halten?« »An der Kraft fehlt es nicht,« antwortete das Schneiderlein, »meinst du das wäre etwas für einen, der siebene mit einem Streich getroffen hat? ich bin über den Baum gesprungen, weil die Jäger da unten in das Gebüsch schießen. Spring nach, wenn dus vermagst.« Der Riese machte den Versuch, konnte aber nicht über den Baum kommen, sondern blieb in den Ästen hängen, also daß das Schneiderlein auch hier die Oberhand behielt. Der Riese sprach »wenn du ein so tapferer Kerl bist, so komm mit in unsere Höhle und übernachte bei uns.« Das Schneiderlein war bereit und folgte ihm. Als sie in der Höhle anlangten, saßen da noch andere Riesen beim Feuer, und jeder hatte ein gebratenes Schaf in der Hand und aß davon. Das Schneiderlein sah sich um und dachte »es ist doch hier viel weitläufiger als in meiner Werkstatt.« Der Riese wies ihm ein Bett an und sagte er sollte sich hineinlegen und ausschlafen. Dem Schneiderlein war aber das Bett zu groß, er legte sich nicht hinein, sondern kroch in eine Ecke. Als es Mitternacht war, und der Riese meinte das Schneiderlein läge in tiefem Schlafe, so stand er auf, nahm eine große Eisenstange und schlug das Bett mit einem Schlag durch, und meinte er hätte dem Grashüpfer den Garaus gemacht. Mit dem frühsten Morgen gingen die Riesen in den Wald und hatten das Schneiderlein ganz vergessen, da kam es auf einmal ganz lustig und verwegen daher geschritten. Die Riesen erschraken, fürchteten es schlüge sie alle tot und liefen in einer Hast[[beeilen]] fort. Das Schneiderlein zog weiter, immer seiner spitzen Nase nach. Nachdem es lange gewandert war, kam es in den Hof eines königlichen Palastes, und da es Müdigkeit empfand, so legte es sich ins Gras und schlief ein. Während es da lag, kamen die Leute, betrachteten es von allen Seiten und lasen auf dem Gürtel »siebene auf einen Streich.« »Ach,« sprachen sie, »was will der große Kriegsheld hier mitten im Frieden? Das muß ein mächtiger Herr sein.« Sie[[1]] gingen und meldeten es dem König, und meinten wenn Krieg ausbrechen sollte, wäre das ein wichtiger und nützlicher Mann, den man um keinen Preis fortlassen dürfte. Dem König gefiel der Rat und er schickte einen von seinen Hofleuten an das Schneiderlein ab, der sollte ihm, wenn es aufgewacht wäre, Kriegsdienste anbieten. Der Abgesandte blieb bei dem Schläfer stehen, wartete bis er seine Glieder streckte und die Augen aufschlug, und brachte dann seinen Antrag vor. »Eben deshalb bin ich hierher gekommen,« antwortete er, »ich bin bereit in des Königs Dienste zu treten.« Also ward er ehrenvoll empfangen und ihm eine besondere Wohnung angewiesen. Die Kriegsleute aber waren dem Schneiderlein aufgesessen und wünschten es wäre tausend Meilen weit weg. »Was soll daraus werden?« sprachen sie untereinander, »wenn wir Zank mit ihm kriegen und er haut zu, so fallen auf jeden Streich siebene. Da kann unser einer nicht bestehen.« Also faßten sie einen Entschluß, begaben sich allesammt zum König und baten um ihren Abschied. »Wir sind nicht gemacht,« sprachen sie, »neben einem Mann auszuhalten, der siebene auf einen Streich schlägt.« Der König war traurig daß er um des Einen willen alle seine treuen Diener verlieren sollte, wünschte daß seine Augen ihn nie gesehen hätten und wäre ihn gerne wieder los gewesen. Aber er getraute sich nicht ihm den Abschied zu geben, weil er fürchtete er möchte ihn sammt seinem Volke tot schlagen und sich auf den königlichen Tron setzen. Er sann lange hin und her, endlich fand er einen Rat. Er schickte zu dem Schneiderlein und ließ ihm sagen weil er ein so großer Kriegsheld wäre, so wollte er ihm ein Anerbieten machen. In einem Walde seines Landes hausten zwei Riesen, die mit Rauben Morden Sengen und Brennen großen Schaden stifteten: niemand dürfte sich ihnen nahen ohne sich in Lebensgefahr zu setzen. Wenn er diese beiden Riesen überwände und tötete, so wollte er ihm seine einzige Tochter zur Gemahlin geben und das halbe Königreich zur Ehesteuer; auch sollten hundert Reiter mit ziehen und ihm Beistand leisten. »Das wäre so etwas für einen Mann, wie du bist,« dachte das Schneiderlein, »eine schöne Königstochter und ein halbes Königreich wird einem nicht alle Tage angeboten.« »O ja,« gab er zur Antwort, »die Riesen will ich schon bändigen, und habe die hundert Reiter dabei nicht nötig: wer siebene auf einen Streich trifft, braucht sich vor zweien nicht zu fürchten.« Das Schneiderlein zog aus, und die hundert Reiter folgten ihm. Als er zu dem Rand des Waldes kam, sprach er zu seinen Begleitern »bleibt hier nur halten, ich will schon allein mit den Riesen fertig werden.« Dann sprang er in den Wald hinein und schaute sich rechts und links um. Über ein Weilchen erblickte er beide Riesen: sie lagen unter einem Baume und schliefen und schnarchten dabei, daß sich die Äste auf und nieder bogen. Das Schneiderlein, nicht faul, las beide Taschen voll Steine und stieg damit auf den Baum. Als es in der Mitte war, rutschte es auf einem Ast bis es gerade über die Schläfer zu sitzen kam, und ließ dem einen Riesen einen Stein nach dem andern auf die Brust fallen. Der Riese spürte lange nichts, doch endlich wachte er auf, stieß seinen Gesellen an und sprach »was schlägst du mich.« »Du träumst,« sagte der andere, »ich schlage dich nicht.« Sie[[1]] legten sich wieder zum Schlaf, da warf der Schneider auf den zweiten einen Stein herab. »Was soll das?« rief der andere, »warum wirfst du mich?« »Ich werfe dich nicht,« antwortete der erste und brummte. Sie[[1]] zankten sich eine Weile herum, doch weil sie müde waren, ließen sies gut sein, und die Augen fielen ihnen wieder zu. Das Schneiderlein fing sein Spiel von neuem an, suchte den dicksten Stein aus und warf ihn dem ersten Riesen mit aller Gewalt auf die Brust. »Das ist zu arg!« schrie er, sprang wie ein Unsinniger auf und stieß seinen Gesellen wider den Baum daß dieser zitterte. Der andere zahlte mit gleicher Münze, und sie gerieten in solche Wut, daß sie Bäume ausrissen, auf einander los schlugen, so lang bis sie endlich beide zugleich tot auf die Erde fielen. Nun sprang das Schneiderlein herab. »Ein Glück nur,« sprach es, »daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätte ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!« Es zog sein Schwert und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann ging es hinaus zu den Reitern und sprach »die Arbeit ist getan, ich habe beiden den Garaus gemacht: aber hart ist es hergegangen, sie haben in der Not Bäume ausgerissen und sich gewehrt, doch das hilft alles nichts wenn einer kommt wie ich, der siebene auf einen Streich schlägt.« »Seid ihr denn nicht verwundet?« fragten die Reiter. »Das hat gute Wege,« antwortete der Schneider, »kein Haar haben sie mir gekrümmt.« Die Reiter wollten ihm keinen Glauben beimessen und ritten in den Wald hinein: da fanden sie die Riesen in ihrem Blute schwimmend, und rings herum lagen die ausgerissenen Bäume. Das Schneiderlein verlangte von dem König die versprochene Belohnung, den aber reute sein Versprechen und er sann aufs neue wie er sich den Helden vom Halse schaffen könnte. »Ehe du meine[[Besitz]] Tochter und das halbe Reich erhältst,« sprach er zu ihm, »mußt du noch eine Heldentat vollbringen. In dem Walde läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet, das mußt du erst einfangen.« »Vor[[Präpos]] einem Einhorne fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen; siebene auf einen Streich, das ist meine[[Besitz]] Sache.« Er nahm sich einen Strick und eine Axt mit, ging hinaus in den Wald, und hieß abermals die, welche ihm zugeordnet waren, außen warten. Er brauchte nicht lange zu suchen, das Einhorn kam bald daher, und sprang geradezu auf den Schneider los, als wollte es ihn ohne Umstände aufspießen. »Sachte, sachte,« sprach er, »so geschwind geht das nicht,« blieb stehen und wartete bis das Tier ganz nahe war, dann sprang er behendiglich hinter dem Baum. Das Einhorn rannte mit aller Kraft gegen den Baum und spießte sein Horn so fest in den Stamm, daß es nicht Kraft genug hatte es wieder heraus zu ziehen, und so war es gefangen. »Jetzt hab ich das Vöglein,« sagte der Schneider, kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn den Strick erst um den Hals, dann hieb er mit der Axt das Horn aus dem Baum und als alles in Ordnung war führte er das Tier ab und brachte es dem König. Der König wollte ihm den verheißenen Lohn noch nicht gewähren, und machte eine dritte Forderung. Der Schneider sollte ihm vor der Hochzeit erst ein Wildschwein fangen, das in dem Wald großen Schaden tat; die Jäger sollten ihm Beistand leisten. »Gerne,« sprach der Schneider, »das ist ein Kinderspiel.« Die Jäger nahm er nicht mit in den Wald, und sie warens wohl zufrieden, denn das Wildschwein hatte sie schon mehrmals so empfangen daß sie keine Lust hatten ihm nachzustellen. Als das Schwein den Schneider erblickte, lief es mit schäumendem Munde und wetzenden Zähnen auf ihn zu, und wollte ihn zur Erde werfen: der flüchtige Held aber sprang in eine Kapelle, die in der Nähe war, und gleich oben zum Fenster in einem Satze wieder hinaus. Das Schwein war hinter ihm her gelaufen, er aber hüpfte außen herum und schlug die Türe hinter ihm zu; da war das wütende Tier gefangen, das viel zu schwer und unbehilflich war, um zu dem Fenster hinaus zu springen. Das Schneiderlein rief die Jäger herbei, die mußten den Gefangenen mit eigenen Augen sehen: der Held aber begab sich zum Könige, der nun, er mochte wollen oder nicht, sein Versprechen halten mußte und ihm seine Tochter und das halbe Königreich übergab. Hätte er gewußt daß kein Kriegsheld sondern ein Schneiderlein vor ihm stand, es wäre ihm noch mehr zu Herzen gegangen. Die Hochzeit ward also mit großer Pracht und kleiner Freude gehalten, und aus einem Schneider ein König gemacht. Nach einiger Zeit hörte die junge Königin in der Nacht wie ihr Gemahl im Traume sprach »Junge, mach mir den Wams und flick mir die Hosen, oder ich will dir die Elle über die Ohren schlagen.« Da merkte sie in welcher Gasse der junge Herr geboren war, klagte am andern Morgen ihrem Vater ihr Leid und bat er möchte ihr von dem Manne helfen, der nichts anders als ein Schneider wäre. Der König sprach ihr Trost zu und sagte »laß in der nächsten Nacht deine Schlafkammer offen, meine[[Besitz]] Diener sollen außen stehen und, wenn er eingeschlafen ist, hineingehen, ihn binden und auf ein Schiff tragen, das ihn in die weite Welt führt.« Die Frau war damit zufrieden, des Königs Waffenträger aber, der alles mit angehört hatte, war dem jungen Herrn gewogen und hinterbrachte ihm den ganzen Anschlag. »Dem Ding will ich einen Riegel vorschieben,« sagte das Schneiderlein. Abends legte es sich zu gewöhnlicher Zeit mit seiner Frau zu Bett: als sie glaubte er sei eingeschlafen, stand sie auf, öffnete die Türe und legte sich wieder. Das Schneiderlein, das sich nur stellte als wenn es schlief, fing an mit heller Stimme zu rufen »Junge, mach mir den Wams und flick mir die Hosen, oder ich will dir die Elle über die Ohren schlagen! ich habe siebene mit einem Streich getroffen, zwei Riesen getötet, ein Einhorn fortgeführt, und ein Wildschwein gefangen, und sollte mich vor denen fürchten, die draußen vor der Kammer stehen!« Als diese den Schneider also sprechen hörten, überkam sie eine große Furcht, sie liefen als wenn das wilde Heer hinter ihnen wäre, und keiner wollte sich mehr an ihn wagen. Also war und blieb das Schneiderlein sein Lebtag ein König. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="21._Aschenputtel" 21. Aschenputtel. &&ax &&lg=x &&fe Einem reichen Manne dem wurde seine Frau krank, und als sie fühlte daß ihr Ende heran kam, rief sie ihr einziges Töchterlein zu sich ans Bett und sprach »liebes Kind, bleib fromm und gut, so wird dir der liebe Gott immer beistehen, und ich will vom Himmel auf dich herabblicken, und will um dich sein.« Darauf tat sie die Augen zu und verschied. Das Mädchen ging jeden Tag hinaus zu dem Grabe der Mutter und weinte, und blieb fromm und gut. Als der Winter kam, deckte der Schnee ein weißes Tüchlein auf das Grab, und als die Sonne im Frühjahr es wieder herabgezogen hatte, nahm sich der Mann eine andere Frau. Die Frau hatte zwei Töchter mit ins Haus gebracht, die schön und weiß von Angesicht waren, aber garstig und schwarz von Herzen. Da ging eine schlimme Zeit für das arme Stiefkind an. »Soll die dumme Gans bei uns in der Stube sitzen!« sprachen sie, »wer Brot essen will, muß es verdienen: hinaus mit der Küchenmagd.« Sie[[1]] nahmen ihm seine schönen Kleider weg, zogen ihm einen grauen alten Kittel an, und gaben ihm hölzerne Schuhe. »Seht einmal die stolze Prinzessin, wie sie geputzt ist!« riefen sie, lachten und führten es in die Küche. Da mußte es von Morgen bis Abend schwere Arbeit tun, früh vor Tag aufstehn, Wasser tragen, Feuer anmachen, kochen und waschen. Obendrein taten ihm die Schwestern alles ersinnliche Herzeleid an, verspotteten es und schütteten ihm die Erbsen und Linsen in die Asche, so daß es sitzen und sie wieder auslesen mußte. Abends, wenn es sich müde gearbeitet hatte, kam es in kein Bett, sondern mußte sich neben den Herd in die Asche legen. Und weil es darum immer staubig und schmutzig aussah, nannten sie es &&c=8 Aschenputtel. &&c=0 Es trug sich zu, daß der Vater einmal in die Messe ziehen wollte, da fragte er die beiden Stieftöchter was er ihnen mitbringen sollte? »Schöne Kleider« sagte die eine, »Perlen und Edelsteine« die zweite. »Aber du, Aschenputtel,« sprach er, »was willst du haben?« »Vater, das erste Reis, das euch auf eurem Heimweg an den Hut stößt, das brecht für mich ab.« Er kaufte nun für die beiden Stiefschwestern schöne Kleider, Perlen und Edelsteine, und auf dem Rückweg, als er durch einen grünen Busch ritt, streifte ihn ein Haselreis und stieß ihm den Hut ab. Da brach er das Reis ab und nahm es mit. Als er nach Haus kam, gab er den Stieftöchtern was sie sich gewünscht hatten, und dem Aschenputtel gab er das Reis von dem Haselbusch. Aschenputtel dankte ihm, ging zu seiner Mutter Grab und pflanzte das Reis darauf, und weinte so sehr, daß die Tränen darauf niederfielen und es begossen. Es wuchs aber, und ward ein schöner Baum. Aschenputtel ging alle Tage dreimal darunter, weinte und betete, und allemal kam ein weißes Vöglein auf den Baum, und wenn es einen Wunsch aussprach, so warf ihm das Vöglein herab was es sich gewünscht hatte. Es begab sich aber, daß der König ein Fest anstellte, das drei Tage dauern sollte, und wozu alle schönen Jungfrauen im Lande eingeladen wurden, damit sich sein Sohn eine Braut aussuchen möchte. Die zwei Stiefschwestern als sie hörten daß sie auch dabei erscheinen sollten, waren guter Dinge, riefen Aschenputtel, und sprachen »kämm uns die Haare, bürste uns die Schuhe und mache uns die Schnallen fest, wir gehen zur Hochzeit auf des Königs Schloß.« Aschenputtel gehorchte, weinte aber, weil es auch gern zum Tanz mitgegangen wäre, und bat die Stiefmutter sie möchte es ihm erlauben. »Du Aschenputtel,« sprach sie, »bist voll Staub und Schmutz und willst zur Hochzeit? du hast keine Kleider und Schuhe, und willst tanzen!« Als es aber mit Bitten anhielt, sprach sie endlich »da habe ich dir eine Schüssel Linsen in die Asche geschüttet, wenn du die Linsen in zwei Stunden wieder ausgelesen hast, so sollst du mitgehen.« Das Mädchen ging durch die Hintertüre nach dem Garten und rief »ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen, all ihr Vöglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen, die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.« Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein, und danach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein, und ließen sich um die Asche nieder. Und die Täubchen nickten mit den Köpfchen und fingen an pik, pik, pik, pik, und da fingen die übrigen auch an pik, pik, pik, pik, und lasen alle guten Körnlein in die Schüssel. Kaum war eine Stunde herum, so waren sie schon fertig und flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Mädchen die Schüssel der Stiefmutter, freute sich und glaubte es dürfte nun mit auf die Hochzeit gehen. Aber sie sprach »nein, Aschenputtel, du hast keine Kleider, und kannst nicht tanzen: du wirst nur ausgelacht.« Als es nun weinte, sprach sie »wenn du mir zwei Schüsseln voll Linsen in einer Stunde aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen,« und dachte »das kann es ja nimmermehr.« Als sie die zwei Schüsseln Linsen in die Asche geschüttet hatte, ging das Mädchen durch die Hintertüre nach dem Garten und rief »ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen, all ihr Vöglein unter dem Himmel, kommt und helft mir lesen, die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.« Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein und danach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein, und ließen sich um die Asche nieder. Und die Täubchen nickten mit ihren Köpfchen und fingen an pik, pik, pik, pik, und da fingen die übrigen auch an pik, pik, pik, pik, und lasen alle guten Körner in die Schüsseln. Und eh eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig, und flogen alle wieder hinaus. Da trug das Mädchen die Schüsseln zu der Stiefmutter, freute sich und glaubte nun dürfte es mit auf die Hochzeit gehen. Aber sie sprach »es hilft dir alles nichts: du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen; wir müßten uns deiner schämen.« Darauf kehrte sie ihm den Rücken zu und eilte mit ihren zwei stolzen Töchtern fort. Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zu seiner Mutter Grab unter den Haselbaum und rief »Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich wirf Gold und Silber über mich.« Da warf ihm der Vogel ein golden und silbern Kleid herunter, und mit Seide und Silber ausgestickte Pantoffeln. In aller Eile zog es das Kleid an und ging zur Hochzeit. Seine Schwestern aber und die Stiefmutter kannten es nicht, und meinten es müßte eine fremde Königstochter sein, so schön sah es in dem goldenen Kleide aus. An Aschenputtel dachten sie gar nicht und dachten es säße daheim im Schmutz und suchte die Linsen aus der Asche. Der Königssohn kam ihm entgegen, nahm es bei der Hand und tanzte mit ihm. Er wollte auch mit sonst niemand tanzen, also daß er ihm die Hand nicht los ließ, und wenn ein anderer kam, es aufzufordern, sprach er »das ist meine[[Besitz]] Tänzerin.« Es tanzte bis es Abend war, da wollte es nach Haus gehen. Der Königssohn aber sprach »ich gehe mit und begleite dich,« denn er wollte sehen wem das schöne Mädchen angehörte. Sie[[1]] entwischte ihm aber und sprang in das Taubenhaus. Nun wartete der Königssohn bis der Vater kam und sagte ihm das fremde Mädchen wär in das Taubenhaus gesprungen. Der Alte dachte »sollte es Aschenputtel sein,« und sie mußten ihm Axt und Hacken bringen, damit er das Taubenhaus entzwei schlagen konnte: aber es war niemand darin. Und als sie ins Haus kamen, lag Aschenputtel in seinen schmutzigen Kleidern in der Asche, und ein trübes Öllämpchen brannte im Schornstein; denn Aschenputtel war geschwind aus dem Taubenhaus hinten herab gesprungen, und war zu dem Haselbäumchen gelaufen: da hatte es die schönen Kleider abgezogen und aufs Grab gelegt, und der Vogel hatte sie wieder weggenommen, und dann hatte es sich in seinem grauen Kittelchen in die Küche zur Asche gesetzt. Am andern Tag, als das Fest von neuem anhub, und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach »Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich.« Da warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab, als am vorigen Tag. Und als es mit diesem Kleide auf der Hochzeit erschien, erstaunte jedermann über seine Schönheit. Der Königssohn aber hatte gewartet bis es kam, nahm es gleich bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm. Wenn die andern kamen und es aufforderten, sprach er »das ist meine[[Besitz]] Tänzerin.« Als es nun Abend war, wollte es fort, und der Königssohn ging ihm nach und wollte sehen in welches Haus es ging: aber es sprang ihm fort und in den Garten hinter dem Haus. Darin stand ein schöner großer Baum an dem die herrlichsten Birnen hingen, es kletterte so behend wie ein Eichhörnchen zwischen die Äste, und der Königssohn wußte nicht wo es hingekommen war. Er wartete aber bis der Vater kam und sprach zu ihm »das fremde Mädchen ist mir entwischt, und ich glaube es ist auf den Birnbaum gesprungen.« Der Vater dachte »sollte es Aschenputtel sein,« ließ sich die Axt holen und hieb den Baum um, aber es war niemand darauf. Und als sie in die Küche kamen, lag Aschenputtel da in der Asche, wie sonst auch, denn es war auf der andern Seite vom Baum herabgesprungen, hatte dem Vogel auf dem Haselbäumchen die schönen Kleider wieder gebracht und sein graues Kittelchen angezogen. Am dritten Tag, als die Eltern und Schwestern fort waren, ging Aschenputtel wieder zu seiner Mutter Grab und sprach zu dem Bäumchen »Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich, wirf Gold und Silber über mich.« Nun warf ihm der Vogel ein Kleid herab, das war so prächtig und glänzend wie es noch keins gehabt hatte, und die Pantoffeln waren ganz golden. Als es in dem Kleid zu der Hochzeit kam, wußten sie alle nicht was sie vor Verwunderung sagen sollten. Der Königssohn tanzte ganz allein mit ihm, und wenn es einer aufforderte, sprach er »das ist meine[[Besitz]] Tänzerin.« Als es nun Abend war, wollte Aschenputtel fort, und der Königssohn wollte es begleiten, aber es entsprang ihm so geschwind daß er nicht folgen konnte. Der Königssohn hatte aber eine List gebraucht, und hatte die ganze Treppe mit Pech bestreichen lassen: da war, als es hinabsprang, der linke Pantoffel des Mädchens hängen geblieben. Der Königssohn hob ihn auf, und er war klein und zierlich und ganz golden. Am nächsten Morgen ging er damit zu dem Mann, und sagte zu ihm »keine andere soll meine[[Besitz]] Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh paßt.« Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die Älteste ging mit dem Schuh in die Kammer und wollte ihn anprobieren, und die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht hineinkommen, und der Schuh war ihr zu klein, da reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach »hau die Zehe ab: wann du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.« Das Mädchen hieb die Zehe ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiss den Schmerz und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd, und ritt mit ihr fort. Sie[[1]] mußten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen, und riefen »rucke di guck, rucke di guck, Blut ist im Schuck (Schuh): Der Schuck ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.« Da blickte er auf ihren Fuß und sah wie das Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Haus und sagte das wäre nicht die rechte, die andere Schwester sollte den Schuh anziehen. Da ging diese in die Kammer und kam mit den Zehen glücklich in den Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach »hau ein Stück von der Ferse ab: wann du Königin bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.« Das Mädchen hieb ein Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiss den Schmerz und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr fort. Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen, saßen die zwei Täubchen darauf und riefen »rucke di guck, rucke di guck, Blut ist im Schuck: der Schuck ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.« Er blickte nieder auf ihren Fuß, und sah wie das Blut aus dem Schuh quoll und an den weißen Strümpfen ganz rot heraufgestiegen war. Da wendete er sein Pferd, und brachte die falsche Braut wieder nach Haus. »Das ist auch nicht die rechte,« sprach er, »habt ihr keine andere Tochter?« »Nein,« sagte der Mann, »nur von meiner verstorbenen Frau ist noch ein kleines verbuttetes Aschenputtel da: das kann unmöglich die Braut sein.« Der Königssohn sprach er sollte es heraufschicken, die Mutter aber antwortete »ach nein, das ist viel zu schmutzig, das darf sich nicht sehen lassen.« Er wollte es aber durchaus haben, und Aschenputtel mußte gerufen werden. Da wusch es sich erst Hände und Angesicht rein, ging dann hin und neigte sich vor dem Königssohn, der ihm den goldenen Schuh reichte. Dann setzte es sich auf einen Schemel, zog den Fuß aus dem schweren Holzschuh und steckte ihn in den Pantoffel, der war wie angegossen. Und als es sich in die Höhe richtete und der König ihm ins Gesicht sah, so erkannte er das schöne Mädchen, das mit ihm getanzt hatte, und rief »das ist die rechte Braut!« Die Stiefmutter und die beiden Schwestern erschraken und wurden bleich vor Ärger: er aber nahm Aschenputtel aufs Pferd und ritt mit ihm fort. Als sie an dem Haselbäumchen vorbei kamen, riefen die zwei weißen Täubchen »rucke di guck, rucke di guck, kein Blut im Schuck: der Schuck ist nicht zu klein, die rechte Braut, die führt er heim.« Und als sie das gerufen hatten, kamen sie beide herab geflogen und setzten sich dem Aschenputtel auf die Schultern, eine rechts, die andere links, und blieben da sitzen. Als die Hochzeit mit dem Königssohn sollte gehalten werden, kamen die falschen Schwestern, wollten sich einschmeicheln und Teil an seinem Glück nehmen. Als die Brautleute nun zur Kirche gingen, war die älteste zur rechten, die jüngste zur linken Seite: da pickten die Tauben einer jeden das eine Auge aus. Hernach als sie heraus gingen, war die älteste zur linken und die jüngste zur rechten: da pickten die Tauben einer jeden das andere Auge aus. Und waren sie also für ihre Bosheit und Falschheit mit Blindheit auf ihr Lebtag gestraft. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="22._Das_Rätsel" 22. Das Rätsel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Königssohn, der bekam Lust in der Welt umher zu ziehen und nahm niemand mit als einen treuen Diener. Eines Tags geriet er in einen großen Wald, und als der Abend kam, konnte er keine Herberge finden und wußte nicht wo er die Nacht zubringen sollte. Da sah er ein Mädchen, das nach einem kleinen Häuschen zu ging, und als er näher kam, sah er daß das Mädchen jung und schön war. Er redete es an und sprach »liebes Kind, kann ich und mein Diener in dem Häuschen für die Nacht ein Unterkommen finden?« »Ach ja,« sagte das Mädchen mit trauriger Stimme, »das könnt ihr wohl, aber ich rate euch nicht dazu; geht nicht hinein.« »Warum soll ich nicht?« fragte der Königssohn. Das Mädchen seufzte und sprach » meine[[Besitz]] Stiefmutter treibt böse Künste, sie meints nicht gut mit den Fremden.« Da merkte er wohl daß er zu dem Haus einer Hexe gekommen war, doch weil es finster ward, und er nicht weiter konnte, sich auch nicht fürchtete, so trat er ein. Die Alte saß auf einem Lehnstuhl beim Feuer, und sah mit ihren roten Augen die Fremden an. »Guten Abend,« schnarrte sie, und tat ganz freundlich, »laßt euch nieder, und ruht euch aus.« Sie[[1]] blies die Kohlen an, bei welchen sie in einem kleinen Topf etwas kochte. Die Tochter warnte die beiden vorsichtig zu sein, nichts zu essen und nichts zu trinken, denn die Alte braue böse Getränke. Sie[[1]] schliefen ruhig bis zum frühen Morgen. Als sie sich zur Abreise fertig machten und der Königssohn schon zu Pferde saß, sprach die Alte »warte, einen Augenblick, ich will euch erst einen Abschiedstrank reichen.« Während sie ihn holte, ritt der Königssohn fort, und der Diener, der seinen Sattel fest schnallen mußte, war allein noch zugegen, als die böse Hexe mit dem Trank kam. »Das bring deinem Herrn« sagte sie, aber in dem Augenblick sprang das Glas und das Gift spritzte auf das Pferd, und war so heftig daß das Tier gleich tot hinstürzte. Der Diener lief seinem Herrn nach und erzählte ihm was geschehen war, wollte aber den Sattel nicht im Stich lassen und lief zurück um ihn zu holen. Wie er aber zu dem toten Pferde kam, saß schon ein Rabe darauf und fraß davon. »Wer weis ob wir heute noch etwas besseres finden,« sagte der Diener, tötete den Raben und nahm ihn mit. Nun zogen sie in dem Walde den ganzen Tag weiter, konnten aber nicht heraus kommen. Bei Anbruch der Nacht fanden sie ein Wirtshaus und gingen hinein. Der Diener gab dem Wirt den Raben, den er zum Abendessen bereiten sollte. Sie[[1]] waren aber in eine Mördergrube geraten, und in der Dunkelheit kamen zwölf Mörder und wollten die Fremden umbringen und berauben. Eh sie sich aber ans Werk machten, setzten sie sich zu Tisch und der Wirt und die Hexe setzten sich zu ihnen, und sie aßen zusammen eine Schüssel mit Suppe, in die das Fleisch des Raben gehackt war. Kaum aber hatten sie ein paar Bissen hinunter geschluckt, so fielen sie alle tot nieder, denn dem Raben hatte sich das Gift von dem Pferdefleisch mitgeteilt. Es war nun niemand mehr im Hause übrig als die Tochter des Wirts, die es redlich meinte und an den gottlosen Dingen keinen Teil genommen hatte. Sie[[1]] öffnete dem Fremden alle Türen und zeigte ihm die angehäuften Schätze. Der Königssohn aber sagte sie möchte alles behalten, er wollte nichts davon und ritt mit seinem Diener weiter. Nachdem sie lange herum gezogen waren, kamen sie in eine Stadt, worin eine schöne aber übermütige Königstochter war, die hatte bekannt machen lassen wer ihr ein Rätsel vorlegte das sie nicht erraten könnte, der sollte ihr Gemahl werden: erriete sie es aber, so müßte er sich das Haupt abschlagen lassen. Drei Tage hatte sie Zeit sich zu besinnen, sie war aber so klug daß sie immer die vorgelegten Rätsel vor der bestimmten Zeit erriet. Schon waren neune auf diese Weise umgekommen, als der Königssohn anlangte und von ihrer großen Schönheit geblendet sein Leben daran setzen wollte. Da trat er vor sie hin und gab ihr sein Rätsel auf, »was ist das,« sagte er, »einer schlug keinen und schlug doch zwölfe.« Sie[[1]] wußte nicht was das war, sie sann und sann, aber sie brachte es nicht heraus: sie schlug ihre Rätselbücher auf, aber es stand nicht darin: kurz ihre Weisheit war zu Ende. Da sie sich nicht zu helfen wußte, befahl sie ihrer Magd in das Schlafgemach des Herrn zu schleichen, da sollte sie seine Träume behorchen, und dachte er rede vielleicht im Schlaf und verrate das Rätsel. Aber der kluge Diener hatte sich statt des Herrn ins Bett gelegt und als die Magd heran kam, riss er ihr den Mantel ab, in den sie sich verhüllt hatte, und jagte sie mit Ruten hinaus. In der zweiten Nacht schickte die Königstochter ihre Kammerjungfer, die sollte sehen ob es ihr mit Horchen besser glückte, aber der Diener nahm auch ihr den Mantel weg, und jagte sie mit Ruten hinaus. Nun glaubte der Herr für die dritte Nacht sicher zu sein und legte sich in sein Bett, da kam die Königstochter selbst, hatte einen nebelgrauen Mantel umgetan und setzte sich neben ihn. Und als sie dachte er schliefe und träumte, so redete sie ihn an und hoffte er werde im Traume antworten, wie viele tun: aber er war wach und verstand und hörte alles sehr wohl. Da fragte sie »einer schlug keinen, was ist das?« Er antwortete »ein Rabe der von einem toten und vergifteten Pferde fraß und davon starb.« Weiter fragte sie »und schlug doch zwölfe, was ist das?« »Das sind zwölf Mörder, die den Raben verzehrten und daran starben.« Als sie das Rätsel wußte, wollte sie sich fortschleichen, aber er hielt ihren Mantel fest, daß sie ihn zurücklassen mußte. Am andern Morgen verkündigte die Königstochter sie habe das Rätsel erraten, und ließ die zwölf Richter kommen und löste es vor ihnen. Aber der Jüngling bat sich Gehör aus, und sagte »sie ist in der Nacht zu mir geschlichen und hat mich ausgefragt, denn sonst hätte sie es nicht erraten.« Die Richter sprachen »bringt uns ein Wahrzeichen.« Da wurden die drei Mäntel von dem Diener herbei gebracht, und als die Richter den nebelgrauen erblickten, den die Königstochter zu tragen pflegte, so sagten sie »laßt den Mantel sticken mit Gold und Silber, so wirds euer Hochzeitsmantel sein.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="23._Von_dem_Mäuschen,_Vögelchen_und_der_Bratwurst" 23. Von dem Mäuschen, Vögelchen und der Bratwurst. &&ax &&lg=x &&fe Es waren einmal ein Mäuschen, ein Vögelchen und eine Bratwurst in Gesellschaft geraten, hatten einen Haushalt geführt, lange wohl und köstlich im Frieden gelebt, und trefflich an Gütern zugenommen. Des Vögelchens Arbeit war, daß es täglich im Wald fliegen und Holz beibringen müßte. Die Maus sollte Wasser tragen, Feuer anmachen und den Tisch decken, die Bratwurst aber sollte kochen. Wem zu wohl ist, den gelüstet immer nach neuen Dingen! Also eines Tages stieß dem Vöglein unterwegs ein anderer Vogel auf, dem es seine treffliche Gelegenheit erzählte und rühmte. Derselbe andere Vogel schalt es aber einen armen Tropf, der große Arbeit, die beiden zu Haus aber gute Tage hätten. Denn, wenn die Maus ihr Feuer angemacht und Wasser getragen hatte, so begab sie sich in ihr Kämmerlein zur Ruhe bis man sie hieß den Tisch decken. Das Würstlein blieb beim Hafen, sah zu daß die Speise wohl kochte, und wenn es bald Essenszeit war, schlingte es sich ein mal viere durch den Brei oder das Gemüs, so war es geschmalzen, gesalzen und bereitet. Kam dann das Vöglein heim und legte seine Bürde ab, so saßen sie zu Tisch, und nach gehabtem Mahl schliefen sie sich die Haut voll bis den andern Morgen; und das war ein herrlich Leben. Das Vöglein anderes Tages wollte aus Anstiftung nicht mehr ins Holz, sprechend es wäre lang genug Knecht gewesen, und hätte gleichsam ihr Narr sein müssen, sie sollten einmal umwechseln und es auf eine andere Weise auch versuchen. Und wie wohl die Maus und auch die Bratwurst heftig dafür bat, so war der Vogel doch Meister: es mußte gewagt sein, spieleten derowegen, und kam das Los auf die Bratwurst, die mußte Holz tragen, die Maus ward Koch, und der Vogel sollte Wasser holen. Was geschieht? das Bratwürstchen zog fort gen Holz, das Vöglein machte Feuer an, die Maus stellte den Topf zu, und erwarteten allein, bis Bratwürstchen heim käme und Holz für den andern Tag brächte. Es blieb aber das Würstlein so lang unterwegs, daß ihnen beiden nichts gutes vorkam, und das Vöglein ein Stück Luft hinaus entgegen flog. Unfern aber findet es einen Hund am Weg, der das arme Bratwürstlein als freie Beut angetroffen, angepackt und niedergemacht. Das Vöglein beschwerte sich auch dessen als eines offenbaren Raubes sehr gegen den Hund, aber es half kein Wort, denn, sprach der Hund, er hätte falsche Briefe bei der Bratwurst gefunden, deswegen wäre sie ihm des Lebens verfallen gewesen. Das Vöglein, traurig, nahm das Holz auf sich, flog heim und erzählte was es gesehn und gehöret. Sie[[1]] waren sehr betrübt, verglichen sich aber das beste zu tun und beisammen zu bleiben. Derowegen so deckte das Vöglein den Tisch und die Maus rüstete das Essen, und wollte anrichten, und in den Hafen, wie zuvor das Würstlein, durch das Gemüs schlingen und schlupfen, dasselbe zu schmelzen: aber ehe sie in die Mitte kam, ward sie angehalten und mußte Haut und Haar und dabei das Leben lassen. Als das Vöglein kam und wollte das Essen auftragen, da war kein Koch vorhanden. Das Vöglein warf bestürzt das Holz hin und her, rufte und suchte, konnte aber seinen Koch nicht mehr finden. Aus Unachtsamkeit kam das Feuer in das Holz, also daß eine Brunst entstand; das Vöglein eilte Wasser zu langen, da entfiel ihm der Eimer in den Brunnen, und es mit hinab, daß es sich nicht mehr erholen konnte und da ersaufen mußte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="24._Frau_Holle" 24. Frau Holle. &&ax &&lg=x &&fe Eine Wittwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul. Sie[[1]] hatte aber die häßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit tun und der Aschenputtel im Hause sein. Das arme Mädchen mußte sich täglich auf die große Straße bei einem Brunnen setzen, und mußte so viel spinnen, daß ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, daß die Spule einmal ganz blutig war, da bückte es sich damit in den Brunnen und wollte sie abwaschen: sie sprang ihm aber aus der Hand und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter und erzählte ihr das Unglück. Sie[[1]] schalt es aber so heftig und war so unbarmherzig, daß sie sprach »hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf.« Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wußte nicht was es anfangen sollte: und in seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein, um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung, und als es erwachte und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese wo die Sonne schien und viel tausend Blumen standen. Auf dieser Wiese ging es fort und kam zu einem Backofen, der war voller Brot; das Brot aber rief »ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich: ich bin schon längst ausgebacken.« Da trat es herzu, und holte mit dem Brotschieber alles nach einander heraus. Danach ging es weiter und kam zu einem Baum, der hing voll Äpfel, und rief ihm zu »ach schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle mit einander reif.« Da schüttelte es den Baum, daß die Äpfel fielen als regneten sie, und schüttelte bis keiner mehr oben war; und als es alle in einen Haufen zusammengelegt hatte, ging es wieder weiter. Endlich kam es zu einem kleinen Haus, daraus guckte eine alte Frau, weil sie aber so große Zähne hatte, ward ihm angst, und es wollte fortlaufen. Die alte Frau aber rief ihm nach »was fürchtest du dich, liebes Kind? bleib bei mir, wenn du alle Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dirs gut gehn. Du mußt nur Acht geben daß du mein Bett gut machst und es fleißig aufschüttelst, daß die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt [{{*)}} Darum sagt man in Hessen, wenn es schneit, die Frau Holle macht ihr Bett.]; ich bin die Frau Holle.« Weil die Alte ihm so gut zusprach, so faßte sich das Mädchen ein Herz, willigte ein und begab sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit, und schüttelte ihr das Bett immer gewaltig auf daß die Federn wie Schneeflocken umher flogen; dafür hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein böses Wort, und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig und wußte anfangs selbst nicht was ihm fehlte, endlich merkte es daß es Heimweh war; ob es ihm hier gleich viel tausendmal besser ging als zu Haus, so hatte es doch ein Verlangen dahin. Endlich sagte es zu ihr »ich habe den Jammer nach Haus kriegt, und wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht länger bleiben, ich muß wieder hinauf zu den Meinigen.« Die Frau Holle sagte »es gefällt mir, daß du wieder nach Haus verlangst, und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinauf bringen.« Sie[[1]] nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Tor. Das Tor ward aufgetan, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so daß es über und über davon bedeckt war. »Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist« sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Tor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus: und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief »kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist wieder hie.« Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es von ihr und der Schwester gut aufgenommen. Das Mädchen erzählte alles, was ihm begegnet war, und als die Mutter hörte wie es zu dem großen Reichtum gekommen war, wollte sie der andern häßlichen und faulen Tochter gerne dasselbe Glück verschaffen. Sie[[1]] mußte sich an den Brunnen setzen und spinnen; und damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger und stieß sich die Hand in die Dornhecke. Dann warf sie die Spule in den Brunnen und sprang selber hinein. Sie[[1]] kam, wie die andere, auf die schöne Wiese und ging auf demselben Pfade weiter. Als sie zu dem Backofen gelangte, schrie das Brot wieder »ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn ich, ich bin schon längst ausgebacken.« Die Faule aber antwortete »da hätt ich Lust mich schmutzig zu machen,« und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaum, der rief »ach, schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle mit einander reif.« Sie[[1]] antwortete aber »du kommst mir recht, es könnte mir einer auf den Kopf fallen,« und ging damit weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam, fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren großen Zähnen schon gehört hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tag tat sie sich Gewalt an, war fleißig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas sagte, denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr schenken würde; am zweiten Tag aber fing sie schon an zu faullenzen, am dritten noch mehr, da wollte sie Morgens gar nicht aufstehen. Sie[[1]] machte auch der Frau Holle das Bett nicht wie sichs gebührte, und schüttelte es nicht, daß die Federn aufflogen. Das ward die Frau Holle bald müde und sagte ihr den Dienst auf. Die Faule war das wohl zufrieden und meinte nun würde der Goldregen kommen; die Frau Holle führte sie auch zu dem Tor, als sie aber darunter stand, ward statt des Goldes ein großer Kessel voll Pech ausgeschüttet. »Das ist zur Belohnung deiner Dienste« sagte die Frau Holle und schloß das Tor zu. Da kam die Faule heim, aber sie war ganz mit Pech bedeckt, und der Hahn auf dem Brunnen, als er sie sah, rief »kikeriki, unsere schmutzige Jungfrau ist wieder hie.« Das Pech aber blieb fest an ihr hängen und wollte, so lange sie lebte, nicht abgehen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="25._Die_sieben_Raben" 25. Die sieben Raben. &&ax &&lg=x &&fe Ein Mann hatte sieben Söhne und immer noch kein Töchterchen, so sehr er sichs auch wünschte; endlich gab ihm seine Frau wieder gute Hoffnung zu einem Kinde, und wies zur Welt kam, wars auch ein Mädchen. Die Freude war groß, aber das Kind war schmächtig und klein, und sollte wegen seiner Schwachheit die Nottaufe haben. Der Vater schickte einen der Knaben eilends zur Quelle, Taufwasser zu holen: die andern sechs liefen mit und weil jeder der erste beim Schöpfen sein wollte, so fiel ihnen der Krug in den Brunnen. Da standen sie und wußten nicht was sie tun sollten, und keiner getraute sich heim. Als sie immer nicht zurück kamen, ward der Vater ungeduldig und sprach »gewiss haben sies wieder über ein Spiel vergessen, die gottlosen Jungen.« Es ward ihm angst das Mädchen müßte ungetauft verscheiden und im Ärger rief er »ich wollte daß die Jungen alle zu Raben würden.« Kaum war das Wort ausgeredet, so hörte er ein Geschwirr über seinem Haupt in der Luft, blickte in die Höhe und sah sieben kohlschwarze Raben auf und davon fliegen. Die Eltern konnten die Verwünschung nicht mehr zurücknehmen, und so traurig sie über den Verlust ihrer sieben Söhne waren, trösteten sie sich doch einigermaßen durch ihr liebes Töchterchen, das bald zu Kräften kam, und mit jedem Tage schöner ward. Es wußte lange Zeit nicht einmal daß es Geschwister gehabt hatte, denn die Eltern hüteten sich ihrer zu erwähnen, bis es eines Tags von ungefähr die Leute von sich sprechen hörte, das Mädchen wäre wohl schön, aber doch eigentlich Schuld an dem Unglück seiner sieben Brüder. Da ward es ganz betrübt, ging zu Vater und Mutter und fragte ob es denn Brüder gehabt hätte und wo sie hingeraten wären? Nun durften die Eltern das Geheimnis nicht länger verschweigen, sagten jedoch es sei so des Himmels Verhängnis und seine Geburt nur der unschuldige Anlaß gewesen. Allein das Mädchen machte sich täglich ein Gewissen daraus und glaubte es müßte seine Geschwister wieder erlösen. Es hatte nicht Ruhe und Rast, bis es sich heimlich aufmachte und in die weite Welt ging, seine Brüder irgendwo aufzuspüren und zu befreien, es möchte kosten was es wollte. Es nahm nichts mit sich als ein Ringlein von seinen Eltern zum Andenken, einen Laib Brot für den Hunger, ein Krüglein Wasser für den Durst, und ein Stühlchen für die Müdigkeit. Nun ging es immer zu, weit weit bis an der Welt Ende. Da kam es zur Sonne, aber die war zu heiß und fürchterlich, und fraß die kleinen Kinder. Eilig lief es weg und lief hin zu dem Mond, aber der war gar zu kalt und auch grausig und bös, und als er das Kind merkte, sprach er »ich rieche rieche Menschenfleisch.« Da machte es sich geschwind fort und kam zu den Sternen, die waren ihm freundlich und gut, und jeder saß auf seinem besondern Stühlchen. Der Morgenstern aber stand auf, gab ihm ein Hinkelbeinchen und sprach »wenn du das Beinchen nicht hast, kannst du den Glasberg nicht aufschließen, und in dem Glasberg da sind deine Brüder.« Das Mädchen nahm das Beinchen, wickelte es wohl in ein Tüchlein, und ging wieder fort so lange bis es an den Glasberg kam. Das Tor war verschlossen und es wollte das Beinchen hervor holen, aber wie es das Tüchlein aufmachte, so war es leer, und es hatte das Geschenk der guten Sterne verloren. Was sollte es nun anfangen? seine Brüder wollte es erretten und hatte keinen Schlüssel zum Glasberg. Das gute Schwesterchen nahm ein Messer, schnitt sich ein kleines Fingerchen ab, steckte es in das Tor und schloß glücklich auf. Als es eingegangen war, kam ihm ein Zwerglein entgegen, das sprach »mein Kind, was suchst du?« »Ich suche meine[[Besitz]] Brüder, die sieben Raben,« antwortete es. Der Zwerg sprach »die Herren Raben sind nicht zu Haus, aber willst du hier so lang warten, bis sie kommen, so tritt ein.« Darauf trug das Zwerglein die Speise der Raben herein auf sieben Tellerchen und in sieben Becherchen, und von jedem Tellerchen aß das Schwesterchen ein Bröckchen, und aus jedem Becherchen trank es ein Schlückchen; in das letzte Becherchen aber ließ es das Ringlein fallen, das es mitgenommen hatte. Auf einmal hörte es in der Luft ein Geschwirr und ein Geweh, da sprach das Zwerglein »jetzt kommen die Herren Raben heim geflogen.« Da kamen sie, wollten essen und trinken, und suchten ihre Tellerchen und Becherchen. Da sprach einer nach dem andern »wer hat von meinem Tellerchen gegessen? wer hat aus meinem Becherchen getrunken? das ist eines Menschen Mund gewesen.« Und wie der siebente auf den Grund des Bechers kam, rollte ihm das Ringlein entgegen. Da sah er es an und erkannte daß es ein Ring von Vater und Mutter war, und sprach »Gott gebe, unser Schwesterlein wäre da, so wären wir erlöst.« Wie das Mädchen, das hinter der Türe stand und lauschte, den Wunsch hörte, so trat es hervor, und da bekamen alle die Raben ihre menschliche Gestalt wieder. Und sie herzten und küßten einander, und zogen fröhlich heim. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="26._Rotkäppchen" 26. Rotkäppchen. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine kleine süße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wußte gar nicht was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rotem Sammet, und weil ihm das so wohl stand, und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rotkäppchen. Eines Tages sprach seine Mutter zu ihm »komm, Rotkäppchen, da hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, bring das der Großmutter hinaus; sie ist krank und schwach und wird sich daran laben. Mach dich auf bevor es heiß wird, und wenn du hinaus kommst, so geh hübsch sittsam und lauf nicht vom Weg ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas und die Großmutter hat nichts. Und wenn du in ihre Stube kommst, so vergiss nicht guten Morgen zu sagen und guck nicht erst in alle Ecken herum.« »Ich will schon alles gut machen« sagte Rotkäppchen zur Mutter, und gab ihr die Hand darauf. Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rotkäppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. Rotkäppchen aber wußte nicht was das für ein böses Tier war und fürchtete sich nicht vor ihm. »Guten Tag, Rotkäppchen,« sprach er. »Schönen Dank, Wolf.« »Wo hinaus so früh, Rotkäppchen?« »Zur Großmutter.« »Was trägst du unter der Schürze?« »Kuchen und Wein: gestern haben wir gebacken, da soll sich die kranke und schwache Großmutter etwas zu gut tun, und sich damit stärken.« »Rotkäppchen, wo wohnt deine Großmutter?« »Noch eine gute Viertelstunde weiter im Wald, unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr Haus, unten sind die Nußhecken, das wirst du ja wissen« sagte Rotkäppchen. Der Wolf dachte bei sich »das junge zarte Ding, das ist ein fetter Bissen, der wird noch besser schmecken als die Alte: du mußt es listig anfangen, damit du beide erschnappst.« Da ging er ein Weilchen neben Rotkäppchen her, dann sprach er »Rotkäppchen, sieh einmal die schönen Blumen, die rings umher stehen, warum guckst du dich nicht um? ich glaube du hörst gar nicht, wie die Vöglein so lieblich singen? du gehst ja für dich hin als wenn du zur Schule gingst, und ist so lustig haußen in dem Wald.« Rotkäppchen schlug die Augen auf, und als es sah wie die Sonnenstrahlen durch die Bäume hin und her tanzten, und alles voll schöner Blumen stand, dachte es »wenn ich der Großmutter einen frischen Strauß mitbringe, der wird ihr auch Freude machen; es ist so früh am Tag, daß ich doch zu rechter Zeit ankomme,« lief vom Wege ab in den Wald hinein und suchte Blumen. Und wenn es eine gebrochen hatte, meinte es weiter hinaus stände eine schönere, und lief darnach, und geriet immer tiefer in den Wald hinein. Der Wolf aber ging geradeswegs nach dem Haus der Großmutter, und klopfte an die Türe. »Wer ist draußen?« »Rotkäppchen, das bringt Kuchen und Wein, mach auf.« »Drück nur auf die Klinke,« rief die Großmutter, »ich bin zu schwach und kann nicht aufstehen.« Der Wolf drückte auf die Klinke, die Türe sprang auf und er ging, ohne ein Wort zu sprechen, gerade zum Bett der Großmutter und verschluckte sie. Dann tat er ihre Kleider an, setzte ihre Haube auf, legte sich in ihr Bett und zog die Vorhänge vor. Rotkäppchen aber war nach den Blumen herum gelaufen, und als es so viel zusammen hatte, daß es keine mehr tragen konnte, fiel ihm die Großmutter wieder ein und es machte sich auf den Weg zu ihr. Es wunderte sich daß die Türe aufstand, und wie es in die Stube trat, so kam es ihm so seltsam darin vor, daß es dachte »ei, du mein Gott, wie ängstlich wird mirs heute zu Mut, und bin sonst so gerne bei der Großmutter!« Es rief »guten Morgen,« bekam aber keine Antwort. Darauf ging es zum Bett und zog die Vorhänge zurück: da lag die Großmutter, und hatte die Haube tief ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich aus. »Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!« »Daß ich dich besser hören kann.« »Ei, Großmutter, was hast du für große Augen!« »Daß ich dich besser sehen kann.« »Ei, Großmutter, was hast du für große Hände!« »Daß ich dich besser packen kann.« »Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!« »Daß ich dich besser fressen kann.« Kaum hatte der Wolf das gesagt, so tat er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen. Wie der Wolf sein Gelüsten gestillt hatte, legte er sich wieder ins Bett, schlief ein und fing an überlaut zu schnarchen. Der Jäger ging eben an dem Haus vorbei und dachte »wie die alte Frau schnarcht, du mußt doch sehen ob ihr etwas fehlt.« Da trat er in die Stube, und wie er vor das Bette kam, so sah er daß der Wolf darin lag. »Finde ich dich hier, du alter Sünder,« sagte er, »ich habe dich lange gesucht.« Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein der Wolf könnte die Großmutter gefressen haben, und sie wäre noch zu retten: schoß nicht, sondern nahm eine Scheere und fing an dem schlafenden Wolf den Bauch aufzuschneiden. Wie er ein paar Schnitte getan hatte, da sah er das rote Käppchen leuchten, und noch ein paar Schnitte, da sprang das Mädchen heraus und rief »ach, wie war ich erschrocken, wie wars so dunkel in dem Wolf seinem Leib!« Und dann kam die alte Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum atmen. Rotkäppchen aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie dem Wolf den Leib, und wie er aufwachte, wollte er fortspringen, aber die Steine waren so schwer, daß er gleich niedersank und sich tot fiel. Da waren alle drei vergnügt; der Jäger zog dem Wolf den Pelz ab und ging damit heim, die Großmutter aß den Kuchen und trank den Wein den Rotkäppchen gebracht hatte, und erholte sich wieder, Rotkäppchen aber dachte »du willst dein Lebtag nicht wieder allein vom Wege ab in den Wald laufen, wenn dirs die Mutter verboten hat.« Es wird auch erzählt, daß einmal, als Rotkäppchen der alten Großmutter wieder Gebackenes brachte, ein anderer Wolf ihm zugesprochen und es vom Wege habe ableiten wollen. Rotkäppchen aber hütete sich und ging gerade fort seines Wegs und sagte der Großmutter daß es dem Wolf begegnet wäre, der ihm guten Tag gewünscht, aber so bös aus den Augen geguckt hätte: »wenns nicht auf offner Straße gewesen wäre, er hätte mich gefressen.« »Komm,« sagte die Großmutter, »wir wollen die Türe verschließen, daß er nicht herein kann.« Bald darnach klopfte der Wolf an und rief »mach auf, Großmutter, ich bin das Rotkäppchen, ich bring dir Gebackenes.« Sie[[1]] schwiegen aber still und machten die Türe nicht auf: da schlich der Graukopf etlichemal um das Haus, sprang endlich aufs Dach und wollte warten bis Rotkäppchen Abends nach Haus ginge, dann wollte er ihm nachschleichen und wollts in der Dunkelheit fressen. Aber die Großmutter merkte was er im Sinn hatte. Nun stand vor dem Haus ein großer Steintrog, da sprach sie zu dem Kind »nimm den Eimer, Rotkäppchen, gestern hab ich Würste gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, in den Trog.« Rotkäppchen trug so lange, bis der große große Trog ganz voll war. Da stieg der Geruch von den Würsten dem Wolf in die Nase, er schnupperte und guckte hinab, endlich machte er den Hals so lang, daß er sich nicht mehr halten konnte, und anfing zu rutschen: so rutschte er vom Dach herab, gerade in den großen Trog hinein und ertrank. Rotkäppchen aber ging fröhlich nach Haus, und tat ihm niemand etwas zu Leid. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="27._Die_Bremer_Stadtmusikanten" 27. Die Bremer Stadtmusikanten. &&ax &&lg=x &&fe Es hatte ein Mann einen Esel, der schon lange Jahre die Säcke unverdrossen zur Mühle getragen hatte, dessen Kräfte aber nun zu Ende gingen, so daß er zur Arbeit immer untauglicher ward. Da dachte der Herr daran, ihn aus dem Futter zu schaffen, aber der Esel merkte daß kein guter Wind wehte, lief fort und machte sich auf den Weg nach Bremen: dort, meinte er, könnte er ja Stadtmusikant werden. Als er ein Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund auf dem Wege liegen, der jappte wie einer, der sich müde gelaufen hat. »Nun, was jappst du so, Packan?« fragte der Esel. »Ach,« sagte der Hund, »weil ich alt bin und jeden Tag schwächer werde, auch auf der Jagd nicht mehr fort kann, hat mich mein Herr wollen tot schlagen, da hab ich Reißaus genommen; aber womit soll ich nun mein Brot verdienen?« »Weißt du was,« sprach der Esel, »ich gehe nach Bremen und werde dort Stadtmusikant, geh mit und laß dich auch bei der Musik annehmen. Ich spiele die Laute, und du schlägst die Pauken.« Der Hund wars zufrieden, und sie gingen weiter. Es dauerte nicht lange, so saß da eine Katze an dem Weg und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. »Nun, was ist dir in die Quere gekommen, alter Bartputzer?« sprach der Esel. »Wer kann da lustig sein, wenns einem an den Kragen geht,« antwortete die Katze, »weil ich nun zu Jahren komme, meine[[Besitz]] Zähne stumpf werden, und ich lieber hinter dem Ofen sitze und spinne, als nach Mäusen herum jage, hat mich meine[[Besitz]] Frau ersäufen wollen; ich habe mich zwar noch fortgemacht, aber nun ist guter Rat teuer: wo soll ich hin?« »Geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da kannst du ein Stadtmusikant werden.« Die Katze hielt das für gut und ging mit. Darauf kamen die drei Landesflüchtigen an einem Hof vorbei, da saß auf dem Tor der Haushahn und schrie aus Leibeskräften. »Du schreist einem durch Mark und Bein,« sprach der Esel, »was hast du vor?« »Da hab ich gut Wetter prophezeit,« sprach der Hahn, »weil unserer lieben Frauen Tag ist, wo sie dem Christkindlein die Hemdchen gewaschen hat und sie trocknen will; aber weil Morgen zum Sonntag Gäste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen, und hat der Köchin gesagt sie wollte mich Morgen in der Suppe essen, und da soll ich mir heut Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schrei ich aus vollem Hals, so lang ich noch kann.« »Ei was, du Rotkopf,« sagte der Esel, »zieh lieber mit uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas besseres als den Tod findest du überall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musizieren, so muß es eine Art haben.« Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle viere zusammen fort. Sie[[1]] konnten aber die Stadt Bremen in einem Tag nicht erreichen und kamen Abends in einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen großen Baum, die Katze und der Hahn machten sich in die Äste, der Hahn aber flog bis in die Spitze, wo es am sichersten für ihn war. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach allen vier Winden um, da däuchte ihn er sähe in der Ferne ein Fünkchen brennen und rief seinen Gesellen zu es müßte nicht gar weit ein Haus sein, denn es scheine ein Licht. Sprach der Esel »so müssen wir uns aufmachen und noch hingehen, denn hier ist die Herberge schlecht.« Der Hund meinte ein paar Knochen und etwas Fleisch dran, täten ihm auch gut. Also machten sie sich auf den Weg nach der Gegend, wo das Licht war, und sahen es bald heller schimmern, und es ward immer größer, bis sie vor ein hell erleuchtetes Räuberhaus kamen. Der Esel, als der größte, näherte sich dem Fenster und schaute hinein. »Was siehst du, Grauschimmel?« fragte der Hahn. »Was ich sehe?« antwortete der Esel, »einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken, und Räuber sitzen daran und lassens sich wohl sein.« »Das wäre was für uns« sprach der Hahn. »Ja, ja, ach, wären wir da!« sagte der Esel. Da ratschlagten die Tiere wie sie es anfangen müßten, um die Räuber hinaus zu jagen und fanden endlich ein Mittel. Der Esel mußte sich mit den Vorderfüßen auf das Fenster stellen, der Hund auf des Esels Rücken springen, die Katze auf den Hund klettern, und endlich flog der Hahn hinauf, und setzte sich der Katze auf den Kopf. Wie das geschehen war, fingen sie auf ein Zeichen insgesammt an ihre Musik zu machen: der Esel schrie, der Hund bellte, die Katze miaute und der Hahn krähte; dann stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein daß die Scheiben klirrten. Die Räuber fuhren bei dem entsetzlichen Geschrei in die Höhe, meinten nicht anders als ein Gespenst käme herein und flohen in größter Furcht in den Wald hinaus. Nun setzten sich die vier Gesellen an den Tisch, nahmen mit dem vorlieb, was übrig geblieben war, und aßen als wenn sie vier Wochen hungern sollten. Wie die vier Spielleute fertig waren, löschten sie das Licht aus und suchten sich eine Schlafstätte, jeder nach seiner Natur und Bequemlichkeit. Der Esel legte sich auf den Mist, der Hund hinter die Türe, die Katze auf den Herd bei die warme Asche, und der Hahn setzte sich auf den Hahnenbalken: und weil sie müde waren von ihrem langen Weg, schliefen sie auch bald ein. Als Mitternacht vorbei war, und die Räuber von weitem sahen daß kein Licht mehr im Haus brannte, auch alles ruhig schien, sprach der Hauptmann »wir hätten uns doch nicht sollen ins Bockshorn jagen lassen,« und hieß einen hingehen und das Haus untersuchen. Der Abgeschickte fand alles still, ging in die Küche, ein Licht anzuzünden, und weil er die glühenden, feurigen Augen der Katze für lebendige Kohlen ansah, hielt er ein Schwefelhölzchen daran, daß es Feuer fangen sollte. Aber die Katze verstand keinen Spaß, sprang ihm ins Gesicht, spie und kratzte. Da erschrak er gewaltig, lief und wollte zur Hintertüre hinaus, aber der Hund, der da lag, sprang auf und biss ihn ins Bein: und als er über den Hof an dem Miste vorbei rannte, gab ihm der Esel noch einen tüchtigen Schlag mit dem Hinterfuß; der Hahn aber, der vom Lärmen aus dem Schlaf geweckt und munter geworden war, rief vom Balken herab »kikeriki!« Da lief der Räuber, was er konnte, zu seinem Hauptmann zurück und sprach »ach, in dem Haus sitzt eine gräuliche Hexe, die hat mich angehaucht und mit ihren langen Fingern mir das Gesicht zerkratzt: und vor der Türe steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen: und auf dem Hof liegt ein schwarzes Ungetüm, das hat mit einer Holzkeule auf mich losgeschlagen: und oben auf dem Dache, da sitzt der Richter, der rief bringt mir den Schelm her. Da machte ich daß ich fortkam.« Von nun an getrauten sich die Räuber nicht weiter in das Haus, den vier Bremer Musikanten gefiels aber so wohl darin, daß sie nicht wieder heraus wollten. Und der das zuletzt erzählt hat, dem ist der Mund noch warm. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="28._Der_singende_Knochen" 28. Der singende Knochen. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal in einem Lande große Klage über ein Wildschwein, das den Bauern die Äcker umwühlte, das Vieh tötete und den Menschen mit seinen Hauern den Leib aufriss. Der König versprach einem jeden, der das Land von dieser Plage befreien würde, eine große Belohnung: aber das Tier war so groß und stark, daß sich niemand in die Nähe des Waldes wagte, worin es hauste. Endlich ließ der König bekannt machen wer das Wildschwein einfange oder töte solle seine einzige Tochter zur Gemahlin haben. Nun lebten zwei Brüder in dem Lande, Söhne eines armen Mannes, die meldeten sich und wollten das Wagnis übernehmen. Der älteste, der listig und klug war, tat es aus Hochmut, der jüngste, der unschuldig und dumm war, aus gutem Herzen. Der König sagte »damit ihr desto sicherer das Tier findet, so sollt ihr von entgegengesetzten Seiten in den Wald gehen.« Da ging der älteste von Abend und der jüngste von Morgen hinein. Und als der jüngste ein Weilchen gegangen war, so trat ein kleines Männlein zu ihm: das hielt einen schwarzen Spieß in der Hand und sprach »diesen Spieß gebe ich dir, weil dein Herz unschuldig und gut ist: damit kannst du getrost auf das wilde Schwein eingehen, es wird dir keinen Schaden zufügen.« Er dankte dem Männlein, nahm den Spieß auf die Schulter und ging ohne Furcht weiter. Nicht lange so erblickte er das Tier, das auf ihn los rannte, er hielt ihm aber den Spieß entgegen, und in seiner blinden Wut rannte es so gewaltig hinein, daß ihm das Herz entzwei geschnitten ward. Da nahm er das Ungestüm auf die Schulter, ging heimwärts und wollte es dem Könige bringen. Als er auf der andern Seite des Waldes heraus kam, stand da am Eingang ein Haus, wo die Leute sich mit Tanz und Wein lustig machten. Sein ältester Bruder war da eingetreten und hatte gedacht das Schwein liefe ihm doch nicht fort, erst wollte er sich einen rechten Mut trinken. Als er nun den jüngsten erblickte, der mit seiner Beute beladen aus dem Wald kam, so ließ ihm sein neidisches und boshaftes Herz keine Ruhe. Er rief ihm zu »komm doch herein, lieber Bruder, ruhe dich aus und stärke dich mit einem Becher Wein.« Der jüngste, der nichts arges dahinter vermutete, ging hinein und erzählte ihm von dem guten Männlein, das ihm einen Spieß gegeben, womit er das Schwein getötet hätte. Der älteste hielt ihn bis zum Abend zurück, da gingen sie zusammen fort. Als sie aber in der Dunkelheit zu der Brücke über einen Bach kamen, ließ der älteste den jüngsten vorangehen, und als er mitten über dem Wasser war, gab er ihm von hinten einen Schlag, daß er tot hinabstürzte. Er begrub ihn unter der Brücke, nahm dann das Schwein und brachte es dem König mit dem Vorgeben er hätte es getötet; worauf er die Tochter des Königs zur Gemahlin erhielt. Als der jüngste Bruder nicht wieder kommen wollte, sagte er »das Schwein wird ihm den Leib aufgerissen haben,« und das glaubte jedermann. Weil aber vor Gott nichts verborgen bleibt, sollte auch diese schwarze Tat ans Licht kommen. Nach langen Jahren trieb ein Hirt einmal seine Herde über die Brücke und sah unten im Sande ein schneeweißes Knöchlein liegen und dachte das gäbe ein gutes Mundstück. Da stieg er herab, hob es auf und schnitzte ein Mundstück daraus für sein Horn. Als er zum erstenmal darauf geblasen hatte, so fing das Knöchlein zu großer Verwunderung des Hirten von selbst an zu singen »Ach, du liebes Hirtelein, du bläst auf meinem Knöchelein, mein Bruder hat mich erschlagen, unter der Brücke begraben, um das wilde Schwein, für des Königs Töchterlein.« »Was für ein wunderliches Hörnchen,« sagte der Hirt, »das von selber singt, das muß ich dem Herrn König bringen.« Als er damit vor den König kam, fing das Hörnchen abermals an sein Liedchen zu singen. Der König verstand es wohl, und ließ die Erde unter der Brücke aufgraben, da kam das ganze Gerippe des Erschlagenen zum Vorschein. Der böse Bruder konnte die Tat nicht läugnen, ward in einen Sack genäht und lebendig ersäuft, die Gebeine des Gemordeten aber wurden auf den Kirchhof in ein schönes Grab zur Ruhe gelegt. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="29._Der_Teufel_mit_den_drei_goldenen_Haaren" 29. Der Teufel mit den drei goldenen Haaren. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine arme Frau, die gebar ein Söhnlein, und weil es eine Glückshaut um hatte, als es zur Welt kam, so ward ihm geweissagt es werde im vierzehnten Jahr die Tochter des Königs zur Frau haben. Es trug sich zu, daß der König bald darauf ins Dorf kam, und niemand wußte daß es der König war, und als er die Leute fragte was es Neues gäbe, so antworteten sie »es ist in diesen Tagen ein Kind mit einer Glückshaut geboren: was so einer unternimmt, das schlägt ihm zum Glück aus. Es ist ihm auch voraus gesagt, in seinem vierzehnten Jahre solle er die Tochter des Königs zur Frau haben.« Der König, der ein böses Herz hatte und über die Weissagung sich ärgerte, ging zu den Eltern, tat ganz freundlich und sagte »ihr armen Leute, überlaßt mir euer Kind, ich will es versorgen.« Anfangs weigerten sie sich, da aber der fremde Mann schweres Gold dafür bot, und sie dachten »es ist ein Glückskind, es muß doch zu seinem Besten ausschlagen,« so willigten sie endlich ein und gaben ihm das Kind. Der König legte es in eine Schachtel und ritt damit weiter bis er zu einem tiefen Wasser kam: da warf er die Schachtel hinein und dachte »von dem unerwarteten Freier habe ich meine[[Besitz]] Tochter geholfen.« Die Schachtel aber ging nicht unter, sondern schwamm wie ein Schiffchen, und es drang auch kein Tröpfchen Wasser hinein. So schwamm sie bis zwei Meilen von des Königs Hauptstadt, wo eine Mühle war, an dessen Wehr sie hängen blieb. Ein Mahlbursche, der glücklicherweise da stand und sie bemerkte, zog sie mit einem Haken heran und meinte große Schätze zu finden, als er sie aber aufmachte, lag ein schöner Knabe darin, der ganz frisch und munter war. Er brachte ihn zu den Müllersleuten, und weil diese keine Kinder hatten, freuten sie sich und sprachen »Gott hat es uns beschert.« Sie[[1]] pflegten den Fündling wohl, und er wuchs in allen Tugenden heran. Es trug sich zu, daß der König einmal bei einem Gewitter in die Mühle trat und die Müllersleute fragte ob der große Junge ihr Sohn wäre. »Nein,« antworteten sie, »es ist ein Fündling, er ist vor vierzehn Jahren in einer Schachtel ans Wehr geschwommen, und der Mahlbursche hat ihn aus dem Wasser gezogen.« Da merkte der König daß es niemand anders, als das Glückskind war, das er ins Wasser geworfen hatte, und sprach »ihr guten Leute, könnte der Junge nicht einen Brief an die Frau Königin bringen, ich will ihm zwei Goldstücke zum Lohn geben?« »Wie der Herr König gebietet,« antworteten die Leute, und hießen den Jungen sich bereit halten. Da schrieb der König einen Brief an die Königin, worin stand »sobald der Knabe mit diesem Schreiben angelangt ist, soll er getötet und begraben werden, und das alles soll geschehen sein ehe ich zurückkomme.« Der Knabe machte sich mit diesem Briefe auf den Weg, verirrte sich aber und kam Abends in einen großen Wald. In der Dunkelheit sah er ein kleines Licht, ging darauf zu und gelangte zu einem Häuschen. Als er hinein trat, saß eine alte Frau beim Feuer ganz allein. Sie[[1]] erschrak als sie den Knaben erblickte und sprach »wo kommst du her und wo willst du hin?« »Ich komme von der Mühle,« antwortete er, »und will zur Frau Königin, der ich einen Brief bringen soll: weil ich mich aber in dem Walde verirrt habe, so wollte ich hier gerne übernachten.« »Du armer Junge,« sprach die Frau, »du bist in ein Räuberhaus geraten, und wenn sie heim kommen, so bringen sie dich um.« »Mag kommen wer will,« sagte der Junge, »ich fürchte mich nicht: ich bin aber so müde, daß ich nicht weiter kann,« streckte sich auf eine Bank, und schlief ein. Bald hernach kamen die Räuber und fragten zornig was da für ein fremder Knabe läge. »Ach,« sagte die Alte, »es ist ein unschuldiges Kind, es hat sich im Walde verirrt, und ich habe ihn aus Barmherzigkeit aufgenommen: er soll einen Brief an die Frau Königin bringen.« Die Räuber erbrachen den Brief und lasen ihn, und es stand darin daß der Knabe sogleich, wie er ankäme, sollte ums Leben gebracht werden. Da empfanden die hartherzigen Räuber Mitleid, und der Anführer zerriss den Brief und schrieb einen andern, und es stand darin so wie der Knabe ankäme, sollte er sogleich mit der Königstochter vermählt werden. Sie[[1]] ließen ihn dann ruhig bis zum andern Morgen auf der Bank liegen, und als er aufgewacht war, gaben sie ihm den Brief und zeigten ihm den rechten Weg. Die Königin aber, als sie den Brief empfangen und gelesen hatte, tat wie darin stand, hieß ein prächtiges Hochzeitsfest anstellen, und die Königstochter ward mit dem Glückskind vermählt; und da der Jüngling schön und freundlich war, so lebte sie vergnügt und zufrieden mit ihm. Nach einiger Zeit kam der König wieder in sein Schloß und sah daß die Weissagung erfüllt und das Glückskind mit seiner Tochter vermählt war. »Wie ist das zugegangen?« sprach er, »ich habe in meinem Brief einen ganz andern Befehl erteilt.« Da reichte ihm die Königin den Brief und sagte er möchte selbst sehen was darin stände. Der König las den Brief und merkte wohl daß er mit einem andern war vertauscht worden. Er fragte den Jüngling wie es mit dem anvertrauten Briefe zugegangen wäre, warum er einen andern dafür gebracht hätte. »Ich weis von nichts,« antwortete er, »er muß mir in der Nacht vertauscht sein, als ich im Walde geschlafen habe.« Voll Zorn sprach der König »so leicht soll es dir nicht werden, wer meine[[Besitz]] Tochter haben will, der muß mir aus der Hölle drei goldene Haare von dem Haupte des Teufels holen; bringst du mir was ich verlange, so sollst du meine[[Besitz]] Tochter behalten.« Damit hoffte der König ihn auf immer los zu werden. Das Glückskind aber antwortete »die goldenen Haare will ich wohl holen, ich fürchte mich vor dem Teufel nicht.« Darauf nahm er Abschied und begann seine Wanderschaft. Der Weg führte ihn zu einer großen Stadt, wo ihn der Wächter an dem Tore ausfragte was für ein Gewerbe er verstände und was er wüßte. »Ich weis alles« antwortete das Glückskind. »So kannst du uns einen Gefallen tun,« sagte der Wächter, »wenn du uns sagst warum unser Marktbrunnen, aus dem sonst Wein quoll, trocken geworden ist, und nicht einmal mehr Wasser gibt.« »Das sollt ihr erfahren,« antwortete er, »wartet nur bis ich wiederkomme.« Da ging er weiter und kam vor eine andere Stadt, da fragte der Torwächter wiederum was für ein Gewerb er verstünde und was er wüßte. »Ich weis alles« antwortete er. »So kannst du uns einen Gefallen tun, und uns sagen warum ein Baum in unserer Stadt, der sonst goldene Äpfel trug, jetzt nicht einmal Blätter hervor treibt.« »Das sollt ihr erfahren,« antwortete er, »wartet nur bis ich wiederkomme.« Da ging er weiter, und kam an ein großes Wasser, über das er hinüber mußte. Der Fährmann fragte ihn was er für ein Gewerb verstände und was er wüßte. »Ich weis alles« antwortete er. »So kannst du mir einen Gefallen tun,« sprach der Fährmann, »und mir sagen warum ich immer hin und her fahren muß und niemals abgelöst werde.« »Das sollst du erfahren,« antwortete er, »warte nur bis ich wiederkomme?« Als er über das Wasser hinüber war, so fand er den Eingang zur Hölle. Es war schwarz und rußig darin, und der Teufel war nicht zu Haus, aber seine Ellermutter saß da in einem breiten Sorgenstuhl. »Was willst du?« sprach sie zu ihm, sah aber gar nicht so böse aus. »Ich wollte gerne drei goldene Haare von des Teufels Kopf,« antwortete er, »sonst kann ich meine[[Besitz]] Frau nicht behalten.« »Das ist viel verlangt,« sagte sie, »wenn der Teufel heim kommt und findet dich, so geht dirs an den Kragen; aber du dauerst mich, ich will sehen ob ich dir helfen kann.« Sie[[1]] verwandelte ihn in eine Ameise und sprach »kriech in meine[[Besitz]] Rockfalten, da bist du sicher.« »Ja« antwortete er, »das ist schon gut, aber drei Dinge möcht ich gerne noch wissen, warum ein Brunnen, aus dem sonst Wein quoll, trocken geworden ist, jetzt nicht einmal mehr Wasser gibt: warum ein Baum, der sonst goldene Äpfel trug, nicht einmal mehr Laub treibt, und warum ein Fährmann immer herüber und hinüber fahren muß und nicht abgelöst wird.« »Das sind schwere Fragen,« antwortete sie, »aber halte dich nur still und ruhig, und hab acht was der Teufel spricht, wann ich ihm die drei goldenen Haare ausziehe.« Als der Abend einbrach, kam der Teufel nach Haus. Kaum war er eingetreten, so merkte er daß die Luft nicht rein war. »Ich rieche rieche Menschenfleisch,« sagte er, »es ist hier nicht richtig.« Dann guckte er in alle Ecken, und suchte, konnte aber nichts finden. Die Ellermutter schalt ihn aus, »eben ist erst gekehrt« sprach sie, »und alles in Ordnung gebracht, nun wirfst du mirs wieder untereinander; immer hast du Menschenfleisch in der Nase! Setze dich nieder und iss dein Abendbrot.« Als er gegessen und getrunken hatte, war er müde, legte der Ellermutter seinen Kopf in den Schoß und sagte sie sollte ihn ein wenig lausen. Es dauerte nicht lange, so schlummerte er ein, blies und schnarchte. Da faßte die Alte ein goldenes Haar, riss es aus und legte es neben sich. »Autsch!« schrie der Teufel, »was hast du vor?« »Ich habe einen schweren Traum gehabt,« antwortete die Ellermutter, »da hab ich dir in die Haare gefaßt.« »Was hat dir denn geträumt?« fragte der Teufel. »Mir hat geträumt ein Marktbrunnen, aus dem sonst Wein quoll, sei versiegt, und es habe nicht einmal Wasser daraus quellen wollen, was ist wohl Schuld daran?« »He, wenn sies wüßten!« antwortete der Teufel, »es sitzt eine Kröte unter einem Stein im Brunnen, wenn sie die töten, so wird der Wein schon wieder fließen.« Die Ellermutter lauste ihn wieder, bis er einschlief und schnarchte daß die Fenster zitterten. Da riss sie ihm das zweite Haar aus. »Hu! was machst du?« schrie der Teufel zornig. »Nimms nicht übel,« antwortete sie, »ich habe es im Traum getan.« »Was hat dir wieder geträumt?« fragte er. »Mir hat geträumt in einem Königreiche ständ ein Obstbaum, der hätte sonst goldene Äpfel getragen und wollte jetzt nicht einmal Laub treiben. Was war wohl die Ursache davon?« »He, wenn sies wüßten!« antwortete der Teufel, »an der Wurzel nagt eine Maus, wenn sie die töten, so wird er schon wieder goldene Äpfel tragen, nagt sie aber noch länger, so verdorrt der Baum gänzlich. Aber laß mich mit deinen Träumen in Ruhe, wenn du mich noch einmal im Schlafe störst, so kriegst du eine Ohrfeige.« Die Ellermutter sprach ihn zu gut, und lauste ihn wieder bis er eingeschlafen war und schnarchte. Da faßte sie das dritte goldene Haar und riss es ihm aus. Der Teufel fuhr in die Höhe, schrie und wollte übel mit ihr wirtschaften, aber sie besänftigte ihn nochmals und sprach, »wer kann für böse Träume!« »Was hat dir denn geträumt?« fragte er, und war doch neugierig. »Mir hat von einem Fährmann geträumt, der sich beklagte daß er immer hin und her fahren müßte, und nicht abgelöst würde. Was ist wohl Schuld?« »He, der Dummbart!« antwortete der Teufel, »wenn einer kommt und will überfahren, so muß er ihm die Stange in die Hand geben, dann muß der andere überfahren und er ist frei.« Da die Ellermutter ihm die drei goldenen Haare ausgerissen hatte und die drei Fragen beantwortet waren, so ließ sie den alten Drachen in Ruhe, und er schlief bis der Tag anbrach. Als der Teufel wieder fortgezogen war, holte die Alte die Ameise aus der Rockfalte, und gab dem Glückskind die menschliche Gestalt zurück. »Da hast du die drei goldenen Haare,« sprach sie, »was der Teufel zu deinen drei Fragen gesagt hat, wirst du wohl gehört haben.« »Ja,« antwortete er, »ich habe es gehört und wills wohl behalten.« »So ist dir geholfen,« sagte sie, »und nun kannst du deiner Wege ziehen.« Er bedankte sich bei der Alten für die Hilfe in der Not, verließ die Hölle, und war vergnügt daß ihm alles so wohl geglückt war. Als er zu dem Fährmann kam, sollte er ihm die versprochene Antwort geben. »Fahr mich erst hinüber,« sprach das Glückskind, »so will ich dir sagen wie du erlöst wirst,« und als er auf dem jenseitigen Ufer angelangt war, gab er ihm des Teufels Rat, »wenn wieder einer kommt, und will übergefahren sein, so gib ihm nur die Stange in die Hand.« Er ging weiter und kam zu der Stadt, worin der unfruchtbare Baum stand, und wo der Wächter auch Antwort haben wollte. Da sagte er ihm, wie er vom Teufel gehört hatte, »tötet die Maus, die an seiner Wurzel nagt, so wird er wieder goldene Äpfel tragen.« Da dankte ihm der Wächter und gab ihm zur Belohnung zwei mit Gold beladene Esel, die mußten ihm nachfolgen. Zuletzt kam er zu der Stadt, deren Brunnen versiegt war. Da sprach er zu dem Wächter, wie der Teufel gesprochen hatte, »es sitzt eine Kröte im Brunnen unter einem Stein, die müßt ihr aufsuchen und töten, so wird er wieder reichlich Wein geben.« Der Wächter dankte, und gab ihm ebenfalls zwei mit Gold beladene Esel. Endlich langte das Glückskind daheim bei seiner Frau an, die sich herzlich freute als sie ihn wiedersah und hörte wie wohl ihm alles gelungen war. Dem König brachte er was er verlangt hatte, die drei goldenen Haare des Teufels, und als dieser die vier Esel mit dem Golde sah, ward er ganz vergnügt und sprach »nun sind alle Bedingungen erfüllt und du kannst meine[[Besitz]] Tochter behalten. Aber, lieber Schwiegersohn, sage mir doch woher ist das viele Gold? das sind ja gewaltige Schätze!« »Ich bin über einen Fluß gefahren,« antwortete er, »und da habe ich es mitgenommen, es liegt dort statt des Sandes am Ufer.« »Kann ich mir auch davon holen?« sprach der König und war ganz begierig. »So viel ihr nur wollt,« antwortete er, »es ist ein Fährmann auf dem Fluß, von dem laßt euch überfahren, so könnt ihr drüben eure Säcke füllen.« Der habsüchtige König machte sich in aller Eile auf den Weg, und als er zu dem Fluß kam, so winkte er dem Fährmann, der sollte ihn übersetzen. Der Fährmann kam und hieß ihn einsteigen, und als sie an das jenseitige Ufer kamen, gab er ihm die Ruderstange in die Hand, und sprang davon. Der König aber mußte von nun an fahren zur Strafe für seine Sünden. »Fährt er wohl noch?« »Was denn? es wird ihm niemand die Stange abgenommen haben.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="30._Läuschen_und_Flöhchen" 30. Läuschen und Flöhchen. &&ax &&lg=x &&fe Ein Läuschen und ein Flöhchen die lebten zusammen in einem Haushalte und brauten das Bier in einer Eierschale. Da fiel das Läuschen hinein und verbrannte sich. Darüber fing das Flöhchen an laut zu schreien. Da sprach die kleine Stubentüre »was schreist du, Flöhchen?« »Weil Läuschen sich verbrannt hat.« Da fing das Türchen an zu knarren. Da sprach ein Besenchen in der Ecke »was knarrst du, Türchen?« »Soll ich nicht knarren? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint.« Da fing das Besenchen an entsetzlich zu kehren. Da kam ein Wägelchen vorbei und sprach »was kehrst du, Besenchen?« »Soll ich nicht kehren? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint, Türchen knarrt.« Da sprach das Wägelchen »so will ich rennen,« und fing an entsetzlich zu rennen. Da sprach das Mistchen, an dem es vorbei rannte, »was rennst du, Wägelchen?« »Soll ich nicht rennen? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint, Türchen knarrt, Besenchen kehrt.« Da sprach das Mistchen »so will ich entsetzlich brennen,« und fing an in hellem Feuer zu brennen. Da stand ein Bäumchen neben dem Mistchen, das sprach »Mistchen, warum brennst du?« »Soll ich nicht brennen? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint, Türchen knarrt, Besenchen kehrt, Wägelchen rennt.« Da sprach das Bäumchen »so will ich mich schütteln,« und fing an sich zu schütteln, daß all seine Blätter abfielen. Das sah ein Mädchen, das mit seinem Wasserkrügelchen heran kam und sprach »Bäumchen, was schüttelst du dich?« »Soll ich mich nicht schütteln? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint, Türchen knarrt, Besenchen kehrt, Wägelchen rennt, Mistchen brennt.« Da sprach das Mädchen »so will ich mein Wasserkrügelchen zerbrechen,« und zerbrach das Wasserkrügelchen. Da sprach das Brünnlein, aus dem das Wasser quoll, »Mädchen, was zerbrichst du dein Wasserkrügelchen?« »Soll ich mein Wasserkrügelchen nicht zerbrechen? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint, Türchen knarrt, Besenchen kehrt, Wägelchen rennt, Mistchen brennt, Bäumchen schüttelt sich.« »Ei,« sagte das Brünnchen, »so will ich anfangen zu fließen,« und fing an entsetzlich zu fließen. Und in dem Wasser ist alles ertrunken, das Mädchen, das Bäumchen, das Mistchen, das Wägelchen, das Besenchen, das Türchen, das Flöhchen, das Läuschen, alles miteinander. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="31._Das_Mädchen_ohne_Hände" 31. Das Mädchen ohne Hände. &&ax &&lg=x &&fe Ein Müller war nach und nach in Armut geraten und hatte nichts mehr als seine Mühle und einen großen Apfelbaum dahinter. Einmal war er in den Wald gegangen Holz zu holen, da trat ein alter Mann zu ihm, den er noch niemals gesehen hatte, und sprach »was quälst du dich mit Holzhacken, ich will dich reich machen, wenn du mir versprichst was hinter deiner Mühle steht.« »Was kann das anders sein als mein Apfelbaum?« dachte der Müller, sagte »ja,« und verschrieb es dem fremden Manne. Der aber lachte höhnisch und sagte »nach drei Jahren will ich kommen und abholen was mir gehört,« und ging fort. Als der Müller nach Haus kam, trat ihm seine Frau entgegen und sprach »sage mir, Müller, woher kommt der plötzliche Reichtum in unser Haus? auf einmal sind alle Kisten und Kasten voll, kein Mensch hats hereingebracht, und ich weis nicht wie es zugegangen ist.« Er antwortete, »das kommt von einem fremden Manne, der mir im Walde begegnet ist und mir große Schätze verheißen hat; ich habe ihm dagegen verschrieben was hinter der Mühle steht: den großen Apfelbaum können wir wohl dafür geben.« »Ach, Mann,« sagte die Frau erschrocken, »das ist der Teufel gewesen: den Apfelbaum hat er nicht gemeint, sondern unsere Tochter, die stand hinter der Mühle und kehrte den Hof.« Die Müllerstochter war ein schönes und frommes Mädchen, und lebte die drei Jahre in Gottesfurcht und ohne Sünde. Als nun die Zeit herum war, und der Tag kam, wo sie der Böse holen wollte, da wusch sie sich rein und machte mit Kreide einen Kranz um sich. Der Teufel erschien ganz frühe, aber er konnte ihr nicht nahe kommen. Zornig sprach er zum Müller »tu ihr alles Wasser weg, damit sie sich nicht mehr waschen kann, denn sonst habe ich keine Gewalt über sie.« Der Müller fürchtete sich und tat es. Am andern Morgen kam der Teufel wieder, aber sie hatte auf ihre Hände geweint, und sie waren ganz rein. Da konnte er ihr wiederum nicht nahen und sprach wütend zu dem Müller »hau ihr die Hände ab, sonst kann ich ihr nichts anhaben.« Der Müller entsetzte sich und antwortete »wie könnt ich meinem eigenen Kinde die Hände abhauen!« Da drohte ihm der Böse und sprach »wo du es nicht tust, so bist du mein, und ich hole dich selber.« Dem Vater ward angst, und er versprach ihm zu gehorchen. Da ging er zu dem Mädchen und sagte »mein Kind, wenn ich dir nicht beide Hände abhaue, so führt mich der Teufel fort, und in der Angst hab ich es ihm versprochen. Hilf mir doch in meiner Not und verzeihe mir was ich böses an dir tue.« Sie[[1]] antwortete, »lieber Vater, macht mit mir was ihr wollt, ich bin euer Kind.« Darauf legte sie beide Hände hin und ließ sie sich abhauen. Der Teufel kam zum drittenmal, aber sie hatte so lange und so viel auf die Stümpfe geweint, daß sie doch ganz rein waren. Da mußte er weichen und hatte alles Recht auf sie verloren. Der Müller sprach zu ihr »ich habe so großes Gut durch dich gewonnen, ich will dich zeitlebens aufs köstlichste halten.« Sie[[1]] antwortete aber »hier kann ich nicht bleiben: ich will fortgehen: mitleidige Menschen werden mir schon so viel geben als ich brauche.« Darauf ließ sie sich die verstümmelten Arme auf den Rücken binden, und mit Sonnenaufgang machte sie sich auf den Weg und ging den ganzen Tag bis es Nacht ward. Da kam sie zu einem königlichen Garten, und beim Mondschimmer sah sie daß Bäume voll schöner Früchte darin standen; aber sie konnte nicht hinein, denn es war ein Wasser darum. Und weil sie den ganzen Tag gegangen war und keinen Bissen genossen hatte, und der Hunger sie quälte, so dachte sie »ach, wäre ich darin, damit ich etwas von den Früchten äße, sonst muß ich verschmachten.« Da kniete sie nieder, rief Gott den Herrn an und betete. Auf einmal kam ein Engel daher, der machte eine Schleuse in dem Wasser zu, so daß der Graben trocken ward und sie hindurch gehen konnte. Nun ging sie in den Garten, und der Engel ging mit ihr. Sie[[1]] sah einen Baum mit Obst, das waren schöne Birnen, aber sie waren alle gezählt. Da trat sie hinzu und aß eine mit dem Munde vom Baume ab, ihren Hunger zu stillen, aber nicht mehr. Der Gärtner sah es mit an, weil aber der Engel dabei stand, fürchtete er sich und meinte das Mädchen wäre ein Geist, schwieg still und getraute nicht zu rufen oder den Geist anzureden. Als sie die Birne gegessen hatte, war sie gesättigt, und ging und versteckte sich in das Gebüsch. Der König, dem der Garten gehörte, kam am andern Morgen herab, da zählte er und sah daß eine der Birnen fehlte, und fragte den Gärtner wo sie hingekommen wäre: sie läge nicht unter dem Baume und wäre doch weg. Da antwortete der Gärtner »vorige Nacht kam ein Geist herein, der hatte keine Hände und aß eine mit dem Munde ab.« Der König sprach »wie ist der Geist über das Wasser herein gekommen? und wo ist er hingegangen, nachdem er die Birne gegessen hatte?« Der Gärtner antwortete »es kam jemand in schneeweißem Kleide vom Himmel, der hat die Schleuse zugemacht und das Wasser gehemmt, damit der Geist durch den Graben gehen konnte. Und weil es ein Engel muß gewesen sein, so habe ich mich gefürchtet, nicht gefragt und nicht gerufen. Als der Geist die Birne gegessen hatte, ist er wieder zurückgegangen.« Der König sprach »verhält es sich wie du sagst, so will ich diese Nacht bei dir wachen.« Als es dunkel ward, kam der König in den Garten, und brachte einen Priester mit, der sollte den Geist anreden. Alle drei setzten sich unter den Baum und gaben acht. Um Mitternacht kam das Mädchen aus dem Gebüsch gekrochen, trat zu dem Baum, und aß wieder mit dem Munde eine Birne ab; neben ihr aber stand der Engel im weißen Kleide. Da ging der Priester hervor und sprach »bist du von Gott gekommen oder von der Welt? bist du ein Geist oder ein Mensch?« Sie[[1]] antwortete »ich bin kein Geist, sondern ein armer Mensch, von allen verlassen, nur von Gott nicht.« Der König sprach »wenn du von aller Welt verlassen bist, so will ich dich nicht verlassen.« Er nahm sie mit sich in sein königliches Schloß, und weil sie so schön und fromm war, liebte er sie von Herzen, ließ ihr silberne Hände machen und nahm sie zu seiner Gemahlin. Nach einem Jahre mußte der König über Feld ziehen, da befahl er die junge Königin seiner Mutter, und sprach »wenn sie ins Kindbett kommt, so haltet und verpflegt sie wohl und schreibt mirs gleich in einem Briefe.« Nun gebar sie einen schönen Sohn. Da schrieb es die alte Mutter eilig und meldete ihm die frohe Nachricht. Der Bote aber ruhte unterwegs an einem Bache, und da er von dem langen Wege ermüdet war, schlief er ein. Da kam der Teufel, welcher der frommen Königin immer zu schaden trachtete, und vertauschte den Brief mit einem andern, darin stand daß die Königin einen Wechselbalg zur Welt gebracht hätte. Als der König den Brief las, erschrak er und betrübte sich sehr, doch schrieb er zur Antwort, sie sollten die Königin wohl halten und pflegen bis zu seiner Ankunft. Der Bote ging mit dem Brief zurück, ruhte an der nämlichen Stelle und schlief wieder ein. Da kam der Teufel abermals und legte ihm einen andern Brief in die Tasche, darin stand sie sollten die Königin mit ihrem Kinde töten. Die alte Mutter erschrak heftig als sie den Brief erhielt, konnte es nicht glauben und schrieb dem Könige noch einmal, aber sie bekam keine andere Antwort, weil der Teufel dem Boten jedesmal einen falschen Brief unterschob: und in dem letzten Briefe stand noch sie sollten zum Wahrzeichen Zunge und Augen der Königin aufheben. Aber die alte Mutter weinte daß so unschuldiges Blut sollte vergossen werden, ließ in der Nacht eine Hirschkuh holen, schnitt ihr Zunge und Augen aus und hob sie auf. Dann sprach sie zu der Königin »ich kann dich nicht töten lassen, wie der König befiehlt, aber länger darfst du nicht hier bleiben: geh mit deinem Kinde in die weite Welt hinein und komm nie wieder zurück.« Sie[[1]] band ihr das Kind auf den Rücken, und die arme Frau ging mit weiniglichen Augen fort. Sie[[1]] kam in einen großen wilden Wald, da setzte sie sich auf ihre Knie und betete zu Gott, und der Engel des Herrn erschien ihr und führte sie zu einem kleinen Haus, daran war ein Schildchen mit den Worten »hier wohnt ein jeder frei.« Aus dem Häuschen kam eine schneeweiße Jungfrau, die sprach »willkommen, Frau Königin,« und führte sie hinein. Da band sie ihr den kleinen Knaben von dem Rücken und hielt ihn an ihre Brust, damit er trank, und legte ihn dann auf ein schönes gemachtes Bettchen. Da sprach die arme Frau »woher weißt du daß ich eine Königin war?« Die weiße Jungfrau antwortete »ich bin ein Engel, von Gott gesandt, dich und dein Kind zu verpflegen.« Da blieb sie in dem Hause sieben Jahre, und war wohl verpflegt, und durch Gottes Gnade wegen ihrer Frömmigkeit wuchsen ihr die abgehauenen Hände wieder. Der König kam endlich aus dem Felde wieder nach Haus, und sein erstes war daß er seine Frau mit dem Kinde sehen wollte. Da fing die alte Mutter an zu weinen und sprach »du böser Mann, was hast du mir geschrieben daß ich zwei unschuldige Seelen ums Leben bringen sollte!« und zeigte ihm die beiden Briefe, die der Böse verfälscht hatte, und sprach weiter »ich habe getan wie du befohlen hast,« und wies ihm die Wahrzeichen, Zunge und Augen. Da fing der König an noch viel bitterlicher zu weinen über seine arme Frau und sein Söhnlein, daß es die alte Mutter erbarmte, und sie zu ihm sprach »gib dich zufrieden, sie lebt noch. Ich habe eine Hirschkuh heimlich schlachten lassen und von dieser die Wahrzeichen genommen, deiner Frau aber habe ich ihr Kind auf den Rücken gebunden, und sie geheißen in die weite Welt zu gehen, und sie hat versprechen müssen nie wieder hierher zu kommen, weil du so zornig über sie wärst.« Da sprach der König, »ich will gehen so weit der Himmel blau ist, und nicht essen und nicht trinken bis ich meine[[Besitz]] liebe Frau und mein Kind wieder gefunden habe, wenn sie nicht in der Zeit umgekommen oder Hungers gestorben sind.« Darauf zog der König umher, an die sieben Jahre lang, und suchte sie in allen Steinklippen und Felsenhöhlen, aber er fand sie nicht und dachte sie wäre verschmachtet. Er aß nicht und trank nicht während dieser ganzen Zeit, aber Gott erhielt ihn. Endlich kam er in einen großen Wald und fand darin das kleine Häuschen, daran das Schildchen war mit den Worten »hier wohnt jeder frei.« Da kam die weiße Jungfrau heraus, nahm ihn bei der Hand, führte ihn hinein, und sprach »seid willkommen, Herr König,« und fragte ihn wo er her käme. Er antwortete »ich bin bald sieben Jahre umher gezogen, und suche meine[[Besitz]] Frau mit ihrem Kinde, ich kann sie aber nicht finden.« Der Engel bot ihm Essen und Trinken an, er nahm es aber nicht, und wollte nur ein wenig ruhen. Da legte er sich schlafen, und deckte ein Tuch über sein Gesicht. Darauf ging der Engel in die Kammer, wo die Königin mit ihrem Sohne saß, den sie gewöhnlich Schmerzenreich nannte, und sprach zu ihr »geh heraus mit sammt deinem Kinde, dein Gemahl ist gekommen.« Da ging sie hin wo er lag, und das Tuch fiel ihm vom Angesicht. Da sprach sie »Schmerzenreich, heb deinem Vater das Tuch auf und decke ihm sein Gesicht wieder zu.« Das Kind hob es auf und deckte es wieder über sein Gesicht. Das hörte der König im Schlummer und ließ das Tuch noch einmal gerne fallen. Da ward das Knäbchen ungeduldig und sagte »liebe Mutter, wie kann ich meinem Vater das Gesicht zudecken, ich habe ja keinen Vater auf der Welt? Ich habe das Beten gelernt, unser Vater, der du bist im Himmel; da hast du gesagt mein Vater wär im Himmel und wäre der liebe Gott: wie soll ich einen so wilden Mann kennen? der ist mein Vater nicht.« Wie der König das hörte, richtete er sich auf und fragte wer sie wäre. Da sagte sie »ich bin deine Frau, und das ist dein Sohn Schmerzenreich.« Und er sah ihre lebendigen Hände und sprach » meine[[Besitz]] Frau hatte silberne Hände.« Sie[[1]] antwortete »die natürlichen Hände hat mir der gnädige Gott wieder wachsen lassen;« und der Engel ging in die Kammer, holte die silbernen Hände und zeigte sie ihm. Da sah er erst gewiss daß es seine liebe Frau und sein liebes Kind war, und küßte sie und war froh, und sagte »ein schwerer Stein ist von meinem Herzen gefallen.« Da speiste sie der Engel Gottes noch einmal zusammen, und dann gingen sie nach Haus zu seiner alten Mutter. Da war große Freude überall, und der König und die Königin hielten noch einmal Hochzeit, und sie lebten vergnügt bis an ihr seliges Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="32._Der_gescheite_Hans" 32. Der gescheite Hans. &&ax &&lg=x &&fe Hansens Mutter fragt »wohin, Hans?« Hans antwortet »zur Gretel.« »Machs gut, Hans.« »Schon gut machen. Adies [{{Adies}}, Adieu], Mutter.« »Adies, Hans.« Hans kommt zur Gretel. »Guten Tag, Gretel.« »Guten Tag, Hans. Was bringst du Gutes?« »Bring nichts, gegeben han [{{han}}, hab].« Gretel schenkt dem Hans eine Nadel. Hans spricht »Adies, Gretel.« »Adies, Hans.« Hans nimmt die Nadel, steckt sie in einen Heuwagen und geht hinter dem Wagen her nach Haus. »Guten Abend, Mutter.« »Guten Abend, Hans. Wo bist du gewesen?« »Bei der Gretel gewesen.« »Was hast du ihr gebracht?« »Nichts gebracht, gegeben hat.« »Was hat dir Gretel gegeben?« »Nadel gegeben.« »Wo hast du die Nadel, Hans?« »In Heuwagen gesteckt.« »Das hast du dumm gemacht, Hans, mußtest die Nadel an den Ärmel stecken.« »Tut nichts, besser machen.« »Wohin, Hans?« »Zur Gretel, Mutter.« »Machs gut, Hans.« »Schon gut machen. Adies, Mutter.« »Adies, Hans.« Hans kommt zur Gretel. »Guten Tag, Gretel.« »Guten Tag, Hans. Was bringst du Gutes?« »Bring nichts, gegeben han.« Gretel schenkte dem Hans ein Messer. »Adies, Gretel.« »Adies, Hans.« Hans nimmt das Messer, steckts an den Ärmel und geht nach Haus. »Guten Abend, Mutter.« »Guten Abend, Hans. Wo bist du gewesen?« »Bei der Gretel gewesen.« »Was hast du ihr gebracht?« »Nichts gebracht, gegeben hat.« »Was hat dir Gretel gegeben?« »Messer gegeben.« »Wo hast das Messer, Hans?« »An den Ärmel gesteckt.« »Das hast du dumm gemacht, Hans, mußtest das Messer in die Tasche stecken.« »Tut nichts, besser machen.« »Wohin, Hans?« »Zur Gretel, Mutter.« »Machs gut, Hans.« »Schon gut machen. Adies, Mutter.« »Adies, Hans.« Hans kommt zur Gretel. »Guten Tag, Gretel.« »Guten Tag, Hans. Was bringst du Gutes?« »Bring nichts, gegeben han.« Gretel schenkt dem Hans eine junge Ziege. »Adies, Gretel.« »Adies, Hans.« Hans nimmt die Ziege, bindet ihr die Beine und steckt sie in die Tasche. Wie er nach Haus kommt, ist sie erstickt. »Guten Abend, Mutter.« »Guten Abend, Hans. Wo bist du gewesen?« »Bei der Gretel gewesen.« »Was hast du ihr gebracht?« »Nichts gebracht, gegeben hat.« »Was hat dir Gretel gegeben?« »Ziege gegeben.« »Wo hast du Ziege, Hans?« »In die Tasche gesteckt.« »Das hast du dumm gemacht, Hans, mußtest die Ziege an ein Seil binden.« »Tut nichts, besser machen.« »Wohin, Hans?« »Zur Gretel, Mutter.« »Machs gut, Hans.« »Schon gut machen. Adies, Mutter.« »Adies, Hans.« Hans kommt zur Gretel. »Guten Tag, Gretel.« »Guten Tag, Hans. Was bringst du Gutes?« »Bring nichts, gegeben han.« Gretel schenkt dem Hans ein Stück Speck. »Adies, Gretel.« »Adies, Hans.« Hans nimmt den Speck, bindet ihn an ein Seil und schleifts hinter sich her. Die Hunde kommen und fressen den Speck ab. Wie er nach Haus kommt, hat er das Seil an der Hand, und ist nichts mehr daran. »Guten Abend, Mutter.« »Guten Abend, Hans. Wo bist du gewesen?« »Bei der Gretel gewesen.« »Was hast du ihr gebracht?« »Nichts gebracht, gegeben hat.« »Was hat dir Gretel gegeben?« »Stück Speck gegeben.« »Wo hast du den Speck, Hans?« »Ans Seil gebunden, heim geführt, Hunde weggeholt.« »Das hast du dumm gemacht, Hans, mußtest den Speck auf dem Kopf tragen.« »Tut nichts, besser machen.« »Wohin, Hans?« »Zur Gretel, Mutter.« »Machs gut, Hans.« »Schon gut machen. Adies, Mutter.« »Adies, Hans.« Hans kommt zur Gretel. »Guten Tag, Gretel.« »Guten Tag, Hans. Was bringst du Gutes?« »Bring nichts, gegeben han.« Gretel schenkt dem Hans ein Kalb. »Adies, Gretel.« »Adies, Hans.« Hans nimmt das Kalb, setzt es auf den Kopf, und das Kalb zertritt ihm das Gesicht. »Guten Abend, Mutter.« »Guten Abend, Hans.« »Wo bist du gewesen?« »Bei der Gretel gewesen.« »Was hast du ihr gebracht?« »Nichts gebracht, gegeben hat.« »Was hat dir Gretel gegeben?« »Kalb gegeben.« »Wo hast du das Kalb, Hans?« »Auf den Kopf gesetzt, Gesicht zertreten.« »Das hast du dumm gemacht, Hans, mußtest das Kalb leiten, und an die Raufe stellen.« »Tut nichts, besser machen.« »Wohin, Hans?« »Zur Gretel, Mutter.« »Machs gut, Hans.« »Schon gut machen. Adies, Mutter.« »Adies, Hans.« Hans kommt zur Gretel. »Guten Tag, Gretel.« »Guten Tag, Hans. Was bringst du Gutes?« »Bring nichts, gegeben han.« Gretel sagt zum Hans »ich will mit dir gehn.« Hans nimmt die Gretel, bindet sie an ein Seil, leitet sie, führt sie vor die Raufe und knüpft sie fest. Darauf geht Hans zu seiner Mutter. »Guten Abend, Mutter.« »Guten Abend, Hans. Wo bist du gewesen?« »Bei der Gretel gewesen.« »Was hast du ihr gebracht?« »Nichts gebracht.« »Was hat dir Gretel gegeben?« »Nichts gegeben, mitgegangen.« »Wo hast du die Gretel gelassen?« »Am Seil geleitet, vor die Raufe gebunden, Gras vorgeworfen.« »Das hast du dumm gemacht, Hans, mußtest ihr freundliche Augen zuwerfen.« »Tut nichts, besser machen.« Hans geht in den Stall, sticht allen Kälbern und Schafen die Augen aus und wirft sie der Gretel ins Gesicht. Da wird Gretel böse, reißt sich los und lauft fort, und ist Hansens Braut gewesen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="33._Die_drei_Sprachen" 33. Die drei Sprachen. &&ax &&lg=x &&fe In der Schweiz lebte einmal ein alter Graf, der hatte nur einen einzigen Sohn, aber er war dumm und konnte nichts lernen. Da sprach der Vater »höre, mein Sohn, ich bringe nichts in deinen Kopf, ich mag es anfangen wie ich will. Du mußt fort von hier, ich will dich einem berühmten Meister übergeben, der soll es mit dir versuchen.« Der Junge ward in eine fremde Stadt geschickt, und blieb bei dem Meister ein ganzes Jahr. Nach Verlauf dieser Zeit kam er wieder heim, und der Vater fragte »nun, mein Sohn, was hast du gelernt?« »Vater, ich habe gelernt was die Hunde bellen« antwortete er. »Daß Gott erbarm,« rief der Vater aus, »ist das alles, was du gelernt hast? ich will dich in eine andere Stadt zu einem andern Meister tun.« Der Junge ward hingebracht, und blieb bei diesem Meister auch ein Jahr. Als er zurückkam, fragte der Vater wiederum »mein Sohn, was hast du gelernt?« Er antwortete »Vater, ich habe gelernt was die Vögli sprechen.« Da geriet der Vater in Zorn und sprach »o du verlorner Mensch, hast die kostbare Zeit hingebracht und nichts gelernt, und schämst dich nicht mir unter die Augen zu treten? Ich will dich zu einem dritten Meister schicken, aber lernst du auch diesmal nichts, so will ich dein Vater nicht mehr sein.« Der Sohn blieb bei dem dritten Meister ebenfalls ein ganzes Jahr, und als er wieder nach Haus kam und der Vater fragte »mein Sohn, was hast du gelernt?« so antwortete er »lieber Vater, ich habe dieses Jahr gelernt was die Frösche quacken.« Da geriet der Vater in den höchsten Zorn, sprang auf, rief seine Leute herbei und sprach »dieser Mensch ist mein Sohn nicht mehr, ich stoße ihn aus und gebiete euch daß ihr ihn hinaus in den Wald führt und ihm das Leben nehmt.« Sie[[1]] führten ihn hinaus, aber als sie ihn töten sollten, konnten sie nicht vor Mitleiden und ließen ihn gehen. Sie[[1]] schnitten einem Reh Augen und Zunge aus, damit sie dem Alten die Wahrzeichen bringen konnten. Der Jüngling wanderte fort und kam nach einiger Zeit zu einer Burg, wo er um Nachtherberge bat. »Ja,« sagte der Burgherr, »wenn du da unten in dem alten Turm übernachten willst, so gehe hin, aber ich warne dich, es ist lebensgefährlich, denn er ist voll wilder Hunde, die bellen und heulen in einem fort, und zu gewissen Stunden müssen sie einen Menschen ausgeliefert haben, den sie auch gleich verzehren.« Die ganze Gegend war darüber in Trauer und Leid, und konnte doch niemand helfen. Der Jüngling aber war ohne Furcht und sprach »laßt mich nur hinab zu den bellenden Hunden, und gebt mir etwas, das ich ihnen vorwerfen kann; mir sollen sie nichts tun.« Weil er nun selber nicht anders wollte, so gaben sie ihm etwas Essen für die wilden Tiere und brachten ihn hinab zu dem Turm. Als er hinein trat, bellten ihn die Hunde nicht an, wedelten mit den Schwänzen ganz freundlich um ihn herum, fraßen was er ihnen hinsetzte und krümmten ihm kein Härchen. Am andern Morgen kam er zu jedermanns Erstaunen gesund und unversehrt wieder zum Vorschein und sagte zu dem Burgherrn »die Hunde haben mir in ihrer Sprache offenbart warum sie da hausen und dem Lande Schaden bringen. Sie[[1]] sind verwünscht und müssen einen großen Schatz hüten, der unten im Turme liegt und kommen nicht eher zur Ruhe als bis er gehoben ist, und wie dies geschehen muß, das habe ich ebenfalls aus ihren Reden vernommen.« Da freuten sich alle die das hörten, und der Burgherr sagte er wollte ihn an Sohnes statt annehmen, wenn er es glücklich vollbrächte. Er stieg wieder hinab, und weil er wußte was er zu tun hatte, so vollführte er es und brachte eine mit Gold gefüllte Truhe herauf. Das Geheul der wilden Hunde ward von nun an nicht mehr gehört, sie waren verschwunden, und das Land war von der Plage befreit. Über eine Zeit kam es ihm in den Sinn, er wollte nach Rom fahren. Auf dem Weg kam er an einem Sumpf vorbei, in welchem Frösche saßen und quackten. Er horchte auf, und als er vernahm was sie sprachen, ward er ganz nachdenklich und traurig. Endlich langte er in Rom an, da war gerade der Pabst gestorben, und unter den Kardinälen großer Zweifel wen sie zum Nachfolger bestimmen sollten. Sie[[1]] wurden zuletzt einig derjenige sollte zum Pabst erwählt werden, an dem sich ein göttliches Wunderzeichen offenbaren würde. Und als das eben beschlossen war, in demselben Augenblick trat der junge Graf in die Kirche, und plötzlich flogen zwei schneeweiße Tauben auf seine beiden Schultern und blieben da sitzen. Die Geistlichkeit erkannte darin das Zeichen Gottes und fragte ihn auf der Stelle ob er Pabst werden wolle. Er war unschlüssig und wußte nicht ob er dessen würdig wäre, aber die Tauben redeten ihm zu daß er es tun möchte, und endlich sagte er »ja.« Da wurde er gesalbt und geweiht, und damit war eingetroffen, was er von den Fröschen unterwegs gehört, und was ihn so bestürzt gemacht hatte, daß er der heilige Pabst werden sollte. Darauf mußte er eine Messe singen und wußte kein Wort davon, aber die zwei Tauben saßen stets auf seinen Schultern und sagten ihm alles ins Ohr. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="34._Die_kluge_Else" 34. Die kluge Else. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein Mann, der hatte eine Tochter, die hieß die &&c=8 kluge Else &&c=0. Als sie nun erwachsen war, sprach der Vater »wir wollen sie heiraten lassen.« »Ja,« sagte die Mutter, »wenn nur einer käme, der sie haben wollte.« Endlich kam von weiter einer, der hieß &&c=8 Hans &&c=0, und hielt um sie an, er machte aber die Bedingung, daß die kluge Else auch recht gescheit wäre. »O,« sprach der Vater, »die hat Zwirn im Kopf,« und die Mutter sagte »ach, die sieht den Wind auf der Gasse laufen und hört die Fliegen husten.« »Ja,« sprach der Hans, »wenn sie nicht recht gescheit ist, so nehm ich sie nicht.« Als sie nun zu Tisch saßen und gegessen hatten, sprach die Mutter »Else, geh in den Keller und hol Bier.« Da nahm die kluge Else den Krug von der Wand, ging in den Keller und klappte unterwegs brav mit dem Deckel, damit ihr die Zeit ja nicht lang würde. Als sie unten war, holte sie ein Stühlchen, und stellte es vors Faß, damit sie sich nicht zu bücken brauchte und ihrem Rücken etwa nicht wehe täte und unverhofften Schaden nähme. Dann stellte sie die Kanne vor sich und drehte den Hahn auf, und während der Zeit daß das Bier hinein lief, wollte sie doch ihre Augen nicht müßig lassen, sah oben an die Wand hinauf und erblickte nach vielem Hin- und Herschauen eine Kreuzhacke gerade über sich, welche die Maurer da aus Versehen hatten stecken lassen. Da fing die kluge Else an zu weinen und sprach »wenn ich den Hans kriege, und wir kriegen ein Kind, und das ist groß, und wir schicken das Kind in den Keller, daß es hier soll Bier zapfen, so fällt ihm die Kreuzhacke auf den Kopf und schlägts tot.« Da saß sie und weinte und schrie aus Leibeskräften über das bevorstehende Unglück. Die oben warteten auf den Trank, aber die kluge Else kam immer nicht. Da sprach die Frau zur Magd »geh doch hinunter in den Keller und sieh wo die Else bleibt.« Die Magd ging und fand sie vor dem Fasse sitzend und laut schreiend. »Else, was weinst du?« fragte die Magd. »Ach,« antwortete sie »soll ich nicht weinen? wenn ich den Hans kriege, und wir kriegen ein Kind, und das ist groß, und soll hier Trinken zapfen, so fällt ihm vielleicht die Kreuzhacke auf den Kopf und schlägt es tot.« Da sprach die Magd »was haben wir für eine kluge Else!« setzte sich zu ihr und fing auch an über das Unglück zu weinen. Über eine Weile, als die Magd nicht wiederkam, und die droben durstig nach dem Trank waren, sprach der Mann zum Knecht »geh doch hinunter in den Keller und sieh wo die Else und die Magd bleibt.« Der Knecht ging hinab, da saß die kluge Else und die Magd, und weinten beide zusammen. Da fragte er »was weint ihr denn?« »Ach,« sprach die Else, »soll ich nicht weinen? wenn ich den Hans kriege, und wir kriegen ein Kind, und das ist groß, und soll hier Trinken zapfen, so fällt ihm die Kreuzhacke auf den Kopf, und schlägts tot.« Da sprach der Knecht »was haben wir für eine kluge Else!« setzte sich zu ihr und fing auch an laut zu heulen. Oben warteten sie auf den Knecht, als er aber immer nicht kam, sprach der Mann zur Frau »geh doch hinunter in den Keller und sieh wo die Else bleibt.« Die Frau ging hinab und fand alle drei in Wehklagen, und fragte nach der Ursache, da erzählte ihr die Else auch daß ihr zukünftiges Kind wohl würde von der Kreuzhacke totgeschlagen werden, wenn es erst groß wäre, und Bier zapfen sollte, und die Kreuzhacke fiele herab. Da sprach die Mutter gleichfalls »ach, was haben wir für eine kluge Else!« setzte sich hin und weinte mit. Der Mann oben wartete noch ein Weilchen, als aber seine Frau nicht wieder kam, und sein Durst immer stärker ward, sprach er »ich muß nur selber in den Keller gehn und sehen wo die Else bleibt.« Als er aber in den Keller kam, und alle da bei einander saßen und weinten, und er die Ursache hörte, daß das Kind der Else schuld wäre, das sie vielleicht einmal zur Welt brächte, und von der Kreuzhacke könnte totgeschlagen werden, wenn es gerade zur Zeit, wo sie herab fiele, darunter säße, Bier zu zapfen: da rief er »was für eine kluge Else!« setzte sich und weinte auch mit. Der Bräutigam blieb lange oben allein, da niemand wiederkommen wollte, dachte er »sie werden unten auf dich warten, du mußt auch hingehen und sehen was sie vorhaben.« Als er hinab kam, saßen da fünfe und schrien und jammerten ganz erbärmlich, einer immer besser als der andere. »Was für ein Unglück ist denn geschehen?« fragte er. »Ach, lieber Hans,« sprach die Else, »wann wir einander heiraten und haben ein Kind, und es ist groß, und wir schickens vielleicht hierher Trinken zu zapfen, da kann ihm ja die Kreuzhacke, die da oben ist stecken geblieben, wenn sie herabfallen sollte, den Kopf zerschlagen, daß es liegen bleibt; sollen wir da nicht weinen?« »Nun,« sprach Hans, »mehr Verstand ist für meinen[[Besitz]] Haushalt nicht nötig; weil du so eine kluge Else bist, so will ich dich haben,« packte sie bei der Hand und nahm sie mit hinauf und hielt Hochzeit mit ihr. Als sie den Hans eine Weile hatte, sprach er »Frau, ich will ausgehen arbeiten und uns Geld verdienen, geh du ins Feld, und schneid das Korn, daß wir Brot haben.« »Ja, mein lieber Hans, das will ich tun.« Nachdem der Hans fort war, kochte sie sich einen guten Brei und nahm ihn mit ins Feld. Als sie vor den Acker kam, sprach sie zu sich selbst »was tu ich? schneid ich eher, oder ess ich eher? hei, ich will erst essen.« Nun aß sie ihren Topf mit Brei aus, und als sie dick satt war, sprach sie wieder »was tu ich? schneid ich eher, oder schlaf ich eher? hei, ich will erst schlafen.« Da legte sie sich ins Korn und schlief ein. Der Hans war längst zu Haus, aber die Else wollte nicht kommen, da sprach er »was hab ich für eine kluge Else, die ist so fleißig, daß sie nicht einmal nach Haus kommt und isst.« Als sie aber noch immer ausblieb und es Abend ward, ging der Hans hinaus, und wollte sehen was sie geschnitten hätte: aber es war nichts geschnitten, sondern sie lag im Korn und schlief. Da eilte Hans geschwind heim, und holte ein Vogelgarn mit kleinen Schellen und hängte es um sie herum; und sie schlief noch immer fort. Dann lief er heim, schloß die Haustüre zu und setzte sich auf seinen Stuhl und arbeitete. Endlich, als es schon ganz dunkel war, erwachte die kluge Else, und als sie aufstand, rappelte es um sie herum, und die Schellen klingelten bei jedem Schritte, den sie tat. Da erschrak sie, ward irre ob sie auch wirklich die kluge Else wäre und sprach »bin ichs, oder bin ichs nicht?« Sie[[1]] wußte aber nicht was sie darauf antworten sollte und stand eine Zeitlang zweifelhaft: endlich dachte sie »ich will nach Haus gehen und fragen ob ichs bin oder ob ichs nicht bin, die werdens ja wissen.« Sie[[1]] lief vor ihre Haustüre, aber die war verschlossen: da klopfte sie an das Fenster und rief »Hans, ist die Else drinnen?« »Ja,« antwortete der Hans, »sie ist drinnen.« Da erschrak sie, und sprach »ach Gott, dann bin ichs nicht,« und ging vor eine andere Tür; als aber die Leute das Klingeln der Schellen hörten, wollten sie nicht aufmachen, und sie konnte nirgend unterkommen. Da lief sie fort zum Dorfe hinaus, und niemand hat sie wieder gesehen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="35._Der_Schneider_im_Himmel" 35. Der Schneider im Himmel. &&ax &&lg=x &&fe Es trug sich zu, daß der liebe Gott an einem schönen Tag in dem himmlischen Garten sich ergehen wollte und alle Apostel und Heiligen mit nahm, also daß niemand mehr im Himmel blieb als der heilige Petrus. Der Herr hatte ihm befohlen während seiner Abwesenheit niemand einzulassen, Petrus stand also an der Pforte und hielt Wache. Nicht lange so klopfte jemand an. Petrus fragte wer da wäre und was er wollte. »Ich bin ein armer ehrlicher Schneider,« antwortete eine feine Stimme, »der um Einlass bittet.« »Ja, ehrlich,« sagte Petrus, »wie der Dieb am Galgen, du hast lange Finger gemacht und den Leuten das Tuch abgezwickt. Du kommst nicht in den Himmel, der Herr hat mir verboten, so lange er draußen wäre, irgend jemand einzulassen.« »Seid doch barmherzig,« rief der Schneider, »kleine Flicklappen, die von selbst vom Tisch herab fallen, sind nicht gestolen und nicht der Rede wert. Seht ich hinke und habe von dem Weg daher Blasen an den Füßen, ich kann unmöglich wieder umkehren. Laßt mich nur hinein, ich will alle schlechte Arbeit tun. Ich will die Kinder tragen, die Windeln waschen, die Bänke, darauf sie gespielt haben, säubern und abwischen, und ihre zerrissenen Kleider flicken.« Der heilige Petrus ließ sich aus Mitleiden bewegen, und öffnete dem lahmen Schneider die Himmelspforte so weit, daß er mit seinem dürren Leib hineinschlüpfen konnte. Er mußte sich in einen Winkel hinter die Türe setzen, und sollte sich da still und ruhig verhalten, damit ihn der Herr wenn er zurückkäme, nicht bemerkte und zornig würde. Der Schneider gehorchte, als aber der heilige Petrus einmal zur Türe hinaus trat, stand er auf, ging voll Neugierde in allen Winkeln des Himmels herum und besah sich die Gelegenheit. Endlich kam er zu einem Platz, da standen viele schöne und köstliche Stühle und in der Mitte ein ganz goldener Sessel, der mit glänzenden Edelsteinen besetzt war; er war auch viel höher als die übrigen Stühle, und ein goldener Fußschemel stand davor. Es war aber der Sessel, auf welchem der Herr saß, wenn er daheim war, und von welchem er alles sehen konnte, was auf Erden geschah. Der Schneider stand still und sah den Sessel eine gute Weile an, denn er gefiel ihm besser als alles andere. Endlich konnte er den Vorwitz nicht bezähmen, stieg hinauf und setzte sich in den Sessel. Da sah er alles was auf Erden geschah, und bemerkte eine alte häßliche Frau, die an einem Bach stand und wusch, und zwei Schleier heimlich bei Seite tat. Der Schneider erzürnte sich bei diesem Anblicke so sehr, daß er den goldenen Fußschemel ergriff und durch den Himmel auf die Erde hinab nach der alten Diebin warf. Da er aber den Schemel nicht wieder herauf holen konnte, so schlich er sich sachte aus dem Sessel weg, setzte sich an seinen Platz hinter die Türe und tat als ob er kein Wasser getrübt hätte. Als der Herr und Meister mit dem himmlischen Gefolge wieder zurückkam, ward er zwar den Schneider hinter der Türe nicht gewahr, als er sich aber auf seinen Sessel setzte, mangelte der Schemel. Er fragte den heiligen Petrus wo der Schemel hingekommen wäre, der wußte es nicht. Da fragte er weiter ob er jemand hereingelassen hätte. »Ich weis niemand,« antwortete Petrus »der da gewesen wäre, als ein lahmer Schneider, der noch hinter der Türe sitzt.« Da ließ der Herr den Schneider vor sich treten und fragte ihn ob er den Schemel weggenommen und wo er ihn hingetan hätte. »O Herr,« antwortete der Schneider freudig, »ich habe ihn im Zorne hinab auf die Erde nach einem alten Weibe geworfen, das ich bei der Wäsche zwei Schleier stehlen sah.« »O du Schalk,« sprach der Herr, »wollt ich richten wie du richtest, wie meinst du daß es dir schon längst ergangen wäre? ich hätte schon lange keine Stühle, Bänke, Sessel, ja keine Ofengabel mehr hier gehabt, sondern alles nach den Sündern hinabgeworfen. Fortan kannst du nicht mehr im Himmel bleiben, sondern mußt wieder hinaus vor das Tor: da sieh zu wo du hinkommst. Hier soll niemand strafen, denn ich allein, der Herr.« Petrus mußte den Schneider wieder hinaus vor den Himmel bringen, und weil er zerrissene Schuhe hatte und die Füße voll Blasen, nahm er einen Stock in die Hand, und zog nach Warteinweil, wo die frommen Soldaten sitzen und sich lustig machen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="36._Tischchen_deck_dich,_Goldesel,_und_Knüppel_aus_dem_Sack" 36. Tischchen deck dich, Goldesel, und Knüppel aus dem Sack. &&ax &&lg=x &&fe Vor[[Präpos]] Zeiten war ein Schneider, der drei Söhne hatte und nur eine einzige Ziege. Aber die Ziege, weil sie alle zusammen mit ihrer Milch ernährte, mußte ihr gutes Futter haben und täglich hinaus auf die Weide geführt werden. Die Söhne taten das auch nach der Reihe. Einmal brachte sie der älteste auf den Kirchhof, wo die schönsten Kräuter standen, ließ sie da fressen und herumspringen. Abends, als es Zeit war heim zu gehen, fragte er »Ziege, bist du satt?« Die Ziege antwortete »ich bin so satt, ich mag kein Blatt: meh! meh!« »So komm nach Haus« sprach der Junge, faßte sie am Strickchen, führte sie in den Stall und band sie fest. »Nun,« sagte der alte Schneider, »hat die Ziege ihr gehöriges Futter?« »O,« antwortete der Sohn, »die ist so satt, sie mag kein Blatt.« Der Vater aber wollte sich selbst überzeugen, ging hinab in den Stall, streichelte das liebe Tier und fragte »Ziege, bist du auch satt?« Die Ziege antwortete »wovon sollt ich satt sein? ich sprang nur über Gräbelein, und fand kein einzig Blättelein: meh! meh!« »Was muß ich hören!« rief der Schneider, lief hinauf und sprach zu dem Jungen »ei, du Lügner, sagst die Ziege wäre satt, und hast sie hungern lassen?« und in seinem Zorne nahm er die Elle von der Wand und jagte ihn mit Schlägen hinaus. Am andern Tag war die Reihe am zweiten Sohn, der suchte an der Gartenhecke einen Platz aus, wo lauter gute Kräuter standen, und die Ziege fraß sie rein ab. Abends, als er heim wollte, fragte er »Ziege, bist du satt?« Die Ziege antwortete »ich bin so satt, ich mag kein Blatt: meh! meh!« »So komm nach Haus,« sprach der Junge, zog sie heim und band sie im Stalle fest. »Nun,« sagte der alte Schneider, »hat die Ziege ihr gehöriges Futter?« »O,« antwortete der Sohn, »die ist so satt, sie mag kein Blatt.« Der Schneider wollte sich darauf nicht verlassen, ging hinab in den Stall und fragte »Ziege, bist du auch satt?« Die Ziege antwortete »wovon sollt ich satt sein? ich sprang nur über Gräbelein, und fand kein einzig Blättelein: meh! meh!« »Der gottlose Bösewicht!« schrie der Schneider, »so ein frommes Tier hungern zu lassen!« lief hinauf, und schlug mit der Elle den Jungen zur Haustüre hinaus. Die Reihe kam jetzt an den dritten Sohn, der wollte seine Sache gut machen, suchte Buschwerk mit dem schönsten Laube aus, und ließ die Ziege daran fressen. Abends, als er heim wollte, fragte er »Ziege, bist du auch satt?« Die Ziege antwortete »ich bin so satt, ich mag kein Blatt: meh! meh!« »So komm nach Haus,« sagte der Junge, führte sie in den Stall und band sie fest. »Nun,« sagte der alte Schneider, »hat die Ziege ihr gehöriges Futter?« »O,« antwortete der Sohn, »die ist so satt, sie mag kein Blatt.« Der Schneider traute nicht, ging hinab und fragte »Ziege, bist du auch satt?« Das boshafte Tier antwortete »wovon sollt ich satt sein? ich sprang nur über Gräbelein, und fand kein einzig Blättlein: meh! meh!« »O die Lügenbrut!« rief der Schneider, »einer so gottlos und pflichtvergessen wie der andere! ihr sollt mich nicht länger zum Narren haben!« und vor Zorn ganz außer sich sprang er hinauf und gerbte dem armen Jungen mit der Elle den Rücken so gewaltig, daß er zum Haus hinaus sprang. Der alte Schneider war nun mit seiner Ziege allein. Am andern Morgen ging er hinab in den Stall, liebkoste die Ziege und sprach »komm, mein liebes Tierlein, ich will dich selbst zur Weide führen.« Er nahm sie am Strick und brachte sie zu grünen Hecken und unter Schafrippe und was sonst die Ziegen gerne fressen. »Da kannst du dich einmal nach Herzenslust sättigen« sprach er zu ihr, und ließ sie weiden bis zum Abend. Da fragte er »Ziege, bist du satt?« Sie[[1]] antwortete »ich bin so satt, ich mag kein Blatt: meh! meh!« »So komm nach Haus« sagte der Schneider, führte sie in den Stall und band sie fest. Als er wegging, kehrte er sich noch einmal um, und sagte »nun bist du doch einmal satt!« Aber die Ziege machte es ihm nicht besser und rief »wie sollt ich satt sein? ich sprang nur über Gräbelein, und fand kein einzig Blättlein: meh! meh!« Als der Schneider das hörte, stutzte er und sah wohl daß er seine drei Söhne ohne Ursache verstoßen hatte. »Wart,« rief er, »du undankbares Geschöpf, dich fortzujagen ist noch zu wenig, ich will dich zeichnen daß du dich unter ehrbaren Schneidern nicht mehr darfst sehen lassen.« In einer Hast[[beeilen]] sprang er hinauf, holte sein Bartmesser, seifte der Ziege den Kopf ein, und schor sie so glatt wie seine flache Hand. Und weil die Elle zu ehrenvoll gewesen wäre, holte er die Peitsche und versetzte ihr solche Hiebe, daß sie in gewaltigen Sprüngen davon lief. Der Schneider, als er so ganz einsam in seinem Hause saß, verfiel in große Traurigkeit und hätte seine Söhne gerne wieder gehabt, aber niemand wußte wo sie hingeraten waren. Der älteste war zu einem Schreiner in die Lehre gegangen, da lernte er fleißig und unverdrossen, und als seine Zeit herum war, daß er wandern sollte, schenkte ihm der Meister ein Tischchen, das gar kein besonderes Ansehen hatte und von gewöhnlichem Holz war: aber es hatte eine gute Eigenschaft. Wenn man es hinstellte, und sprach »Tischchen, deck dich,« so war das gute Tischchen auf einmal mit einem saubern Tüchlein bedeckt, und stand da ein Teller, und Messer und Gabel daneben, und Schüsseln mit Gesottenem und Gebratenem, so viel Platz hatten, und ein großes Glas mit rotem Wein leuchtete daß einem das Herz lachte. Der junge Gesell dachte »damit hast du genug für dein Lebtag,« zog guter Dinge in der Welt umher und bekümmerte sich gar nicht darum ob ein Wirtshaus gut oder schlecht und ob etwas darin zu finden war, oder nicht. Wenn es ihm gefiel, so kehrte er gar nicht ein, sondern im Felde, im Wald, auf einer Wiese, wo er Lust hatte, nahm er sein Tischchen vom Rücken, stellte es vor sich und sprach »deck dich,« so war alles da, was sein Herz begehrte. Endlich kam es ihm in den Sinn, er wollte zu seinem Vater zurückkehren, sein Zorn würde sich gelegt haben, und mit dem Tischchen deck dich würde er ihn gerne wieder aufnehmen. Es trug sich zu, daß er auf dem Heimweg Abends in ein Wirtshaus kam, das mit Gästen angefüllt war: sie hießen ihn willkommen und luden ihn ein sich zu ihnen zu setzen und mit ihnen zu essen, sonst würde er schwerlich noch etwas bekommen. »Nein,« antwortete der Schreiner, »die paar Bissen will ich euch nicht vor dem Munde nehmen, lieber sollt ihr meine[[Besitz]] Gäste sein.« Sie[[1]] lachten und meinten er triebe seinen Spaß mit ihnen. Er aber stellte sein hölzernes Tischchen mitten in die Stube und sprach »Tischchen, deck dich.« Augenblicklich war es mit Speisen besetzt, so gut wie sie der Wirt nicht hätte herbeischaffen können, und wovon der Geruch den Gästen lieblich in die Nase stieg. »Zugegriffen, liebe Freunde,« sprach der Schreiner, und die Gäste, als sie sahen wie es gemeint war, ließen sich nicht zweimal bitten, rückten heran, zogen ihre Messer und griffen tapfer zu. Und was sie am meisten verwunderte, wenn eine Schüssel leer geworden war, so stellte sich gleich von selbst eine volle an ihren Platz. Der Wirt stand in einer Ecke und sah dem Dinge zu; er wußte gar nicht was er sagen sollte, dachte aber »einen solchen Koch könntest du in deiner Wirtschaft wohl brauchen.« Der Schreiner und seine Gesellschaft waren lustig bis in die späte Nacht, endlich legten sie sich schlafen, und der junge Geselle ging auch zu Bett und stellte sein Wünschtischchen an die Wand. Dem Wirte aber ließen seine Gedanken keine Ruhe, es fiel ihm ein daß in seiner Rumpelkammer ein altes Tischchen stände, das gerade so aussähe: das holte er ganz sachte herbei und vertauschte es mit dem Wünschtischchen. Am andern Morgen zahlte der Schreiner sein Schlafgeld, packte sein Tischchen auf, dachte gar nicht daran daß er ein falsches hätte und ging seiner Wege. Zu Mittag kam er bei seinem Vater an, der ihn mit großer Freude empfing. »Nun, mein lieber Sohn, was hast du gelernt?« sagte er zu ihm. »Vater, ich bin ein Schreiner geworden.« »Ein gutes Handwerk,« erwiederte der Alte, »aber was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?« »Vater, das beste, was ich mitgebracht habe, ist das Tischchen.« Der Schneider betrachtete es von allen Seiten und sagte »daran hast du kein Meisterstück gemacht, das ist ein altes und schlechtes Tischchen.« »Aber es ist ein Tischchen deck dich,« antwortete der Sohn, »wenn ich es hinstelle, und sage ihm es sollte sich decken, so stehen gleich die schönsten Gerichte darauf und ein Wein dabei, der das Herz erfreut. Ladet nur alle Verwandte und Freunde ein, die sollen sich einmal laben und erquicken, denn das Tischchen macht sie alle satt.« Als die Gesellschaft beisammen war, stellte er sein Tischchen mitten in die Stube und sprach »Tischchen, deck dich.« Aber das Tischchen regte sich nicht und blieb so leer wie ein anderer Tisch, der die Sprache nicht versteht. Da merkte der arme Geselle daß ihm das Tischchen vertauscht war, und schämte sich daß er wie ein Lügner da stand. Die Verwandten aber lachten ihn aus, und mußten ungetrunken und ungegessen wieder heim wandern. Der Vater holte seine Lappen wieder herbei und schneiderte fort, der Sohn aber ging bei einem Meister in die Arbeit. Der zweite Sohn war zu einem Müller gekommen und bei ihm in die Lehre gegangen. Als er seine Jahre herum hatte, sprach der Meister »weil du dich so wohl gehalten hast, so schenke ich dir einen Esel von einer besondern Art, er zieht nicht am Wagen und trägt auch keine Säcke.« »Wozu ist er denn nütze?« fragte der junge Geselle. »Er speit Gold,« antwortete der Müller, »wenn du ihn auf ein Tuch stellst und sprichst »Bricklebrit,« so speit dir das gute Tier Goldstücke aus, hinten und vorn.« »Das ist eine schöne Sache,« sprach der Geselle, dankte dem Meister und zog in die Welt. Wenn er Gold nötig hatte, brauchte er nur zu seinem Esel »Bricklebrit« zu sagen, so regnete es Goldstücke, und er hatte weiter keine Mühe als sie von der Erde aufzuheben. Wo er hinkam, war ihm das beste gut genug, und je teurer je lieber, denn er hatte immer einen vollen Beutel. Als er sich eine Zeit lang in der Welt umgesehen hatte, dachte er »du mußt deinen Vater aufsuchen, wenn du mit dem Goldesel kommst, so wird er seinen Zorn vergessen und dich gut aufnehmen.« Es trug sich zu, daß er in dasselbe Wirtshaus geriet, in welchem seinem Bruder das Tischchen vertauscht war. Er führte seinen Esel an der Hand, und der Wirt wollte ihm das Tier abnehmen und anbinden, der junge Geselle aber sprach »gebt euch keine Mühe, meinen[[Besitz]] Grauschimmel führe ich selbst in den Stall und binde ihn auch selbst an, denn ich muß wissen wo er steht.« Dem Wirt kam das wunderlich vor, und er meinte einer, der seinen Esel selbst besorgen müßte, hätte nicht viel zu verzehren: als aber der Fremde in die Tasche griff, zwei Goldstücke heraus holte und sagte er sollte nur etwas gutes für ihn einkaufen, so machte er große Augen, lief und suchte das beste, das er auftreiben konnte. Nach der Mahlzeit fragte der Gast was er schuldig wäre, der Wirt wollte die doppelte Kreide nicht sparen und sagte noch ein paar Goldstücke müßte er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche, aber sein Gold war eben zu Ende. »Wartet einen Augenblick, Herr Wirt,« sprach er, »ich will nur gehen und Gold holen;« nahm aber das Tischtuch mit. Der Wirt wußte nicht was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach, und da der Gast die Stalltüre zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch. Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief »Bricklebrit,« und augenblicklich fing das Tier an Gold zu speien von hinten und vorn, daß es ordentlich auf die Erde herabregnete. »Ei der tausend,« sagte der Wirt, »da sind die Ducaten bald geprägt! so ein Geldbeutel ist nicht übel!« Der Gast bezahlte seine Zeche und legte sich schlafen, der Wirt aber schlich in der Nacht herab in den Stall, führte den Münzmeister weg und band einen andern Esel an seine Stelle. Den folgenden Morgen in der Frühe zog der Geselle mit seinem Esel ab und meinte er hätte seinen Goldesel. Mittags kam er bei seinem Vater an, der sich freute als er ihn wiedersah und ihn gerne aufnahm. »Was ist aus dir geworden, mein Sohn?« fragte der Alte. »Ein Müller, lieber Vater,« antwortete er. »Was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?« »Weiter nichts als einen Esel.« »Esel gibts hier genug,« sagte der Vater, »da wäre mir doch eine gute Ziege lieber gewesen.« »Ja,« antwortete der Sohn, »aber es ist kein gemeiner Esel, sondern ein Goldesel: wenn ich sage »Bricklebrit,« so speit euch das gute Tier ein ganzes Tuch voll Goldstücke. Laßt nur alle Verwandte herbei rufen, ich mache sie alle zu reichen Leuten.« »Das laß ich mir gefallen,« sagte der Schneider, »dann brauch ich mich mit der Nadel nicht weiter zu quälen,« sprang selbst fort, und rief die Verwandten herbei. Sobald sie beisammen waren, hieß sie der Müller Platz machen, breitete sein Tuch aus, und brachte den Esel in die Stube. »Jetzt gebt acht« sagte er und rief »Bricklebrit,« aber es waren keine Goldstücke was herabfiel, und es zeigte sich, daß das Tier nichts von der Kunst verstand, denn es bringts nicht jeder Esel so weit. Da machte der arme Müller ein langes Gesicht, sah daß er betrogen war und bat die Verwandten um Verzeihung, die so arm heim gingen, als sie gekommen waren. Es blieb nichts übrig, der Alte mußte wieder nach der Nadel greifen, und der Junge sich bei einem Müller verdingen. Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre gegangen, und weil es ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er am längsten lernen. Seine Brüder aber meldeten ihm in einem Briefe wie schlimm es ihnen ergangen wäre, und wie sie der Wirt noch am letzten Abende um ihre schönen Wünschdinge gebracht hätte. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte und wandern sollte, so schenkte ihm sein Meister, weil er sich so wohl gehalten, einen Sack, und sagte »es liegt ein Knüppel darin.« »Den Sack kann ich umhängen, und er kann mir gute Dienste leisten, aber was soll der Knüppel darin? der macht ihn nur schwer.« »Das will ich dir sagen,« antwortete der Meister, »hat dir jemand etwas zu leid getan, so sprich nur »Knüppel, aus dem Sack,« so springt dir der Knüppel heraus unter die Leute und tanzt ihnen so lustig auf dem Rücken herum, daß sie sich acht Tage lang nicht regen und bewegen können; und eher läßt er nicht ab als bis du sagst: »Knüppel, in den Sack.« Der Gesell dankte ihm, hing den Sack um, und wenn ihm jemand zu nahe kam und auf den Leib wollte, so sprach er »Knüppel, aus dem Sack,« alsbald sprang der Knüppel heraus und klopfte einem nach dem andern den Rock oder Wams gleich auf dem Rücken aus, und wartete nicht erst bis er ihn ausgezogen hatte; und das ging so geschwind, daß eh sichs einer versah die Reihe schon an ihm war. Der junge Drechsler langte zur Abendzeit in dem Wirtshaus an, wo seine Brüder waren betrogen worden. Er legte seinen Ranzen vor sich auf den Tisch und fing an zu erzählen was er alles merkwürdiges in der Welt gesehen habe. »Ja,« sagte er, »man findet wohl ein Tischchen deck dich, einen Goldesel und dergleichen: lauter gute Dinge, die ich nicht verachte, aber das ist alles nichts gegen den Schatz, den ich mir erworben habe und mit mir da in meinem Sack führe.« Der Wirt spitzte die Ohren: »was in aller Welt mag das sein?« dachte er »der Sack ist wohl mit lauter Edelsteinen angefüllt; den sollte ich billig auch noch haben, denn aller guten Dinge sind drei.« Als Schlafenszeit war, streckte sich der Gast auf die Bank und legte seinen Sack als Kopfkissen unter. Der Wirt als er meinte der Gast läge in tiefem Schlaf, ging herbei, rückte und zog ganz sachte und vorsichtig an dem Sack, ob er ihn vielleicht wegziehen und einen andern unterlegen könnte. Der Drechsler aber hatte schon lange darauf gewartet, wie nun der Wirt eben einen herzhaften Ruck tun wollte, rief er »Knüppel, aus dem Sack.« Alsbald fuhr das Knüppelchen heraus, dem Wirt auf den Leib, und rieb ihm die Nähte daß es eine Art hatte. Der Wirt schrie zum Erbarmen, aber je lauter er schrie, desto kräftiger schlug der Knüppel ihm den Takt dazu auf dem Rücken, bis er endlich erschöpft zur Erde fiel. Da sprach der Drechsler »wo du das Tischchen deck dich und den Goldesel nicht wieder heraus gibst, so soll der Tanz von neuem angehen.« »Ach nein,« rief der Wirt ganz kleinlaut, »ich gebe alles gerne wieder heraus, laßt nur den verwünschten Kobold wieder in den Sack kriechen.« Da sprach der Geselle »ich will Gnade für Recht ergehen lassen, aber hüte dich vor Schaden!« dann rief er »Knüppel, in den Sack!« und ließ ihn ruhen. Der Drechsler zog am andern Morgen mit dem Tischchen deck dich und dem Goldesel heim zu seinem Vater. Der Schneider freute sich als er ihn wieder sah, und fragte auch ihn was er in der Fremde gelernt hätte. »Lieber Vater,« antwortete er, »ich bin ein Drechsler geworden.« »Ein kunstreiches Handwerk,« sagte der Vater, »was hast du von der Wanderschaft mitgebracht?« »Ein kostbares Stück, lieber Vater,« antwortete der Sohn, »einen Knüppel in dem Sack.« »Was!« rief der Vater, »einen Knüppel! das ist der Mühe wert! den kannst du dir von jedem Baume abhauen.« »Aber einen solchen nicht, lieber Vater: sage ich »Knüppel, aus dem Sack,« so springt der Knüppel heraus und macht mit dem, der es nicht gut mit mir meint, einen schlimmen Tanz, und läßt nicht eher nach als bis er auf der Erde liegt und um gut Wetter bittet. Seht ihr, mit diesem Knüppel habe ich das Tischchen deck dich und den Goldesel wieder herbei geschafft, die der diebische Wirt meinen[[Besitz]] Brüdern abgenommen hatte. Jetzt laßt sie beide rufen und ladet alle Verwandten ein, ich will sie speisen und tränken und will ihnen die Taschen noch mit Gold füllen.« Der alte Schneider wollte nicht recht trauen, brachte aber doch die Verwandten zusammen. Da deckte der Drechsler ein Tuch in die Stube, führte den Goldesel herein und sagte zu seinem Bruder »nun, lieber Bruder, sprich mit ihm.« Der Müller sagte »Bricklebrit,« und augenblicklich sprangen die Goldstücke auf das Tuch herab, als käme ein Platzregen, und der Esel hörte nicht eher auf als bis alle so viel hatten, daß sie nicht mehr tragen konnten. (Ich sehe dirs an, du wärst auch gerne dabei gewesen.) Dann holte der Drechsler das Tischchen und sagte »lieber Bruder, nun sprich mit ihm.« Und kaum hatte der Schreiner »Tischchen deck dich« gesagt, so war es gedeckt und mit den schönsten Schüsseln reichlich besetzt. Da ward eine Mahlzeit gehalten, wie der gute Schneider noch keine in seinem Hause erlebt hatte, und die ganze Verwandtschaft blieb beisammen bis in die Nacht, und waren alle lustig und vergnügt. Der Schneider verschloß Nadel und Zwirn, Elle und Bügeleisen in einen Schrank, und lebte mit seinen drei Söhnen in Freude und Herrlichkeit. Wo ist aber die Ziege hingekommen, die Schuld war daß der Schneider seine drei Söhne fortjagte? Das will ich dir sagen. Sie[[1]] schämte sich daß sie einen kahlen Kopf hatte, lief in eine Fuchshöhle und verkroch sich hinein. Als der Fuchs nach Haus kam, funkelten ihm ein paar große Augen aus der Dunkelheit entgegen, daß er erschrak und wieder zurücklief. Der Bär begegnete ihm, und da der Fuchs ganz verstört aussah, so sprach er »was ist dir, Bruder Fuchs, was machst du für ein Gesicht?« »Ach,« antwortete der Rote, »ein grimmig Tier sitzt in meiner Höhle und hat mich mit feurigen Augen angeglotzt.« »Das wollen wir bald austreiben,« sprach der Bär, ging mit zu der Höhle und schaute hinein; als er aber die feurigen Augen erblickte, wandelte ihn ebenfalls Furcht an: er wollte mit dem grimmigen Tiere nichts zu tun haben und nahm Reißaus. Die Biene begegnete ihm, und da sie merkte daß es ihm in seiner Haut nicht wohl zu Mute war, sprach sie »Bär, du machst ja ein gewaltig verdrießlich Gesicht, wo ist deine Lustigkeit geblieben?« »Du hast gut reden,« antwortete der Bär, »es sitzt ein grimmiges Tier mit Glotzaugen in dem Hause des Roten, und wir können es nicht herausjagen.« Die Biene sprach »du dauerst mich, Bär, ich bin ein armes schwaches Geschöpf, das ihr im Wege nicht anguckt, aber ich glaube doch daß ich euch helfen kann.« Sie[[1]] flog in die Fuchshöhle, setzte sich der Ziege auf den glatten geschorenen Kopf, und stach sie so gewaltig, daß sie aufsprang, »meh! meh!« schrie, und wie toll in die Welt hineinlief; und weis niemand auf diese Stunde wo sie hingelaufen ist. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="37._Daumesdick" 37. Daumesdick. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein armer Bauersmann, der saß Abends beim Herd und schürte das Feuer, und die Frau saß und spann. Da sprach er »wie ists so traurig, daß wir keine Kinder haben! es ist so still bei uns, und in den andern Häusern ists so laut und lustig.« »Ja,« antwortete die Frau und seufzte, »wenns nur ein einziges wäre, und wenns auch ganz klein wäre, nur Daumens groß, so wollt ich schon zufrieden sein; wir hättens doch von Herzen lieb.« Nun geschah es, daß die Frau kränklich ward und nach sieben Monaten ein Kind gebar, das zwar an allen Gliedern vollkommen aber nicht länger als ein Daumen war. Da sprachen sie »es ist wie wir es gewünscht haben, und es soll unser liebes Kind sein,« und nannten es nach seiner Gestalt &&c=8 Daumesdick &&c=0. Sie[[1]] ließens nicht an Nahrung fehlen, aber das Kind ward nicht größer, sondern blieb wie es in der ersten Stunde gewesen war; doch schaute es verständig aus den Augen, und zeigte sich bald als ein kluges und behendes Ding, dem alles glückte was es anfing. Der Bauer machte sich eines Tages fertig in den Wald zu gehen und Holz zu fällen, da sprach er so vor sich hin »nun wollt ich daß einer da wäre, der mir den Wagen nachbrächte.« »O Vater,« rief Daumesdick, »den Wagen will ich schon bringen, verlaßt euch drauf, er soll zur bestimmten Zeit im Walde sein.« Da lachte der Mann und sprach »wie sollte das zugehen, du bist viel zu klein, um das Pferd mit dem Zügel zu leiten.« »Das tut nichts, Vater, wenn nur die Mutter anspannen will, ich setze mich dem Pferd ins Ohr und rufe ihm zu wie es gehen soll.« »Nun,« antwortete der Vater, »einmal wollen wirs versuchen.« Als die Stunde kam, spannte die Mutter an und setzte Daumesdick ins Ohr des Pferdes, und dann rief der Kleine, wie das Pferd gehen sollte, »jüh und joh! hott und har!« Da ging es ganz ordentlich als wie bei einem Meister, und der Wagen fuhr den rechten Weg nach dem Walde. Es trug sich zu, als er eben um eine Ecke bog, und der Kleine »har, har!« rief, daß zwei fremde Männer daher kamen. »Mein,« sprach der eine, »was ist das? da fährt ein Wagen, und ein Fuhrmann ruft dem Pferde zu, und ist doch nicht zu sehen.« »Das geht nicht mit rechten Dingen zu,« sagte der andere, »wir wollen dem Karren folgen und sehen wo er anhält.« Der Wagen aber fuhr vollends in den Wald hinein und richtig zu dem Platze, wo das Holz gehauen ward. Als Daumesdick seinen Vater erblickte, rief er ihm zu »siehst du, Vater, da bin ich mit dem Wagen, nun hol mich herunter.« Der Vater faßte das Pferd mit der linken, und holte mit der rechten sein Söhnlein aus dem Ohr, das sich ganz lustig auf einen Strohhalm niedersetzte. Als die beiden fremden Männer den Daumesdick erblickten, wußten sie nicht was sie vor Verwunderung sagen sollten. Da nahm der eine den andern beiseit und sprach »hör, der kleine Kerl könnte unser Glück machen, wenn wir ihn in einer großen Stadt vor Geld sehen ließen: wir wollen ihn kaufen.« Sie[[1]] gingen zu dem Bauer und sprachen »verkauft uns den kleinen Mann, er solls gut bei uns haben.« »Nein,« antwortete der Vater, »es ist mein Herzblatt, und ist mir für alles Gold in der Welt nicht feil.« Daumesdick aber, als er von dem Handel gehört, war an den Rockfalten seines Vaters hinaufgekrochen, stellte sich ihm auf die Schulter, und wisperte ihm ins Ohr »Vater, gib mich nur hin, ich will schon wieder zurück kommen.« Da gab ihn der Vater für ein schönes Stück Geld den beiden Männern hin. »Wo willst du sitzen?« sprachen sie zu ihm. »Ach, setzt mich nur auf den Rand von eurem Hut, da kann ich auf und ab spazieren und die Gegend betrachten, und falle doch nicht herunter.« Sie[[1]] taten ihm den Willen, und als Daumesdick Abschied von seinem Vater genommen hatte, machten sie sich mit ihm fort. So gingen sie bis es dämmerig ward, da sprach der Kleine »hebt mich einmal herunter, es ist nötig.« »Bleib nur droben,« sprach der Mann, auf dessen Kopf er saß, »ich will mir nichts draus machen, die Vögel lassen mir auch manchmal was drauf fallen.« »Nein,« sprach Daumesdick, »ich weis auch, was sich schickt: hebt mich nur geschwind herab.« Der Mann nahm den Hut ab, und setzte den Kleinen auf einen Acker am Weg, da sprang und kroch er ein wenig zwischen den Schollen hin und her, dann schlüpfte er plötzlich in ein Mausloch, das er sich ausgesucht hatte. »Guten Abend, ihr Herren, geht nur ohne mich heim,« rief er ihnen zu, und lachte sie aus. Sie[[1]] liefen herbei und stachen mit Stöcken in das Mausloch, aber das war vergebliche Mühe: Daumesdick kroch immer weiter zurück und da es bald ganz dunkel ward, so mußten sie mit Ärger und mit leerem Beutel wieder heim wandern. Als Daumesdick merkte daß sie fort waren, kroch er aus dem unterirdischen Gang wieder hervor. »Es ist auf dem Acker in der Finsternis so gefährlich gehen,« sprach er, »wie leicht bricht einer Hals und Bein!« Zum Glück stieß er an ein leeres Schneckenhaus. »Gottlob,« sagte er, »da kann ich die Nacht sicher zubringen,« und setzte sich hinein. Nicht lang, als er eben einschlafen wollte, so hörte er zwei Männer vorüber gehen, davon sprach der eine »wie wirs nur anfangen, um dem reichen Pfarrer sein Geld und sein Silber zu holen?« »Das könnt ich dir sagen,« rief Daumesdick dazwischen. »Was war das?« sprach der eine Dieb erschrocken, »ich hörte jemand sprechen.« Sie[[1]] blieben stehen und horchten, da sprach Daumesdick wieder »nehmt mich mit, so will ich euch helfen.« »Wo bist du denn?« »Sucht nur auf der Erde und merkt wo die Stimme herkommt,« antwortete er. Da fanden ihn endlich die Diebe und hoben ihn in die Höhe. »Du kleiner Wicht, was willst du uns helfen!« sprachen sie. »Seht,« antwortete er, »ich krieche zwischen den Eisenstäben in die Kammer des Pfarrers und reiche euch heraus was ihr haben wollt.« »Wohlan,« sagten sie, »wir wollen sehen was du kannst.« Als sie bei dem Pfarrhaus kamen, kroch Daumesdick in die Kammer, schrie aber gleich aus Leibeskräften »wollt ihr alles haben, was hier ist?« Die Diebe erschraken und sagten »so sprich doch leise, damit niemand aufwacht.« Aber Daumesdick tat als hätte er sie nicht verstanden und schrie von neuem »was wollt ihr? wollt ihr alles haben, was hier ist?« Das hörte die Köchin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bette auf und horchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein Stück Wegs zurück gelaufen, endlich faßten sie wieder Mut und dachten »der kleine Kerl will uns necken.« Sie[[1]] kamen zurück und flüsterten ihm zu »nun mach Ernst und reich uns etwas heraus.« Da schrie Daumesdick noch einmal so laut er konnte »ich will euch ja alles geben, reicht nur die Hände herein.« Das hörte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett und stolperte zur Tür herein. Die Diebe liefen fort und rannten als wäre der wilde Jäger hinter ihnen: die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, ging ein Licht anzuzünden. Wie sie damit herbei kam, machte sich Daumesdick, ohne daß er gesehen wurde, hinaus in die Scheune: die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett und glaubte sie hätte mit offenen Augen und Ohren doch nur geträumt. Daumesdick war in den Heuhälmchen herumgeklettert und hatte einen schönen Platz zum Schlafen gefunden: da wollte er sich ausruhen bis es Tag wäre, und dann zu seinen Eltern wieder heim gehen. Aber er mußte andere Dinge erfahren! ja, es gibt viel Trübsal und Not auf der Welt! Die Magd stieg, als der Tag graute, schon aus dem Bett, um das Vieh zu füttern. Ihr erster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte, und gerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Er schlief aber so fest, daß er nichts gewahr ward, und nicht eher aufwachte als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heu aufgerafft hatte. »Ach Gott,« rief er, »wie bin ich in die Walkmühle geraten!« merkte aber bald wo er war. Da hieß es aufpassen, daß er nicht zwischen die Zähne kam und zermalmt ward, und hernach mußte er doch mit in den Magen hinab rutschen. »In dem Stübchen sind die Fenster vergessen,« sprach er, »und scheint keine Sonne hinein: ein Licht wird auch nicht gebracht.« Überhaupt gefiel ihm das Quartier schlecht, und was das schlimmste war, es kam immer mehr neues Heu zur Türe hinein, und der Platz ward immer enger. Da rief er endlich in der Angst, so laut er konnte, »bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.« Die Magd melkte gerade die Kuh, und als sie sprechen hörte ohne jemand zu sehen, und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht gehört hatte, erschrak sie so, daß sie von ihrem Stühlchen herabglitschte und die Milch verschüttete. Sie[[1]] lief in der größten Hast[[beeilen]] zu ihrem Herrn, und rief »ach Gott, Herr Pfarrer, die Kuh hat geredet.« »Du bist verrückt,« antwortete der Pfarrer, ging aber doch selbst in den Stall und wollte nachsehen was es da gäbe. Kaum aber hatte er den Fuß hineingesetzt, so rief Daumesdick aufs neue »bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr.« Da erschrak der Pfarrer selbst, meinte es wäre ein böser Geist in die Kuh gefahren und hieß sie töten. Sie[[1]] ward geschlachtet, der Magen aber, worin Daumesdick steckte, auf den Mist geworfen. Daumesdick hatte große Mühe sich hindurch zu arbeiten und hatte große Mühe damit, doch brachte ers so weit daß er Platz bekam, aber als er eben sein Haupt herausstrecken wollte, kam ein neues Unglück. Ein hungriger Wolf lief heran und verschlang den ganzen Magen mit einem Schluck. Daumesdick verlor den Mut nicht, »vielleicht,« dachte er, »läßt der Wolf mit sich reden,« und rief ihm aus dem Wanste zu »lieber Wolf, ich weis dir einen herrlichen Fraß.« »Wo ist der zu holen?« sprach der Wolf. »In dem und dem Haus, da mußt du durch die Gosse hinein kriechen, und wirst Kuchen, Speck und Wurst finden, so viel du essen willst,« und beschrieb ihm genau seines Vaters Haus. Der Wolf ließ sich das nicht zweimal sagen, drängte sich in der Nacht zur Gosse hinein und fraß in der Vorratskammer nach Herzenslust. Als er sich gesättigt hatte, wollte er wieder fort, aber er war so dick geworden, daß er denselben Weg nicht wieder hinaus konnte. Darauf hatte Daumesdick gerechnet und fing nun an in dem Leib des Wolfs einen gewaltigen Lärmen zu machen, tobte und schrie, was er konnte. »Willst du stille sein,« sprach der Wolf, »du weckst die Leute auf.« »Ei was,« antwortete der Kleine, »du hast dich satt gefressen, ich will mich auch lustig machen,« und fing von neuem an aus allen Kräften zu schreien. Davon erwachte endlich sein Vater und seine Mutter, liefen an die Kammer und schauten durch die Spalte hinein. Wie sie sahen daß ein Wolf darin hauste, liefen sie davon, und der Mann holte die Axt, und die Frau die Sense. »Bleib dahinten,« sprach der Mann, als sie in die Kammer traten, »wenn ich ihm einen Schlag gegeben habe, und er davon noch nicht tot ist, so mußt du auf ihn einhauen, und ihm den Leib zerschneiden.« Da hörte Daumesdick die Stimme seines Vaters und rief »lieber Vater, ich bin hier, ich stecke im Leibe des Wolfs.« Sprach der Vater voll Freuden »gottlob, unser liebes Kind hat sich wieder gefunden,« und hieß die Frau die Sense wegtun, damit Daumesdick nicht beschädigt würde. Danach holte er aus, und schlug dem Wolf einen Schlag auf den Kopf daß er tot niederstürzte, dann suchten sie Messer und Scheere, schnitten ihm den Leib auf und zogen den Kleinen wieder hervor. »Ach,« sprach der Vater, »was haben wir für Sorge um dich ausgestanden!« »Ja, Vater, ich bin viel in der Welt herumgekommen; gottlob, daß ich wieder frische Luft schöpfe!« »Wo bist du denn all gewesen?« »Ach, Vater, ich war in einem Mauseloch, in einer Kuh Bauch und in eines Wolfes Wanst: nun bleib ich bei euch.« »Und wir verkaufen dich um alle Reichtümer der Welt nicht wieder,« sprachen die Eltern, herzten und küßten ihren lieben Daumesdick. Sie[[1]] gaben ihm zu essen und trinken, und ließen ihm neue Kleider machen, denn die seinigen waren ihm auf der Reise verdorben. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="38._Die_Hochzeit_der_Frau_Füchsin" 38. Die Hochzeit der Frau Füchsin. &&ax &&lg=x &&fe Erstes Märchen. Es war einmal ein alter Fuchs mit neun Schwänzen, der glaubte seine Frau wäre ihm nicht treu und wollte er sie in Versuchung führen. Er streckte sich unter die Bank, regte kein Glied und stellte sich als wenn er mausetot wäre. Die Frau Füchsin ging auf ihre Kammer, schloß sich ein, und ihre Magd, die Jungfer Katze, saß auf dem Herd und kochte. Als es nun bekannt ward, daß der alte Fuchs gestorben war, so meldeten sich die Freier. Da hörte die Magd daß jemand vor der Haustüre stand und anklopfte; sie ging und machte auf, und da wars ein junger Fuchs, der sprach »Was macht sie, Jungfer Katze? schläft se oder wacht se?« Sie[[1]] antwortete »ich schlafe nicht, ich wache. Will er wissen was ich mache? Ich koche warm Bier, tue Butter hinein: will der Herr mein Gast sein?« »Ich bedanke mich, Jungfer,« sagte der Fuchs, »was macht die Frau Füchsin?« Die Magd antwortete »sie sitzt auf ihrer Kammer, sie beklagt ihren Jammer, weint ihre Äuglein seidenrot, weil der alte Herr Fuchs ist tot.« »Sag sie ihr doch, Jungfer, es wäre ein junger Fuchs da, der wollte sie gerne freien.« »Schon gut, junger Herr.« Da ging die Katz die Tripp die Trapp, Da schlug die Tür die Klipp die Klapp. »Frau Füchsin, sind Sie[[1]] da?« »Ach ja, mein Kätzchen, ja.« »Es ist ein Freier draus.« »Mein Kind, wie sieht er aus?« »Hat er denn auch neun so schöne Zeiselschwänze wie der selige Herr Fuchs?« »Ach nein,« antwortete die Katze, »er hat nur Einen.« »So will ich ihn nicht haben.« Die Jungfer Katze ging hinab und schickte den Freier fort. Bald darauf klopfte es wieder an, und war ein anderer Fuchs vor der Türe, der wollte die Frau Füchsin freien; er hatte zwei Schwänze; aber es ging ihm nicht besser als dem ersten. Danach kamen noch andere immer mit einem Schwanz mehr, die alle abgewiesen wurden, bis zuletzt einer kam der neun Schwänze hatte wie der alte Herr Fuchs. Als die Wittwe das hörte, sprach sie voll Freude zu der Katze »nun macht mir Tor und Türe auf, und kehrt den alten Herrn Fuchs hinaus.« Als aber eben die Hochzeit sollte gefeiert werden, da regte sich der alte Herr Fuchs unter der Bank, prügelte das ganze Gesindel durch und jagte es mit der Frau Füchsin zum Haus hinaus. Zweites Märchen. Als der alte Herr Fuchs gestorben war, kam der Wolf als Freier, klopfte an die Türe, und die Katze, die als Magd bei der Frau Füchsin diente, machte auf. Der Wolf grüßte sie, und sprach »guten Tag, Frau Katz von Kehrewitz {{[Kehrewitz]}}, wie kommts daß sie alleine sitzt? was macht sie gutes da?« Die Katze antwortete »Brock mir Wecke und Milch ein: will der Herr mein Gast sein?« »Dank schön, Frau Katze,« antwortete der Wolf, »die Frau Füchsin nicht zu Haus?« Die Katze sprach »sie sitzt droben in der Kammer, beweint ihren Jammer, beweint ihre große Not, daß der alte Herr Fuchs ist tot.« Der Wolf antwortete »Will sie haben einen andern Mann, so soll sie nur herunter gan.« Die Katz die lief die Trepp hinan, und ließ ihr Zeilchen rummer gan bis sie kam vor den langen Saal: klopft an mit ihren fünf goldenen Ringen. »Frau Füchsin, ist sie drinnen? Will sie haben einen andern Mann, so soll sie nur herunter gan.« Die Frau Füchsin fragte »hat der Herr rote Höslein an, und hat er ein spitz Mäulchen?« »Nein« antwortete die Katze. »So kann er mir nicht dienen.« Als der Wolf abgewiesen war, kam ein Hund, ein Hirsch, ein Hase, ein Bär, ein Löwe, und nach einander alle Waldtiere. Aber es fehlte immer eine von den guten Eigenschaften, die der alte Herr Fuchs gehabt hatte, und die Katze mußte den Freier jedesmal wegschicken. Endlich kam ein junger Fuchs. Da sprach die Frau Füchsin »hat der Herr rote Höslein an, und hat er ein spitz Mäulchen?« »Ja,« sagte die Katze, »das hat er.« »So soll er herauf kommen« sprach die Frau Füchsin, und hieß die Magd das Hochzeitfest bereiten. »Katze, kehr die Stube aus, und schmeiß den alten Fuchs zum Fenster hinaus. Bracht so manche dicke fette Maus, fraß sie immer alleine, gab mir aber keine.« Da ward die Hochzeit gehalten mit dem jungen Herrn Fuchs, und ward gejubelt und getanzt, und wenn sie nicht aufgehört haben, so tanzen sie noch. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="39._Die_Wichtelmänner" 39. Die Wichtelmänner. &&ax &&lg=x &&fe Erstes Märchen. Es war ein Schuster ohne seine Schuld so arm geworden, daß ihm endlich nichts mehr übrig blieb als Leder zu einem einzigen Paar Schuhe. Nun schnitt er am Abend die Schuhe zu, die wollte er den nächsten Morgen in Arbeit nehmen; und weil er ein gutes Gewissen hatte, so legte er sich ruhig zu Bett, befahl sich dem lieben Gott und schlief ein. Morgens, nachdem er sein Gebet verrichtet hatte und sich zur Arbeit niedersetzen wollte, so standen die beiden Schuhe ganz fertig auf seinem Tisch. Er verwunderte sich und wußte nicht was er dazu sagen sollte. Er nahm die Schuhe in die Hand um sie näher zu betrachten: sie waren so sauber gearbeitet, daß kein Stich daran falsch war, gerade als wenn es ein Meisterstück sein sollte. Bald darauf trat auch schon ein Käufer ein, und weil ihm die Schuhe so gut gefielen, so bezahlte er mehr als gewöhnlich dafür, und der Schuster konnte von dem Geld Leder zu zwei Paar Schuhen erhandeln. Er schnitt sie Abends zu und wollte den nächsten Morgen mit frischem Mut an die Arbeit gehen, aber er brauchte es nicht, denn als er aufstand waren sie schon fertig, und es blieben auch nicht die Käufer aus, die ihm so viel Geld gaben daß er Leder zu vier Paar Schuhen einkaufen konnte. Er fand früh Morgens auch die vier Paar fertig; und so gings immer fort, was er Abends zuschnitt, das war am Morgen verarbeitet, also daß er bald wieder sein ehrliches Auskommen hatte und endlich ein wohlhabender Mann ward. Nun geschah es eines Abends nicht lange vor Weihnachten, als der Mann wieder zugeschnitten hatte, daß er vor Schlafengehen zu seiner Frau sprach »wie wärs wenn wir diese Nacht aufblieben um zu sehen wer uns solche hilfreiche Hand leistet?« Die Frau wars zufrieden und steckte ein Licht an; darauf verbargen sie sich in den Stubenecken, hinter den Kleidern, die da aufgehängt waren und gaben acht. Als es Mitternacht war, da kamen zwei kleine niedliche nackte Männlein, setzten sich vor des Schusters Tisch, nahmen alle zugeschnittene Arbeit zu sich und fingen an mit ihren Fingerlein so behend und schnell zu stechen, zu nähen, zu klopfen, daß der Schuster vor Verwunderung die Augen nicht abwenden konnte. Sie[[1]] ließen nicht nach, bis alles zu Ende gebracht war und fertig auf dem Tische stand, dann sprangen sie schnell fort. Am andern Morgen sprach die Frau »die kleinen Männer haben uns reich gemacht, wir müßten uns doch dankbar dafür bezeigen. Sie[[1]] laufen so herum, haben nichts am Leib und müssen frieren. Weißt du was? ich will Hemdlein, Rock, Wams und Höslein für sie nähen, auch jedem ein Paar Strümpfe stricken; mach du jedem ein Paar Schühlein dazu.« Der Mann sprach »das bin ich wohl zufrieden,« und Abends, wie sie alles fertig hatten, legten sie die Geschenke statt der zugeschnittenen Arbeit zusammen auf den Tisch und versteckten sich dann, um mit anzusehen wie sich die Männlein dazu anstellen würden. Um Mitternacht kamen sie herangesprungen und wollten sich gleich an die Arbeit machen, als sie aber kein zugeschnittenes Leder, sondern die niedlichen Kleidungsstücke fanden, verwunderten sie sich erst, dann aber bezeigten sie eine gewaltige Freude. Mit der größten Geschwindigkeit zogen sie sich an, strichen die schönen Kleider am Leib und sangen »sind wir nicht Knaben glatt und fein? was sollen wir länger Schuster sein!« Dann hüpften und tanzten sie, und sprangen über Stühle und Bänke. Endlich tanzten sie zur Türe hinaus. Von nun an kamen sie nicht wieder, dem Schuster aber ging es wohl so lang er lebte, und es glückte ihm alles was er unternahm. Zweites Märchen. Es war einmal ein armes Dienstmädchen, das war fleißig und reinlich, kehrte alle Tage das Haus und schüttete das Kehricht auf einen großen Haufen vor die Türe. Eines Morgens, als es eben wieder an die Arbeit gehen wollte, fand es einen Brief darauf, und weil es nicht lesen konnte, so stellte es den Besen in die Ecke und brachte den Brief seiner Herrschaft, und da war es eine Einladung von den Wichtelmännern, die baten das Mädchen ihnen ein Kind aus der Taufe zu heben. Das Mädchen wußte nicht was es tun sollte, endlich auf vieles Zureden, und weil sie ihm sagten so etwas dürfte man nicht abschlagen, so willigte es ein. Da kamen drei Wichtelmänner und führten es in einen hohlen Berg, wo die Kleinen lebten. Es war da alles klein, aber so zierlich und prächtig daß es nicht zu sagen ist. Die Kindbetterin lag in einem Bett von schwarzem Ebenholz mit Knöpfen von Perlen, die Decken waren mit Gold gestickt, die Wiege war von Elfenbein die Badewanne von Gold. Das Mädchen stand nun Gevatter und wollte dann wieder nach Haus gehen, die Wichtelmännlein baten es aber inständig drei Tage bei ihnen zu bleiben. Es blieb also und verlebte die Zeit in Lust und Freude, und die Kleinen taten ihm alles zu Liebe. Endlich wollte es sich auf den Rückweg machen, da steckten sie ihm die Taschen erst ganz voll Gold und führten es hernach wieder zum Berge heraus. Als es nach Haus kam, wollte es seine Arbeit beginnen, nahm den Besen in die Hand, der noch in der Ecke stand und fing an zu kehren. Da kamen fremde Leute aus dem Haus, die fragten wer es wäre und was es da zu tun hätte. Da war es nicht drei Tage, wie es gemeint hatte, sondern sieben Jahre bei den kleinen Männern im Berge gewesen, und seine vorige Herrschaft war in der Zeit gestorben. Drittes Märchen. Einer Mutter war ihr Kind von den Wichtelmännern aus der Wiege geholt, und ein Wechselbalg mit dickem Kopf und starren Augen hineingelegt, der nichts als essen und trinken wollte. In ihrer Not ging sie zu ihrer Nachbarin und fragte sie um Rat. Die Nachbarin sagte sie sollte den Wechselbalg in die Küche tragen, auf den Herd setzen, Feuer anmachen und in zwei Eierschalen Wasser kochen: das bringe den Wechselbalg zum Lachen, und wenn er lache, dann sei es aus mit ihm. Die Frau tat alles wie die Nachbarin gesagt hatte. Wie sie die Eierschalen mit Wasser über das Feuer setzte, sprach der Klotzkopf »nun bin ich so alt wie der Westerwald, und hab nicht gesehen daß jemand in Schalen kocht.« Und fing an darüber zu lachen. Indem er lachte kam auf einmal eine Menge von Wichtelmännerchen, die brachten das rechte Kind, setzten es auf den Herd und nahmen den Wechselbalg wieder mit fort. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="40._Der_Räuberbräutigam" 40. Der Räuberbräutigam. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Müller, der hatte eine schöne Tochter, und als sie herangewachsen war, so wünschte er sie wäre versorgt und gut verheiratet: er dachte »kommt ein ordentlicher Freier und hält um sie an, so will ich sie ihm geben.« Nicht lange so kam ein Freier, der schien sehr reich zu sein, und da der Müller nichts an ihm auszusetzen wußte, so versprach er ihm seine Tochter. Das Mädchen aber hatte ihn nicht so recht lieb, wie eine Braut ihren Bräutigam lieb haben soll, und hatte kein Vertrauen zu ihm: so oft sie ihn ansah oder an ihn dachte, fühlte sie ein Grauen in ihrem Herzen. Einmal sprach er zu ihr »du bist meine[[Besitz]] Braut und besuchst mich nicht einmal.« Das Mädchen antwortete »ich weis nicht wo euer Haus ist.« Da sprach der Bräutigam »mein Haus ist draußen im dunkeln Wald.« Es suchte Ausreden und meinte es könnte den Weg dahin nicht finden. Der Bräutigam sagte »künftigen Sonntag muß du hinaus zu mir kommen, ich habe die Gäste schon eingeladen, und damit du den Weg durch den Wald findest, so will ich dir Asche streuen.« Als der Sonntag kam und das Mädchen sich auf den Weg machen sollte, ward ihm so angst, es wußte selbst nicht recht warum, und damit es den Weg bezeichnen könnte, steckte es sich beide Taschen voll Erbsen und Linsen. An dem Eingang des Waldes war Asche gestreut, der ging es nach, warf aber bei jedem Schritt rechts und links ein paar Erbsen auf die Erde. Es ging fast den ganzen Tag bis es mitten in den Wald kam, wo er am dunkelsten war, da stand ein einsames Haus, das gefiel ihm nicht, denn es sah so finster und unheimlich aus. Es trat hinein, aber es war niemand darin und herrschte die größte Stille. Plötzlich rief eine Stimme »kehr um, kehr um, du junge Braut, du bist in einem Mörderhaus.« Das Mädchen blickte auf und sah daß die Stimme von einem Vogel kam, der da in einem Bauer an der Wand hing. Nochmals rief er »kehr um, kehr um, du junge Braut, du bist in einem Mörderhaus.« Da ging die schöne Braut weiter aus einer Stube in die andere und ging durch das ganze Haus, aber es war alles leer und keine Menschenseele zu finden. Endlich kam sie auch in den Keller, da saß eine steinalte Frau, die wackelte mit dem Kopfe. »Könnt ihr mir nicht sagen,« sprach das Mädchen, »ob mein Bräutigam hier wohnt?« »Ach, du armes Kind,« antwortete die Alte, »wo bist du hingeraten! du bist in einer Mördergrube. Du meinst du wärst eine Braut, die bald Hochzeit macht, aber du wirst die Hochzeit mit dem Tode halten. Siehst du, da hab ich einen großen Kessel mit Wasser aufsetzen müssen, wenn sie dich in ihrer Gewalt haben, so zerhacken sie dich ohne Barmherzigkeit, kochen dich und essen dich, denn es sind Menschenfresser. Wenn ich nicht Mitleiden mit dir habe und dich rette, so bist du verloren.« Darauf führte es die Alte hinter ein großes Faß, wo man es nicht sehen konnte. »Sei wie ein Mäuschen still,« sagte sie, »rege dich nicht und bewege dich nicht, sonst ists um dich geschehen. Nachts wenn die Räuber schlafen, wollen wir entfliehen, ich habe schon lange auf eine Gelegenheit gewartet.« Kaum war das geschehen, so kam die gottlose Rotte nach Haus. Sie[[1]] brachten eine andere Jungfrau mitgeschleppt, waren trunken und hörten nicht auf ihr Schreien und Jammern. Sie[[1]] gaben ihr Wein zu trinken, drei Gläser voll, ein Glas weißen, ein Glas roten, und ein Glas gelben, davon zersprang ihr das Herz. Darauf rissen sie ihr die feinen Kleider ab, legten sie auf einen Tisch, zerhackten ihren schönen Leib in Stücke und streuten Salz darüber. Die arme Braut hinter dem Faß zitterte und bebte, denn sie sah wohl was für ein Schicksal ihr die Räuber zugedacht hatten. Einer von ihnen bemerkte an dem kleinen Finger der Gemordeten einen goldenen Ring, und als er sich nicht gleich abziehen ließ, so nahm er ein Beil und hackte den Finger ab: aber der Finger sprang in die Höhe über das Faß hinweg und fiel der Braut gerade in den Schoß. Der Räuber nahm ein Licht und wollte ihn suchen, konnte ihn aber nicht finden. Da sprach ein anderer »hast du auch schon hinter dem großen Fasse gesucht?« Aber die Alte rief, »kommt und eßt, und laßt das Suchen bis Morgen: der Finger läuft euch nicht fort.« Da sprachen die Räuber »die Alte hat Recht,« ließen vom Suchen ab, setzten sich zum Essen, und die Alte tröpfelte ihnen einen Schlaftrunk in den Wein, daß sie sich bald in den Keller hinlegten, schliefen und schnarchten. Als die Braut das hörte, kam sie hinter dem Faß hervor, und mußte über die Schlafenden wegschreiten, die da reihenweise auf der Erde lagen, und hatte große Angst sie möchte einen aufwecken. Aber Gott half ihr daß sie glücklich durchkam, die Alte stieg mit ihr hinauf, öffnete die Türe, und sie eilten so schnell sie konnten aus der Mördergrube fort. Die gestreute Asche hatte der Wind weggeweht, aber die Erbsen und Linsen hatten gekeimt und waren aufgegangen, und zeigten im Mondenschein den Weg. Sie[[1]] gingen die ganze Nacht bis sie Morgens in der Mühle ankamen. Da erzählte das Mädchen seinem Vater alles wie es sich zugetragen hatte. Als der Tag kam wo die Hochzeit sollte gehalten werden, erschien der Bräutigam, der Müller aber hatte alle seine Verwandte und Bekannte einladen lassen. Wie sie bei Tische saßen, ward einem jeden aufgegeben etwas zu erzählen. Die Braut saß still und redete nichts. Da sprach der Bräutigam zur Braut »nun, mein Herz, weißt du nichts? erzähl uns auch etwas.« Sie[[1]] antwortete »so will ich einen Traum erzählen. Ich ging allein durch einen Wald und kam endlich zu einem Haus, da war keine Menschenseele darin, aber an der Wand war ein Vogel in einem Bauer, der rief »kehr um, kehr um, du junge Braut, du bist in einem Mörderhaus.« Und rief es noch einmal. Mein Schatz, das träumte mir nur. Da ging ich durch alle Stuben, und alle waren leer, und es war so unheimlich darin; ich stieg endlich hinab in den Keller, da saß eine steinalte Frau darin, die wackelte mit dem Kopfe. Ich fragte sie »wohnt mein Bräutigam in diesem Haus?« Sie[[1]] antwortete »ach, du armes Kind, du bist in eine Mördergrube geraten, dein Bräutigam wohnt hier, aber er will dich zerhacken und töten, und will dich dann kochen und essen.« Mein Schatz, das träumte mir nur. Aber die alte Frau versteckte mich hinter ein großes Faß, und kaum war ich da verborgen, so kamen die Räuber heim und schleppten eine Jungfrau mit sich, der gaben sie dreierlei Wein zu trinken, weißen, roten und gelben, davon zersprang ihr das Herz. Mein Schatz, das träumte mir nur. Darauf zogen sie ihr die feinen Kleider ab, zerhackten ihren schönen Leib auf einem Tisch in Stücke und bestreuten ihn mit Salz. Mein Schatz, das träumte mir nur. Und einer von den Räubern sah daß an dem Goldfinger noch ein Ring steckte, und weil er schwer abzuziehen war, so nahm er ein Beil und hieb ihn ab, aber der Finger sprang in die Höhe und sprang hinter das große Faß und fiel mir in den Schoß. Und da ist der Finger mit dem Ring.« Bei diesen Worten zog sie ihn hervor und zeigte ihn den Anwesenden. Der Räuber, der bei der Erzählung ganz kreideweiß geworden war, sprang auf und wollte entfliehen, aber die Gäste hielten ihn fest und überlieferten ihn den Gerichten. Da ward er und seine ganze Bande für ihre Schandtaten gerichtet. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="41._Herr_Korbes" 41. Herr Korbes. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Hühnchen und ein Hähnchen, die wollten zusammen eine Reise machen. Da baute das Hähnchen einen schönen Wagen, der vier rote Räder hatte, und spannte vier Mäuschen davor. Das Hühnchen setzte sich mit dem Hähnchen auf und sie fuhren mit einander fort. Nicht lange, so begegnete ihnen eine Katze, die sprach »wo wollt ihr hin?« Hähnchen antwortete »als hinaus nach des Herrn Korbes seinem Haus.« »Nehmt mich mit« sprach die Katze. Hähnchen antwortete »recht gerne, setz dich hinten auf, daß du vornen nicht herabfällst. Nehmt euch wohl in acht daß ihr meine[[Besitz]] roten Räderchen nicht schmutzig macht. Ihr Räderchen, schweift, ihr Mäuschen, pfeift, als hinaus nach des Herrn Korbes seinem Haus.« Danach kam ein Mühlstein, dann ein Ei, dann eine Ente, dann eine Stecknadel, und zuletzt eine Nähnadel, die setzten sich auch alle auf den Wagen und fuhren mit. Wie sie aber zu des Herrn Korbes Haus kamen, so war der Herr Korbes nicht da. Die Mäuschen fuhren den Wagen in die Scheune, das Hühnchen flog mit dem Hähnchen auf eine Stange, die Katze setzte sich ins Kamin, die Ente in die Bornstange, das Ei wickelte sich ins Handtuch, die Stecknadel steckte sich ins Stuhlkissen, die Nähnadel sprang aufs Bett mitten ins Kopfkissen, und der Mühlstein legte sich über die Türe. Da kam der Herr Korbes nach Haus, ging ans Kamin und wollte Feuer anmachen, da warf ihm die Katze das Gesicht voll Asche. Er lief geschwind in die Küche und wollte sich abwaschen, da spritzte ihm die Ente Wasser ins Gesicht. Er wollte sich an dem Handtuch abtrocknen, aber das Ei rollte ihm entgegen, zerbrach und klebte ihm die Augen zu. Er wollte sich ruhen, und setzte sich auf den Stuhl, da stach ihn die Stecknadel. Er geriet in Zorn, und warf sich aufs Bett, wie er aber den Kopf aufs Kissen niederlegte, stach ihn die Nähnadel, so daß er aufschrie und ganz wütend in die weite Welt laufen wollte. Wie er aber an die Haustür kam, sprang der Mühlstein herunter und schlug ihn tot. Der Herr Korbes muß ein recht böser Mann gewesen sein. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="42._Der_Herr_Gevatter" 42. Der Herr Gevatter. &&ax &&lg=x &&fe Ein armer Mann hatte so viel Kinder, daß er schon alle Welt zu Gevatter gebeten hatte, und als er noch eins bekam, so war niemand mehr übrig, den er bitten konnte. Er wußte nicht was er anfangen sollte, legte sich in seiner Betrübnis nieder und schlief ein. Da träumte ihm er sollte vor das Tor gehen und den ersten, der ihm begegnete, zu Gevatter bitten. Als er aufgewacht war, beschloß er dem Traume zu folgen, ging hinaus vor das Tor und den ersten, der ihm begegnete, bat er zu Gevatter. Der Fremde schenkte ihm ein Gläschen mit Wasser und sagte »das ist ein wunderbares Wasser, damit kannst du die Kranken gesund machen, du mußt nur sehen wo der Tod steht. Steht er beim Kopf, so gib dem Kranken von dem Wasser, und er wird gesund werden, steht er aber bei den Füßen, so ist alle Mühe vergebens, er muß sterben.« Der Mann konnte von nun an immer sagen ob ein Kranker zu retten war oder nicht, ward berühmt durch seine Kunst und verdiente viel Geld. Einmal ward er zu dem Kind des Königs gerufen, und als er eintrat, sah er den Tod bei dem Kopfe stehen, und heilte es mit dem Wasser, und so war es auch bei dem zweitenmal, aber das drittemal stand der Tod bei den Füßen, da mußte das Kind sterben. Der Mann wollte doch einmal seinen Gevatter besuchen und ihm erzählen wie es mit dem Wasser gegangen war. Als er aber ins Haus kam, war eine so wunderliche Wirtschaft darin. Auf der ersten Treppe zankten sich Schippe und Besen, und schmissen gewaltig aufeinander los. Er fragte sie »wo wohnt der Herr Gevatter?« Der Besen antwortete »eine Treppe höher.« Als er auf die zweite Treppe kam, sah er eine Menge toter Finger liegen. Er fragte »wo wohnt der Herr Gevatter?« Einer aus den Fingern antwortete »eine Treppe höher.« Auf der dritten Treppe lag ein Haufen toter Köpfe, die wiesen ihn wieder eine Treppe höher. Auf der vierten Treppe sah er Fische über dem Feuer stehen, die brutzelten in der Pfanne, und backten sich selber. Sie[[1]] sprachen auch »eine Treppe höher.« Und als er die fünfte hinauf gestiegen war, so kam er vor eine Stube und guckte durch das Schlüsselloch, da sah er den Gevatter, der ein paar lange Hörner hatte. Als er die Türe aufmachte und hinein ging, legte sich der Gevatter geschwind aufs Bett und deckte sich zu. Da sprach der Mann »Herr Gevatter, was ist für eine wunderliche Wirtschaft in eurem Hause? als ich auf eure erste Treppe kam, so zankten sich Schippe und Besen mit einander und schlugen gewaltig auf einander los.« »Wie seid ihr so einfältig,« sagte der Gevatter, »das war der Knecht und die Magd, die sprachen mit einander.« »Aber auf der zweiten Treppe sah ich tote Finger liegen.« »Ei, wie seid ihr albern! das waren Skorzenerwurzel {{[Skorzenerwurzel]}}.« »Auf der dritten Treppe lag ein Haufen Totenköpfe.« »Dummer Mann, das waren Krautköpfe.« »Auf der vierten sah ich Fische in der Pfanne, die brutzelten, und backten sich selber.« Wie er das gesagt hatte, kamen die Fische und trugen sich selber auf. »Und als ich die fünfte Treppe heraufgekommen war, guckte ich durch das Schlüsselloch einer Tür, und da sah ich Euch, Gevatter, und ihr hattet lange lange Hörner.« »Ei, das ist nicht wahr.« Dem Mann ward angst, und er lief fort, und wer weis was ihm der Herr Gevatter sonst angetan hätte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="43._Frau_Trude" 43. Frau Trude. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein kleines Mädchen, das war eigensinnig und vorwitzig, und wenn ihm seine Eltern etwas sagten, so gehorchte es nicht: wie konnte es dem gut gehen? Eines Tages sagte es zu seinen Eltern »ich habe so viel von der Frau Trude gehört, ich will einmal zu ihr hingehen: die Leute sagen es sehe so wunderlich bei ihr aus und erzählen es seien so seltsame Dinge in ihrem Hause, da bin ich ganz neugierig geworden.« Die Eltern verboten es ihr streng und sagten »die Frau Trude ist eine böse Frau, die gottlose Dinge treibt, und wenn du zu ihr hingehst, so bist du unser Kind nicht mehr.« Aber das Mädchen kehrte sich nicht an das Verbot seiner Eltern und ging doch zu der Frau Trude. Und als es zu ihr kam, fragte die Frau Trude »warum bist du so bleich?« »Ach,« antwortete es, und zitterte am Leibe, »ich habe mich so erschrocken über das was ich gesehen habe.« »Was hast du gesehen?« »Ich sah auf eurer Stiege einen schwarzen Mann.« »Das war ein Köhler.« »Dann sah ich einen grünen Mann.« »Das war ein Jäger.« »Danach sah ich einen blutroten Mann.« »Das war ein Metzger.« »Ach, Frau Trude, mir grauste, ich sah durchs Fenster und sah Euch nicht, wohl aber den Teufel mit feurigem Kopf.« »Oho,« sagte sie, »so hast du die Hexe in ihrem rechten Schmuck gesehen: ich habe schon lange auf dich gewartet und nach dir verlangt, du sollst mir leuchten.« Da verwandelte sie das Mädchen in einen Holzblock und warf ihn ins Feuer. Und als er in voller Glut war, setzte sie sich daneben, wärmte sich daran und sprach »das leuchtet einmal hell!« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="44._Der_Gevatter_Tod" 44. Der Gevatter Tod. &&ax &&lg=x &&fe Es hatte ein armer Mann zwölf Kinder und mußte Tag und Nacht arbeiten damit er ihnen nur Brot geben konnte. Als nun das dreizehnte zur Welt kam, wußte er sich in seiner Not nicht zu helfen, lief hinaus auf die große Landstraße und wollte den ersten, der ihm begegnete, zu Gevatter bitten. Der erste der ihm begegnete, das war der liebe Gott, der wußte schon was er auf dem Herzen hatte, und sprach zu ihm »armer Mann, du dauerst mich, ich will dein Kind aus der Taufe heben, will für es sorgen und es glücklich machen auf Erden.« Der Mann sprach »wer bist du?« »Ich bin der liebe Gott.« »So begehr ich dich nicht zu Gevatter,« sagte der Mann, »du gibst dem Reichen und lässest den Armen hungern.« Das sprach der Mann, weil er nicht wußte wie weislich Gott Reichtum und Armut verteilt. Also wendete er sich von dem Herrn und ging weiter. Da trat der Teufel zu ihm und sprach »was suchst du? willst du mich zum Paten deines Kindes nehmen, so will ich ihm Gold die Hülle und Fülle und alle Lust der Welt dazu geben.« Der Mann fragte »wer bist du?« »Ich bin der Teufel.« »So begehr ich dich nicht zum Gevatter,« sprach der Mann, »du betrügst und verführst die Menschen.« Er ging weiter, da kam der dürrbeinige Tod auf ihn zugeschritten und sprach »nimm mich zu Gevatter.« Der Mann fragte »wer bist du?« »Ich bin der Tod, der alle gleich macht.« Da sprach der Mann »du bist der rechte, du holst den Reichen wie den Armen ohne Unterschied, du sollst mein Gevattersmann sein.« Der Tod antwortete »ich will dein Kind reich und berühmt machen, denn wer mich zum Freunde hat, dem kanns nicht fehlen.« Der Mann sprach »künftigen Sonntag ist die Taufe, da stelle dich zu rechter Zeit ein.« Der Tod erschien wie er versprochen hatte, und stand ganz ordentlich Gevatter. Als der Knabe zu Jahren gekommen war, trat zu einer Zeit der Pate ein und hieß ihn mitgehen. Er führte ihn hinaus in den Wald, zeigte ihm ein Kraut, das da wuchs, und sprach »jetzt sollst du dein Patengeschenk empfangen. Ich mache dich zu einem berühmten Arzt. Wenn du zu einem Kranken gerufen wirst, so will ich dir jedesmal erscheinen: steh ich zu Häupten des Kranken, so kannst du keck sprechen, du wolltest ihn wieder gesund machen, und gibst du ihm dann von jenem Kraut ein, so wird er genesen; steh ich aber zu Füßen des Kranken, so ist er mein, und du mußt sagen alle Hilfe sei umsonst und kein Arzt in der Welt könne ihn retten. Aber hüte dich daß du das Kraut nicht gegen meinen[[Besitz]] Willen gebrauchst, es könnte dir schlimm ergehen.« Es dauerte nicht lange, so war der Jüngling der berühmteste Arzt auf der ganzen Welt. »Er braucht nur den Kranken anzusehen, so weis er schon wie es steht, ob er wieder gesund wird, oder ob er sterben muß,« so hieß es von ihm, und weit und breit kamen die Leute herbei, holten ihn zu den Kranken und gaben ihm so viel Gold, daß er bald ein reicher Mann war. Nun trug es sich zu, daß der König erkrankte: der Arzt ward berufen und sollte sagen ob Genesung möglich wäre. Wie er aber zu dem Bette trat, so stand der Tod zu den Füßen des Kranken, und da war für ihn kein Kraut mehr gewachsen. »Wenn ich doch einmal den Tod überlisten könnte,« dachte der Arzt, »er wirds freilich übel nehmen, aber da ich sein Pate bin, so drückt er wohl ein Auge zu: ich wills wagen.« Er faßte also den Kranken und legte ihn verkehrt, so daß der Tod zu Häupten desselben zu stehen kam. Dann gab er ihm von dem Kraute ein, und der König erholte sich und ward wieder gesund. Der Tod aber kam zu dem Arzte, machte ein böses und finsteres Gesicht, drohte mit dem Finger und sagte »du hast mich hinter das Licht geführt: diesmal will ich dirs nachsehen, weil du mein Pate bist, aber wagst du das noch einmal, so geht dirs an den Kragen, und ich nehme dich selbst mit fort.« Bald hernach verfiel die Tochter des Königs in eine schwere Krankheit. Sie[[1]] war sein einziges Kind, er weinte Tag und Nacht, daß ihm die Augen erblindeten, und ließ bekannt machen wer sie vom Tode errettete, der sollte ihr Gemahl werden und die Krone erben. Der Arzt, als er zu dem Bette der Kranken kam, erblickte den Tod zu ihren Füßen. Er hätte sich der Warnung seines Paten erinnern sollen, aber die große Schönheit der Königstochter und das Glück ihr Gemahl zu werden betörten ihn so, daß er alle Gedanken in den Wind schlug. Er sah nicht daß der Tod ihm zornige Blicke zuwarf, die Hand in die Höhe hob und mit der dürren Faust drohte; er hob die Kranke auf, und legte ihr Haupt dahin, wo die Füße gelegen hatten. Dann gab er ihr das Kraut ein, und alsbald röteten sich ihre Wangen, und das Leben regte sich von neuem. Der Tod, als er sich zum zweitenmal um sein Eigentum betrogen sah, ging mit langen Schritten auf den Arzt zu und sprach »es ist aus mit dir und die Reihe kommt nun an dich,« packte ihn mit seiner eiskalten Hand so hart, daß er nicht widerstehen konnte, und führte ihn in eine unterirdische Höhle. Da sah er wie tausend und tausend Lichter in unübersehbaren Reihen brannten, einige groß, andere halbgroß, andere klein. Jeden Augenblick verloschen einige, und andere brannten wieder auf, also daß die Flämmchen in beständigem Wechsel hin und her zu hüpfen schienen. »Siehst du,« sprach der Tod, »das sind die Lebenslichter der Menschen. Die großen gehören Kindern, die halbgroßen Eheleuten in ihren besten Jahren, die kleinen gehören Greisen. Doch auch Kinder und junge Leute haben oft nur ein kleines Lichtchen.« »Zeige mir mein Lebenslicht« sagte der Arzt und meinte es wäre noch recht groß. Der Tod deutete auf ein kleines Endchen {{[Endchen]}}, das eben auszugehen drohte und sagte »siehst du, da ist es.« »Ach, lieber Pate,« sagte der erschrockene Arzt, »zündet mir ein neues an, tut mirs zu Liebe, damit ich meines Lebens genießen kann, König werde und Gemahl der schönen Königstochter.« »Ich kann nicht,« antwortete der Tod, »erst muß eins verlöschen, eh ein neues anbrennt.« »So setzt das alte auf ein neues, das gleich fortbrennt wenn jenes zu Ende ist,« bat der Arzt. Der Tod stellte sich als ob er seinen Wunsch erfüllen wollte, langte ein frisches großes Licht herbei: aber weil er sich rächen wollte versah ers beim Umstecken absichtlich, und das Stückchen fiel um und verlosch. Alsbald sank der Arzt zu Boden, und war nun selbst in die Hand des Todes geraten. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="45._Daumerlings_Wanderschaft" 45. Daumerlings Wanderschaft. &&ax &&lg=x &&fe Ein Schneider hatte einen Sohn, der war klein geraten und nicht größer als ein Daumen, darum hieß er auch der Daumerling. Er hatte aber Courage im Leibe und sagte zu seinem Vater, »Vater, ich soll und muß in die Welt hinaus.« »Recht, mein Sohn,« sprach der Alte, nahm eine lange Stopfnadel und machte am Licht einen Knoten von Siegellack daran, »da hast du auch einen Degen mit auf den Weg.« Nun wollte das Schneiderlein noch einmal mitessen und hüpfte in die Küche, um zu sehen was die Frau Mutter zu guter Letzt gekocht hätte. Es war aber eben angerichtet, und die Schüssel stand auf dem Herd. Da sprach es »Frau Mutter, was gibts heute zu essen?« »Sieh du selbst zu« sagte die Mutter. Da sprang Daumerling auf den Herd und guckte in die Schüssel: weil er aber den Hals zu weit hineinstreckte, faßte ihn der Dampf von der Speise und trieb ihn zum Schornstein hinaus. Eine Weile ritt er auf dem Dampf in der Luft herum, bis er endlich wieder auf die Erde herabsank. Nun war das Schneiderlein draußen in der weiten Welt, zog umher, ging auch bei einem Meister in die Arbeit, aber das Essen war ihm nicht gut genug. »Frau Meisterin, wenn sie uns kein besser Essen gibt,« sagte der Daumerling, »so gehe ich fort und schreibe morgen früh mit Kreide an ihre Haustüre Kartoffel zu viel, Fleisch zu wenig, Adies, Herr Kartoffelkönig.« »Was willst du wohl, Grashüpfer?« sagte die Meisterin, ward bös, ergriff einen Lappen und wollte nach ihm schlagen: mein Schneiderlein kroch behende unter den Fingerhut, guckte unten hervor und streckte der Frau Meisterin die Zunge heraus. Sie[[1]] hob den Fingerhut auf und wollte ihn packen, aber der kleine Daumerling hüpfte in die Lappen, und wie die Meisterin die Lappen auseinander warf und ihn suchte, machte er sich in den Tischritz. »He, he, Frau Meisterin,« rief er und steckte den Kopf in die Höhe, und wenn sie zuschlagen wollte, sprang er in die Schublade hinunter. Endlich aber erwischte sie ihn doch und jagte ihn zum Haus hinaus. Das Schneiderlein wanderte und kam in einen großen Wald: da begegnete ihm ein Haufen Räuber, die hatten vor des Königs Schatz zu bestehlen. Als sie das Schneiderlein sahen, dachten sie »so ein kleiner Kerl kann durch ein Schlüsselloch kriechen und uns als Dietrich dienen.« »Heda,« rief einer, »du Riese Goliath, willst du mit zur Schatzkammer gehen? du kannst dich hineinschleichen, und das Geld heraus werfen.« Der Daumerling besann sich, endlich sagte er »ja« und ging mit zu der Schatzkammer. Da besah er die Türe oben und unten, ob kein Ritz darin wäre. Nicht lange so entdeckte er einen, der breit genug war um ihn einzulassen. Er wollte auch gleich hindurch, aber eine von den beiden Schildwachen, die vor der Tür standen, bemerkte ihn und sprach zu der andern »was kriecht da für eine häßliche Spinne? ich will sie tot treten.« »Laß das arme Tier gehen,« sagte die andere, »es hat dir ja nichts getan.« Nun kam der Daumerling durch den Ritz glücklich in die Schatzkammer, öffnete das Fenster, unter welchem die Räuber standen, und warf ihnen einen Taler nach dem andern hinaus. Als das Schneiderlein in der besten Arbeit war, hörte es den König kommen, der seine Schatzkammer besehen wollte, und verkroch sich eilig. Der König merkte daß viele harte Taler fehlten, konnte aber nicht begreifen wer sie sollte gestohlen haben, da Schlösser und Riegel in gutem Stand waren, und alles wohl verwahrt schien. Da ging er wieder fort und sprach zu den zwei Wachen »habt acht, es ist einer hinter dem Geld.« Als der Daumerling nun seine Arbeit von neuem anfing, hörten sie das Geld drinnen sich regen und klingen klipp, klapp, klipp, klapp. Sie[[1]] sprangen geschwind hinein und wollten den Dieb greifen. Aber das Schneiderlein, das sie kommen hörte, war noch geschwinder, sprang in eine Ecke und deckte einen Taler über sich, so daß nichts von ihm zu sehen war, dabei neckte es noch die Wachen und rief »hier bin ich.« Die Wachen liefen dahin, wie sie aber ankamen, war es schon in eine andere Ecke unter einen Taler gehüpft, und rief »he, hier bin ich.« Die Wachen sprangen eilends herbei, Daumerling war aber längst in einer dritten Ecke und rief »he, hier bin ich.« Und so hatte es sie zu Narren und trieb sie so lange in der Schatzkammer herum, bis sie müde waren und davon gingen. Nun warf es die Taler nach und nach alle hinaus: den letzten schnellte es mit aller Macht, hüpfte dann selber noch behendiglich darauf und flog mit ihm durchs Fenster hinab. Die Räuber machten ihm große Lobsprüche, »du bist ein gewaltiger Held,« sagten sie, »willst du unser Hauptmann werden?« Daumerling bedankte sich aber und sagte er wollte erst die Welt sehen. Sie[[1]] teilten nun die Beute, das Schneiderlein aber verlangte nur einen Kreuzer, weil es nicht mehr tragen konnte. Darauf schnallte es seinen Degen wieder um den Leib, sagte den Räubern guten Tag und nahm den Weg zwischen die Beine. Es ging bei einigen Meistern in Arbeit, aber sie wollte ihm nicht schmecken: endlich verdingte es sich als Hausknecht in einem Gasthof. Die Mägde aber konnten es nicht leiden, denn ohne daß sie ihn sehen konnten sah er alles, was sie heimlich taten, und gab bei der Herrschaft an was sie sich von den Tellern genommen und aus dem Keller für sich weggeholt hatten. Da sprachen sie »wart, wir wollen dirs eintränken« und verabredeten untereinander ihm einen Schabernack anzutun. Als die eine Magd bald hernach im Garten mähte, und den Daumerling da herumspringen und an den Kräutern auf und abkriechen sah, mähte sie ihn mit dem Gras schnell zusammen, band alles in ein großes Tuch und warf es heimlich den Kühen vor. Nun war eine große schwarze darunter, die schluckte ihn mit hinab, ohne ihm weh zu tun. Unten gefiels ihm aber schlecht, denn es war da ganz finster und brannte auch kein Licht. Als die Kuh gemelkt wurde, da rief er »strip, strap, stroll, ist der Eimer bald voll?« Doch bei dem Geräusch des Melkens wurde er nicht verstanden. Hernach trat der Hausherr in den Stall und sprach »morgen soll die Kuh da geschlachtet werden.« Da ward dem Daumerling angst, daß er mit heller Stimme rief »laßt mich erst heraus, ich sitze ja drin.« Der Herr hörte das wohl, wußte aber nicht wo die Stimme herkam. »Wo bist du?« fragte er. »In der schwarzen,« antwortete er, aber der Herr verstand nicht was das heißen sollte und ging fort. Am andern Morgen ward die Kuh geschlachtet. Glücklicherweise traf bei dem Zerhacken und Zerlegen den Daumerling kein Hieb, aber er geriet unter das Wurstfleisch. Wie nun der Metzger herbeitrat und seine Arbeit anfing, schrie er aus Leibeskräften »hackt nicht zu tief, hackt nicht zu tief, ich stecke ja drunter.« Vor[[Präpos]] dem Lärmen der Hackmesser hörte das kein Mensch. Nun hatte der arme Daumerling seine Not, aber die Not macht Beine, und da sprang er so behend zwischen den Hackmessern durch, daß ihn keins anrührte, und er mit heiler Haut davon kam. Aber entspringen konnte er auch nicht: es war keine andere Auskunft, er mußte sich mit den Speckbrocken in eine Blutwurst hinunter stopfen lassen. Da war das Quartier etwas enge, und dazu ward er noch in den Schornstein zum Räuchern aufgehängt, wo ihm Zeit und Weile gewaltig lang wurde. Endlich im Winter wurde er herunter geholt, weil die Wurst einem Gast sollte vorgesetzt werden. Als nun die Frau Wirtin die Wurst in Scheiben schnitt, nahm er sich in acht, daß er den Kopf nicht zu weit vorstreckte, damit ihm nicht etwa der Hals mit abgeschnitten würde: endlich ersah er seinen Vorteil, machte sich Luft und sprang heraus. In dem Hause aber, wo es ihm so übel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht länger mehr bleiben, sondern begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Doch seine Freiheit dauerte nicht lange. Auf dem offenen Feld kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. »Ei, Herr Fuchs,« riefs Schneiderlein, »ich bins ja, der in eurem Hals steckt, laßt mich wieder frei.« »Du hast recht,« antwortete der Fuchs, »an dir habe ich doch so viel als nichts; versprichst du mir die Hühner in deines Vaters Hof, so will ich dich loslassen.« »Von Herzen gern,« antwortete der Daumerling, »die Hühner sollst du alle haben, das gelobe ich dir.« Da ließ ihn der Fuchs wieder los und trug ihn selber heim. Als der Vater sein liebes Söhnlein wieder sah, gab er dem Fuchs gerne alle die Hühner die er hatte. »Dafür bring ich dir auch ein schön Stück Geld mit« sprach der Daumerling und reichte ihm den Kreuzer, den er auf seiner Wanderschaft erworben hatte. »Warum hat aber der Fuchs die armen Piephühner zu fressen kriegt?« »Ei, du Narr, deinem Vater wird ja wohl sein Kind lieber sein als die Hühner auf dem Hof.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="46._Fitchers_Vogel" 46. Fitchers {{[Fitchers]}} Vogel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Hexenmeister, der nahm die Gestalt eines armen Mannes an, ging vor die Häuser und bettelte, und fing die schönen Mädchen. Kein Mensch wußte wo er sie hinbrachte, denn sie kamen nie wieder zum Vorschein. Eines Tages erschien er vor der Türe eines Mannes, der drei schöne Töchter hatte, sah aus wie ein armer schwacher Bettler und trug eine Kötze [{{Kötze}}, Tragekorb] auf dem Rücken, als wollte er milde Gaben darin sammeln. Er bat um ein bisschen Essen, und als die älteste herauskam und ihm ein Stück Brot reichen wollte, rührte er sie nur an, und sie mußte in seine Kötze springen. Darauf eilte er mit starken Schritten fort und trug sie in einen finstern Wald zu seinem Haus, das mitten darin stand. In dem Haus war alles prächtig: er gab ihr was sie nur wünschte und sprach »mein Schatz, es wird dir wohlgefallen bei mir, du hast alles was dein Herz begehrt.« Das dauerte ein paar Tage, da sagte er »ich muß fortreisen und dich eine kurze Zeit allein lassen, da sind die Hausschlüssel, du kannst überall hingehen und alles betrachten, nur nicht in eine Stube, die dieser kleine Schlüssel da aufschließt, das verbiet ich dir bei Lebensstrafe.« Auch gab er ihr ein Ei und sprach »das Ei verwahre mir sorgfältig und trag es lieber beständig bei dir, denn ginge es verloren, so würde ein großes Unglück daraus entstehen.« Sie[[1]] nahm die Schlüssel und das Ei, und versprach alles wohl auszurichten. Als er fort war, ging sie in dem Haus herum von unten bis oben und besah alles, die Stuben glänzten von Silber und Gold, und sie meinte sie hätte nie so große Pracht gesehen. Endlich kam sie auch zu der verbotenen Tür, sie wollte vorüber gehen, aber die Neugierde ließ ihr keine Ruhe. Sie[[1]] besah den Schlüssel, er sah aus wie ein anderer, sie steckte ihn ein und drehte ein wenig, da sprang die Türe auf. Aber was erblickte sie als sie hineintrat? ein großes blutiges Becken stand in der Mitte, und darin lagen tote zerhauene Menschen, daneben stand ein Holzblock und ein blinkendes Beil lag darauf. Sie[[1]] erschrak so sehr, daß das Ei, das sie in der Hand hielt, hineinplumpste. Sie[[1]] holte es wieder heraus und wischte das Blut ab, aber vergeblich, es kam den Augenblick wieder zum Vorschein; sie wischte und schabte, aber sie konnte es nicht herunter kriegen. Nicht lange, so kam der Mann von der Reise zurück, und das erste was er forderte war der Schlüssel und das Ei. Sie[[1]] reichte es ihm hin, aber sie zitterte dabei, und er sah gleich an den roten Flecken daß sie in der Blutkammer gewesen war. »Bist du gegen meinen[[Besitz]] Willen in die Kammer gegangen,« sprach er, »so sollst du gegen deinen Willen wieder hinein. Dein Leben ist zu Ende.« Er warf sie nieder, schleifte sie an den Haaren hin, schlug ihr das Haupt auf dem Blocke ab und zerhackte sie, daß ihr Blut auf dem Boden dahin floß. Dann warf er sie zu den übrigen ins Becken. »Jetzt will ich mir die zweite holen« sprach der Hexenmeister, ging wieder in Gestalt eines armen Mannes vor das Haus und bettelte. Da brachte ihm die zweite ein Stück Brot, er fing sie wie die erste durch bloßes Anrühren und trug sie fort. Es erging ihr nicht besser als ihrer Schwester, sie ließ sich von ihrer Neugierde verleiten, öffnete die Blutkammer und schaute hinein, und mußte es bei seiner Rückkehr mit dem Leben büßen. Er ging nun und holte die dritte, die aber war klug und listig. Als er ihr die Schlüssel und das Ei gegeben hatte und fortgereist war, verwahrte sie das Ei erst sorgfältig, dann besah sie das Haus und ging zuletzt in die verbotene Kammer. Ach, was erblickte sie! ihre beiden lieben Schwestern lagen da in dem Becken jämmerlich ermordet und zerhackt. Aber sie hub an und suchte die Glieder zusammen und legte sie zurecht, Kopf, Leib, Arm und Beine. Und als nichts mehr fehlte, da fingen die Glieder an sich zu regen und schlossen sich an einander, und beide Mädchen öffneten die Augen und waren wieder lebendig. Da freuten sie sich, küßten und herzten einander. Der Mann forderte bei seiner Ankunft gleich Schlüssel und Ei, und als er keine Spur von Blut daran entdecken konnte, sprach er »du hast die Probe bestanden, du sollst meine[[Besitz]] Braut sein.« Er hatte jetzt keine Macht mehr über sie und mußte tun was sie verlangte. »Wohlan,« antwortete sie, »du sollst vorher einen Korb voll Gold meinem Vater und meiner Mutter bringen und es selbst auf deinem Rücken hintragen; derweil will ich die Hochzeit bestellen.« Dann lief sie zu ihren Schwestern, die sie in einem Kämmerlein versteckt hatte und sagte »der Augenblick ist da, wo ich euch retten kann: der Bösewicht soll euch selbst wieder heimtragen; aber sobald ihr zu Hause seid, sendet mir Hilfe.« Sie[[1]] setzte beide in einen Korb und deckte sie mit Gold ganz zu, daß nichts von ihnen zu sehen war, dann rief sie den Hexenmeister herein und sprach »nun trag den Korb fort, aber daß du mir unterwegs nicht stehen bleibst und ruhest, ich schaue durch mein Fensterlein und habe acht.« Der Hexenmeister hob den Korb auf seinen Rücken und ging damit fort, er drückte ihn aber so schwer, daß ihm der Schweiß über das Angesicht lief. Da setzte er sich nieder und wollte ein wenig ruhen, aber gleich rief eine im Korbe »ich schaue durch mein Fensterlein und sehe daß du ruhst, willst du gleich weiter.« Er meinte die Braut rief ihm das zu und machte sich wieder auf. Nochmals wollte er sich setzen, aber es rief gleich »ich schaue durch mein Fensterlein und sehe daß du ruhst, willst du gleich weiter.« Und so oft er stillstand, rief es, und da mußte er fort, bis er endlich stöhnend und außer Atem den Korb mit dem Gold und den beiden Mädchen in ihrer Eltern Haus brachte. Daheim aber ordnete die Braut das Hochzeitfest an und ließ die Freunde des Hexenmeisters dazu einladen. Dann nahm sie einen Totenkopf mit grinsenden Zähnen, setzte ihm einen Schmuck auf und einen Blumenkranz, trug ihn oben vors Bodenloch und ließ ihn da hinausschauen. Als alles bereit war, steckte sie sich in ein Faß mit Honig, schnitt das Bett auf und wälzte sich darin, daß sie aussah wie ein wunderlicher Vogel und kein Mensch sie erkennen konnte. Da ging sie zum Haus hinaus, und unterwegs begegnete ihr ein Teil der Hochzeitsgäste, die fragten »Du Fitchers Vogel, wo kommst du her?« »Ich komme von Fitze {{[Fitze]}} Fitchers Hause her.« »Was macht denn da die junge Braut?« »Hat gekehrt von unten bis oben das Haus, und guckt zum Bodenloch heraus.« Endlich begegnete ihr der Bräutigam, der langsam zurück wanderte. Er fragte wie die andern »Du Fitchers Vogel, wo kommst du her?« »Ich komme von Fitze Fitchers Hause her.« »Was macht denn da meine[[Besitz]] junge Braut?« »Hat gekehrt von unten bis oben das Haus, und guckt zum Bodenloch heraus.« Der Bräutigam schaute hinauf und sah den geputzten Totenkopf, da meinte er es wäre seine Braut und nickte ihr zu und grüßte sie freundlich. Wie er aber sammt seinen Gästen ins Haus gegangen war, da langten die Brüder und Verwandte der Braut an, die zu ihrer Rettung gesendet waren. Sie[[1]] schlossen alle Türen des Hauses zu, daß niemand entfliehen konnte, und steckten es an, also daß der Hexenmeister mit sammt seinem Gesindel verbrennen mußte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="47._Von_dem_Machandelboom" 47. &&wt0 {{Von dem Machandelboom.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Dat is nu all lang heer, wol twe du¬send Johr, do wöör dar en ryk Mann, de hadd ene schö¬ne fra¬me Fru, un se had¬den sik bey¬de sehr leef, had¬den awerst ke¬ne Kin¬ner, se wünsch¬den sik awerst sehr wel¬ke, un de Fru bedd'd so veel do¬rüm Dag un Nacht, man se kre¬gen keen un kre¬gen keen. Vör erem Huse wöör en Hof, dor¬up stünn en Ma¬chan¬del¬boom, ün¬ner dem stünn de Fru eens im Win¬ter un schelld sik enen Ap¬pel, un as se sik den Ap¬pel so schelld, so sneet se sik in'n Fin¬ger un dat Blood feel in den Snee. »Ach,« säd de Fru, un süft'd so recht hoog up, un seg dat Blood vör sik an, un wöör so recht weh¬mö¬dig, »hadd ik doch en Kind, so rood as Blood un so witt as Snee.« Un as se dat säd, so wurr ehr so recht fröh¬lich to Mo¬de: ehr wöör recht, as schull dat wat war¬den. Do güng se to dem Huse, un't güng een Maand hen, de Snee vor¬güng: un twe Maand, do wöör dat gröön: un dre Maand, do kö¬men de Blö¬mer uut der Eerd: un veer Maand, do drun¬gen sik alle Bö¬mer in dat Holt, un de grö¬nen Twy¬ge wö¬ren all in een¬an¬ner wus¬sen: door sün¬gen de Vö¬gel¬kens dat dat gan¬ße Holt schalld, un de Blöi¬ten fe¬len von den Bö¬mern: do wöör de fof¬te Maand wech, un se stünn ün¬ner dem Ma¬chan¬del¬boom, de röök so schön, do sprüng ehr dat Hart vör Freu¬den, un se füll up ere Knee un kunn sik nich la¬ten: un as de soste Maand vor¬by wöör, do wur¬ren de Früch¬te dick un staark, do wurr se ganß still: un de söw¬de Maand, do greep se na den Ma¬chan¬del¬bee¬ren un eet se so nydsch, do wurr se tru¬rig un krank: do güng de ach¬te Maand hen, un se reep eren Mann un weend un säd »wenn ik staarw, so be¬graaf my ün¬ner den Ma¬chan¬del¬boom.« Do wurr se ganß ge¬trost, un freu¬de sik, bet de neeg¬te Maand vor¬by wöör, do kreeg se en Kind so witt as Snee un so rood as Blood, un as se dat seeg, so freu¬de se sik so, dat se stürw. Do be¬groof ehr Mann se ün¬ner den Ma¬chan¬del¬boom, un he füng an to we¬nen so sehr; ene Tyd lang, do wurr dat wat sach¬ter, un do he noch wat weend hadd, do hüll he up, un noch en Tyd, do nöhm he sik wed¬der ene Fru. Mit de twe¬den Fru kreeg he ene Doch¬ter, dat Kind awerst von der eer¬sten Fru wöör en lütt¬je Sähn, un wöör so rood as Blood un so witt as Snee. Wenn de Fru ere Doch¬ter so an¬seeg, so hadd se se so leef, awerst denn seeg se den lütt¬jen Jung an, un dat güng ehr so dorch't Hart, un ehr düchd as stünn he ehr al¬ler¬we¬gen im Weg, un dachd denn man jüm¬mer wo se ehr Doch¬ter all das Vör¬mä¬gent to¬wen¬den wull, un de Bö¬se gaf ehr dat in, dat se dem lütt¬jen Jung ganß gramm wurr un stödd em he¬rüm von een Eck in de an¬ner, un buffd em hier un knuffd em door, so dat dat aar¬me Kind jüm¬mer in Angst wöör. Wenn he denn uut de School köhm, so hadd he ke¬ne ru¬hi¬ge Städ. Eens wöör de Fru up de Ka¬mer gaan, do köhm de lütt¬je Doch¬ter ook he¬rup un säd »Mo¬der, gif my enen Ap¬pel.« »Ja, myn Kind« säd de Fru un gaf ehr enen schö¬nen Ap¬pel uut der Kist; de Kist awerst hadd enen groo¬ten swo¬ren Dec¬kel mit en groot schaarp ysern Slott. »Mo¬der,« säd de lütt¬je Doch¬ter, »schall Bro¬der nich ook enen heb¬ben?« Dat vör¬drööt de Fru, doch säd se »ja, wenn he uut de School kummt.« Un as se uut dat Fen¬ster wohr wurr dat he köhm, so wöör dat recht, as wenn de Bö¬se äwer ehr köhm, un se grappst to un nöhm erer Doch¬ter den Ap¬pel wed¬der wech un säd »du schalst nich ehr enen heb¬ben as Bro¬der.« Do smeet se den Ap¬pel in de Kist un maakd de Kist to: do köhm de lütt¬je Jung in de Döhr, do gaf ehr de Bö¬se in dat se fründ¬lich to em säd »myn Sähn, wullt du enen Ap¬pel heb¬ben?« un seeg em so has¬tig an. »Mo¬der,« säd de lütt¬je Jung, »wat sühst du grä¬sig uut! ja, gif my enen Ap¬pel.« Do wöör ehr as schull se em to¬re¬den. »Kumm mit my,« säd se un maakd den Dec¬kel up, »hahl dy enen Ap¬pel he¬ruut.« Un as sik de lütt¬je Jung he¬nin bückd, so reet ehr de Bö¬se, bratsch! slöög se den Dec¬kel to dat de Kopp af¬flöög un ün¬ner de ro¬den Ap¬pel füll. Da äwer¬leep ehr dat in de Angst, un dachd »kunn ik dat von my bringen!« Da güng se ba¬wen na ere Stuw na erem Draag¬kas¬ten un hahl« uut de bä¬wels¬te Schuuf¬lad enen wit¬ten Dook, un sett't den Kopp wed¬der up den Hals un bünd den Hals¬dook so üm, dat'n niks sehn kunn, un sett't em vör de Döhr up enen Stohl un gaf em den Ap¬pel in de Hand. Do köhm door¬na Mar¬leen¬ken to erer Mo¬der in de Kääk de stünn by dem Führ un hadd enen Putt mit heet Wa¬ter vör sik, den röhrd se jüm¬mer üm. »Mo¬der,« säd Mar¬leen¬ken, »Bro¬der sitt vör de Döhr un süht ganß witt uut un hett enen Ap¬pel in de Hand, ik heb em be¬den he schull my den Ap¬pel ge¬wen, awerst he ant¬wöörd my nich, do wurr my ganß gro¬lich.« »Gah noch¬maal hen,« säd de Moder, »un wenn he dy nich ant¬wor¬den will, so gif em eens an de Oren.« Do güng Mar¬leen¬ken hen un säd, »Broder, gif my den Appel.« Awerst he sweeg still, do gaf se em eens up de Oren, do feel de Kopp he¬rünn, dor¬äwer vör¬schrock se sik un füng an to we¬nen un to ro¬ren, un löp to erer Mo¬der un säd »ach, Moder, ik hebb my¬nem Bro¬der den Kopp af¬sla¬gen,« un weend un weend un wull sik nich tof¬re¬den ge¬wen. »Mar¬leen¬ken,« säd de Mo¬der, »wat hest du dahn! awerst swyg man still, dat et keen Mensch maarkt, dat is nu doch nich to än¬nern; wy wil¬len em in Suhr ka¬ken.« Do nöhm de Mo¬der den lütt¬jen Jung un hackd em in Stüc¬ken, ded de in den Putt un kaakd em in Suhr. Mar¬leen¬ken awerst stünn daar¬by un weend un weend, un de Tra¬nen fül¬len all in den Putt un se bruuk¬den goor keen Solt. Do köhm de Va¬der to Huus un sett't sik to Disch un säd »wo is denn myn Sähn?« Da droog de Mo¬der ene groo¬te groo¬te Schöt¬tel up mit Swart¬suhr, un Mar¬leen¬ken weend un kunn sich nich hol¬len. Do säd de Vader wed¬der »wo is denn myn Sähn?« »Ach,« säd de Mo¬der, »he is äwer Land gaan, na Müt¬ten erer Groot¬öhm: he wull door wat bly¬wen.« »Wat dait he denn door? un heft my nich maal Adj¬üüs sechd!« »O he wull geern hen un bed my of he door wol sos Wä¬ken bly¬wen kunn; he is jo woll door up¬ha¬wen.« »Ach,« säd de Mann, »my is so recht tru¬rig dat is doch nich recht, he hadd my doch Ad¬jüüs sa¬gen schullt.« Mit des füng he an to äten un säd »Mar¬leen¬ken, wat weenst du? Bro¬der wart wol wed¬der ka¬men.« »Ach, Fru,« säd he do, »wat smeckt my dat Äten schöön? gif my mehr!« Un je mehr he eet, je mehr wull he heb¬ben, un säd »geeft my mehr, gy schöhlt niks door af heb¬ben, dat is as wenn dat all myn wör.« Un he eet un eet, un de Kna¬kens smeet he all ün¬ner den Disch, bet he al¬lens up hadd. Mar¬leen¬ken awerst güng hen na ere Com¬mod un nöhm ut de ün¬nerste Schuuf eren bes¬ten sy¬den Dook, un hahl all de Been¬kens un Kna¬kens ün¬ner den Disch her¬uut un bünd se in den sy¬den Dook un droog se vör de Döhr un weend ere blö¬di¬gen Tra¬nen. Door läd se se ün¬ner den Ma¬chan¬del¬boom in dat grö¬ne Gras, un as se se door hen¬lechd hadd«, so war ehr mit een¬mal so recht licht, un weend nich mer. Do füng de Ma¬chan¬del¬boom an sik to be¬we¬gen, un de Twy¬ge de¬den sik jüm¬mer so recht von een¬an¬ner, un denn wed¬der to¬hoop, so recht as wenn sik ee¬ner so recht freut un mit de Händ so dait. Mit des so güng dar so'n Ne¬wel von dem Boom un recht in dem Ne¬wel dar brennd dat as Führ, un uut dem Führ dar flöög so'n schö¬nen Va¬gel her¬uut, de süng so herr¬lich und flöög hoog in de Luft, un as he wech wöör, do wöör de Ma¬chan¬del¬boom as he vörhen west wöör, un de Dook mit de Knakens wöör wech. Mar¬leen¬ken awerst wöör so recht licht un vör¬gnöögt, recht as wenn de Bro¬der noch leewd. Do güng se wed¬der ganß lus¬tig in dat Huus by Disch un eet. De Va¬gel awerst flöög wech un sett't sik up enen Gold¬smidt syn Huus un füng an to sin¬gen »mein Mut¬ter der mich schlacht, mein Vater der mich aß, mein Schwes¬ter der Mar¬le¬ni¬chen sucht alle mei¬ne Be¬ni¬chen, bind't sie in ein sei¬den Tuch, legt's un¬ter den Ma¬chan¬del¬baum. Ky¬witt, ky¬witt, wat vör'n schöön Va¬gel bün ik!« De Gold¬smidt seet in syn Waark¬städ un maakd ene goll¬ne Ke¬de, do höörd he den Va¬gel, de up syn Dack seet un süng, un dat dünkd em so schöön. Da stünn he up, un as he äwer den Süll güng, do vör¬löör he ee¬nen Tüf¬fel. He güng awer so recht mid¬den up de Strat hen, ee¬nen Tüf¬fel un een Sock an: syn Schort¬fell hadd he vör, un in de een Hand hadd he de golln Ke¬de un in de an¬ner de Tang; un de Sünn schynd so hell up de Strat. Door güng he recht so staan un seeg den Va¬gel an. »Va¬gel,« secht he do, »wo schöön kanst du sin¬gen! Sing my dat Stück noch¬maal.« »Ne,« secht de Va¬gel, »twe¬maal sing ik nich um¬sünst. Gif my de golln Ke¬de, so will ik dy't noch¬maal sin¬gen.« »Door,« secht de Gold¬smidt, »hest du de golln Ke¬de, nu sing my dat noch¬maal.« Do köhm de Va¬gel un nöhm de golln Ke¬de so in de rech¬te Poot, un güng vor den Gold¬smidt sit¬ten un süng »mein Mut¬ter der mich schlacht, mein Va¬ter der mich aß, mein Schwes¬ter der Mar¬le¬ni¬chen sucht al¬le mei¬ne Be¬ni¬chen, bindt sie in ein sei¬den Tuch, legts un¬ter den Ma¬chan¬del¬baum. Ky¬witt, ky¬witt, was vör'n schöön Vag¬el bün ik!« Do flög de Va¬gel wech na enem Schoo¬ster un sett't sik up den syn Dack un süng »mein Mut¬ter der mich schlacht, mein Va¬ter der mich aß, mein Schwes¬ter der Mar¬le¬ni¬chen sucht al¬le mei¬ne Be¬ni¬chen, bin¬det sie in ein sei¬den Tuch, legts un¬ter den Ma¬chan¬del¬baum. Ky¬witt, ky¬witt, wat vör'n schöön Va¬gel bün ik!« De Schoo¬ster höörd dat un leep vör syn Döhr in Hemds¬aar¬mels, un seeg na syn Dack un mussd de Hand vör de Ogen hol¬len, dat de Sünn em nich blend't. »Va¬gel,« secht he, »wat kannst du schöön sin¬gen.« Do rööp he in syn Döhr he¬nin »Fru, kumm mal her¬uut, dar is een Va¬gel: süh mal den Va¬gel, de kann maal schöön sin¬gen.« Do rööp he syn Doch¬ter un Kin¬ner un Ge¬sel¬len, Jung un Maagd, un se kö¬men all up de Strat un see¬gen den Va¬gel an wo schöön he wöör, un he hadd so recht ro¬de un grö¬ne Fed¬dern, un üm den Hals wöör dat as lu¬ter Gold, un de Ogen blün¬ken em im Koop as Steern. »Vagel,« sägd de Schoo¬ster, »nu sing my dat Stück noch¬maal.« »Ne,« secht de Va¬gel, »twe¬maal sing ik nich um¬sünst, du must my wat schen¬ken.« »Fru,« säd de Mann, »gah na dem Bähn: up dem bä¬wels¬ten Boord door staan een Poor ro¬de Schö, de bring her¬ünn.« Do güng de Fru hen un hahl de Schö. »Door, Vagel,« säd de Mann, »nu sing my dat Stück noch¬maal.« Do köhm de Va¬gel un nöhm de Schö in de lin¬ke Klau, un flöög wed¬der up dat Dack un süng »mein Mut¬ter der mich schlacht, mein Va¬ter der mich aß, mein Schwes¬ter der Mar¬le¬ni¬chen sucht al¬le meine Be¬ni¬chen bin¬det sie in ein sei¬den Tuch, legts un¬ter den Ma¬chan¬del¬baum. Ky¬witt, ky¬witt, wat vör'n schöön Va¬gel bün ik!« Un as he uut¬sun¬gen hadd, so flöög he wech: de Ke¬de hadd he in de rech¬te un de Schö in de lin¬ke Klau, un he flöög wyt wech na ene Mähl, un de Mähl güng »klip¬pe klap¬pe, klip¬pe klap¬pe, klip¬pe klap¬pe.« Un in de Mähl door see¬ten twin¬tig Mäh¬len¬bur¬ßen, de hau¬den enen Steen un hack¬den »hick hack, hick hack, hick hack,« un de Mähl güng »klip¬pe klap¬pe, klip¬pe klap¬pe, klip¬pe klap¬pe.« Do güng de Va¬gel up enen Lin¬den¬boom sit¬ten, de vör de Mähl stünn und süng »mein Mut¬ter der mich schlacht,« do höörd een up, »mein Va¬ter der mich aß,« do höör¬den noch twe up un höör¬den dat, »mein Schwes¬ter der Mar¬le¬ni¬chen« do höör¬den wed¬der veer up, »sucht al¬le mei¬ne Be¬ni¬chen, bin¬det sie in ein sei¬den Tuch,« nu hack¬den noch man acht, »legts un¬ter« nu noch man fyw, »den Ma¬chan¬del¬baum.« nu noch man een. »Ky¬witt, ky¬witt, wat vör'n schöön Va¬gel bün ik!« Do hüll de lez¬te ook up un hadd dat lez¬te noch höörd. »Va¬gel,« secht he, »wat singst du schöön! laat my dat ook hö¬ren, sing my dat noch¬maal.« »Ne,« secht de Va¬gel, »twe¬maal sing ik nich um¬sünst, gif my den Mäh¬len¬steen, so will ik dat noch¬maal sin¬gen.« »Ja,« secht he, »wenn he my all¬een to¬höörd, so schullst du em heb¬ben.«»Ja,« sä¬den de an¬nern, »wenn he noch¬maal singt, so schall he em heb¬ben.« Do köhm de Va¬gel her¬ünn, un de Möl¬lers saat'n all twin¬tig mit Böhm an un böhr¬den den Steen up, »hu uh uhp, hu uh uhp, hu uh uhp!« Do stöök de Va¬gel den Hals döör dat Lock un nöhm em üm as enen Kra¬gen, un flöög wed¬der up den Boom un süng »mein Mut¬ter der mich schlacht, mein Va¬ter der mich aß, mein Schwes¬ter der Mar¬le¬ni¬chen sucht al¬le mei¬ne Be¬ni¬chen, bindt sie in ein sei¬den Tuch, legts un¬ter den Ma¬chan¬del¬baum. Ky¬witt, ky¬witt, wat vör'n schöön Va¬gel bün ik!« Un as he dat uut¬sun¬gen hadd, do deed he de Flünk von een¬an¬ner, un hadd in de rech¬te Klau de Ke¬de un in de lin¬ke de Schö un üm den Hals den Mäh¬len¬steen, un floog wyt wech na sy¬nes Va¬ders Hu¬se. In de Stuw seet de Va¬der, de Mo¬der un Mar¬leen¬ken by Disch, un de Va¬der säd »ach, wat waart my licht, my is recht so good to Mo¬de.« »Nä,« säd de Mo¬der, »my is recht so angst, so recht as wenn en swoor Ge¬wit¬ter kummt.« Mar¬leen¬ken awerst seet un weend un weend, da köhm de Va¬gel an¬fle¬gen, un as he sik up dat Dack sett't, »ach,« säd de Va¬der, »my is so recht freu¬dig un de Sünn schynt bu¬ten so schöön, my is recht, as schull ik enen olen Be¬kann¬ten wed¬der¬sehn.« »Ne,« säd de Fru, »my is so angst, de Tä¬ne klap¬pern my, un dat is my as Führ in den Adern.« Un se reet sik ehr Lyf¬ken up un so mehr, awer Mar¬leen¬ken seet in en Eck un weend, un hadd eren Pla¬ten vör de Ogen, un weend den Pla¬ten ganß me߬natt. Do sett't sik de Va¬gel up den Ma¬chan¬del¬boom un süng »mein Mut¬ter der mich schlacht,« Do hüll de Mo¬der de Oren to un kneep de Ogen to, un wull nich sehn un hö¬ren, awer dat bruus¬de ehr in de Oren as de aller¬staark¬ste Storm, un de Ogen brenn¬den ehr un zack¬den as Blitz. »mein Va¬ter der mich aß,« »Ach, Mo¬der,« secht de Mann, »door is en schöön Va¬gel, de singt so herr¬lich, de Sünn schynt so warm, un dat rückt als lu¬ter Zin¬ne¬ma¬men.« »mein Schwes¬ter der Mar¬le¬ni¬chen« Do läd Mar¬leen¬ken den Kopp up de Knee un weend in eens wech, de Mann awerst säd »ik ga hen¬uut, ik mutt den Va¬gel dicht by sehn.« »Ach, gah nich,« säd de Fru, »my is as beewd dat gan¬ße Huus un stünn in Flam¬men.« Awerst de Mann güng hen¬uut un seeg den Va¬gel an. »sucht al¬le mei¬ne Be¬ni¬chen, bindt sie in ein sei¬den Tuch, legts un¬ter den Ma¬chan¬del¬baum. Ky¬witt, ky¬witt, wat vör'n schöön Va¬gel bün ik!« Mit des leet de Va¬gel de goll¬ne Ke¬de fal¬len, un se feel dem Mann jüst um'n Hals, so recht hier her¬üm, dat se recht so schöön passd. Do güng he herin un säd »süh, wat is dat vör'n schöön Va¬gel, heft my so «ne schö¬ne goll¬ne Ke¬de schenkd, un süht so schöön uut.« De Fru awerst wöör so angst, un füll langs in de Stuw hen, un de Mütz füll ehr von dem Kopp. Do süng de Va¬gel wed¬der »mein Mut¬ter der mich schlacht,« »Ach, dat ik du¬send Fö¬der ün¬ner de Eerd wöör, dat ik dat nich hö¬ren schull!« »mein Va¬ter der mich aß,« Do füll de Fru vör dood ned¬der. »mein Schwes¬ter der Mar¬le¬ni¬chen« »Ach,« säd Mar¬leen¬ken, »ik will ook hen¬uut gahn un sehn of de Va¬gel my wat schenkt?« Do güng se hen¬uut. »sucht al¬le mei¬ne Be¬ni¬chen, bindt sie in ein sei¬den Tuch,« Do smeet he ehr de Schöh her¬ünn. »legts un¬ter den Ma¬chan¬del¬baum. Ky¬witt, ky¬witt, wat vör'n schöön Va¬gel bün ik!« Do wöör ehr so licht un frö¬lich. Do truck se de neen ro¬den Schö an, un danßd un sprüng herin. »Ach,« säd se, »ick wöör so tru¬rig, as ik hen¬uut güng, un nu is my so licht, dat is maal en herr¬lich¬en Va¬gel, hett my en Poor ro¬de Schö schenkd.« »Ne,« säd de Fru un sprüng up, un de Hoor stün¬nen ehr to Baarg as Führs¬flam¬men, »my is as schull de Welt ün¬ner¬gahn, ik will ook hen¬uut, of my lich¬ter war¬den schull.« Un as se uut de Döhr köhm, bratsch! smeet ehr de Va¬gel den Mäh¬len¬steen up den Kopp, dat se ganß to¬matscht wurr. De Va¬der un Mar¬leen¬ken höör¬den dat un gün¬gen hen¬uut: do güng en Damp un Flamm un Führ up von der Städ, un as dat vor¬by wöör, do stünn de lüt¬je Bro¬der door, un he nöhm sy¬nen Va¬der un Mar¬leen¬ken by der Hand, un wö¬ren all dre so recht ver¬gnöögt un gün¬gen in dat Huus by Disch, un eeten.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="48._Der_alte_Sultan" 48. Der alte Sultan. &&ax &&lg=x &&fe Es hatte ein Bauer einen treuen Hund, der Sultan hieß, der war alt geworden und hatte alle Zähne verloren, so daß er nichts mehr fest packen konnte. Zu einer Zeit stand der Bauer mit seiner Frau vor der Haustüre und sprach »den alten Sultan schieß ich morgen tot, der ist zu nichts mehr nütze.« Die Frau, die Mitleid mit dem treuen Tiere hatte, antwortete »da er uns so lange Jahr gedient hat und ehrlich bei uns gehalten, so könnten wir ihm wohl das Gnadenbrot geben.« »Ei was,« sagte der Mann, »du bist nicht recht gescheit: er hat keinen Zahn mehr im Maul, und kein Dieb fürchtet sich vor ihm, er kann jetzt abgehen. Hat er uns gedient, so hat er sein gutes Fressen dafür gekriegt.« Der arme Hund, der nicht weit davon in der Sonne ausgestreckt lag, hatte alles mit angehört und war traurig daß morgen sein letzter Tag sein sollte. Er hatte einen guten Freund, das war der Wolf, zu dem schlich er Abends hinaus in den Wald und klagte über das Schicksal, das ihm bevorstände. »Höre, Gevatter,« sagte der Wolf, »sei gutes Mutes, ich will dir aus deiner Not helfen. Ich habe etwas ausgedacht. Morgen in aller Frühe geht dein Herr mit seiner Frau ins Heu, und sie nehmen ihr kleines Kind mit, weil niemand im Hause zurückbleibt. Sie[[1]] pflegen das Kind während der Arbeit hinter die Hecke in den Schatten zu legen: lege dich daneben, gleich als wolltest du es bewachen. Ich will dann aus dem Walde herauskommen und das Kind rauben: du mußt mir eifrig nachspringen, als wolltest du mir es wieder abjagen. Ich lasse es fallen, und du bringst es den Eltern wieder zurück, die glauben dann du hättest es gerettet und sind viel zu dankbar als daß sie dir ein Leid antun sollten: im Gegenteil, du kommst in völlige Gnade, und sie werden es dir an nichts mehr fehlen lassen.« Der Anschlag gefiel dem Hund, und wie er ausgedacht war, so ward er auch ausgeführt. Der Vater schrie als er den Wolf mit seinem Kinde durchs Feld laufen sah, als es aber der alte Sultan zurückbrachte, da war er froh, streichelte ihn und sagte »dir soll kein Härchen gekrümmt werden, du sollst das Gnadenbrot essen, so lange du lebst.« Zu seiner Frau aber sprach er »geh gleich heim und koche dem alten Sultan einen Weckbrei, den braucht er nicht zu beißen, und bring das Kopfkissen aus meinem Bette, das schenk ich ihm zu seinem Lager.« Von nun an hatte es der alte Sultan so gut, als er sichs nur wünschen konnte. Bald hernach besuchte ihn der Wolf, und freute sich daß alles so wohl gelungen war. »Aber Gevatter,« sagte er, »du wirst doch ein Auge zudrücken, wenn ich bei Gelegenheit deinem Herrn ein fettes Schaf weghole. Es wird einem heutzutage schwer sich durchzuschlagen.« »Darauf rechne nicht,« antwortete der Hund, »meinem Herrn bleibe ich treu, das darf ich nicht zugeben.« Der Wolf meinte das wäre nicht im Ernste gesprochen, kam in der Nacht herangeschlichen und wollte sich das Schaf holen. Aber der Bauer, dem der treue Sultan das Vorhaben des Wolfes verraten hatte, paßte ihm auf und kämmte ihm mit dem Dreschflegel garstig die Haare. Der Wolf mußte ausreißen, schrie aber dem Hund zu »wart, du schlechter Geselle, dafür sollst du büßen.« Am andern Morgen schickte der Wolf das Schwein, und ließ den Hund hinaus in den Wald fordern, da wollten sie ihre Sache ausmachen. Der alte Sultan konnte keinen Beistand finden als eine Katze, die nur drei Beine hatte, und als sie zusammen hinaus gingen, humpelte die arme Katze daher und streckte zugleich vor Schmerz den Schwanz in die Höhe. Der Wolf und sein Beistand waren schon an Ort und Stelle, als sie aber ihren Gegner daher kommen sahen, meinten sie er führte einen Säbel mit sich, weil sie den aufgerichteten Schwanz der Katze dafür ansahen. Und wenn das arme Tier so auf drei Beinen hüpfte, dachten sie nicht anders als es höbe jedesmal einen Stein auf, wollte damit auf sie werfen. Da ward ihnen beiden angst: das wilde Schwein verkroch sich ins Laub, und der Wolf sprang auf einen Baum. Der Hund und die Katze, als sie heran kamen, wunderten sich daß sich niemand sehen ließ. Das wilde Schwein aber hatte sich im Laub nicht ganz verstecken können, sondern die Ohren ragten noch heraus. Während die Katze sich bedächtig umschaute, zwinste {{[zwinste]}} das Schwein mit den Ohren: die Katze welche meinte es regte sich da eine Maus, sprang darauf zu und biss herzhaft hinein. Da erhob sich das Schwein mit großem Geschrei, lief fort und rief »dort auf dem Baum da sitzt der Schuldige.« Der Hund und die Katze schauten hinauf und erblickten den Wolf, der schämte sich daß er sich so furchtsam gezeigt hatte und nahm von dem Hund den Frieden an. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="49._Die_sechs_Schwäne" 49. Die sechs Schwäne. &&ax &&lg=x &&fe Es jagte einmal ein König in einem großen Wald und jagte einem Wild so eifrig nach daß ihm niemand von seinen Leuten folgen konnte. Als der Abend heran kam, hielt er still und blickte um sich, da sah er daß er sich verirrt hatte. Er suchte einen Ausgang, konnte aber keinen finden. Da sah er eine alte Frau mit wackelndem Kopfe, die auf ihn zu kam; das war aber eine Hexe. »Liebe Frau,« sprach er zu ihr, »könnt ihr mir nicht den Weg durch den Wald zeigen?« »O ja, Herr König,« antwortete sie, »das kann ich wohl, aber es ist eine Bedingung dabei, wenn ihr die nicht erfüllt, so kommt ihr nimmermehr aus dem Wald und müßt darin Hungers sterben.« »Was ist das für eine Bedingung?« fragte der König. »Ich habe eine Tochter,« sagte die Alte, »die so schön ist wie ihr eine auf der Welt finden könnt, und wohl verdient eure Gemahlin zu werden, wollt ihr die zur Frau Königin machen, so zeige ich euch den Weg aus dem Walde.« Der König in der Angst seines Herzens willigte ein, und die Alte führte ihn zu ihrem Häuschen, wo ihre Tochter beim Feuer saß. Sie[[1]] empfing den König als wenn sie ihn erwartet hätte, und er sah wohl daß sie sehr schön war, aber sie gefiel ihm doch nicht, und er konnte sie ohne heimliches Grausen nicht ansehen. Nachdem er das Mädchen zu sich aufs Pferd gehoben hatte, zeigte ihm die Alte den Weg, und der König gelangte wieder in sein königliches Schloß, wo die Hochzeit gefeiert wurde. Der König war schon einmal verheiratet gewesen, und hatte von seiner ersten Gemahlin sieben Kinder, sechs Knaben und ein Mädchen, die er über alles auf der Welt liebte. Weil er nun fürchtete die Stiefmutter möchte sie nicht gut behandeln und ihnen gar ein Leid antun, so brachte er sie in ein einsames Schloß, das mitten in einem Walde stand. Es lag so verborgen, und der Weg war so schwer zu finden, daß er ihn selbst nicht gefunden hätte, wenn ihm nicht eine weise Frau ein Knäuel Garn von wunderbarer Eigenschaft geschenkt hätte; wenn er das vor sich hinwarf, so wickelte es sich von selbst los und zeigte ihm den Weg. Der König ging aber so oft hinaus zu seinen lieben Kindern, daß der Königin seine Abwesenheit auffiel; sie ward neugierig und wollte wissen was er draußen ganz allein in dem Walde zu schaffen habe. Sie[[1]] gab seinen Dienern viel Geld, und die verrieten ihr das Geheimnis und sagten ihr auch von dem Knäuel, das allein den Weg zeigen könnte. Nun hatte sie keine Ruhe bis sie herausgebracht hatte wo der König das Knäuel aufbewahrte, und dann machte sie kleine weißseidene Hemdchen, und da sie von ihrer Mutter die Hexenkünste gelernt hatte, so nähte sie einen Zauber hinein. Und als der König einmal auf die Jagd geritten war, nahm sie die Hemdchen und ging in den Wald, und das Knäuel zeigte ihr den Weg. Die Kinder, die aus der Ferne jemand kommen sahen, meinten ihr lieber Vater käme zu ihnen und sprangen ihm voll Freude entgegen. Da warf sie über ein jedes eins von den Hemdchen, und wie das ihren Leib berührt hatte, verwandelten sie sich in Schwäne und flogen über den Wald hinweg. Die Königin ging ganz vergnügt nach Haus und glaubte ihre Stiefkinder los zu sein, aber das Mädchen war ihr mit den Brüdern nicht entgegen gelaufen, und sie wußte nichts von ihm. Andern Tags kam der König und wollte seine Kinder besuchen, er fand aber niemand als das Mädchen. »Wo sind deine Brüder?« fragte der König. »Ach, lieber Vater,« antwortete es, »die sind fort und haben mich allein zurückgelassen,« und erzählte ihm daß es aus seinem Fensterlein mit angesehen habe wie seine Brüder als Schwäne über den Wald weggeflogen wären, und zeigte ihm die Federn, die sie in dem Hof hatten fallen lassen, und die es aufgelesen hatte. Der König trauerte, aber er dachte nicht daß die Königin die böse Tat vollbracht hätte, und weil er fürchtete das Mädchen würde ihm auch geraubt, so wollte er es mit fortnehmen. Aber es hatte Angst vor der Stiefmutter, und bat den König daß es nur noch diese Nacht im Waldschloß bleiben dürfte. Das arme Mädchen dachte »meines Bleibens ist nicht länger hier, ich will gehen und meine[[Besitz]] Brüder suchen.« Und als die Nacht kam, entfloh es, und ging gerade in den Wald hinein. Es ging die ganze Nacht durch und auch den andern Tag in einem fort, bis es vor Müdigkeit nicht weiter konnte. Da sah es eine Wildhütte, stieg hinauf, und fand eine Stube mit sechs kleinen Betten, aber es getraute nicht sich in eins zu legen, sondern kroch unter eins, legte sich auf den harten Boden und wollte die Nacht da zubringen. Als aber die Sonne bald untergehen wollte, hörte es ein Rauschen und sah daß sechs Schwäne zum Fenster hereingeflogen kamen. Sie[[1]] setzten sich auf den Boden, und bliesen einander an und bliesen sich alle Federn ab, und ihre Schwanenhaut streifte sich ab wie ein Hemd. Da sah sie das Mädchen an und erkannte ihre Brüder, freute sich und kroch unter dem Bett hervor. Die Brüder waren nicht weniger erfreut als sie ihr Schwesterchen erblickten, aber ihre Freude war von kurzer Dauer. »Hier kann deines Bleibens nicht sein,« sprachen sie zu ihm, »das ist eine Herberge für Räuber, wenn die heim kommen und finden dich, so ermorden sie dich.« »Könnt ihr mich denn nicht beschützen?« fragte das Schwesterchen. »Nein,« antworteten sie, »denn wir können nur eine Viertelstunde lang jeden Abend unsere Schwanenhaut ablegen, und haben in dieser Zeit unsere menschliche Gestalt, aber dann werden wir wieder in Schwäne verwandelt.« Das Schwesterchen weinte und sagte »könnt ihr denn nicht erlöst werden?« »Ach nein,« antworteten sie, »die Bedingungen sind zu schwer. Du darfst sechs Jahre lang nicht sprechen und nicht lachen, und mußt in der Zeit sechs Hemdchen für uns aus Sternenblumen zusammennähen. Kommt ein einziges Wort aus deinem Munde, so ist alle Arbeit verloren.« Und als die Brüder das gesprochen hatten, war die Viertelstunde herum, und sie flogen als Schwäne wieder zum Fenster hinaus. Das Mädchen aber faßte den festen Entschluß seine Brüder zu erlösen, und wenn es auch sein Leben kostete. Es verließ die Wildhütte, ging mitten in den Wald und setzte sich auf einen Baum und brachte da die Nacht zu. Am andern Morgen ging es aus, sammelte Sternblumen und fing an zu nähen. Reden konnte es mit niemand, und zum Lachen hatte es keine Lust: es saß da und sah nur auf seine Arbeit. Als es schon lange Zeit da zugebracht hatte, geschah es, daß der König des Landes in dem Wald jagte und seine Jäger zu dem Baum kamen, auf welchem das Mädchen saß. Sie[[1]] riefen es an und sagten »wer bist du?« Es gab aber keine Antwort. »Komm herab zu uns,« sagten sie, »wir wollen dir nichts zu Leid tun.« Es schüttelte bloß mit dem Kopf. Als sie es weiter mit Fragen bedrängten, so warf es ihnen seine goldene Halskette herab und dachte sie damit zufrieden zu stellen. Sie[[1]] ließen aber nicht ab, da warf es ihnen seinen Gürtel herab, und als auch dies nicht half, seine Strumpfbänder, und nach und nach alles, was es anhatte und entbehren konnte, so daß es nichts mehr als sein Hemdlein behielt. Die Jäger ließen sich aber damit nicht abweisen, stiegen auf den Baum, hoben das Mädchen herab und führten es vor den König. Der König fragte »wer bist du? was machst du auf dem Baum?« Aber es antwortete nicht. Er fragte es in allen Sprachen, die er wußte, aber es blieb stumm wie ein Fisch. Weil es aber so schön war, so ward des Königs Herz gerührt, und er faßte eine große Liebe zu ihm. Er tat ihm seinen Mantel um, nahm es vor sich aufs Pferd und brachte es in sein Schloß. Da ließ er ihm reiche Kleider antun, und es strahlte in seiner Schönheit wie der helle Tag, aber es war kein Wort aus ihm herauszubringen. Er setzte es bei Tisch an seine Seite, und seine bescheidenen Mienen und seine Sittsamkeit gefielen ihm so sehr, daß er sprach »diese begehre ich zu heiraten und keine andere auf der Welt,« und nach einigen Tagen vermählte er sich mit ihr. Der König aber hatte eine böse Mutter, die war unzufrieden mit dieser Heirat und sprach schlecht von der jungen Königin. »Wer weis, wo die Dirne her ist,« sagte sie, »die nicht reden kann: sie ist eines König nicht würdig.« Über ein Jahr, als die Königin das erste Kind zur Welt brachte, nahm es ihr die Alte weg und bestrich ihr im Schlafe den Mund mit Blut. Da ging sie zum König und klagte sie an, sie wäre eine Menschenfresserin. Der König wollte es nicht glauben und litt nicht daß man ihr ein Leid antat. Sie[[1]] saß aber beständig und nähte an den Hemden, und achtete auf nichts anderes. Das nächstemal, als sie wieder einen schönen Knaben gebar, übte die falsche Schwiegermutter denselben Betrug aus, aber der König konnte sich nicht entschließen ihren Reden Glauben beizumessen. Er sprach »sie ist zu fromm und gut als daß sie so etwas tun könnte, wäre sie nicht stumm und könnte sie sich verteidigen, so würde ihre Unschuld an den Tag kommen.« Als aber das drittemal die Alte das neugeborne Kind raubte und die Königin anklagte, die kein Wort zu ihrer Verteidigung vorbrachte, so konnte der König nicht anders, er mußte sie dem Gericht übergeben, und das verurteilte sie den Tod durchs Feuer zu erleiden. Als der Tag heran kam, wo das Urteil sollte vollzogen werden, da war zugleich der letzte Tag von den sechs Jahren herum, in welchen sie nicht sprechen und nicht lachen durfte, und sie hatte ihre lieben Brüder aus der Macht des Zaubers befreit. Die sechs Hemden waren fertig geworden, nur daß an dem letzten der linke Ärmel noch fehlte. Als sie nun zum Scheiterhaufen geführt wurde, legte sie die Hemden auf ihren Arm, und als sie oben stand und das Feuer eben sollte angezündet werden, so schaute sie sich um, da kamen sechs Schwäne durch die Luft daher gezogen. Da sah sie daß ihre Erlösung nahte und ihr Herz regte sich in Freude. Die Schwäne rauschten zu ihr her und senkten sich herab so daß sie ihnen die Hemden überwerfen konnte: und wie sie davon berührt wurden, fielen die Schwanenhäute ab, und ihre Brüder standen leibhaftig vor ihr und waren frisch und schön; nur dem jüngsten fehlte der linke Arm, und er hatte dafür einen Schwanenflügel am Rücken. Sie[[1]] herzten und küßten sich, und die Königin ging zu dem Könige, der ganz bestürzt war, und fing an zu reden und sagte »liebster Gemahl, nun darf ich sprechen und dir offenbaren daß ich unschuldig bin und fälschlich angeklagt,« und erzählte ihm von dem Betrug der Alten, die ihre drei Kinder weggenommen und verborgen hätte. Da wurden sie zu großer Freude des Königs herbeigeholt, und die böse Schwiegermutter wurde zur Strafe auf den Scheiterhaufen gebunden und zu Asche verbrannt. Der König aber und die Königin mit ihren sechs Brüdern lebten lange Jahre in Glück und Frieden. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="50._Dornröschen" 50. Dornröschen. &&ax &&lg=x &&fe Vor[[Präpos]] Zeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden Tag »ach, wenn wir doch ein Kind hätten!« und kriegten immer keins. Da trug sich zu, als die Königin einmal im Bade saß, daß ein Frosch aus dem Wasser ans Land kroch und zu ihr sprach, »dein Wunsch wird erfüllt werden, ehe ein Jahr vergeht, wirst du eine Tochter zur Welt bringen.« Was der Frosch gesagt hatte, das geschah, und die Königin gebar ein Mädchen, das war so schön, daß der König vor Freude sich nicht zu lassen wußte und ein großes Fest anstellte. Er ladete nicht blos seine Verwandte, Freunde und Bekannte, sondern auch die weisen Frauen dazu ein, damit sie dem Kind hold und gewogen wären. Es waren ihrer dreizehn in seinem Reiche, weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, von welchen sie essen sollten, so mußte eine von ihnen daheim bleiben. Das Fest ward mit aller Pracht gefeiert, und als es zu Ende war, beschenkten die weisen Frauen das Kind mit ihren Wundergaben: die eine mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichtum, und so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. Als elfe ihre Sprüche eben getan hatten, trat plötzlich die dreizehnte herein. Sie[[1]] wollte sich dafür rächen daß sie nicht eingeladen war, und ohne jemand zu grüßen oder nur anzusehen, rief sie mit lauter Stimme »die Königstochter soll sich in ihrem fünfzehnten Jahr an einer Spindel stechen und tot hinfallen.« Und ohne ein Wort weiter zu sprechen kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren erschrocken, da trat die zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte und weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern nur ihn mildern konnte, so sagte sie »es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt.« Der König, der sein liebes Kind vor dem Unglück gern bewahren wollte, ließ den Befehl ausgehen, daß alle Spindeln im ganzen Königreiche sollten verbrannt werden. An dem Mädchen aber wurden die Gaben der weisen Frauen sämmtlich erfüllt, denn es war so schön, sittsam, freundlich und verständig, daß es jedermann, der es ansah, lieb haben mußte. Es geschah, daß an dem Tage, wo es gerade fünfzehn Jahr alt ward, der König und die Königin nicht zu Haus waren, und das Mädchen ganz allein im Schloß zurückblieb. Da ging es aller Orten herum, besah Stuben und Kammern, wie es Lust hatte, und kam endlich auch an einen alten Turm. Es stieg die enge Wendeltreppe hinauf, und gelangte zu einer kleinen Türe. In dem Schloß steckte ein verrosteter Schlüssel, und als es umdrehte, sprang die Türe auf, und saß da in einem kleinen Stübchen eine alte Frau mit einer Spindel und spann emsig ihren Flachs. »Guten Tag, du altes Mütterchen,« sprach die Königstochter, »was machst du da?« »Ich spinne,« sagte die Alte und nickte mit dem Kopf. »Was ist das für ein Ding, das so lustig herumspringt?« sprach das Mädchen, nahm die Spindel und wollte auch spinnen. Kaum hatte sie aber die Spindel angerührt, so ging der Zauberspruch in Erfüllung, und sie stach sich damit in den Finger. In dem Augenblick aber, wo sie den Stich empfand, fiel sie auf das Bett nieder, das da stand, und lag in einem tiefen Schlaf. Und dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloß: der König und die Königin, die eben heim gekommen waren und in den Saal getreten waren, fingen an einzuschlafen, und der ganze Hofstaat mit ihnen. Da schliefen auch die Pferde im Stall, die Hunde im Hofe, die Tauben auf dem Dache, die Fliegen an der Wand, ja, das Feuer, das auf dem Herde flackerte, ward still und schlief ein, und der Braten hörte auf zu brutzeln, und der Koch, der den Küchenjungen, weil er etwas versehen hatte, in den Haaren ziehen wollte, ließ ihn los und schlief. Und der Wind legte sich, und auf den Bäumen vor dem Schloß regte sich kein Blättchen mehr. Rings um das Schloß aber begann eine Dornenhecke zu wachsen, die jedes Jahr höher ward, und endlich das ganze Schloß umzog, und darüber hinaus wuchs, daß gar nichts mehr davon zu sehen war, selbst nicht die Fahne auf dem Dach. Es ging aber die Sage in dem Land von dem schönen schlafenden Dornröschen, denn so ward die Königstochter genannt, also daß von Zeit zu Zeit Königssöhne kamen und durch die Hecke in das Schloß dringen wollten. Es war ihnen aber nicht möglich, denn die Dornen, als hätten sie Hände, hielten fest zusammen, und die Jünglinge blieben darin hängen, konnten sich nicht wieder los machen und starben eines jämmerlichen Todes. Nach langen langen Jahren kam wieder einmal ein Königssohn in das Land, und hörte wie ein alter Mann von der Dornhecke erzählte, es sollte ein Schloß dahinter stehen, in welchem eine wunderschöne Königstochter, Dornröschen genannt, schon seit hundert Jahren schliefe, und mit ihr schliefe der König und die Königin und der ganze Hofstaat. Er wußte auch von seinem Großvater daß schon viele Königssöhne gekommen wären und versucht hätten durch die Dornenhecke zu dringen, aber sie wären darin hängen geblieben und eines traurigen Todes gestorben. Da sprach der Jüngling »ich fürchte mich nicht, ich will hinaus und das schöne Dornröschen sehen.« Der gute Alte mochte ihm abraten, wie er wollte, er hörte nicht auf seine Worte. Nun waren aber gerade die hundert Jahre verflossen, und der Tag war gekommen, wo Dornröschen wieder erwachen sollte. Als der Königssohn sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter große schöne Blumen, die taten sich von selbst auseinander und ließen ihn unbeschädigt hindurch, und hinter ihm taten sie sich wieder als eine Hecke zusammen. Im Schloßhof sah er die Pferde und scheckigen Jagdhunde liegen und schlafen, auf dem Dache saßen die Tauben und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, das sollte gerupft werden. Da ging er weiter, und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen, und oben bei dem Trone lag der König und die Königin. Da ging er noch weiter, und alles war so still, daß einer seinen Atem hören konnte, und endlich kam er zu dem Turm und öffnete die Türe zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte, und er bückte sich und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem Kuß berührt hatte, schlug Dornröschen die Augen auf, erwachte, und blickte ihn ganz freundlich an. Da gingen sie zusammen herab, und der König erwachte und die Königin, und der ganze Hofstaat, und sahen einander mit großen Augen an. Und die Pferde im Hof standen auf und rüttelten sich: die Jagdhunde sprangen und wedelten: die Tauben auf dem Dache zogen das Köpfchen unterm Flügel hervor, sahen umher und flogen ins Feld: die Fliegen an den Wänden krochen weiter: das Feuer in der Küche erhob sich, flackerte: und kochte das Essen: der Braten fing wieder an zu brutzeln: und der Koch gab dem Jungen eine Ohrfeige daß er schrie: und die Magd rupfte das Huhn fertig. Und da wurde die Hochzeit des Königssohns mit dem Dornröschen in aller Pracht gefeiert, und sie lebten vergnügt bis an ihr Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="51._Fundevogel" 51. Fundevogel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Förster, der ging in den Wald auf die Jagd, und wie er in den Wald kam, hörte er schreien, als obs ein kleines Kind wäre. Er ging dem Schreien nach und kam endlich zu einem hohen Baum, und oben darauf saß ein kleines Kind. Es war aber die Mutter mit dem Kinde unter dem Baum eingeschlafen, und ein Raubvogel hatte das Kind in ihrem Schoße gesehen: da war er hinzu geflogen, hatte es mit seinem Schnabel weggenommen und auf den hohen Baum gesetzt. Der Förster stieg hinauf, holte das Kind herunter und dachte »du willst das Kind mit nach Haus nehmen und mit deinem Lenchen {{[Lenchen]}} zusammen aufziehn.« Er brachte es also heim, und die zwei Kinder wuchsen mit einander auf. Das aber, das auf dem Baum gefunden worden war, und weil es ein Vogel weggetragen hatte, wurde &&c=8 Fundevogel &&c=0 geheißen. Fundevogel und Lenchen hatten sich so lieb, nein so lieb, daß wenn eins das andere nicht sah, ward es traurig. Der Förster hatte aber eine alte Köchin, die nahm eines Abends zwei Eimer und fing an Wasser zu schleppen, und ging nicht einmal sondern vielemal hinaus an den Brunnen. Lenchen sah es und sprach »hör einmal, alte Sanne {{[Sanne]}}, was trägst du denn so viel Wasser zu?« »Wenn dus keinem Menschen wieder sagen willst, so will ich dirs wohl sagen.« Da sagte Lenchen nein, sie wollte es keinem Menschen wiedersagen, so sprach die Köchin »morgen früh, wenn der Förster auf die Jagd ist, da koche ich das Wasser, und wenns im Kessel siedet, werfe ich den Fundevogel nein, und will ihn darin kochen.« Des andern Morgens in aller Frühe stieg der Förster auf und ging auf die Jagd, und als er weg war, lagen die Kinder noch im Bett. Da sprach Lenchen zum Fundevogel »verläßt du mich nicht, so verlaß ich dich auch nicht:« so sprach der Fundevogel »nun und nimmermehr.« Da sprach Lenchen »ich will es dir nur sagen, die alte Sanne schleppte gestern Abend so viel Eimer Wasser ins Haus, da fragte ich sie warum sie das täte, so sagte sie, wenn ichs keinem Menschen sagen wollte, so wollte sie es mir wohl sagen: sprach ich, ich wollte es gewiss keinem Menschen sagen: da sagte sie, morgen früh, wenn der Vater auf die Jagd wäre, wollte sie den Kessel voll Wasser sieden, dich hineinwerfen und kochen. Wir wollen aber geschwind aufsteigen, uns anziehen und zusammen fortgehen.« Also standen die beiden Kinder auf, zogen sich geschwind an und gingen fort. Wie nun das Wasser im Kessel kochte, ging die Köchin in die Schlafkammer, wollte den Fundevogel holen und ihn hinein werfen. Aber, als sie hinein kam und zu den Betten trat, waren die Kinder alle beide fort: da wurde ihr grausam angst, und sie sprach vor sich »was will ich nun sagen, wenn der Förster heim kommt und sieht daß die Kinder weg sind? Geschwind hinten nach, daß wir sie wieder kriegen.« Da schickte die Köchin drei Knechte nach, die sollten laufen und die Kinder einlangen. Die Kinder aber saßen vor dem Wald, und als sie die drei Knechte von weitem laufen sahen, sprach Lenchen zum Fundevogel »verläßt du mich nicht, so verlaß ich dich auch nicht.« So sprach Fundevogel »nun und nimmermehr.« Da sagte Lenchen »werde du zum Rosenstöckchen, und ich zum Röschen darauf.« Wie nun die drei Knechte vor den Wald kamen, so war nichts da als ein Rosenstrauch und ein Röschen oben drauf, die Kinder aber nirgend. Da sprachen sie »hier ist nichts zu machen,« und gingen heim und sagten der Köchin sie hätten nichts in der Welt gesehen als nur ein Rosenstöckchen und ein Röschen oben darauf. Da schalt die alte Köchin, »ihr Einfaltspinsel, ihr hättet das Rosenstöckchen sollen entzwei schneiden und das Röschen abbrechen und mit nach Haus bringen, geschwind und tuts.« Sie[[1]] mußten also zum zweitenmal hinaus und suchen. Die Kinder sahen sie aber von weitem kommen, da sprach Lenchen »Fundevogel, verläßt du mich nicht, so verlaß ich dich auch nicht.« Fundevogel sagte »nun und nimmermehr.« Sprach Lenchen »so werde du eine Kirche und ich die Krone darin.« Wie nun die drei Knechte dahin kamen, war nichts da als eine Kirche und eine Krone darin. Sie[[1]] sprachen also zu einander »was sollen wir hier machen, laßt uns nach Hause gehen.« Wie sie nach Haus kamen, fragte die Köchin ob sie nichts gefunden hätten: so sagten sie nein, sie hätten nichts gefunden als eine Kirche, da wäre eine Krone darin gewesen. »Ihr Narren,« schalt die Köchin, »warum habt ihr nicht die Kirche zerbrochen und die Krone mit heim gebracht?« Nun machte sich die alte Köchin selbst auf die Beine und ging mit den drei Knechten den Kindern nach. Die Kinder sahen aber die drei Knechte von weitem kommen, und die Köchin wackelte hinten nach. Da sprach Lenchen »Fundevogel, verläßt du mich nicht, so verlaß ich dich auch nicht.« Da sprach der Fundevogel »nun und nimmermehr.« Sprach Lenchen »werde zum Teich und ich die Ente drauf.« Die Köchin aber kam herzu, und als sie den Teich sahe, legte sie sich drüber hin und wollte ihn aussaufen. Aber die Ente kam schnell geschwommen, faßte sie mit ihrem Schnabel beim Kopf und zog sie ins Wasser hinein: da mußte die alte Hexe ertrinken. Da gingen die Kinder zusammen nach Haus und waren herzlich froh; und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="52._König_Drosselbart" 52. König Drosselbart. &&ax &&lg=x &&fe Ein König hatte eine Tochter, die war über alle Maßen schön, aber dabei so stolz und übermütig, daß ihr kein Freier gut genug war. Sie[[1]] wies einen nach dem andern ab, und trieb noch dazu Spott mit ihnen. Einmal ließ der König ein großes Fest anstellen, und ladete dazu aus der Nähe und Ferne die heiratslustigen Männer ein. Sie[[1]] wurden alle in eine Reihe nach Rang und Stand geordnet; erst kamen die Könige, dann die Herzöge, die Fürsten, Grafen und Freiherrn, zuletzt die Edelleute. Nun ward die Königstochter durch die Reihen geführt, aber an jedem hatte sie etwas auszusetzen. Der eine war ihr zu dick, »das Weinfaß!« sprach sie. Der andere zu lang, »lang und schwank hat keinen Gang.« Der dritte zu kurz, »kurz und dick hat kein Geschick.« Der vierte zu blaß, »der bleiche Tod!« der fünfte zu rot, »der Zinshahn {{[Zinshahn]}}!« der sechste war nicht gerad genug, »grünes Holz, hinterm Ofen getrocknet!« Und so hatte sie an einem jeden etwas auszusetzen, besonders aber machte sie sich über einen guten König lustig, der ganz oben stand, und dem das Kinn ein wenig krumm gewachsen war. »Ei,« rief sie und lachte, »der hat ein Kinn, wie die Drossel einen Schnabel;« und seit der Zeit bekam er den Namen &&c=8 Drosselbart &&c=0. Der alte König aber, als er sah daß seine Tochter nichts tat als über die Leute spotten, und alle Freier, die da versammelt waren, verschmähte, ward er zornig und schwur, sie sollte den ersten besten Bettler zum Manne nehmen, der vor seine Türe käme. Ein paar Tage darauf hub ein Spielmann an unter dem Fenster zu singen, um damit ein geringes Almosen zu verdienen. Als es der König hörte, sprach er »laßt ihn herauf kommen.« Da trat der Spielmann in seinen schmutzigen verlumpten Kleidern herein, sang vor dem König und seiner Tochter, und bat, als er fertig war, um eine milde Gabe. Der König sprach »dein Gesang hat mir so wohl gefallen, daß ich dir meine[[Besitz]] Tochter da zur Frau geben will.« Die Königstochter erschrak, aber der König sagte »ich habe den Eid getan, dich dem ersten besten Bettelmann zu geben, den will ich auch halten.« Es half keine Einrede, der Pfarrer ward geholt, und sie mußte sich gleich mit dem Spielmann trauen lassen. Als das geschehen war, sprach der König, »nun schickt sichs nicht, daß du als ein Bettelweib noch länger in meinem Schloß bleibst, du kannst nur mit deinem Manne fortziehen.« Der Bettelmann führte sie an der Hand hinaus, und sie mußte mit ihm zu Fuß fort gehen. Als sie in einen großen Wald kamen, da fragte sie »ach, wem gehört der schöne Wald?« »Der gehört dem König Drosselbart; hättst du 'n genommen, so wär er dein.« »Ich arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!« Darauf kamen sie über eine Wiese, da fragte sie wieder »wem gehört die schöne grüne Wiese?« »Sie[[1]] gehört dem König Drosselbart; hättst du 'n genommen, so wär sie dein.« »Ich arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!« Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder »wem gehört diese schöne große Stadt?« »Sie[[1]] gehört dem König Drosselbart; hättst du 'n genommen, so wär sie dein.« »Ich arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!« »Es gefällt mir gar nicht,« sprach der Spielmann, »daß du dir immer einen andern zum Mann wünschest: bin ich dir nicht gut genug?« Endlich kamen sie an ein ganz kleines Häuschen, da sprach sie »ach, Gott, was ist das Haus so klein! wem mag das elende winzige Häuschen sein?« Der Spielmann antwortete »das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.« Sie[[1]] mußte sich bücken, damit sie zu der niedrigen Tür hinein kam. »Wo sind die Diener?« sprach die Königstochter. »Was Diener!« antwortete der Bettelmann, »du mußt selber tun was du willst getan haben. Mach nur gleich Feuer an und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz müde.« Die Königstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich ging. Als sie die schmale Kost verzehrt hatten, legten sie sich zu Bett: aber am Morgen trieb er sie schon ganz früh heraus, weil sie das Haus besorgen sollte. Ein paar Tage lebten sie auf diese Art schlecht und recht, und zehrten ihren Vorrat auf. Da sprach der Mann »Frau, so gehts nicht länger, daß wir hier zehren und nichts verdienen. Du sollst Körbe flechten.« Er ging aus, schnitt Weiden, und brachte sie heim: da fing sie an zu flechten, aber die harten Weiden stachen ihr die zarten Hände wund. »Ich sehe das geht nicht,« sprach der Mann, »spinn lieber, vielleicht kannst du das besser.« Sie[[1]] setzte sich hin, und versuchte zu spinnen, aber der harte Faden schnitt ihr bald in die weichen Finger, daß das Blut daran herunter lief. »Siehst du,« sprach der Mann, »du taugst zu keiner Arbeit, mit dir bin ich schlimm angekommen. Nun will ichs versuchen, und einen Handel mit Töpfen und irdenem Geschirr anfangen: du sollst dich auf den Markt setzen, und die Waare feil halten.« »Ach,« dachte sie, »wenn auf den Markt Leute aus meines Vaters Reich kommen, und sehen mich da sitzen und feil halten, wie werden sie mich verspotten!« Aber es half nichts, sie mußte sich fügen, wenn sie nicht Hungers sterben wollten. Das erstemal gings gut, denn die Leute kauften der Frau, weil sie schön war, gern ihre Waare ab, und bezahlten was sie forderte: ja, viele gaben ihr das Geld, und ließen ihr die Töpfe noch dazu. Nun lebten sie von dem erworbenen so lang es dauerte, da handelte der Mann wieder eine Menge neues Geschirr ein. Sie[[1]] setzte sich damit an eine Ecke des Marktes, und stellte es um sich her, und hielt feil. Da kam plötzlich ein trunkener Husar daher gejagt, und ritt gerade zu in die Töpfe hinein, daß alles in tausend Scherben zersprang. Sie[[1]] fing an zu weinen und wußte vor Angst nicht was sie anfangen sollte. »Ach, wie wird mirs ergehen!« rief sie, »was wird mein Mann dazu sagen!« Sie[[1]] lief heim und erzählte ihm das Unglück. »Wer setzt sich auch an die Ecke des Marktes mit irdenem Geschirr!« sprach der Mann, »laß nur das Weinen, ich sehe wohl du bist zu keiner ordentlichen Arbeit zu gebrauchen. Da bin ich in unseres Königs Schloß gewesen und habe gefragt ob sie nicht eine Küchenmagd brauchen könnten, und sie haben mir versprochen sie wollten dich dazu nehmen; dafür bekommst du freies Essen.« Nun ward die Königstochter eine Küchenmagd, mußte dem Koch zur Hand gehen und die sauerste Arbeit tun. Sie[[1]] machte sich in beiden Taschen ein Töpfchen fest, darin brachte sie nach Haus was ihr von dem übrig gebliebenen zu Teil ward, und davon nährten sie sich. Es trug sich zu, daß die Hochzeit des ältesten Königssohnes sollte gefeiert werden, da ging die arme Frau hinauf, stellte sich vor die Saaltüre und wollte zusehen. Als nun die Lichter angezündet waren, und immer einer schöner als der andere hereintrat, und alles voll Pracht und Herrlichkeit war, da dachte sie mit betrübtem Herzen an ihr Schicksal, und verwünschte ihren Stolz und Übermut, der sie erniedrigt und in so große Armut gestürzt hatte. Von den köstlichen Speisen, die da ein und ausgetragen wurden, und von welchen der Geruch zu ihr aufstieg, warfen ihr Diener manchmal ein paar Brocken zu, die tat sie in ihr Töpfchen, und wollte es heim tragen. Auf einmal trat der Königssohn herein, war in Sammt und Seide gekleidet und hatte goldene Ketten um den Hals. Und als er die schöne Frau in der Türe stehen sah, ergriff er sie bei der Hand, und wollte mit ihr tanzen, aber sie weigerte sich und erschrak, denn sie sah daß es der König Drosselbart war, der um sie gefreit und den sie mit Spott abgewiesen hatte. Ihr Sträuben half nichts, er zog sie in den Saal: da zerriss das Band, an welchem die Taschen hingen, und die Töpfe fielen heraus, daß die Suppe floß und die Brocken umher sprangen. Und wie das die Leute sahen, entstand ein allgemeines Gelächter und Spotten, und sie war so beschämt, daß sie sich lieber tausend Klafter unter die Erde gewünscht hätte. Sie[[1]] sprang zur Türe hinaus und wollte entfliehen, aber auf der Treppe holte sie ein Mann ein, und brachte sie zurück: und wie sie ihn ansah, war es wieder der König Drosselbart. Er sprach ihr freundlich zu, »fürchte dich nicht, ich und der Spielmann, der mit dir in dem elenden Häuschen gewohnt hat, sind eins: dir zu Liebe habe ich mich so verstellt, und der Husar, der dir die Töpfe entzwei geritten hat, bin ich auch gewesen. Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen, und dich für deinen Hochmut zu strafen, womit du mich verspottet hast.« Da weinte sie bitterlich und sagte »ich habe großes Unrecht gehabt und bin nicht wert deine Frau zu sein.« Er aber sprach »tröste dich, die bösen Tage sind vorüber, jetzt wollen wir unsere Hochzeit feiern.« Da kamen die Kammerfrauen und taten ihr die prächtigsten Kleider an, und ihr Vater kam und der ganze Hof, und wünschten ihr Glück zu ihrer Vermählung mit dem König Drosselbart, und die rechte Freude fing jetzt erst an. Ich wollte, du und ich, wir wären auch dabei gewesen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="53._Schneewittchen" 53. Schneewittchen. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rote im weißen Schnee so schön aussah, dachte sie bei sich »hätt ich ein Kind so weiß wie Schnee, so rot wie Blut, und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen.« Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut, und so schwarzhaarig wie Ebenholz, und ward darum das Schneewittchen (Schneeweißchen) genannt. Und wie das Kind geboren war, starb die Königin. Über ein Jahr nahm sich der König eine andere Gemahlin. Es war eine schöne Frau, aber sie war stolz und übermütig, und konnte nicht leiden daß sie an Schönheit von jemand sollte übertroffen werden. Sie[[1]] hatte einen wunderbaren Spiegel, wenn sie vor den trat und sich darin beschaute, sprach sie »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?« so antwortete der Spiegel »Frau Königin, ihr seid die schönste im Land.« Da war sie zufrieden, denn sie wußte daß der Spiegel die Wahrheit sagte. Schneewittchen aber wuchs heran, und wurde immer schöner, und als es sieben Jahr alt war, war es so schön, wie der klare Tag, und schöner als die Königin selbst. Als diese einmal ihren Spiegel fragte »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?« so antwortete er »Frau Königin, ihr seid die schönste hier, aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als ihr.« Da erschrak die Königin, und ward gelb und grün vor Neid. Von Stund an, wenn sie Schneewittchen erblickte, kehrte sich ihr das Herz im Leibe herum, so haßte sie das Mädchen. Und der Neid und Hochmut wuchsen wie ein Unkraut in ihrem Herzen immer höher, daß sie Tag und Nacht keine Ruhe mehr hatte. Da rief sie einen Jäger und sprach »bring das Kind hinaus in den Wald, ich wills nicht mehr vor meinen[[Besitz]] Augen sehen. Du sollst es töten, und mir Lunge und Leber zum Wahrzeichen mitbringen.« Der Jäger gehorchte und führte es hinaus, und als er den Hirschfänger gezogen hatte und Schneewittchens unschuldiges Herz durchbohren wollte, fing es an zu weinen und sprach »ach, lieber Jäger, laß mir mein Leben; ich will in den wilden Wald laufen und nimmermehr wieder heim kommen.« Und weil es so schön war, hatte der Jäger Mitleiden und sprach »so lauf hin, du armes Kind.« »Die wilden Tiere werden dich bald gefressen haben« dachte er, und doch wars ihm als wär ein Stein von seinem Herzen gewälzt, weil er es nicht zu töten brauchte. Und als gerade ein junger Frischling daher gesprungen kam, stach er ihn ab, nahm Lunge und Leber heraus, und brachte sie als Wahrzeichen der Königin mit. Der Koch mußte sie in Salz kochen, und das boshafte Weib aß sie auf und meinte sie hätte Schneewittchens Lunge und Leber gegessen. Nun war das arme Kind in dem großen Wald mutterseelig allein, und ward ihm so angst, daß es alle Blätter an den Bäumen ansah und nicht wußte wie es sich helfen sollte. Da fing es an zu laufen und lief über die spitzen Steine und durch die Dornen, und die wilden Tiere sprangen an ihm vorbei, aber sie taten ihm nichts. Es lief so lange nur die Füße noch fort konnten, bis es bald Abend werden wollte, da sah es ein kleines Häuschen und ging hinein sich zu ruhen. In dem Häuschen war alles klein, aber so zierlich und reinlich, daß es nicht zu sagen ist. Da stand ein weiß gedecktes Tischlein mit sieben kleinen Tellern, jedes Tellerlein mit seinem Löffelein, ferner sieben Messerlein und Gäblein, und sieben Becherlein. An der Wand waren sieben Bettlein neben einander aufgestellt und schneeweiße Laken darüber gedeckt. Schneewittchen, weil es so hungrig und durstig war, aß von jedem Tellerlein ein wenig Gemüs und Brot, und trank aus jedem Becherlein einen Tropfen Wein; denn es wollte nicht einem allein alles wegnehmen. Hernach, weil es so müde war, legte es sich in ein Bettchen, aber keins paßte; das eine war zu lang, das andere zu kurz, bis endlich das siebente recht war: und darin blieb es liegen, befahl sich Gott und schlief ein. Als es ganz dunkel geworden war, kamen die Herren von dem Häuslein, das waren die sieben Zwerge, die in den Bergen nach Erz hackten und gruben. Sie[[1]] zündeten ihre sieben Lichtlein an, und wie es nun hell im Häuslein ward, sahen sie daß jemand darin gewesen war, denn es stand nicht alles so in der Ordnung, wie sie es verlassen hatten. Der erste sprach »wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?« Der zweite »wer hat von meinem Tellerchen gegessen?« Der dritte »wer hat von meinem Brötchen genommen?« Der vierte »wer hat von meinem Gemüschen gegessen?« Der fünfte »wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen?« Der sechste »wer hat mit meinem Messerchen geschnitten?« Der siebente »wer hat aus meinem Becherlein getrunken?« Dann sah sich der erste um und sah daß auf seinem Bett eine kleine Delle war, da sprach er »wer hat in mein Bettchen getreten?« Die andern kamen gelaufen und riefen »in meinem hat auch jemand gelegen.« Der siebente aber, als er in sein Bett sah, erblickte Schneewittchen, das lag darin und schlief. Nun rief er die andern, die kamen herbeigelaufen, und schrien vor Verwunderung, holten ihre sieben Lichtlein, und beleuchteten Schneewittchen. »Ei, du mein Gott! ei, du mein Gott!« riefen sie, »was ist das Kind so schön!« und hatten so große Freude, daß sie es nicht aufweckten, sondern im Bettlein fortschlafen ließen. Der siebente Zwerg aber schlief bei seinen Gesellen, bei jedem eine Stunde, da war die Nacht herum. Als es Morgen war, erwachte Schneewittchen, und wie es die sieben Zwerge sah, erschrak es. Sie[[1]] waren aber freundlich und fragten »wie heißt du?« »Ich heiße Schneewittchen,« antwortete es. »Wie bist du in unser Haus gekommen?« sprachen weiter die Zwerge. Da erzählte es ihnen daß seine Stiefmutter es hätte wollen umbringen lassen, der Jäger hätte ihm aber das Leben geschenkt, und da wär es gelaufen den ganzen Tag, bis es endlich ihr Häuslein gefunden hätte. Die Zwerge sprachen »willst du unsern Haushalt versehen, kochen, betten, waschen, nähen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben, und es soll dir an nichts fehlen.« »Ja,« sagte Schneewittchen, »von Herzen gern,« und blieb bei ihnen. Es hielt ihnen das Haus in Ordnung: Morgens gingen sie in die Berge und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie wieder, und da mußte ihr Essen bereit sein. Den Tag über war das Mädchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen »hüte dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen daß du hier bist; laß ja niemand herein.« Die Königin aber, nachdem sie Schneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders als sie wäre wieder die erste und allerschönste, trat vor ihren Spiegel und sprach »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?« Da antwortete der Spiegel »Frau Königin, ihr seid die schönste hier, aber Schneewittchen über den Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schöner als ihr.« Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Unwahrheit sprach, und merkte daß der Jäger sie betrogen hatte, und Schneewittchen noch am Leben war. Und da sann und sann sie aufs neue, wie sie es umbringen wollte; denn so lange sie nicht die schönste war im ganzen Land, ließ ihr der Neid keine Ruhe. Und als sie sich endlich etwas ausgedacht hatte, färbte sie sich das Gesicht, und kleidete sich wie eine alte Krämerin, und war ganz unkenntlich. In dieser Gestalt ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe, und rief »schöne Waare feil! feil!« Schneewittchen guckte zum Fenster heraus und rief »guten Tag, liebe Frau, was habt ihr zu verkaufen?« »Gute Waare, schöne Waare,« antwortete sie, »Schnürriemen von allen Farben,« und holte einen hervor, der aus bunter Seide geflochten war. »Die ehrliche Frau kann ich herein lassen« dachte Schneewittchen, riegelte die Türe auf und kaufte sich den hübschen Schnürriemen. »Kind,« sprach die Alte, »wie du aussiehst! komm, ich will dich einmal ordentlich schnüren.« Schneewittchen hatte kein Arg, stellte sich vor sie, und ließ sich mit dem neuen Schnürriemen schnüren: aber die Alte schnürte geschwind und schnürte so fest, daß dem Schneewittchen der Atem verging, und es für tot hinfiel. »Nun bist du die schönste gewesen« sprach sie, und eilte hinaus. Nicht lange darauf, zur Abendzeit, kamen die sieben Zwerge nach Haus, aber wie erschraken sie, als sie ihr liebes Schneewittchen auf der Erde liegen sahen; und es regte und bewegte sich nicht, als wäre es tot. Sie[[1]] hoben es in die Höhe, und weil sie sahen daß es zu fest geschnürt war, schnitten sie den Schnürriemen entzwei: da fing es an ein wenig zu atmen, und ward nach und nach wieder lebendig. Als die Zwerge hörten was geschehen war, sprachen sie, »die alte Krämerfrau war niemand als die gottlose Königin: hüte dich und laß keinen Menschen herein, wenn wir nicht bei dir sind.« Das böse Weib aber, als es nach Haus gekommen war, ging vor den Spiegel und fragte »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?« Da antwortete er wie sonst »Frau Königin, ihr seid die schönste hier, aber Schneewittchen über den Bergen bei den sieben Zwergen ist noch tausendmal schöner als ihr.« Als sie das hörte, lief ihr alles Blut zum Herzen, so erschrak sie, denn sie sah wohl daß Schneewittchen wieder lebendig geworden war. »Nun aber,« sprach sie, »will ich etwas aussinnen, das dich zu Grunde richten soll,« und mit Hexenkünsten, die sie verstand, machte sie einen giftigen Kamm. Dann verkleidete sie sich und nahm die Gestalt eines andern alten Weibes an. So ging sie hin über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Türe, und rief »gute Waare feil! feil!« Schneewittchen schaute heraus und sprach »geht nur weiter, ich darf niemand hereinlassen.« »Das Ansehen wird dir doch erlaubt sein« sprach die Alte, zog den giftigen Kamm heraus und hielt ihn in die Höhe. Da gefiel er dem Kinde so gut, daß es sich betören ließ und die Türe öffnete. Als sie des Kaufs einig waren, sprach die Alte »nun will ich dich einmal ordentlich kämmen.« Das arme Schneewittchen dachte an nichts, und ließ die Alte gewähren, aber kaum hatte sie den Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte, und das Mädchen ohne Besinnung niederfiel. »Du Ausbund von Schönheit,« sprach das boshafte Weib, »jetzt ists um dich geschehen,« und ging fort. Zum Glück aber war es bald Abend, wo die sieben Zwerglein nach Haus kamen. Als sie Schneewittchen wie tot auf der Erde liegen sahen, hatten sie gleich die Stiefmutter in Verdacht, suchten nach, und fanden den giftigen Kamm, und kaum hatten sie ihn herausgezogen, so kam Schneewittchen wieder zu sich, und erzählte was vorgegangen war. Da warnten sie es noch einmal auf seiner Hut zu sein und niemand die Türe zu öffnen. Die Königin stellte sich daheim vor den Spiegel und sprach »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?« Da antwortete er, wie vorher, »Frau Königin, ihr seid die schönste hier, aber Schneewittchen über den Bergen bei den sieben Zwergen ist doch noch tausendmal schöner als ihr.« Als sie den Spiegel so reden hörte, zitterte und bebte sie vor Zorn. »Schneewittchen soll sterben,« rief sie, »und wenn es mein eignes Leben kostet.« Darauf ging sie in eine ganz verborgene einsame Kammer, wo niemand hinkam, und machte da einen giftigen giftigen Apfel. Äußerlich sah er schön aus, weiß mit roten Backen, daß jeder, der ihn erblickte, Lust danach bekam, aber wer ein Stückchen davon aß, der mußte sterben. Als der Apfel fertig war, färbte sie sich das Gesicht, und verkleidete sich in eine Bauersfrau, und so ging sie über die sieben Berge zu den sieben Zwergen. Sie[[1]] klopfte an, Schneewittchen streckte den Kopf zum Fenster heraus, und sprach »ich darf keinen Menschen einlassen, die sieben Zwerge haben mirs verboten.« »Mir auch recht,« antwortete die Bäurin, » meine[[Besitz]] Äpfel will ich schon los werden. Da, einen will ich dir schenken.« »Nein,« sprach Schneewittchen, »ich darf nichts annehmen.« »Fürchtest du dich vor Gift?« sprach die Alte, »siehst du, da schneide ich den Apfel in zwei Teile; den roten Backen iss du, den weißen will ich essen.« Der Apfel war aber so künstlich gemacht, daß der rote Backen allein vergiftet war. Schneewittchen lusterte {{[lusterte]}} den schönen Apfel an, und als es sah, daß die Bäurin davon aß, so konnte es nicht länger widerstehen, streckte die Hand hinaus und nahm die giftige Hälfte. Kaum aber hatte es einen Bissen davon im Mund, so fiel es tot zur Erde nieder. Da betrachtete es die Königin mit grausigen Blicken und lachte überlaut, und sprach »weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz! diesmal können dich die Zwerge nicht wieder erwecken.« Und als sie daheim den Spiegel befragte, »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?« so antwortete er endlich »Frau Königin, ihr seid die schönste im Land.« Da hatte ihr neidisches Herz Ruhe, so gut ein neidisches Herz Ruhe haben kann. Die Zwerglein, wie sie Abends nach Haus kamen, fanden Schneewittchen auf der Erde liegen, und es ging kein Atem mehr aus seinem Mund, und es war tot. Sie[[1]] hoben es auf, suchten ob sie was giftiges fänden, schnürten es auf, kämmten ihm die Haare, wuschen es mit Wasser und Wein, aber es half alles nichts; das liebe Kind war tot und blieb tot. Sie[[1]] legten es auf eine Bahre und setzten sich alle siebene daran und beweinten es, und weinten drei Tage lang. Da wollten sie es begraben, aber es sah noch so frisch aus wie ein lebender Mensch, und hatte noch seine schönen roten Backen. Sie[[1]] sprachen »das können wir nicht in die schwarze Erde versenken,« und ließen einen durchsichtigen Sarg von Glas machen, daß man es von allen Seiten sehen konnte, legten es hinein, und schrieben mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf, und daß es eine Königstochter wäre. Dann setzten sie den Sarg hinaus auf den Berg, und einer von ihnen blieb immer dabei, und bewachte ihn. Und die Tiere kamen auch und beweinten Schneewittchen, erst eine Eule, dann ein Rabe, zuletzt ein Täubchen. Nun lag Schneewittchen lange lange Zeit in dem Sarg und verweste nicht, sondern sah aus als wenn es schliefe, denn es war noch so weiß als Schnee, so rot als Blut, und so schwarzhaarig wie Ebenholz. Es geschah aber, daß ein Königssohn in den Wald geriet und zu dem Zwergenhaus kam, da zu übernachten. Er sah auf dem Berg den Sarg, und das schöne Schneewittchen darin, und las was mit goldenen Buchstaben darauf geschrieben war. Da sprach er zu den Zwergen »laßt mir den Sarg, ich will euch geben, was ihr dafür haben wollt.« Aber die Zwerge antworteten »wir geben ihn nicht um alles Gold in der Welt.« Da sprach er »so schenkt mir ihn, denn ich kann nicht leben ohne Schneewittchen zu sehen, ich will es ehren und hochachten wie mein Liebstes.« Wie er so sprach, empfanden die guten Zwerglein Mitleiden mit ihm und gaben ihm den Sarg. Der Königssohn ließ ihn nun von seinen Dienern auf den Schultern forttragen. Da geschah es, daß sie über einen Strauch stolperten, und von dem Schütteln fuhr der giftige Apfelgrütz, den Schneewittchen abgebissen hatte, aus dem Hals. Und nicht lange so öffnete es die Augen, hob den Deckel vom Sarg in die Höhe, und richtete sich auf, und war wieder lebendig. »Ach Gott, wo bin ich?« rief es. Der Königssohn sagte voll Freude »du bist bei mir,« und erzählte was sich zugetragen hatte und sprach »ich habe dich lieber als alles auf der Welt; komm mit mir in meines Vaters Schloß, du sollst meine[[Besitz]] Gemahlin werden.« Da war ihm Schneewittchen gut und ging mit ihm, und ihre Hochzeit ward mit großer Pracht und Herrlichkeit angeordnet. Zu dem Fest wurde aber auch Schneewittchens gottlose Stiefmutter eingeladen. Wie sie sich nun mit schönen Kleidern angetan hatte, trat sie vor den Spiegel und sprach »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste im ganzen Land?« Der Spiegel antwortete »Frau Königin, ihr seid die schönste hier, aber die junge Königin ist tausendmal schöner als ihr.« Da stieß das böse Weib einen Fluch aus, und ward ihr so angst, so angst, daß sie sich nicht zu lassen wußte. Sie[[1]] wollte zuerst gar nicht auf die Hochzeit kommen: doch ließ es ihr keine Ruhe, sie mußte fort und die junge Königin sehen. Und wie sie hineintrat, erkannte sie Schneewittchen, und vor Angst und Schrecken stand sie da und konnte sich nicht regen. Aber es waren schon eiserne Pantoffeln über Kohlenfeuer gestellt und wurden mit Zangen herein getragen und vor sie hingestellt. Da mußte sie in die rotglühenden Schuhe treten und so lange tanzen, bis sie tot zur Erde fiel. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="54._Der_Ranzen,_das_Hütlein_und_das_Hörnlein" 54. Der Ranzen, das Hütlein und das Hörnlein. &&ax &&lg=x &&fe Es waren einmal drei Brüder, die waren immer tiefer in Armut geraten, und endlich war die Not so groß, daß sie Hunger leiden mußten und nichts mehr zu beißen und zu brechen hatten. Da sprachen sie »es kann so nicht bleiben: es ist besser wir gehen in die Welt und suchen unser Glück.« Sie[[1]] machten sich also auf, und waren schon weite Wege und über viele Grashälmerchen gegangen, aber das Glück war ihnen noch nicht begegnet. Da gelangten sie eines Tags in einen großen Wald, und mitten darin war ein Berg, und als sie näher kamen, so sahen sie daß der Berg ganz von Silber war. Da sprach der älteste »nun habe ich das gewünschte Glück gefunden und verlange kein größeres.« Er nahm von dem Silber so viel er nur tragen konnte, kehrte dann um und ging wieder nach Haus. Die beiden andern aber sprachen »wir verlangen vom Glück noch etwas mehr als bloßes Silber,« rührten es nicht an und gingen weiter. Nachdem sie abermals ein paar Tage gegangen waren, so kamen sie zu einem Berg, der ganz von Gold war. Der zweite Bruder stand, besann sich und war ungewiss. »Was soll ich tun?« sprach er, »soll ich mir von dem Golde so viel nehmen, daß ich mein Lebtag genug habe, oder soll ich weiter gehen?« Endlich faßte er einen Entschluß, füllte in seine Taschen was hinein wollte, sagte seinem Bruder Lebewohl und ging heim. Der dritte aber sprach »Silber und Gold das rührt mich nicht: ich will meinem Glück nicht absagen, vielleicht ist mir etwas besseres beschert.« Er zog weiter, und als er drei Tage gegangen war, so kam er in einen Wald, der noch größer war als die vorigen und gar kein Ende nehmen wollte; und da er nichts zu essen und zu trinken fand, so war er nahe daran zu verschmachten. Da stieg er auf einen hohen Baum, ob er da oben Waldes Ende sehen möchte, aber so weit sein Auge reichte sah er nichts als die Gipfel der Bäume. Da begab er sich von dem Baume wieder herunter zu steigen, aber der Hunger quälte ihn, und er dachte »wenn ich nur noch einmal meinen[[Besitz]] Leib ersättigen könnte.« Als er herab kam, sah er mit Erstaunen unter dem Baum einen Tisch, der mit Speisen reichlich besetzt war, die ihm entgegen dampften. »Diesmal,« sprach er, »ist mein Wunsch zu rechter Zeit erfüllt worden,« und ohne zu fragen wer das Essen gebracht und wer es gekocht hätte, nahte er sich dem Tisch und aß mit Lust bis er seinen Hunger gestillt hatte. Als er fertig war, dachte er »es wäre doch Schade wenn das feine Tischtüchlein hier in dem Walde verderben sollte,« legte es säuberlich zusammen und steckte es ein. Darauf ging er weiter, und Abends, als der Hunger sich wieder regte, wollte er sein Tüchlein auf die Probe stellen, breitete es aus und sagte »so wünsche ich daß du abermals mit guten Speisen besetzt wärest,« und kaum war der Wunsch über seine Lippen gekommen, so standen so viel Schüsseln mit dem schönsten Essen darauf, als nur Platz hatten. »Jetzt merke ich,« sagte er, »in welcher Küche für mich gekocht wird; du sollst mir lieber sein als der Berg von Silber und Gold,« denn er sah wohl daß es ein Tüchleindeckdich war. Das Tüchlein war ihm aber doch nicht genug, um sich daheim zur Ruhe zu setzen, sondern er wollte lieber noch in der Welt herum wandern und weiter sein Glück versuchen. Eines Abends traf er in einem einsamen Walde einen schwarz bestaubten Köhler, der brannte da Kohlen, und hatte Kartoffeln am Feuer stehen, damit wollte er seine Mahlzeit halten. »Guten Abend, du Schwarzamsel,« sagte er, »wie geht dirs in deiner Einsamkeit?« »Einen Tag wie den andern,« erwiederte der Köhler, »und jeden Abend Kartoffeln; hast du Lust dazu und willst mein Gast sein?« »Schönen Dank,« antwortete der Reisende, »ich will dir die Mahlzeit nicht wegnehmen, du hast auf einen Gast nicht gerechnet, aber wenn du mit mir vorlieb nehmen willst, so sollst du eingeladen sein.« »Wer soll dir anrichten?« sprach der Köhler, »ich sehe daß du nichts bei dir hast, und ein paar Stunden im Umkreis ist niemand, der dir etwas geben könnte.« »Und doch solls ein Essen sein,« antwortete er, »so gut, wie du noch keins gekostet hast.« Darauf holte er sein Tüchlein aus dem Ranzen, breitete es auf die Erde, und sprach »Tüchlein, deck dich,« und alsbald stand da Gesottenes und Gebratenes, und war so warm als wenn es eben aus der Küche käme. Der Köhler machte große Augen, ließ sich aber nicht lange bitten, sondern langte zu und schob immer größere Bissen in sein schwarzes Maul hinein. Als sie abgegessen hatten, schmunzelte der Köhler und sagte »hör, dein Tüchlein hat meinen[[Besitz]] Beifall, das wäre so etwas für mich in dem Walde, wo mir niemand etwas gutes kocht. Ich will dir einen Tausch vorschlagen, da in der Ecke hängt ein Soldatenranzen, der zwar alt und unscheinbar ist, in dem aber wunderbare Kräfte stecken; da ich ihn doch nicht mehr brauche, so will ich ihn für das Tüchlein geben.« »Erst muß ich wissen was das für wunderbare Kräfte sind,« erwiederte er. »Das will ich dir sagen,« antwortete der Köhler, »wenn du mit der Hand darauf klopfst, so kommt jedesmal ein Gefreiter mit sechs Mann, die haben Ober- und Untergewehr, und was du befiehlst, das vollbringen sie.« »Meinetwegen,« sagte er »wenns nicht anders sein kann, so wollen wir tauschen,« gab dem Köhler das Tüchlein, hob den Ranzen von dem Haken, hing ihn um und nahm Abschied. Als er ein Stück Wegs gegangen war, wollte er die Wunderkräfte seines Ranzens versuchen und klopfte darauf. Alsbald traten die sieben Kriegshelden vor ihn, und der Gefreite sprach »was verlangt mein Herr und Gebieter?« »Marschiert im Eilschritt zu dem Köhler und fordert mein Wünschtüchlein zurück.« Sie[[1]] machten links um, und gar nicht lange, so brachten sie das Verlangte und hatten es dem Köhler, ohne viel zu fragen, abgenommen. Er hieß sie wieder abziehen, ging weiter und hoffte das Glück würde ihm noch heller scheinen. Bei Sonnenuntergang kam er zu einem andern Köhler, der bei dem Feuer seine Abendmahlzeit bereitete. »Willst du mit mir essen,« sagte der rußige Geselle, »Kartoffeln mit Salz aber ohne Schmalz, so setz dich zu mir nieder.« »Nein,« antwortete er, »für diesmal sollst du mein Gast sein,« deckte sein Tüchlein auf, das gleich mit den schönsten Gerichten besetzt war. Sie[[1]] aßen und tranken zusammen und waren guter Dinge. Nach dem Essen sprach der Kohlenbrenner »da oben auf der Kammbank liegt ein altes abgegriffenes Hütlein, das hat seltsame Eigenschaften: wenn das einer aufsetzt und dreht es auf dem Kopf herum, so gehen die Feldschlangen, als wären zwölfe neben einander aufgeführt, und schießen alles darnieder, daß niemand dagegen bestehen kann. Mir nützt das Hütlein nichts und für dein Tischtuch will ichs wohl hingeben.« »Das läßt sich hören,« antwortete er, nahm das Hütlein, setzte es auf und ließ sein Tüchlein zurück. Kaum aber war er ein Stück Wegs gegangen, so klopfte er auf seinen Ranzen, und seine Soldaten mußten ihm das Tüchlein wieder holen. »Es kommt eins zum andern,« dachte er, »und es ist mir, als wäre mein Glück noch nicht zu Ende.« Seine Gedanken hatten ihn auch nicht betrogen. Nachdem er abermals einen Tag gegangen war, kam er zu einem dritten Köhler, der ihn nicht anders als die vorigen zu ungeschmelzten Kartoffeln einlud. Er ließ ihn aber von seinem Wunschtüchlein mitessen, und das schmeckte dem Köhler so gut, daß er ihm zuletzt ein Hörnlein dafür bot, das noch ganz andere Eigenschaften hatte als das Hütlein. Wenn man darauf blies, so fielen alle Mauern und Festungswerke, endlich alle Städte und Dörfer übern Haufen. Er gab dem Köhler zwar das Tüchlein dafür, ließ sichs aber hernach von seiner Mannschaft wieder abfordern, so daß er endlich Ranzen, Hütlein und Hörnlein beisammen hatte. »Jetzt,« sprach er, »bin ich ein gemachter Mann, und es ist Zeit, daß ich heimkehre und sehe wie es meinen[[Besitz]] Brüdern ergeht.« Als er daheim anlangte, hatten sich seine Brüder von ihrem Silber und Gold ein schönes Haus gebaut und lebten in Saus und Braus. Er trat bei ihnen ein, weil er aber in einem halb zerrissenen Rock kam, das schäbige Hütlein auf dem Kopf und den alten Ranzen auf dem Rücken, so wollten sie ihn nicht für ihren Bruder anerkennen. Sie[[1]] spotteten und sagten »du gibst dich für unsern Bruder aus, der Silber und Gold verschmähte, und für sich ein besseres Glück verlangte: der kommt gewiss in voller Pracht als ein mächtiger König angefahren, nicht als ein Bettelmann,« und jagten ihn zur Türe hinaus. Da geriet er in Zorn, klopfte auf seinen Ranzen so lange bis hundert und funfzig Mann in Reih und Glied vor ihm standen. Er befahl ihnen das Haus seiner Brüder zu umzingeln, und zwei sollten Haselgerten mitnehmen und den beiden übermütigen die Haut auf dem Leib so lange weich gerben, bis sie wüßten wer er wäre. Es entstand ein gewaltiger Lärm, die Leute liefen zusammen und wollten den beiden in der Not Beistand leisten, aber sie konnten gegen die Soldaten nichts ausrichten. Es geschah endlich dem Könige Meldung davon der ward unwillig, und ließ einen Hauptmann mit seiner Schaar ausrücken, der sollte den Ruhestörer aus der Stadt jagen: aber der Mann mit dem Ranzen hatte bald eine größere Mannschaft zusammen, die schlug den Hauptmann mit seinen Leuten zurück, daß sie mit blutigen Nasen abziehen mußten. Der König sprach »der hergelaufene Kerl ist noch zu bändigen,« und schickte am andern Tage eine größere Schaar gegen ihn aus, aber sie konnte noch weniger ausrichten. Er stellte noch mehr Volk entgegen, und um noch schneller fertig zu werden, drehte er ein paarmal sein Hütlein auf dem Kopfe herum: da fing das schwere Geschütz an zu spielen, und des Königs Leute wurden geschlagen und in die Flucht gejagt. »Jetzt mache ich nicht eher Frieden,« sprach er, »als bis mir der König seine Tochter zur Frau gibt, und ich in seinem Namen das ganze Reich beherrsche.« Das ließ er dem König verkündigen, und dieser sprach zu seiner Tochter »Muß ist eine harte Nuß: was bleibt mir anders übrig, als daß ich tue was er verlangt? will ich Frieden haben und die Krone auf meinem Haupte behalten, so muß ich dich hingeben.« Die Hochzeit ward also gefeiert, aber die Königstochter war verdrießlich daß ihr Gemahl ein gemeiner Mann war, der einen schäbigen Hut trug und einen alten Ranzen umhängen hatte. Sie[[1]] wäre ihn gerne wieder los gewesen und sann Tag und Nacht wie sie das bewerkstelligen könnte. Da dachte sie »sollten seine Wunderkräfte wohl in dem Ranzen stecken?« verstellte sich und liebkoste ihm, und als sein Herz weich geworden war, sprach sie »wenn du nur den schlechten Ranzen ablegen wolltest, er verunziert dich so sehr, daß ich mich deiner schämen muß.« »Liebes Kind,« antwortete er, »dieser Ranzen ist mein größter Schatz, so lange ich den habe, fürchte ich keine Macht der Welt;« und verriet ihr mit welchen Wunderkräften er begabt war. Da fiel sie ihm um den Hals, als wenn sie ihn küssen wollte, nahm ihm aber mit Behendigkeit den Ranzen von der Schulter und lief damit fort. Sobald sie allein war, klopfte sie darauf und befahl den Kriegsleuten sie sollten ihren vorigen Herrn festnehmen und aus dem königlichen Palast fortführen. Sie[[1]] gehorchten, und die falsche Frau ließ noch mehr Leute hinter ihm her ziehen, die ihn ganz zum Lande hinaus jagen sollten. Da wäre er verloren gewesen, wenn er nicht das Hütlein gehabt hätte. Kaum aber waren seine Hände frei, so schwenkte er es ein paar mal: alsbald fing das Geschütz an zu donnern und schlug alles nieder, und die Königstochter mußte selbst kommen und um Gnade bitten. Weil sie so beweglich bat und sich zu bessern versprach, so ließ er sich überreden und bewilligte ihr Frieden. Sie[[1]] tat freundlich mit ihm, stellte sich an als hätte sie ihn sehr lieb und wußte ihn nach einiger Zeit so zu betören daß er ihr vertraute wenn auch einer den Ranzen in seine Gewalt bekäme, so könnte er doch nichts gegen ihn ausrichten so lange das alte Hütlein noch sein wäre. Als sie das Geheimnis wußte, wartete sie bis er eingeschlafen war, dann nahm sie ihm das Hütlein weg, und ließ ihn hinaus auf die Straße werfen. Aber noch war ihm das Hörnlein übrig, und in großem Zorne blies er aus allen Kräften hinein. Alsbald fiel alles zusammen, Mauern, Festungswerk, Städte und Dörfer, und schlugen den König und die Königstochter tot. Und wenn er das Hörnlein nicht abgesetzt und nur noch ein wenig länger geblasen hätte, so wäre alles über den Haufen gestürzt und kein Stein auf dem andern geblieben. Da widerstand ihm niemand mehr, und er setzte sich zum König über das ganze Reich. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="55._Rumpelstilzchen" 55. Rumpelstilzchen. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, daß er mit dem König zu sprechen kam, und um sich ein Ansehen zu geben, sagte er zu ihm »ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.« Der König sprach zum Müller »das ist eine Kunst, die mir wohl gefällt, wenn deine Tochter so geschickt ist, wie du sagst, so bring sie Morgen in mein Schloß, da will ich sie auf die Probe stellen.« Als nun das Mädchen zu ihm gebracht ward, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh lag, gab ihr Rad und Haspel und sprach »jetzt mache dich an die Arbeit, und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so mußt du sterben.« Darauf schloß er die Kammer selbst zu, und sie blieb allein darin. Da saß nun die arme Müllerstochter und wußte um ihr Leben keinen Rat: sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte, und ihre Angst ward immer größer, daß sie endlich zu weinen anfing. Da ging auf einmal die Türe auf, und trat ein kleines Männchen herein und sprach »guten Abend, Jungfer Müllerin, warum weint sie so sehr?« »Ach,« antwortete das Mädchen, »ich soll Stroh zu Gold spinnen, und verstehe das nicht.« Sprach das Männchen »was gibst du mir, wenn ich dirs spinne?« »Mein Halsband« sagte das Mädchen. Das Männchen nahm das Halsband, setzte sich vor das Rädchen, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war die Spule voll. Dann steckte es eine andere auf, und schnurr, schnurr, schnurr, dreimal gezogen, war auch die zweite voll: und so gings fort bis zum Morgen, da war alles Stroh versponnen, und alle Spulen waren voll Gold. Bei Sonnenaufgang kam schon der König und als er das Gold erblickte, erstaunte er und freute sich, aber sein Herz ward nur noch goldgieriger. Er ließ die Müllerstochter in eine andere Kammer voll Stroh bringen, die noch viel größer war, und befahl ihr das auch in einer Nacht zu spinnen, wenn ihr das Leben lieb wäre. Das Mädchen wußte sich nicht zu helfen und weinte, da ging abermals die Türe auf, und das kleine Männchen erschien und sprach »was gibst du mir, wenn ich dir das Stroh zu Gold spinne?« »meinen[[Besitz]] Ring von dem Finger« antwortete das Mädchen. Das Männchen nahm den Ring, fing wieder an zu schnurren mit dem Rade und hatte bis zum Morgen alles Stroh zu glänzendem Gold gesponnen. Der König freute sich über die Maßen bei dem Anblick, war aber noch immer nicht Goldes satt, sondern ließ die Müllerstochter in eine noch größere Kammer voll Stroh bringen und sprach »die mußt du noch in dieser Nacht verspinnen: gelingt dirs aber, so sollst du meine[[Besitz]] Gemahlin werden.« »Wenns auch eine Müllerstochter ist,« dachte er, »eine reichere Frau finde ich in der ganzen Welt nicht.« Als das Mädchen allein war, kam das Männlein zum drittenmal wieder und sprach »was gibst du mir, wenn ich dir noch diesmal das Stroh spinne?« »Ich habe nichts mehr, das ich geben könnte« antwortete das Mädchen. »So versprich mir, wenn du Königin wirst, dein erstes Kind.« »Wer weis wie das noch geht« dachte die Müllerstochter und wußte sich auch in der Not nicht anders zu helfen; sie versprach also dem Männchen was es verlangte, und das Männchen spann dafür noch einmal das Stroh zu Gold. Und als am Morgen der König kam und alles fand wie er gewünscht hatte, so hielt er Hochzeit mit ihr, und die schöne Müllerstochter ward eine Königin. Über ein Jahr brachte sie ein schönes Kind zur Welt und dachte gar nicht mehr an das Männchen: da trat es plötzlich in ihre Kammer und sprach »nun gib mir was du versprochen hast.« Die Königin erschrak und bot dem Männchen alle Reichtümer des Königreichs an, wenn es ihr das Kind lassen wollte: aber das Männchen sprach »nein, etwas lebendes ist mir lieber als alle Schätze der Welt.« Da fing die Königin so an zu jammern und zu weinen, daß das Männchen Mitleiden mit ihr hatte: »drei Tage will ich dir Zeit lassen,« sprach er, »wenn du bis dahin meinen[[Besitz]] Namen weißt, so sollst du dein Kind behalten.« Nun besann sich die Königin die ganze Nacht über auf alle Namen, die sie jemals gehört hatte, und schickte einen Boten über Land, der sollte sich erkundigen weit und breit was es sonst noch für Namen gäbe. Als am andern Tag das Männchen kam, fing sie an mit Caspar, Melchior, Balzer, und sagte alle Namen, die sie wußte, nach der Reihe her, aber bei jedem sprach das Männlein »so heiß ich nicht.« Den zweiten Tag ließ sie in der Nachbarschaft herumfragen wie die Leute da genannt würden, und sagte dem Männlein die ungewöhnlichsten und seltsamsten Namen vor, »heißt du vielleicht Rippenbiest oder Hammelswade oder Schnürbein?« aber es antwortete immer »so heiß ich nicht.« Den dritten Tag kam der Bote wieder zurück und erzählte »neue Namen habe ich keinen einzigen finden können, aber wie ich an einen hohen Berg um die Waldecke kam, wo Fuchs und Has sich gute Nacht sagen, so sah ich da ein kleines Haus, und vor dem Haus brannte ein Feuer, und um das Feuer sprang ein gar zu lächerliches Männchen, hüpfte auf einem Bein und schrie »heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind; ach, wie gut ist daß niemand weis daß ich Rumpelstilzchen heiß!« Da könnt ihr denken wie die Königin froh war, als sie den Namen hörte, und als bald hernach das Männlein herein trat und fragte »nun, Frau Königin, wie heiß ich?« fragte sie erst »heißest du Kunz?« »Nein.« »Heißest du Heinz?« »Nein.« »Heißt du etwa Rumpelstilzchen?« »Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt« schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wut den linken Fuß mit beiden Händen und riss sich selbst mitten entzwei. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="56._Der_Liebste_Roland" 56. Der Liebste Roland. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine Frau, die war eine rechte Hexe, und hatte zwei Töchter, eine häßlich und böse, und die liebte sie, weil sie ihre rechte Tochter war, und eine schön und gut, die haßte sie, weil sie ihre Stieftochter war. Zu einer Zeit hatte die Stieftochter eine schöne Schürze, die der andern gefiel, so daß sie neidisch war und ihrer Mutter sagte sie wollte und müßte die Schürze haben. »Sei still, mein Kind,« sprach die Alte, »du sollst sie auch haben. Deine Stiefschwester hat längst den Tod verdient, heute Nacht wenn sie schläft, so komm ich und haue ihr den Kopf ab. Sorge nur daß du hinten ins Bett zu liegen kommst, und schieb sie recht vornen hin.« Um das arme Mädchen war es geschehen, wenn es nicht gerade in einer Ecke gestanden und alles mit angehört hätte. Es durfte den ganzen Tag nicht zur Türe hinaus, und als Schlafenszeit gekommen war, mußte es zuerst ins Bett steigen, damit sie sich hinten hin legen konnte; als sie aber eingeschlafen war, da schob es sie sachte vornen hin und nahm den Platz hinten an der Wand. In der Nacht kam die Alte geschlichen, in der rechten Hand hielt sie eine Axt, mit der linken fühlte sie erst ob auch jemand vornen lag, und dann faßte sie die Axt mit beiden Händen, hieb und hieb ihrem eigenen Kinde den Kopf ab. Als sie fort gegangen war, stand das Mädchen auf, und ging zu seinem Liebsten, der Roland hieß, und klopfte an seine Türe. Als er heraus kam, sprach sie zu ihm »höre, liebster Roland, wir müssen eilig flüchten, die Stiefmutter hat mich totschlagen wollen, hat aber ihr eigenes Kind getroffen. Kommt der Tag, und sie sieht was sie getan hat, so sind wir verloren.« »Aber ich rate dir,« sagte Roland, »daß du erst ihren Zauberstab wegnimmst, sonst können wir uns nicht retten, wenn sie uns nachsetzt und verfolgt.« Das Mädchen holte den Zauberstab, und dann nahm es den toten Kopf und tröpfelte drei Blutstropfen auf die Erde, einen vors Bett, einen in die Küche, und einen auf die Treppe. Darauf eilte es mit seinem Liebsten fort. Als nun am Morgen die alte Hexe aufgestanden war, rief sie ihrer Tochter, und wollte ihr die Schürze geben, aber sie kam nicht. Da rief sie »wo bist du?« »Ei, hier auf der Treppe, da kehr ich,« antwortete der eine Blutstropfen. Die Alte ging hinaus, sah aber niemand auf der Treppe und rief abermals »wo bist du?« »Ei, hier in der Küche, da wärm ich mich« rief der zweite Blutstropfen. Sie[[1]] ging in die Küche, aber sie fand niemand. Da rief sie noch einmal »wo bist du?« »Ach, hier im Bette, da schlaf ich« rief der dritte Blutstropfen. Sie[[1]] ging in die Kammer ans Bett. Was sah sie da? ihr eigenes Kind, das in seinem Blute schwamm, und dem sie selbst den Kopf abgehauen hatte. Die Hexe geriet in Wut, sprang ans Fenster, und da sie weit in die Welt schauen konnte, erblickte sie ihre Stieftochter, die mit ihrem Liebsten Roland fort eilte. »Das soll euch nichts helfen,« rief sie, »wenn ihr auch schon weit weg seid, ihr entflieht mir doch nicht.« Sie[[1]] zog ihre Meilenstiefeln an, in welchem sie mit jedem Schritt eine Stunde machte, und es dauerte nicht lange, so hatte sie beide eingeholt. Das Mädchen aber, wie es die Alte daher schreiten sah, verwandelte mit dem Zauberstab seinen Liebsten Roland in einen See, sich selbst aber in eine Ente, die mitten auf dem See schwamm. Die Hexe stellte sich ans Ufer, warf Brotbrocken hinein und gab sich alle Mühe die Ente herbeizulocken: aber die Ente ließ sich nicht locken, und die Alte mußte Abends unverrichteter Sache wieder umkehren. Darauf nahm das Mädchen mit seinem Liebsten Roland wieder die natürliche Gestalt an, und sie gingen die ganze Nacht weiter bis zu Tagesanbruch. Da verwandelte sich das Mädchen in eine schöne Blume, die mitten in einer Dornhecke stand, seinen Liebsten Roland aber in einen Geigenspieler. Nicht lange, so kam die Hexe herangeschritten und sprach zu dem Spielmann »lieber Spielmann, darf ich mir wohl die schöne Blume abbrechen?« »O ja,« antwortete er, »ich will dazu aufspielen.« Als sie nun mit Hast[[beeilen]] in die Hecke kroch und die Blume brechen wollte, denn sie wußte wohl wer die Blume war, so fing er an aufzuspielen, und, sie mochte wollen oder nicht, sie mußte tanzen, denn es war ein Zaubertanz. Je schneller er spielte, desto gewaltigere Sprünge mußte sie machen, und die Dornen rissen ihr die Kleider vom Leibe, stachen sie blutig und wund, und da er nicht aufhörte, mußte sie so lange tanzen bis sie tot liegen blieb. Als sie nun erlöst waren, sprach Roland »nun will ich zu meinem Vater gehen und die Hochzeit bestellen.« »So will ich derweil hier bleiben,« sagte das Mädchen, »und auf dich warten, und damit mich niemand erkennt, will ich mich in einen roten Feldstein verwandeln.« Da ging Roland fort, und das Mädchen stand als ein roter Stein auf dem Felde und wartete auf seinen Liebsten. Als aber Roland heim kam, geriet er in die Fallstricke einer andern, die es dahin brachte, daß er das Mädchen vergaß. Das arme Mädchen stand lange Zeit, als er aber endlich gar nicht wieder kam, so ward es traurig und verwandelte sich in eine Blume und dachte »es wird ja wohl einer daher gehen und mich umtreten.« Es trug sich aber zu, daß ein Schäfer auf dem Felde seine Schafe hütete und die Blume sah, und weil sie so schön war, so brach er sie ab, nahm sie mit sich, und legte sie in seinen Kasten. Von der Zeit ging es wunderlich in des Schäfers Hause zu. Wenn er Morgens aufstand, so war schon alle Arbeit getan: die Stube war gekehrt, Tisch und Bänke abgeputzt, Feuer auf den Herd gemacht, und Wasser getragen; und Mittags, wenn er heim kam, war der Tisch gedeckt und ein gutes Essen aufgetragen. Er konnte nicht begreifen wie das zuging, denn er sah niemals einen Menschen in seinem Haus, und es konnte sich auch niemand in der kleinen Hütte versteckt haben. Die gute Aufwartung gefiel ihm freilich, aber zuletzt ward ihm doch angst, so daß er zu einer weisen Frau ging und sie um Rat fragte. Die weise Frau sprach »es steckt Zauberei dahinter; gib einmal Morgens in aller Frühe acht ob sich etwas in der Stube regt, und wenn du etwas siehst, es mag sein was es will, so wirf schnell ein weißes Tuch darüber, dann wird der Zauber gehemmt.« Der Schäfer tat wie sie gesagt hatte, und am andern Morgen, eben als der Tag anbrach, sah er wie sich der Kasten auftat und die Blume heraus kam. Schnell sprang er hinzu und warf ein weißes Tuch darüber. Alsbald war die Verwandlung vorbei, und ein schönes Mädchen stand vor ihm, das bekannte ihm daß es die Blume gewesen wäre und seinen Haushalt bisher besorgt hätte. Es erzählte ihm sein Schicksal, und weil es ihm gefiel, fragte er ob es ihn heiraten wollte, aber es antwortete »nein,« denn es wollte seinem Liebsten Roland, obgleich er es verlassen hatte, doch treu bleiben: aber es versprach daß es nicht weggehen, sondern ihm fernerhin Haus halten wollte. Nun kam die Zeit heran daß Roland Hochzeit halten sollte: da ward nach altem Brauch im Lande bekannt gemacht daß alle Mädchen sich einfinden und zu Ehren des Brautpaars singen sollten. Das treue Mädchen, als es davon hörte, ward so traurig daß es meinte das Herz im Leib würde ihm zerspringen, und wollte nicht hingehen, aber die andern kamen und holten es herbei. Wenn aber die Reihe kam daß es singen sollte, so trat es zurück, bis es allein noch übrig war, da konnte es nicht anders. Aber wie es seinen Gesang anfing, und er zu Rolands Ohren kam, so sprang er auf, und rief »die Stimme kenne ich, das ist die rechte Braut, eine andere begehr ich nicht.« Alles, was er vergessen hatte und ihm aus dem Sinn verschwunden war, das war plötzlich in sein Herz wieder heim gekommen. Da hielt das treue Mädchen Hochzeit mit seinem Liebsten Roland, und war sein Leid zu Ende und fing seine Freude an. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="57._Der_goldene_Vogel" 57. Der goldene Vogel. &&ax &&lg=x &&fe Es war vor Zeiten ein König, der hatte einen schönen Lustgarten hinter seinem Schloß, darin stand ein Baum, der goldene Äpfel trug. Als die Äpfel reiften, wurden sie gezählt, aber gleich den nächsten Morgen fehlte einer. Das ward dem König gemeldet, und er befahl daß alle Nächte unter dem Baume Wache sollte gehalten werden. Der König hatte drei Söhne, davon schickte er den ältesten bei einbrechender Nacht in den Garten: wie es aber Mitternacht war, konnte er sich des Schlafes nicht erwehren, und am nächsten Morgen fehlte wieder ein Apfel. In der folgenden Nacht mußte der zweite Sohn wachen, aber dem erging es nicht besser: als es zwölf Uhr geschlagen hatte, schlief er ein, und Morgens fehlte ein Apfel. Jetzt kam die Reihe zu wachen an den dritten Sohn, der war auch bereit, aber der König traute ihm nicht viel zu und meinte er würde noch weniger ausrichten als seine Brüder: endlich aber gestattete er es doch. Der Jüngling legte sich also unter den Baum, wachte und ließ den Schlaf nicht Herr werden. Als es zwölf schlug, so rauschte etwas durch die Luft, und er sah im Mondschein einen Vogel daher fliegen, dessen Gefieder ganz von Gold glänzte. Der Vogel ließ sich auf dem Baume nieder und hatte eben einen Apfel abgepickt, als der Jüngling einen Pfeil nach ihm abschoß. Der Vogel entflog, aber der Pfeil hatte sein Gefieder getroffen, und eine seiner goldenen Federn fiel herab. Der Jüngling hob sie auf, brachte sie am andern Morgen dem König und erzählte ihm was er in der Nacht gesehen hatte. Der König versammelte seinen Rat, und jedermann erklärte eine Feder wie diese sei mehr wert als das gesammte Königreich. »Ist die Feder so kostbar,« erklärte der König, »so hilft mir auch die eine nichts, sondern ich will und muß den ganzen Vogel haben.« Der älteste Sohn machte sich auf den Weg, verließ sich auf seine Klugheit und meinte den goldenen Vogel schon zu finden. Wie er eine Strecke gegangen war, sah er an dem Rande eines Waldes einen Fuchs sitzen, legte seine Flinte an und zielte auf ihn. Der Fuchs rief »schieß mich nicht, ich will dir dafür einen guten Rat geben. Du bist auf dem Weg nach dem goldenen Vogel, und wirst heut Abend in ein Dorf kommen, wo zwei Wirtshäuser einander gegenüber stehen. Eins ist hell erleuchtet, und es geht darin lustig her: da kehr aber nicht ein, sondern geh ins andere, wenn es dich auch schlecht ansieht.« »Wie kann mir wohl so ein albernes Tier einen vernünftigen Rat erteilen!« dachte der Königssohn und drückte los, aber er fehlte den Fuchs, der den Schwanz streckte und schnell in den Wald lief. Darauf setzte er seinen Weg fort und kam Abends in das Dorf, wo die beiden Wirtshäuser standen: in dem einen ward gesungen und gesprungen, das andere hatte ein armseliges betrübtes Ansehen. »Ich wäre wohl ein Narr,« dachte er, »wenn ich in das lumpige Wirtshaus ginge und das schöne liegen ließ.« Also ging er in das lustige ein, lebte da in Saus und Braus, und vergaß den Vogel seinen Vater und alle guten Lehren. Als eine Zeit verstrichen und der älteste Sohn immer und immer nicht nach Haus gekommen war, so machte sich der zweite auf den Weg und wollte den goldenen Vogel suchen. Wie dem ältesten begegnete ihm der Fuchs und gab ihm den guten Rat, den er nicht achtete. Er kam zu den beiden Wirtshäusern, wo sein Bruder am Fenster des einen stand, aus dem der Jubel erschallte, und ihn anrief. Er konnte nicht widerstehen, ging hinein und lebte nur seinen Lüsten. Wiederum verstrich eine Zeit, da wollte der jüngste Königssohn ausziehen und sein Heil versuchen, der Vater aber wollte es nicht zulassen. »Es ist vergeblich,« sprach er, »der wird den goldenen Vogel noch weniger finden als seine Brüder, und wenn ihm ein Unglück zustößt, so weis er sich nicht zu helfen; es fehlt ihm am Besten.« Doch endlich, wie keine Ruhe mehr da war, ließ er ihn ziehen. Vor[[Präpos]] dem Walde saß wieder der Fuchs, bat um sein Leben und erteilte den guten Rat. Der Jüngling war gutmütig und sagte »sei ruhig, Füchslein, ich tue dir nichts zu Leid.« »Es soll dich nicht gereuen,« antwortete der Fuchs, »und damit du schneller fortkommst, so steig hinten auf meinen[[Besitz]] Schwanz.« Und kaum hat er sich aufgesetzt, so fing der Fuchs an zu laufen, und da gings über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als sie zu dem Dorfe kamen, stieg der Jüngling ab, befolgte den guten Rat und kehrte, ohne sich umzusehen, in das geringe Wirtshaus ein, wo er ruhig übernachtete. Am andern Morgen, wie er auf das Feld kam, saß da schon der Fuchs und sagte »ich will dir weiter sagen was du zu tun hast. Geh du immer gerade aus, endlich wirst du an ein Schloß kommen, vor dem eine ganze Schaar Soldaten liegt, aber kümmre dich nicht darum, denn sie werden alle schlafen und schnarchen: geh mitten durch und geradeswegs in das Schloß hinein, und geh durch alle Stuben, zuletzt wirst du in eine Kammer kommen, wo ein goldener Vogel in einem hölzernen Käfig hängt. Neben an steht ein leerer Goldkäfig zum Prunk, aber hüte dich daß du den Vogel nicht aus seinem schlechten Käfig heraus nimmst und in den prächtigen tust, sonst möchte es dir schlimm ergehen.« Nach diesen Worten streckte der Fuchs wieder seinen Schwanz aus, und der Königssohn setzte sich auf: da gings über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als er bei dem Schloß angelangt war, fand er alles so wie der Fuchs gesagt hatte. Der Königssohn kam in die Kammer, wo der goldene Vogel in einem hölzernen Käfig saß, und ein goldener stand daneben: die drei goldenen Äpfel aber lagen in der Stube umher. Da dachte er es wäre lächerlich, wenn er den schönen Vogel in dem gemeinen und häßlichen Käfig lassen wollte, öffnete die Türe, packte ihn und setzte ihn in den goldenen. In dem Augenblick aber tat der Vogel einen durchdringenden Schrei. Die Soldaten erwachten, stürzten herein und führten ihn ins Gefängnis. Den andern Morgen wurde er vor ein Gericht gestellt und, da er alles bekannte, zum Tode verurteilt. Doch sagte der König er wollte ihm unter einer Bedingung das Leben schenken, wenn er ihm nämlich das goldene Pferd brächte, welches noch schneller liefe als der Wind, und dann sollte er obendrein zur Belohnung den goldenen Vogel erhalten. Der Königssohn machte sich auf den Weg, seufzte aber und war traurig, denn wo sollte er das goldene Pferd finden? Da sah er auf einmal seinen alten Freund, den Fuchs, an dem Wege sitzen. »Siehst du,« sprach der Fuchs, »so ist es gekommen, weil du mir nicht gehört hast. Doch sei gutes Mutes, ich will mich deiner annehmen und dir sagen wie du zu dem goldenen Pferd gelangst. Du mußt gerades Weges fortgehen, so wirst du zu einem Schloß kommen, wo das Pferd im Stalle steht. Vor[[Präpos]] dem Stall werden die Stallknechte liegen, aber sie werden schlafen und schnarchen, und du kannst geruhig das goldene Pferd herausführen. Aber eins mußt du in acht nehmen, leg ihm den schlechten Sattel von Holz und Leder auf und ja nicht den goldenen, der dabei hängt, sonst wird es dir schlimm ergehen.« Dann streckte der Fuchs seinen Schwanz aus, der Königssohn setzte sich auf, und es ging fort über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Alles traf so ein, wie der Fuchs gesagt hatte, er kam in den Stall, wo das goldene Pferd stand: als er ihm aber den schlechten Sattel auflegen wollte, so dachte er »ein so schönes Tier wird verschändet, wenn ich ihm nicht den guten Sattel auflege, der ihm gebührt.« Kaum aber berührte der goldene Sattel das Pferd, so fing es an laut zu wiehern. Die Stallknechte erwachten, ergriffen den Jüngling und warfen ihn ins Gefängnis. Am andern Morgen wurde er vom Gerichte zum Tode verurteilt, doch versprach ihm der König das Leben zu schenken und dazu das goldene Pferd, wenn er die schöne Königstochter vom goldenen Schlosse herbeischaffen könnte. Mit schwerem Herzen machte sich der Jüngling auf den Weg, doch zu seinem Glücke fand er bald den treuen Fuchs. »Ich sollte dich nur deinem Unglück überlassen,« sagte der Fuchs, »aber ich habe Mitleiden mit dir und will dir noch einmal aus deiner Not helfen. Dein Weg führt dich gerade zu dem goldenen Schlosse: Abends wirst du anlangen, und Nachts, wenn alles still ist, dann geht die schöne Königstochter ins Badehaus, um da zu baden. Und wenn sie hineingeht, so spring auf sie zu und gib ihr einen Kuß, dann folgt sie dir, und du kannst sie mit dir fortführen: nur dulde nicht daß sie vorher von ihren Eltern Abschied nimmt, sonst kann es dir schlimm ergehen.« Dann streckte der Fuchs seinen Schwanz, der Königssohn setzte sich auf, und so ging es über Stock und Stein daß die Haare im Winde pfiffen. Als er beim goldenen Schloß ankam, war es so wie der Fuchs gesagt hatte. Er wartete bis um Mitternacht, als alles in tiefem Schlaf lag, und die schöne Jungfrau ins Badehaus ging, da sprang er hervor und gab ihr einen Kuß. Sie[[1]] sagte sie wollte gerne mit ihm gehen, bat ihn aber flehentlich und mit Tränen er möchte ihr erlauben vorher von ihren Eltern Abschied zu nehmen. Er widerstand anfänglich ihren Bitten, als sie aber immer mehr weinte und ihm zu Fuß fiel, so gab er endlich nach. Kaum aber war die Jungfrau zu dem Bette ihres Vaters getreten, so wachte er und alle anderen, die im Schloß waren, auf, und der Jüngling ward fest gehalten und ins Gefängnis gesetzt. Am andern Morgen sprach der König zu ihm »dein Leben ist verwirkt, und du kannst bloß Gnade finden wenn du den Berg abträgst, der vor meinen[[Besitz]] Fenstern liegt, und über welchen ich nicht hinaus sehen kann, und das mußt du binnen acht Tagen zu Stande bringen. Gelingt dir das, so sollst du meine[[Besitz]] Tochter zur Belohnung haben.« Der Königssohn fing an, grub und schaufelte ohne abzulassen, als er aber nach sieben Tagen sah wie wenig er ausgerichtet hatte, und alle seine Arbeit so gut wie nichts war, so fiel er in große Traurigkeit und gab alle Hoffnung auf. Am Abend des siebenten Tags aber erschien der Fuchs und sagte »du verdienst nicht daß ich mich deiner annehme, aber geh nur hin und lege dich schlafen, ich will die Arbeit für dich tun.« Am andern Morgen als er erwachte und zum Fenster hinaus sah, so war der Berg verschwunden. Der Jüngling eilte voll Freude zum König und meldete ihm daß die Bedingung erfüllt wäre, und der König mochte wollen oder nicht, er mußte Wort halten und ihm seine Tochter geben. Nun zogen die beiden zusammen fort, und es währte nicht lange, so kam der treue Fuchs zu ihnen. »Das beste hast du zwar,« sagte er, »aber zu der Jungfrau aus dem goldenen Schloß gehört auch das goldene Pferd.« »Wie soll ich das bekommen?« fragte der Jüngling. »Das will ich dir sagen,« antwortete der Fuchs, »zuerst bring dem Könige, der dich nach dem goldenen Schlosse geschickt hat, die schöne Jungfrau. Da wird unerhörte Freude sein, sie werden dir das goldene Pferd gerne geben und werden dirs vorführen. Setz dich alsbald auf und reiche allen zum Abschied die Hand herab, zuletzt der schönen Jungfrau, und wenn du sie gefaßt hast, so zieh sie mit einem Schwung hinauf und jage davon: und niemand ist im Stande dich einzuholen, denn das Pferd läuft schneller als der Wind.« Alles wurde glücklich vollbracht, und der Königssohn führte die schöne Jungfrau auf dem goldenen Pferde fort. Der Fuchs blieb nicht zurück und sprach zu dem Jüngling »jetzt will ich dir auch zu dem goldenen Vogel verhelfen. Wenn du nahe bei dem Schlosse bist, wo sich der Vogel befindet, so laß die Jungfrau absitzen, und ich will sie in meine[[Besitz]] Obhut nehmen. Dann reit mit dem goldenen Pferd in den Schloßhof: bei dem Anblick wird große Freude sein, und sie werden dir den goldenen Vogel herausbringen. Wie du den Käfig in der Hand hast, so jage zu uns zurück und hole dir die Jungfrau wieder ab.« Als der Anschlag geglückt war und der Königssohn mit seinen Schätzen heim reiten wollte, so sagte der Fuchs »nun sollst du mich für meinen[[Besitz]] Beistand belohnen.« »Was verlangst du dafür?« fragte der Jüngling. »Wenn wir dort in den Wald kommen, so schieß mich tot und hau mir Kopf und Pfoten ab.« »Das wäre eine schöne Dankbarkeit,« sagte der Königssohn, »das kann ich dir unmöglich gewähren.« Sprach der Fuchs »wenn du es nicht tun willst, so muß ich dich verlassen; ehe ich aber fortgehe, will ich dir noch einen guten Rat geben. Vor[[Präpos]] zwei Stücken hüte dich, kauf kein Galgenfleisch und setze dich an keinen Brunnenrand.« Damit lief er in den Wald. Der Jüngling dachte »das ist ein wunderliches Tier, das seltsame Grillen hat. Wer wird Galgenfleisch kaufen! und die Lust mich an einen Brunnenrand zu setzen ist mir noch niemals gekommen.« Er ritt mit der schönen Jungfrau weiter, und sein Weg führte ihn wieder durch das Dorf, in welchem seine beiden Brüder geblieben waren. Da war großer Auflauf und Lärmen, und als er fragte was da vor wäre, hieß es, es sollten zwei Leute aufgehängt werden. Als er näher hinzu kam, sah er daß es seine Brüder waren, die allerhand schlimme Streiche verübt und all ihr Gut vertan hatten. Er fragte ob sie nicht könnten frei gemacht werden. »Wenn ihr für sie bezahlen wollt,« antworteten die Leute, »aber was wollt ihr an die schlechten Menschen euer Geld hängen und sie loskaufen.« Er besann sich aber nicht, zahlte für sie, und als sie frei gegeben waren, so setzten sie die Reise gemeinschaftlich fort. Sie[[1]] kamen in den Wald, wo ihnen der Fuchs zuerst begegnet war, und da es darin kühl und lieblich war, und die Sonne heiß brannte, so sagten die beiden Brüder »laßt uns hier an dem Brunnen ein wenig ausruhen, essen und trinken.« Er willigte ein, und während des Gesprächs vergaß er sich, setzte sich an den Brunnenrand und versah sich nichts arges. Aber die beiden Brüder warfen ihn rückwärts in den Brunnen, nahmen die Jungfrau, das Pferd und den Vogel, und zogen heim zu ihrem Vater. »Da bringen wir nicht bloß den goldenen Vogel,« sagten sie, »wir haben auch das goldene Pferd und die Jungfrau von dem goldenen Schlosse erbeutet.« Da war große Freude, aber das Pferd das fraß nicht, der Vogel der pfiff nicht, und die Jungfrau die saß und weinte. Der jüngste Bruder war aber nicht umgekommen. Der Brunnen war zum Glück trocken, und er fiel auf weiches Moos ohne Schaden zu nehmen, konnte aber nicht wieder heraus. Auch in dieser Not verließ ihn der treue Fuchs nicht, kam zu ihm herabgesprungen und schalt ihn daß er seinen Rat vergessen hätte. »Ich kanns aber doch nicht lassen,« sagte er, »ich will dir wieder an das Tageslicht helfen.« Er sagte ihm er sollte seinen Schwanz anpacken und sich fest daran halten, und zog ihn dann in die Höhe. »Noch bist du nicht aus aller Gefahr,« sagte der Fuchs, » deine Brüder waren deines Todes nicht gewiss und haben den Wald mit Wächtern umstellt, die sollen dich töten, wenn du dich sehen ließest.« Da saß ein armer Mann am Weg, mit dem vertauschte der Jüngling die Kleider und gelangte auf diese Weise an des Königs Hof. Niemand erkannte ihn, aber der Vogel fing an zu pfeifen, das Pferd fing an zu fressen, und die schöne Jungfrau hörte Weinens auf. Der König fragte verwundert »was hat das zu bedeuten?« Da sprach die Jungfrau »ich weis es nicht, aber ich war so traurig und nun bin ich so fröhlich. Es ist mir, als wäre mein rechter Bräutigam gekommen.« Sie[[1]] erzählte ihm alles was geschehen war, obgleich die andern Brüder ihr den Tod angedroht hatten, wenn sie etwas verraten würde. Der König hieß alle Leute vor sich bringen, die in seinem Schloß waren, da kam auch der Jüngling als ein armer Mann in seinen Lumpenkleidern, aber die Jungfrau erkannte ihn gleich und fiel ihm um den Hals. Die gottlosen Brüder wurden ergriffen und hingerichtet, er aber ward mit der schönen Jungfrau vermählt und zum Erben des Königs bestimmt. Aber wie ist es dem armen Fuchs ergangen? Lange danach ging der Königssohn einmal wieder in den Wald, da begegnete ihm der Fuchs und sagte »du hast nun alles, was du dir wünschen kannst, aber mit meinem Unglück will es kein Ende nehmen, und es steht doch in deiner Macht mich zu erlösen,« und abermals bat er flehentlich er möchte ihn totschießen und ihm Kopf und Pfoten abhauen. Also tat ers, und kaum war es geschehen, so verwandelte sich der Fuchs in einen Menschen, und war niemand anders als der Bruder der schönen Königstochter, der endlich von dem Zauber, der auf ihm lag, erlöst war. Und nun fehlte nichts mehr zu ihrem Glück so lange sie lebten. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="58._Der_Hund_und_der_Sperling" 58. Der Hund und der Sperling. &&ax &&lg=x &&fe Ein Schäferhund hatte keinen guten Herrn, sondern einen, der ihn Hunger leiden ließ. Wie ers nicht länger bei ihm aushalten konnte, ging er ganz traurig fort. Auf der Straße begegnete ihm ein Sperling, der sprach »Bruder Hund, warum bist du so traurig?« Antwortete der Hund »ich bin hungrig, und habe nichts zu fressen.« Da sprach der Sperling »lieber Bruder, komm mit in die Stadt, so will ich dich satt machen.« Also gingen sie zusammen in die Stadt, und als sie vor einen Fleischerladen kamen, sprach der Sperling zum Hunde »da bleib stehen, ich will dir ein Stück Fleisch herunter picken,« setzte sich auf den Laden, schaute sich um, ob ihn auch niemand bemerkte, und pickte, zog und zerrte so lang an einem Stück, das am Rande lag, bis es herunter rutschte. Da packte es der Hund, lief in eine Ecke und fraß es auf. Sprach der Sperling »nun komm mit zu einem andern Laden, da will ich dir noch ein Stück herunter holen, damit du satt wirst.« Als der Hund auch das zweite Stück gefressen hatte, fragte der Sperling »Bruder Hund, bist du nun satt?« »Ja, Fleisch bin ich satt,« antwortete er, »aber ich habe noch kein Brot gekriegt.« Sprach der Sperling »das sollst du auch haben, komm nur mit.« Da führte er ihn an einen Beckerladen und pickte an ein paar Brötchen, bis sie herunter rollten, und als der Hund noch mehr wollte, führte er ihn zu einem andern und holte ihm noch einmal Brot herab. Wie das verzehrt war, sprach der Sperling »Bruder Hund, bist du nun satt?« »Ja,« antwortete er, »nun wollen wir ein bisschen vor die Stadt gehen.« Da gingen sie beide hinaus auf die Landstraße. Es war aber warmes Wetter, und als sie ein Eckchen gegangen waren, sprach der Hund »ich bin müde und möchte gerne schlafen.« »Ja, schlaf nur,« antwortete der Sperling, »ich will mich derweil auf einen Zweig setzen.« Der Hund legte sich also auf die Straße und schlief fest ein. Während er da lag und schlief, kam ein Fuhrmann heran gefahren, der hatte einen Wagen mit drei Pferden, und hatte zwei Fässer Wein geladen. Der Sperling aber sah daß er nicht ausbiegen wollte, sondern in der Fahrgleise blieb, in welcher der Hund lag, da rief er »Fuhrmann, tus nicht, oder ich mache dich arm.« Der Fuhrmann aber brummte vor sich »du wirst mich nicht arm machen,« knallte mit der Peitsche und trieb den Wagen über den Hund, daß ihn die Räder tot fuhren. Da rief der Sperling »du hast mir meinen[[Besitz]] Bruder Hund tot gefahren, das soll dich Karre und Gaul kosten.« »Ja, Karre und Gaul,« sagte der Fuhrmann, »was könntest du mir schaden!« und fuhr weiter. Da kroch der Sperling unter das Wagentuch und pickte an dem einen Spuntloch so lange, bis er den Spunt losbrachte: da lief der ganze Wein heraus, ohne daß es der Fuhrmann merkte. Und als er einmal hinter sich blickte, sah er daß der Wagen tröpfelte, untersuchte die Fässer und fand daß eins leer war. »Ach, ich armer Mann!« rief er. »Noch nicht arm genug« sprach der Sperling und flog dem einen Pferd auf den Kopf und pickte ihm die Augen aus. Als der Fuhrmann das sah, zog er seine Hacke heraus und wollte den Sperling treffen, aber der Sperling flog in die Höhe, und der Fuhrmann traf seinen Gaul auf den Kopf, daß er tot hinfiel. »Ach, ich armer Mann!« rief er. »Noch nicht arm genug« sprach der Sperling, und als der Fuhrmann mit den zwei Pferden weiter fuhr, kroch der Sperling wieder unter das Tuch und pickte den Spunt auch am zweiten Faß los, daß aller Wein herausschwankte. Als es der Fuhrmann gewahr wurde, rief er wieder, »ach, ich armer Mann!« aber der Sperling antwortete »noch nicht arm genug,« setzte sich dem zweiten Pferd auf den Kopf und pickte ihm die Augen aus. Der Fuhrmann lief herbei und holte mit seiner Hacke aus, aber der Sperling flog in die Höhe: da traf der Schlag, das Pferd daß es hinfiel. »Ach, ich armer Mann!« »Noch nicht arm genug« sprach der Sperling, setzte sich auch dem dritten Pferd auf den Kopf und pickte ihm nach den Augen. Der Fuhrmann schlug in seinem Zorn, ohne umzusehen, auf den Sperling los, traf ihn aber nicht, sondern schlug auch sein drittes Pferd tot. »Ach, ich armer Mann!« rief er. »Noch nicht arm genug,« antwortete der Sperling, »jetzt will ich dich daheim arm machen,« und flog fort. Der Fuhrmann mußte den Wagen stehen lassen, und ging voll Zorn und Ärger heim. »Ach,« sprach er zu seiner Frau, »was hab ich Unglück gehabt! der Wein ist ausgelaufen, und die Pferde sind alle drei tot.« »Ach, Mann,« antwortete sie, »was für ein böser Vogel ist ins Haus gekommen! er hat alle Vögel auf der Welt zusammen gebracht, und die sind droben über unsern Weizen hergefallen und fressen ihn auf.« Da stieg er hinauf, und tausend und tausend Vögel saßen auf dem Boden, und hatten den Weizen aufgefressen, und der Sperling saß mitten darunter. Da rief der Fuhrmann »ach, ich armer Mann!« »Noch nicht arm genug,« antwortete der Sperling, »Fuhrmann, es kostet dir noch dein Leben,« und flog hinaus. Da hatte der Fuhrmann all sein Gut verloren, ging hinab in die Stube, setzte sich hinter den Ofen und zwar ganz bös und giftig. Der Sperling aber saß draußen vor dem Fenster und rief »Fuhrmann, es kostet dir dein Leben.« Da griff der Fuhrmann die Hacke und warf sie nach dem Sperling: aber er schlug nur die Fensterscheiben entzwei und traf den Vogel nicht. Der Sperling hüpfte nun herein, setzte sich auf den Ofen und rief »Fuhrmann, es kostet dir dein Leben.« Dieser, ganz toll und blind vor Wut, schlägt den Ofen entzwei, und so fort, wie der Sperling von einem Ort zum andern fliegt, sein ganzes Hausgerät, Spieglein, Bänke, Tisch, und zuletzt die Wände seines Hauses, und kann ihn nicht treffen. Endlich aber erwischte er ihn doch mit der Hand. Da sprach seine Frau »soll ich ihn tot schlagen?« »Nein,« rief er, »das wäre zu gelind, der soll viel mörderlicher sterben, ich will ihn verschlingen,« und nimmt ihn, und verschlingt ihn auf einmal. Der Sperling aber fängt an in seinem Leibe zu flattern, flattert wieder herauf, dem Mann in den Mund: da streckte er den Kopf heraus und ruft »Fuhrmann, es kostet dir doch dein Leben.« Der Fuhrmann reicht seiner Frau die Hacke und spricht »Frau, schlag mir den Vogel im Munde tot.« Die Frau schlägt zu, schlägt aber fehl, und schlägt dem Fuhrmann gerade auf den Kopf, so daß er tot hinfällt. Der Sperling aber fliegt auf und davon. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="59._Der_Frieder_und_das_Caterlieschen" 59. Der Frieder und das Caterlieschen {{[Caterlieschen]}}. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein Mann, der hieß Frieder, und eine Frau, die hieß Caterlieschen, die hatten einander geheiratet und lebten zusammen als junge Eheleute. Eines Tages sprach der Frieder »ich will jetzt zu Acker, Caterlieschen, wann ich wiederkomme, muß etwas Gebratenes auf dem Tisch stehen für den Hunger, und ein frischer Trunk dabei für den Durst.« »Geh nur, Friederchen,« antwortete die Caterlies, »geh nur, will dirs schon recht machen.« Als nun die Essenszeit herbeirückte, holte sie eine Wurst aus dem Schornstein, tat sie in eine Bratpfanne, legte Butter dazu und stellte sie übers Feuer. Die Wurst fing an zu braten und zu brutzeln, Caterlieschen stand dabei, hielt den Pfannenstiel und hatte so seine Gedanken: da fiel ihm ein »bis die Wurst fertig wird, derweil könntest du ja im Keller den Trunk zapfen.« Also stellte es den Pfannenstiel fest, nahm eine Kanne, ging hinab in den Keller und zapfte Bier. Das Bier lief in die Kanne, und Caterlieschen sah ihm zu, da fiel ihm ein »holla, der Hund oben ist nicht beigetan, der könnte die Wurst aus der Pfanne holen, du kämst mir recht!« und im Hui war es die Kellertreppe hinauf; aber der Spitz hatte die Wurst schon im Maul und schleifte sie auf der Erde mit sich fort. Doch Caterlieschen, nicht faul, setzte ihm nach und jagte ihn ein gut Stück ins Feld; aber der Hund war geschwinder als Caterlieschen, ließ auch die Wurst nicht fahren sondern über die Äcker hin hüpfen. »Hin ist hin!« sprach Caterlieschen, kehrte um, und weil es sich müde gelaufen hatte, ging es hübsch langsam und kühlte sich ab. Während der Zeit lief das Bier aus dem Faß immer zu, denn Caterlieschen hatte den Hahn nicht umgedreht, und als die Kanne voll und sonst kein Platz da war, so lief es in den Keller und hörte nicht eher auf, als bis das ganze Faß leer war. Caterlieschen sah schon auf der Treppe das Unglück. »Spuk,« rief es, »was fängst du jetzt an, daß es der Frieder nicht merkt!« Es besann sich ein Weilchen, endlich fiel ihm ein von der letzten Kirmes stände noch ein Sack mit schönem Weizenmehl auf dem Boden, das wollte es herabholen und in das Bier streuen. »Ja«, sprach es, »wer zu rechter Zeit was spart, der hats hernach in der Not,« stieg auf den Boden, trug den Sack herab und warf ihn gerade auf die Kanne voll Bier, daß sie umstürzte und der Trunk des Frieders auch im Keller schwamm. »Es ist ganz recht,« sprach Caterlieschen, »wo eins ist, muß das andere auch sein« und zerstreute das Mehl im ganzen Keller. Als es fertig war, freute es sich gewaltig über seine Arbeit und sagte »wies so reinlich und sauber hier aussieht!« Um Mittagszeit kam der Frieder heim. »Nun, Frau, was hast du mir zurecht gemacht?« »Ach, Friederchen,« antwortete sie, »ich wollte dir ja eine Wurst braten, aber während ich das Bier dazu zapfte, hat sie der Hund aus der Pfanne weggeholt, und während ich dem Hund nachsprang, ist das Bier ausgelaufen, und als ich das Bier mit dem Weizenmehl auftrocknen wollte, hab ich die Kanne auch noch umgestoßen; aber sei nur zufrieden, der Keller ist wieder ganz trocken.« Sprach der Frieder »Caterlieschen, Caterlieschen, das hättest du nicht tun müssen! läßt die Wurst wegholen und das Bier aus dem Faß laufen, und verschüttest obendrein unser feines Mehl!« »Ja, Friederchen, das habe ich nicht gewußt, hättest mirs sagen müssen.« Der Mann dachte »geht das so mit deiner Frau, so mußt du dich besser vorsehen.« Nun hatte er eine hübsche Summe Taler zusammen gebracht, die wechselte er in Gold ein und sprach zum Caterlieschen »siehst du, das sind gelbe Gickelinge {{[Gickelinge]}}, die will ich in einen Topf tun und im Stall unter der Kuhkrippe vergraben: aber daß du mir ja davon bleibst, sonst geht dirs schlimm.« Sprach sie »nein, Friederchen, wills gewiss nicht tun.« Nun, als der Frieder fort war, da kamen Krämer, die irdne Näpfe und Töpfe feil hatten, ins Dorf und fragten bei der jungen Frau an ob sie nichts zu handeln hätte. »O, ihr lieben Leute,« sprach Caterlieschen, »ich hab kein Geld und kann nichts kaufen; aber könnt ihr gelbe Gickelinge brauchen, so will ich wohl kaufen.« »Gelbe Gickelinge, warum nicht? laßt sie einmal sehen.« »So geht in den Stall und grabt unter der Kuhkrippe, so werdet ihr die gelben Gickelinge finden, ich darf nicht dabei gehen.« Die Spitzbuben gingen hin, gruben und fanden eitel Gold. Da packten sie auf damit, liefen fort und ließen Töpfe und Näpfe im Hause stehen. Caterlieschen meinte sie müßte das neue Geschirr auch brauchen: weil nun in der Küche ohnehin kein Mangel daran war, schlug sie jedem Topf den Boden aus und steckte sie insgesammt zum Zierrat auf die Zaunpfähle rings ums Haus herum. Wie der Frieder kam, und den neuen Zierrat sah, sprach er »Caterlieschen, was hast du gemacht?« »Habs gekauft, Friederchen, für die gelben Gickelinge, die unter der Kuhkrippe steckten: bin selber nicht dabei gegangen, die Krämer haben sichs heraus graben müssen.« »Ach, Frau,« sprach der Frieder, »was hast du gemacht! das waren keine Gickelinge, es war eitel Gold und war all unser Vermögen; das hättest du nicht tun sollen.« »Ja, Friederchen,« antwortete sie, »das hab ich nicht gewußt, hättest mirs vorher sagen sollen.« Caterlieschen stand ein Weilchen und besann sich, da sprach sie »hör, Friederchen, das Gold wollen wir schon wieder kriegen, wollen hinter den Dieben herlaufen.« »So komm,« sprach der Frieder, »wir wollens versuchen; nimm aber Butter und Käse mit, daß wir auf dem Weg was zu essen haben.« »Ja, Friederchen, wills mitnehmen.« Sie[[1]] machten sich fort, und weil der Frieder besser zu Fuß war, ging Caterlieschen hinten nach. »Ist mein Vorteil« dachte es, »wenn wir umkehren, hab ich ja ein Stück voraus.« Nun kam es an einen Berg, wo auf beiden Seiten des Wegs tiefe Fahrgleisen waren. »Da sehe einer,« sprach Caterlieschen, »was sie das arme Erdreich zerrissen, geschunden und gedrückt haben! das wird sein Lebtag nicht wieder heil.« Und aus mitleidigem Herzen nahm es seine Butter und bestrich die Gleisen, rechts und links, damit sie von den Rädern nicht so gedrückt würden: und wie es sich bei seiner Barmherzigkeit so bückte, rollte ihm ein Käse aus der Tasche den Berg hinab. Sprach das Caterlieschen »ich habe den Weg schon einmal herauf gemacht, ich gehe nicht wieder hinab, es mag ein anderer hinlaufen und ihn wieder holen.« Also nahm es einen andern Käs und rollte ihn hinab. Die Käse aber kamen nicht wieder, da ließ es noch einen dritten hinablaufen und dachte »vielleicht warten sie auf Gesellschaft und gehen nicht gern allein.« Als sie alle drei ausblieben, sprach es »ich weis nicht was das vorstellen soll! doch kanns ja sein, der dritte hat den Weg nicht gefunden, und sich verirrt, ich will nur den vierten schicken, daß er sie herbei ruft.« Der vierte machte es aber nicht besser als der dritte. Da ward das Caterlieschen ärgerlich und warf noch den fünften und sechsten hinab, und das waren die letzten. Eine Zeit lang blieb es stehen und lauerte daß sie kämen, als sie aber immer nicht kamen, sprach es »o, ihr seid gut nach dem Tod schicken, ihr bleibt fein lange aus; meint ihr ich wollt noch länger auf euch warten? ich gehe meiner Wege, ihr könnt mir nachlaufen, ihr habt jüngere Beine als ich.« Caterlieschen ging fort und fand den Frieder, der war stehen geblieben, und hatte gewartet, weil er gerne was essen wollte. »Nun, gib einmal her, was du mitgenommen hast.« Sie[[1]] reichte ihm das trockne Brot. »Wo ist Butter und Käse?« fragte der Mann. »Ach, Friederchen,« sagte Caterlieschen, »mit der Butter hab ich die Fahrgleisen geschmiert, und die Käse werden bald kommen; einer lief mir fort, da hab ich die andern nachgeschickt, sie sollten ihn rufen.« Sprach der Frieder »das hättest du nicht tun sollen, Caterlieschen, die Butter an den Weg schmieren und die Käse den Berg hinab rollen.« »Ja, Friederchen, hättest mirs sagen müssen.« Da aßen sie das trockne Brot zusammen, und der Frieder sagte »Caterlieschen, hast du auch unser Haus verwahrt, wie du fort gegangen bist?« »Nein, Friederchen, hättest mirs vorher sagen sollen.« »So geh wieder heim und bewahr erst das Haus, ehe wir weiter gehen; bring auch etwas anderes zu essen mit, ich will hier auf dich warten.« Caterlieschen ging zurück und dachte »Friederchen will etwas anderes zu essen, Butter und Käse schmeckt ihm wohl nicht, so will ich ein Tuch voll Hutzeln und einen Krug Essig zum Trunk mitnehmen.« Danach riegelte es die Obertüre zu, aber die Untertüre hob es aus, nahm sie auf die Schulter und glaubte wenn es die Türe in Sicherheit gebracht hätte, müßte das Haus wohl bewahrt sein. Caterlieschen nahm sich Zeit zum Weg und dachte, »desto länger ruht sich Friederchen aus.« Als es ihn wieder erreicht hatte, sprach es »da, Friederchen, hast du die Haustüre, da kannst du das Haus selber verwahren.« »Ach, Gott,« sprach er, »was hab ich für eine kluge Frau! hebt die Türe unten aus, daß alles hinein laufen kann, und riegelt sie oben zu. Jetzt ists zu spät noch einmal nach Haus zu gehen, aber hast du die Türe hierher gebracht, so sollst du sie auch ferner tragen.« »Die Türe will ich tragen, Friederchen, aber die Hutzeln und der Essigkrug werden mir zu schwer: ich hänge sie an die Türe, die mag sie tragen.« Nun gingen sie in den Wald und suchten die Spitzbuben, aber sie fanden sie nicht. Weils endlich dunkel ward, stiegen sie auf einen Baum und wollten da übernachten. Kaum aber saßen sie oben, so kamen die Kerle daher, die forttragen was nicht mitgehen will, und die Dinge finden, ehe sie verloren sind. Sie[[1]] ließen sich gerade unter dem Baum nieder, auf dem Frieder und Caterlieschen saßen, machten sie ein Feuer an und wollten ihre Beute teilen. Der Frieder stieg von der andern Seite herab und sammelte Steine, stieg damit wieder hinauf und wollte die Diebe tot werfen. Die Steine aber trafen nicht, und die Spitzbuben riefen »es ist bald Morgen, der Wind schüttelt die Tannäpfel herunter.« Caterlieschen hatte die Türe noch immer auf der Schulter, und weil sie so schwer drückte, dachte es die Hutzeln wären schuld und sprach »Friederchen, ich muß die Hutzeln hinabwerfen.« »Nein, Caterlieschen, jetzt nicht,« antwortete er, »sie könnten uns verraten.« »Ach, Friederchen, ich muß, sie drücken mich gar zu sehr.« »Nun so tus, ins Henkers Namen!« Da rollten die Hutzeln zwischen den Ästen herab, und die Kerle unten sprachen »die Vögel misten.« Eine Weile danach, weil die Türe noch immer drückte, sprach Caterlieschen »ach, Friederchen, ich muß den Essig ausschütten.« »Nein, Caterlieschen, das darfst du nicht, es könnte uns verraten.« »Ach, Friederchen, ich muß, er drückt mich gar zu sehr.« »Nun so tus ins Henkers Namen!« Da schüttete es den Essig aus, daß er die Kerle bespritzte. Sie[[1]] sprachen unter einander »der Tau tröpfelt schon herunter.« Endlich dachte Caterlieschen »sollte es wohl die Türe sein, was mich so drückt?« und sprach »Friederchen, ich muß die Türe hinabwerfen.« »Nein, Caterlieschen, jetzt nicht, sie könnte uns verraten.« »Ach, Friederchen, ich muß, sie drückt mich gar zu sehr.« »Nein, Caterlieschen, halt sie ja fest.« »Ach, Friederchen, ich laß sie fallen.« »Ei,« antwortete Frieder ärgerlich, »so laß sie fallen ins Teufels Namen!« Da fiel sie herunter mit starkem Gepolter, und die Kerle unten riefen »der Teufel kommt vom Baum herab,« rissen aus und ließen alles im Stich. Frühmorgens, wie die zwei herunter kamen, fanden sie all ihr Gold wieder und trugens heim. Als sie wieder zu Haus waren, sprach der Frieder »Caterlieschen, nun mußt du aber auch fleißig sein und arbeiten.« »Ja, Friederchen, wills schon tun, will ins Feld gehen, Frucht schneiden.« Als Caterlieschen im Feld war, sprachs mit sich selber »eß ich, eh ich schneid, oder schlaf ich, eh ich schneid? hei, ich will ehr essen!« Da aß Caterlieschen und ward überm Essen schläfrig, und fing an zu schneiden und schnitt halb träumend alle seine Kleider entzwei, Schürze, Rock und Hemd. Wie Caterlieschen nach langem Schlaf wieder erwachte, stand es halb nackigt da und sprach zu sich selber »bin ichs, oder bin ichs nicht? ach, ich bins nicht!« Unterdessen wards Nacht, da lief Caterlieschen ins Dorf hinein, klopfte an ihres Mannes Fenster und rief »Friederchen?« »Was ist denn?« »Möcht gern wissen, ob Caterlieschen drinnen ist.« »Ja, ja,« antwortete der Frieder, »es wird wohl drinn liegen und schlafen.« Sprach sie »gut, dann bin ich gewiss schon zu Haus« und lief fort. Draußen fand Caterlieschen Spitzbuben, die wollten stehlen. Da ging es bei sie und sprach »ich will euch helfen stehlen.« Die Spitzbuben meinten es wüßte die Gelegenheit des Orts und warens zufrieden. Caterlieschen ging vor die Häuser und rief »Leute, habt ihr was? wir wollen stehlen.« Dachten die Spitzbuben »das wird gut werden« und wünschten sie wären Caterlieschen wieder los. Da sprachen sie zu ihm »vorm Dorfe hat der Pfarrer Rüben auf dem Feld, geh hin und rupf uns Rüben.« Caterlieschen ging hin aufs Land und fing an zu rupfen, war aber so faul, und hob sich nicht in die Höhe. Da kam ein Mann vorbei, sahs und stand still und dachte, das wäre der Teufel, der so in den Rüben wühlte. Lief fort ins Dorf zum Pfarrer und sprach »Herr Pfarrer, in eurem Rübenland ist der Teufel und rupft.« »Ach Gott,« antwortete der Pfarrer, »ich habe einen lahmen Fuß, ich kann nicht hinaus und ihn wegbannen.« Sprach der Mann »so will ich euch hockeln {{[hockeln]}},« und hockelte ihn hinaus. Und als sie bei das Land kamen, machte sich das Caterlieschen auf und reckte sich in die Höhe. »Ach, der Teufel!« rief der Pfarrer, und beide eilten fort, und der Pfarrer konnte vor großer Angst mit seinem lahmen Fuße gerader laufen, als der Mann, der ihn gehockt hatte, mit seinen gesunden Beinen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="60._Die_zwei_Brüder" 60. Die zwei Brüder. &&ax &&lg=x &&fe Es waren einmal zwei Brüder, ein reicher und ein armer. Der reiche war ein Goldschmied und bös von Herzen: der arme nährte sich davon, daß er Besen band, und war gut und redlich. Der arme hatte zwei Kinder, das waren Zwillingsbrüder und sich so ähnlich wie ein Tropfen Wasser dem andern. Die zwei Knaben gingen in des reichen Haus ab und zu, und erhielten von dem Abfall manchmal etwas zu essen. Es trug sich zu, daß der arme Mann, als er in den Wald ging Reisig zu holen, einen Vogel sah, der ganz golden war und so schön, wie ihm noch niemals einer vor Augen gekommen war. Da hob er ein Steinchen auf, warf nach ihm und traf ihn auch glücklich: es fiel aber nur eine goldene Feder herab und der Vogel flog fort. Der Mann nahm die Feder und brachte sie seinem Bruder, der sah sie an, und sprach »es ist eitel Gold,« und gab ihm viel Geld dafür. Am andern Tag stieg der Mann auf einen Birkenbaum und wollte ein paar Äste abhauen: da flog derselbe Vogel heraus, und als der Mann nachsuchte, fand er ein Nest, und ein Ei lag darin, das war von Gold. Er nahm das Ei mit heim und brachte es seinem Bruder, der sprach wiederum, »es ist eitel Gold,« und gab ihm was es wert war. Zuletzt sagte der Goldschmied »den Vogel selber möcht ich wohl haben.« Der Arme ging zum drittenmal in den Wald und sah den Goldvogel wieder auf dem Baum sitzen: da nahm er einen Stein und warf ihn herunter und brachte ihn seinem Bruder, der gab ihm einen großen Haufen Gold dafür. »Nun kann ich mir forthelfen« dachte er und ging zufrieden nach Haus. Der Goldschmied war klug und listig, und wußte wohl was das für ein Vogel war. Er rief seine Frau, und sprach »brat mir den Goldvogel und sorge daß nichts davon weg kommt: ich habe Lust ihn ganz allein zu essen.« Der Vogel war aber kein gewöhnlicher, sondern so wunderbarer Art, daß wer Herz und Leber von ihm aß, jeden Morgen ein Goldstück unter seinem Kopfkissen fand. Die Frau machte den Vogel zurecht, steckte ihn an einen Spieß und ließ ihn braten. Nun geschah es, daß während er am Feuer stand, und die Frau anderer Arbeiten wegen notwendig aus der Küche gehen mußte, die zwei Kinder des armen Besenbinders hereinliefen, sich vor den Spieß stellten und ihn ein paarmal herumdrehten. Und als da gerade zwei Stücklein aus dem Vogel in die Pfanne herabfielen, sprach der eine »die paar Bischen wollen wir essen, ich bin so hungrig, es wirds ja niemand daran merken.« Da aßen sie beide die Stückchen auf; die Frau kam aber dazu, sah daß sie etwas aßen und sprach »was habt ihr gegessen?« »Ein paar Stückchen, die aus dem Vogel herausgefallen sind,« antworteten sie. »Das ist Herz und Leber gewesen,« sprach die Frau ganz erschrocken, und damit ihr Mann nichts vermisste und nicht böse ward, schlachtete sie geschwind ein Hähnchen, nahm Herz und Leber heraus und legte es zu dem Goldvogel. Als er gahr war, trug sie ihn dem Goldschmied auf, der ihn ganz allein verzehrte und nichts übrig ließ. Am andern Morgen aber, als er unter sein Kopfkissen griff, und dachte das Goldstück hervor zu holen, war so wenig wie sonst eins zu finden. Die beiden Kinder aber wußten nicht was ihnen für ein Glück zu Teil geworden war. Am andern Morgen, wie sie aufstanden, fiel etwas auf die Erde und klingelte, und als sie es aufhoben, da warens zwei Goldstücke. Sie[[1]] brachten sie ihrem Vater, der wunderte sich und sprach »wie sollte das zugegangen sein?« Als sie aber am andern Morgen wieder zwei fanden, und so jeden Tag, da ging er zu seinem Bruder und erzählte ihm die seltsame Geschichte. Der Goldschmied merkte gleich wie es gekommen war und daß die Kinder Herz und Leber von dem Goldvogel gegessen hatten, und um sich zu rächen und weil er neidisch und hartherzig war, sprach er zu dem Vater » deine Kinder sind mit dem Bösen im Spiel, nimm das Gold nicht, und dulde sie nicht länger in deinem Haus, denn er hat Macht über sie und kann dich selbst noch ins Verderben bringen.« Der Vater fürchtete den Bösen, und so schwer es ihm ankam, führte er doch die Zwillinge hinaus in den Wald und verließ sie da mit traurigem Herzen. Nun liefen die zwei Kinder im Wald umher und suchten den Weg nach Haus, konnten ihn aber nicht finden, sondern verirrten sich immer weiter. Endlich begegneten sie einem Jäger, der fragte »wem gehört ihr Kinder?« »Wir sind des armen Besenbinders Jungen« antworteten sie und erzählten ihm daß ihr Vater sie nicht länger im Hause hätte behalten wollen, weil alle Morgen ein Goldstück unter ihrem Kopfkissen läge. »Nun,« sagte der Jäger, »das ist gerade nichts schlimmes, wenn ihr nur rechtschaffen dabei bleibt und euch nicht auf die faule Haut legt.« Der gute Mann, weil ihm die Kinder gefielen und er selbst keine hatte, so nahm er sie mit nach Haus und sprach »ich will euer Vater sein und euch groß ziehen.« Sie[[1]] lernten da bei ihm die Jägerei, und das Goldstück das ein jeder beim Aufstehen fand, das hob er ihnen auf, wenn sies in Zukunft nötig hätten. Als sie herangewachsen waren, nahm sie ihr Pflegevater eines Tages mit in den Wald und sprach »heute sollt ihr euern Probeschuß tun, damit ich euch frei sprechen und zu Jägern machen kann.« Sie[[1]] gingen mit ihm auf den Anstand und warteten lange, aber es kam kein Wild. Der Jäger sah über sich und sah eine Kette von Schneegänsen in der Gestalt eines Dreiecks fliegen, da sagte er zu dem einen »nun schieß von jeder Ecke eine herab.« Der tats und vollbrachte damit seinen Probeschuß. Bald darauf kam noch eine Kette angeflogen und hatte die Gestalt der Ziffer Zwei: da hieß der Jäger den andern gleichfalls von jeder Ecke eine herunterholen, und dem gelang sein Probeschuß auch. Nun sagte der Pflegevater »ich spreche euch frei, ihr seid ausgelernte Jäger.« Darauf gingen die zwei Brüder zusammen in den Wald, ratschlagten mit einander und verabredeten etwas. Und als sie Abends sich zum Essen niedergesetzt hatten, sagten sie zu ihrem Pflegevater »wir rühren die Speise nicht an, und nehmen keinen Bissen, bevor ihr uns eine Bitte gewährt habt.« Sprach er »was ist denn eure Bitte?« Sie[[1]] antworteten »wir haben nun ausgelernt, wir müssen uns auch in der Welt versuchen, so erlaubt daß wir fortziehen und wandern.« Da sprach der Alte mit Freuden »ihr redet wie brave Jäger, was ihr begehrt ist mein eigener Wunsch gewesen; zieht aus, es wird euch wohl ergehen.« Darauf aßen und tranken sie fröhlich zusammen. Als der bestimmte Tag kam, schenkte der Pflegevater jedem eine gute Büchse und einen Hund und ließ jeden von seinen gesparten Goldstücken nehmen so viel er wollte. Darauf begleitete er sie ein Stück Wegs und beim Abschied gab er ihnen noch ein blankes Messer und sprach »wann ihr euch einmal trennt, so stoßt dies Messer am Scheideweg in einen Baum, daran kann einer, wenn er zurückkommt, sehen wie es seinem abwesenden Bruder ergangen ist, denn die Seite, nach welcher dieser ausgezogen ist, rostet, wann er stirbt: so lange er aber lebt, bleibt sie blank.« Die zwei Brüder gingen immer weiter fort und kamen in einen Wald, so groß, daß sie unmöglich in einem Tag heraus konnten. Also blieben sie die Nacht darin und aßen was sie in die Jägertasche gesteckt hatten; sie gingen aber auch noch den zweiten Tag und kamen nicht heraus. Da sie nichts zu essen hatten, so sprach der eine »wir müssen uns etwas schießen, sonst leiden wir Hunger,« lud seine Büchse und sah sich um. Und als ein alter Hase daher gelaufen kam, legte er an, aber der Hase rief »lieber Jäger, laß mich leben, ich will dir auch zwei Junge geben.« Sprang auch gleich ins Gebüsch und brachte zwei Junge; die Tierlein spielten aber so munter und waren so artig, daß die Jäger es nicht übers Herz bringen konnten sie zu töten. Sie[[1]] behielten sie also bei sich, und die kleinen Hasen folgten ihnen auf dem Fuße nach. Bald darauf schlich ein Fuchs vorbei, den wollten sie niederschießen, aber der Fuchs rief »lieber Jäger, laß mich leben, ich will dir auch zwei Junge geben.« Er brachte auch zwei Füchslein, und die Jäger mochten sie auch nicht töten, gaben sie den Hasen zur Gesellschaft, und sie folgten ihnen nach. Nicht lange, so schritt ein Wolf aus dem Dickicht, die Jäger legten auf ihn an, aber der Wolf rief »lieber Jäger, laß mich leben, ich will dir auch zwei Junge geben.« Die zwei jungen Wölfe taten die Jäger zu den andern Tieren, und sie folgten ihnen nach. Darauf kam ein Bär, der wollte gern noch länger herumtraben, und rief »lieber Jäger, laß mich leben, ich will dir auch zwei Junge geben.« Die zwei jungen Bären wurden zu den andern gesellt, und waren ihrer schon acht. Endlich, wer kam? ein Löwe kam und schüttelte seine Mähnen. Aber die Jäger ließen sich nicht schrecken und zielten auf ihn: aber der Löwe sprach gleichfalls »lieber Jäger, laß mich leben, ich will dir auch zwei Junge geben.« Er holte auch seine Jungen herbei, und nun hatten die Jäger zwei Löwen, zwei Bären, zwei Wölfe, zwei Füchse und zwei Hasen, die ihnen nachzogen und dienten. Indessen war ihr Hunger damit nicht gestillt worden, da sprachen sie zu den Füchsen, »hört, ihr Schleicher, schafft uns etwas zu essen, ihr seid ja listig und verschlagen.« Sie[[1]] antworteten »nicht weit von hier liegt ein Dorf, wo wir schon manches Huhn geholt haben; den Weg dahin wollen wir euch zeigen.« Da gingen sie ins Dorf, kauften sich etwas zu essen und ließen auch ihren Tieren Futter geben, und zogen dann weiter. Die Füchse aber wußten guten Bescheid in der Gegend, wo die Hühnerhöfe waren und konnten die Jäger überall zurecht weisen. Nun zogen sie eine Weile herum, konnten aber keinen Dienst finden, wo sie zusammen geblieben wären, da sprachen sie »es geht nicht anders, wir müssen uns trennen.« Sie[[1]] teilten die Tiere, so daß jeder einen Löwen, einen Bären, einen Wolf, einen Fuchs und einen Hasen bekam: dann nahmen sie Abschied, versprachen sich brüderliche Liebe bis in den Tod und stießen das Messer, das ihnen ihr Pflegevater mitgegeben, in einen Baum; worauf der eine nach Osten, der andere nach Westen zog. Der jüngste aber kam mit seinen Tieren in eine Stadt, die war ganz mit schwarzem Flor überzogen. Er ging in ein Wirtshaus und fragte den Wirt ob er nicht seine Tiere herbergen könnte. Der Wirt gab ihnen einen Stall, wo in der Wand ein Loch war: da kroch der Hase hinaus und holte sich ein Kohlhaupt, und der Fuchs holte sich ein Huhn, und als er das gefressen hatte, auch den Hahn dazu; der Wolf aber, der Bär und der Löwe, weil sie zu groß waren, konnten nicht hinaus. Da ließ sie der Wirt hinbringen, wo eben eine Kuh auf dem Rasen lag, daß sie sich satt fraßen. Und als der Jäger für seine Tiere gesorgt hatte, fragte er erst den Wirt, warum die Stadt so mit Trauerflor ausgehängt wäre? Sprach der Wirt »weil morgen unseres Königs einzige Tochter sterben wird.« Fragte der Jäger »ist sie sterbenskrank?« »Nein,« antwortete der Wirt, »sie ist frisch und gesund, aber sie muß doch sterben.« »Wie geht das zu?« fragte der Jäger. »Draußen vor der Stadt ist ein hoher Berg, darauf wohnt ein Drache, der muß alle Jahr eine reine Jungfrau haben, sonst verwüstet er das ganze Land. Nun sind schon alle Jungfrauen hingegeben, und ist niemand mehr übrig, als die Königstochter, dennoch ist keine Gnade, sie muß ihm überliefert werden; und das soll morgen geschehen.« Sprach der Jäger »warum wird der Drache nicht getötet?« »Ach,« antwortete der Wirt, »so viele Ritter habens versucht, aber allesammt ihr Leben eingebüßt; der König hat dem, der den Drachen besiegt, seine Tochter zur Frau versprochen, und er soll auch nach seinem Tode das Reich erben.« Der Jäger sagte dazu weiter nichts, aber am andern Morgen nahm er seine Tiere und stieg mit ihnen auf den Drachenberg. Da stand oben eine kleine Kirche, und auf dem Altar standen drei gefüllte Becher und dabei war die Schrift »wer die Becher austrinkt, wird der stärkste Mann auf Erden, und wird das Schwert führen, das vor der Türschwelle vergraben liegt.« Der Jäger trank da nicht, ging hinaus und suchte das Schwert in der Erde, vermochte aber nicht es von der Stelle zu bewegen. Da ging er hin und trank die Becher aus und war nun stark genug das Schwert aufzunehmen, und seine Hand konnte es ganz leicht führen. Als die Stunde kam, wo die Jungfrau dem Drachen sollte ausgeliefert werden, begleitete sie der König, der Marschall und die Hofleute hinaus. Sie[[1]] sah von weitem den Jäger oben auf dem Drachenberg und meinte der Drache stände da und erwartete sie, und wollte nicht hinaufgehen, endlich aber, weil die ganze Stadt sonst wäre verloren gewesen, mußte sie den schweren Gang tun. Der König und die Hofleute kehrten voll großer Trauer heim, des Königs Marschall aber sollte stehen bleiben und aus der Ferne alles mit ansehen. Als die Königstochter oben auf den Berg kam, stand da nicht der Drache, sondern der junge Jäger, der sprach ihr Trost ein und sagte er wollte sie retten, führte sie in die Kirche und verschloß sie darin. Gar nicht lange, so kam mit großem Gebraus der siebenköpfige Drache daher gefahren. Als er den Jäger erblickte, verwunderte er sich und sprach »was hast du hier auf dem Berge zu schaffen?« Der Jäger antwortete »ich will mit dir kämpfen.« Sprach der Drache »so mancher Rittersmann hat hier sein Leben gelassen, mit dir will ich auch fertig werden,« und atmete Feuer aus sieben Rachen. Das Feuer sollte das trockne Gras anzünden und der Jäger sollte in der Glut und dem Dampf ersticken, aber die Tiere kamen herbeigelaufen und traten das Feuer aus. Da fuhr der Drache gegen den Jäger, aber er schwang sein Schwert, daß es in der Luft sang, und schlug ihm drei Köpfe ab. Da ward der Drache erst recht wütend, erhob sich in die Luft, spie die Feuerflammen über den Jäger aus und wollte sich auf ihn stürzen, aber der Jäger zückte nochmals sein Schwert und hieb ihm wieder drei Köpfe ab. Das Untier ward matt und sank nieder, und wollte doch wieder auf den Jäger los, aber er schlug ihm mit der letzten Kraft den Schweif ab, und weil er nicht mehr kämpfen konnte, rief er seine Tiere herbei, die zerrissen es in Stücke. Als der Kampf zu Ende war, schloß der Jäger die Kirche auf, und fand die Königstochter auf der Erde liegen, weil ihr die Sinne vor Angst und Schrecken während des Streites vergangen waren. Er trug sie heraus, und als sie wieder zu sich selbst kam und die Augen aufschlug, zeigte er ihr den zerrissenen Drachen und sagte ihr daß sie nun erlöst wäre. Sie[[1]] freute sich und sprach »nun wirst du mein liebster Gemahl werden, denn mein Vater hat mich demjenigen versprochen, der den Drachen tötet.« Darauf hing sie ihr Halsband von Korallen ab, und verteilte es unter die Tiere, um sie zu belohnen, und der Löwe erhielt das goldene Schlößchen davon. Ihr Taschentuch aber, in dem ihr Name stand, schenkte sie dem Jäger, der ging hin und schnitt aus den sieben Drachenköpfen die Zungen aus, wickelte sie in das Tuch und verwahrte sie wohl. Als das geschehen war, weil er von dem Feuer und dem Kampf so matt und müde war, sprach er zur Jungfrau »wir sind beide so matt und müde, wir wollen ein wenig schlafen.« Da sagte sie ja, und sie ließen sich auf die Erde nieder, und der Jäger sprach zu dem Löwen »du sollst wachen, damit uns niemand im Schlaf überfällt,« und beide schliefen ein. Der Löwe legte sich neben sie um zu wachen, aber er war vom Kampf auch müde, daß er den Bären rief und sprach »lege dich neben mich, ich muß ein wenig schlafen, und wenn was kommt so wecke mich auf.« Da legte sich der Bär neben ihn, aber er war auch müde und rief den Wolf und sprach »lege dich neben mich, ich muß ein wenig schlafen, und wenn was kommt, so wecke mich auf.« Da legte sich der Wolf neben ihn, aber er war auch müde und rief den Fuchs und sprach »lege dich neben mich, ich muß ein wenig schlafen, und wenn was kommt, so wecke mich auf.« Da legte sich der Fuchs neben ihn, aber er war auch müde, rief den Hasen und sprach »lege dich neben mich, ich muß ein wenig schlafen, und wenn was kommt, so wecke mich auf.« Da setzte sich der Hase neben ihn, aber der arme Has war auch müde, und hatte niemand, den er zur Wache herbeirufen konnte, und schlief ein. Da schlief nun die Königstochter, der Jäger, der Löwe, der Bär, der Wolf, der Fuchs und der Has, und schliefen alle einen festen Schlaf. Der Marschall aber, der von weitem hatte zuschauen sollen, als er den Drachen nicht mit der Jungfrau fortfliegen sah, und alles auf dem Berg ruhig ward, nahm sich ein Herz und stieg hinauf. Da lag der Drache zerstückt und zerrissen auf der Erde und nicht weit davon die Königstochter und ein Jäger mit seinen Tieren, die waren alle in tiefen Schlaf versunken. Und weil er bös und gottlos war, so nahm er sein Schwert und hieb dem Jäger das Haupt ab, und faßte die Jungfrau auf den Arm und trug sie den Berg hinab. Da erwachte sie und erschrak, aber der Marschall sprach »du bist in meinen[[Besitz]] Händen, du sollst sagen daß ich es gewesen bin, der den Drachen getötet hat.« »Das kann ich nicht,« antwortete sie, »denn ein Jäger mit seinen Tieren hats getan.« Da zog er sein Schwert und drohte sie zu töten, wo sie ihm nicht gehorchte, und zwang sie damit daß sie es versprach. Darauf brachte er sie vor den König, der sich vor Freuden nicht zu lassen wußte, als er sein liebes Kind wieder lebend erblickte, das er von dem Untier zerrissen glaubte. Der Marschall sprach zu ihm »ich habe den Drachen getötet, und die Jungfrau und das ganze Reich befreit, darum fordere ich sie zur Gemahlin, so wie es zugesagt ist.« Der König fragte die Jungfrau »ist das wahr, was er spricht?« »Ach ja,« antwortete sie, »es muß wohl wahr sein: aber ich halte mir aus daß erst über Jahr und Tag die Hochzeit gefeiert wird,« denn sie dachte in der Zeit etwas von ihrem lieben Jäger zu hören. Auf dem Drachenberg aber lagen noch die Tiere neben ihrem toten Herrn und schliefen, da kam eine große Hummel und setzte sich dem Hasen auf die Nase, aber der Hase wischte sie mit der Pfote ab und schlief weiter. Die Hummel kam zum zweitenmal, aber der Hase wischte sie wieder ab und schlief fort. Da kam sie zum drittenmal und stach ihm in die Nase, daß er aufwachte. Sobald der Hase wach war, weckte er den Fuchs, und der Fuchs den Wolf, und der Wolf den Bär, und der Bär den Löwen. Und als der Löwe aufwachte und sah daß die Jungfrau fort war und sein Herr tot, fing er an fürchterlich zu brüllen und rief »wer hat das vollbracht? Bär, warum hast du mich nicht geweckt?« Der Bär fragte den Wolf »warum hast du mich nicht geweckt?« und der Wolf den Fuchs »warum hast du mich nicht geweckt?« und der Fuchs den Hasen »warum hast du mich nicht geweckt?« Der arme Has wußte allein nichts zu antworten, und die Schuld blieb auf ihm hangen. Da wollten sie über ihn herfallen, aber er bat und sprach »bringt mich nicht um, ich will unsern Herrn wieder lebendig machen. Ich weis einen Berg, da wächst eine Wurzel, wer die im Mund hat, der wird von aller Krankheit und allen Wunden geheilt. Aber der Berg liegt zweihundert Stunden von hier.« Sprach der Löwe »in vier und zwanzig Stunden mußt du hin und her gelaufen sein und die Wurzel mitbringen.« Da sprang der Hase fort, und in vier und zwanzig Stunden war er zurück, und brachte die Wurzel mit. Der Löwe setzte dem Jäger den Kopf wieder an, und der Hase steckte ihm die Wurzel in den Mund, alsbald fügte sich alles wieder zusammen, und das Herz schlug und das Leben kehrte zurück. Da erwachte der Jäger und erschrak als er die Jungfrau nicht mehr sah, und dachte »sie ist wohl fortgegangen, während ich schlief, um mich los zu werden.« Der Löwe hatte in der großen Eile seinem Herrn den Kopf verkehrt aufgesetzt, der aber merkte es nicht bei seinen traurigen Gedanken an die Königstochter: erst zu Mittag, als er etwas essen wollte, da sah er daß ihm der Kopf nach dem Rücken zu stand, konnte es nicht begreifen und fragte die Tiere was ihm im Schlaf widerfahren wäre? Da erzählte ihm der Löwe daß sie auch alle aus Müdigkeit eingeschlafen wären und beim Erwachen hätten sie ihn tot gefunden mit abgeschlagenem Haupte, der Hase hätte die Lebenswurzel geholt, er aber in der Eil den Kopf verkehrt gehalten; doch wollte er seinen Fehler wieder gut machen. Dann riss er dem Jäger den Kopf wieder ab, drehte ihn herum, und der Hase heilte ihn mit der Wurzel fest. Der Jäger aber war traurig, zog in der Welt herum und ließ seine Tiere vor den Leuten tanzen. Es trug sich zu, daß er gerade nach Verlauf eines Jahres wieder in dieselbe Stadt kam, wo er die Königstochter vom Drachen erlöst hatte und die Stadt war diesmal ganz mit rotem Scharlach ausgehängt. Da sprach er zum Wirt »was will das sagen? vorm Jahr war die Stadt mit schwarzem Flor überzogen, was soll heute der rote Scharlach?« Der Wirt antwortete »vorm Jahr sollte unsers Königs Tochter dem Drachen ausgeliefert werden, aber der Marschall hat mit ihm gekämpft und ihn getötet, und da soll morgen ihre Vermählung gefeiert werden; darum war die Stadt damals mit schwarzem Flor zur Trauer, und ist heute mit rotem Scharlach zur Freude ausgehängt.« Am andern Tag, wo die Hochzeit sein sollte, sprach der Jäger um Mittagszeit zum Wirt »glaubt er wohl, Herr Wirt, daß ich heut Brot von des Königs Tisch hier bei ihm essen will?« »Ja,« sprach der Wirt, »da wollt ich doch noch hundert Goldstücke dran setzen, daß das nicht wahr ist.« Der Jäger nahm die Wette an und setzte einen Beutel mit eben so viel Goldstücken dagegen. Dann rief er den Hasen und sprach »geh hin, lieber Springer, und hol mir von dem Brot, das der König isst.« Nun war das Häslein das geringste und konnte es keinem andern wieder auftragen, sondern mußte sich selbst auf die Beine machen. »Ei,« dachte es, »wann ich so allein durch die Straßen springe, da werden die Metzgerhunde hinter mir drein sein.« Wie es dachte, so geschah es auch, und die Hunde kamen hinter ihm drein und wollten ihm sein gutes Fell flicken. Es sprang aber, hast du nicht gesehen! und flüchtete sich in ein Schilderhaus ohne daß es der Soldat gewahr wurde. Da kamen die Hunde, und wollten es heraushaben, aber der Soldat verstand keinen Spaß und schlug mit dem Kolben drein, daß sie schreiend und heulend fortliefen. Als der Hase merkte daß die Luft rein war, sprang er zum Schloß hinein und gerade zur Königstochter, setzte sich unter ihren Stuhl, und kratzte sie am Fuß. Da sagte sie »willst du fort!« und meinte es wäre ihr Hund. Der Hase kratzte zum zweitenmal am Fuß, da sagte sie wieder »willst du fort!« und meinte es wäre ihr Hund. Aber der Hase ließ sich nicht irre machen und kratzte zum drittenmal, da guckte sie herab, und erkannte den Hasen an seinem Halsband. Nun nahm sie ihn auf ihren Schoß, trug ihn in ihre Kammer, und sprach »lieber Hase, was willst du?« Antwortete er »mein Herr, der den Drachen getötet hat, ist hier und schickt mich, ich soll um ein Brot bitten, wie es der König isst.« Da war sie voll Freude, und ließ den Bäcker kommen und befahl ihm ein Brot zu bringen, wie es der König aß. Sprach das Häslein »aber der Bäcker muß mirs auch hintragen, damit mir die Metzgerhunde nichts tun.« Der Bäcker trug es ihm bis an die Türe der Wirtsstube, da stellte sich der Hase auf die Hinterbeine, nahm alsbald das Brot in die Vorderpfoten und brachte es seinem Herrn. Da sprach der Jäger »sieht er, Herr Wirt, die hundert Goldstücke sind mein.« Der Wirt wunderte sich, aber der Jäger sagte weiter, »ja, Herr Wirt, das Brot hätt ich, nun will ich aber auch von des Königs Braten essen.« Der Wirt sagte »das möcht ich sehen,« aber wetten wollte er nicht mehr. Rief der Jäger den Fuchs und sprach »mein Füchslein, geh hin und hol mir Braten, wie ihn der König isst.« Der Rotfuchs wußte die Schliche besser, ging an den Ecken und durch die Winkel, ohne daß ihn ein Hund sah, setzte sich unter der Königstochter Stuhl, und kratzte an ihrem Fuß. Da sah sie herab und erkannte den Fuchs am Halsband, nahm ihn mit in ihre Kammer und sprach, »lieber Fuchs, was willst du?« Antwortete er »mein Herr, der den Drachen getötet hat, ist hier, und schickt mich, ich soll bitten um einen Braten, wie ihn der König isst.« Da ließ sie den Koch kommen, der mußte einen Braten, wie ihn der König aß, anrichten, und dem Fuchs bis an die Türe tragen; da nahm ihm der Fuchs die Schüssel ab, wedelte mit seinem Schwanz erst die Fliegen weg, die sich auf den Braten gesetzt hatten, und brachte ihn dann seinem Herrn. »Sieht er, Herr Wirt,« sprach der Jäger, »Brot und Fleisch ist da, nun will ich auch Zugemüs essen, wie es der König isst.« Da rief er den Wolf und sprach »lieber Wolf, geh hin und hol mir Zugemüs, wies der König isst.« Da ging der Wolf geradezu ins Schloß, weil er sich vor niemand fürchtete, und als er in der Königstochter Zimmer kam, da zupfte er sie hinten am Kleid, daß sie sich umschauen mußte. Sie[[1]] erkannte ihn am Halsband, und nahm ihn mit in ihre Kammer und sprach »lieber Wolf, was willst du?« Antwortete er »mein Herr, der den Drachen getötet hat, ist hier, ich soll bitten um ein Zugemüs, wie es der König isst.« Da ließ sie den Koch kommen, der mußte ein Zugemüs bereiten, wie es der König aß, und mußte es dem Wolf bis vor die Türe tragen, da nahm ihm der Wolf die Schüssel ab und brachte sie seinem Herrn. »Sieht er, Herr Wirt,« sprach der Jäger, »nun hab ich Brot, Fleisch und Zugemüs, aber ich will auch Zuckerwerk essen, wie es der König isst.« Rief er den Bären und sprach »lieber Bär, du leckst doch gern etwas Süßes, geh hin und hol mir Zuckerwerk, wies der König isst.« Da trabte der Bär nach dem Schlosse und ging ihm jedermann aus dem Wege: als er aber zu der Wache kam, hielt sie die Flinten vor und wollte ihn nicht ins königliche Schloß lassen. Aber er hob sich in die Höhe und gab mit seinen Tatzen links und rechts ein paar Ohrfeigen, daß die ganze Wache zusammenfiel, und darauf ging er gerades Weges zu der Königstochter, stellte sich hinter sie und brummte ein wenig. Da schaute sie rückwärts und erkannte den Bären, und hieß ihn mit gehn in ihre Kammer und sprach »lieber Bär, was willst du?« Antwortete er »mein Herr, der den Drachen getötet hat, ist hier, ich soll bitten um Zuckerwerk, wies der König isst.« Da ließ sie den Zuckerbäcker kommen, der mußte Zuckerwerk backen, wies der König aß, und dem Bären vor die Türe tragen: da leckte der Bär erst die Zuckererbsen auf, die heruntergerollt waren, dann stellte er sich aufrecht, nahm die Schüssel, und brachte sie seinem Herrn. »Sieht er, Herr Wirt,« sprach der Jäger, »nun habe ich Brot, Fleisch, Zugemüs und Zuckerwerk, aber ich will auch Wein trinken, wie ihn der König trinkt.« Er rief seinen Löwen herbei und sprach »lieber Löwe, du trinkst dir doch gerne einen Rausch, geh und hol mir Wein, wie ihn der König trinkt.« Da schritt der Löwe über die Straße, und die Leute liefen vor ihm, und als er an die Wache kam, wollte sie den Weg sperren, aber er brüllte nur einmal, so sprang alles fort. Nun ging der Löwe vor das königliche Zimmer und klopfte mit seinem Schweif an die Türe. Da kam die Königstochter heraus, und wäre fast über den Löwen erschrocken, aber sie erkannte ihn an dem goldenen Schloß von ihrem Halsbande, und hieß ihn mit in ihre Kammer gehen und sprach »lieber Löwe, was willst du?« Antwortete er »mein Herr, der den Drachen getötet hat, ist hier, ich soll bitten um Wein, wie ihn der König trinkt.« Da ließ sie den Mundschenk kommen, der sollte dem Löwen Wein geben, wie ihn der König tränke. Sprach der Löwe »ich will mitgehen und sehen daß ich den rechten kriege.« Da ging er mit dem Mundschenk hinab, und als sie unten hin kamen, wollte ihm dieser von dem gewöhnlichen Wein zapfen, wie ihn des Königs Diener tranken, aber der Löwe sprach »halt! ich will den Wein erst versuchen,« zapfte sich ein halbes Maaß und schluckte es auf einmal hinab. »Nein,« sagte er, »das ist nicht der rechte.« Der Mundschenk sah ihn schief an, ging aber und wollte ihm aus einem andern Faß geben, das für des Königs Marschall war. Sprach der Löwe »halt! erst will ich den Wein versuchen,« zapfte sich ein halbes Maaß und trank es, »der ist besser, aber noch nicht der rechte.« Da ward der Mundschenk bös und sprach »was so ein dummes Vieh vom Wein verstehen will!« Aber der Löwe gab ihm einen Schlag hinter die Ohren, daß er unsanft zur Erde fiel, und als er sich wieder aufgemacht hatte, führte er den Löwen ganz stillschweigens in einen kleinen besonderen Keller, wo des Königs Wein lag, von dem sonst kein Mensch zu trinken bekam. Der Löwe zapfte sich erst ein halbes Maaß und versuchte den Wein, dann sprach er »das kann von dem rechten sein,« und hieß den Mundschenk sechs Flaschen füllen. Nun stiegen sie herauf, wie der Löwe aber aus dem Keller ins Freie kam, schwankte er hin und her und war ein wenig trunken, und der Mundschenk mußte ihm den Wein bis vor die Türe tragen, da nahm der Löwe den Henkelkorb in das Maul und brachte ihn seinem Herrn. Sprach der Jäger »sieht er, Herr Wirt, da hab ich Brot, Fleisch, Zugemüs, Zuckerwerk und Wein, wie es der König hat, nun will ich mit meinen[[Besitz]] Tieren Mahlzeit halten,« und setzte sich hin, aß und trank, und gab dem Hasen, dem Fuchs, dem Wolf, dem Bär und dem Löwen auch davon zu essen und zu trinken, und war guter Dinge, denn er sah daß ihn die Königstochter noch lieb hatte. Und als er Mahlzeit gehalten hatte, sprach er »Herr Wirt, nun hab ich gegessen und getrunken, wie der König isst und trinkt, jetzt will ich an des Königs Hof gehen und die Königstochter heiraten.« Fragte der Wirt »wie soll das zugehen, da sie schon einen Bräutigam hat, und heute die Vermählung gefeiert wird?« Da zog der Jäger das Taschentuch heraus, das ihm die Königstochter auf dem Drachenberg gegeben hatte, und worin die sieben Zungen des Untiers eingewickelt waren, und sprach »dazu soll mir helfen was ich da in der Hand halte.« Da sah der Wirt das Tuch an, und sprach, »wenn ich alles glaube, so glaube ich das nicht, und will wohl Haus und Hof dran setzen.« Der Jäger aber nahm einen Beutel mit tausend Goldstücken, stellte ihn auf den Tisch und sagte »das setze ich dagegen.« Nun sprach der König an der königlichen Tafel zu seiner Tochter »was haben die wilden Tiere alle gewollt, die zu dir gekommen und in mein Schloß ein- und ausgegangen sind?« Da antwortete sie »ich darfs nicht sagen, aber schickt hin und laßt den Herrn dieser Tiere holen, so werdet ihr wohl tun.« Der König schickte einen Diener ins Wirtshaus und ließ den fremden Mann einladen, und der Diener kam gerade wie der Jäger mit dem Wirt gewettet hatte. Da sprach er »sieht er, Herr Wirt, da schickt der König einen Diener, und läßt mich einladen, aber ich gehe so noch nicht.« Und zu dem Diener sagte er »ich lasse den Herrn König bitten daß er mir königliche Kleider schickt, einen Wagen mit sechs Pferden und Diener, die mir aufwarten.« Als der König die Antwort hörte, sprach er zu seiner Tochter »was soll ich tun?« Sagte sie »laßt ihn holen wie ers verlangt, so werdet ihr wohl tun.« Da schickte der König königliche Kleider, einen Wagen mit sechs Pferden und Diener, die ihm aufwarten sollten. Als der Jäger sie kommen sah, sprach er »sieht er, Herr Wirt, nun werde ich abgeholt wie ich es verlangt habe,« und zog die königlichen Kleider an, nahm das Tuch mit den Drachenzungen und fuhr zum König. Als ihn der König kommen sah, sprach er zu seiner Tochter »wie soll ich ihn empfangen?« Antwortete sie »geht ihm entgegen, so werdet ihr wohl tun.« Da ging ihm der König entgegen und führte ihn herauf, und seine Tiere folgten ihm nach. Der König wies ihm einen Platz an neben sich und seiner Tochter, der Marschall saß auf der andern Seite, als Bräutigam, aber der kannte ihn nicht mehr. Nun wurden gerade die sieben Häupter des Drachen zur Schau aufgetragen, und der König sprach »die sieben Häupter hat der Marschall dem Drachen abgeschlagen, darum geb[[geben]] ich ihm heute meine[[Besitz]] Tochter zur Gemahlin.« Da stand der Jäger auf, öffnete die sieben Rachen und sprach »wo sind die sieben Zungen des Drachen?« Da erschrak der Marschall, ward bleich und wußte nicht was er antworten sollte, endlich sagte er in der Angst »Drachen haben keine Zungen.« Sprach der Jäger »die Lügner sollten keine haben, aber die Drachenzungen sind das Wahrzeichen des Siegers,« und wickelte das Tuch auf, da lagen sie alle siebene darin, und dann steckte er jede Zunge in den Rachen, in den sie gehörte und sie paßte genau. Darauf nahm er das Tuch, in welches der Name der Königstochter gestickt war, und zeigte es der Jungfrau und fragte sie wem sie es gegeben hätte, da antwortete sie »dem, der den Drachen getötet hat.« Und dann rief er sein Getier, nahm jedem das Halsband und dem Löwen das goldene Schloß ab, und zeigte es der Jungfrau und fragte wem es angehörte. Antwortete sie »das Halsband und das goldene Schloß waren mein, ich habe es unter die Tiere verteilt, die den Drachen besiegen halfen.« Da sprach der Jäger »als ich müde von dem Kampf geruht und geschlafen habe, da ist der Marschall gekommen und hat mir den Kopf abgehauen. Dann hat er die Königstochter fortgetragen und vorgegeben er sei es gewesen, der den Drachen getötet habe; und daß er gelogen hat, beweise ich mit den Zungen, dem Tuch und dem Halsband.« Und dann erzählte er wie ihn seine Tiere durch eine wunderbare Wurzel geheilt hätten, und daß er ein Jahr lang mit ihnen herumgezogen und endlich wieder hierher gekommen wäre, wo er den Betrug des Marschalls durch die Erzählung des Wirtes erfahren hätte. Da fragte der König seine Tochter, »ist es wahr, daß dieser den Drachen getötet hat?« Da antwortete sie »ja, es ist wahr; jetzt darf ich die Schandtat des Marschalls offenbaren, weil sie ohne mein Zutun an den Tag gekommen ist, denn er hat mir das Versprechen zu schweigen abgezwungen. Darum aber habe ich mir ausgehalten daß erst in Jahr und Tag die Hochzeit sollte gefeiert werden.« Da ließ der König zwölf Ratsherrn rufen, die sollten über den Marschall Urteil sprechen, und die urteilten daß er müßte von vier Ochsen zerrissen werden. Also ward der Marschall gerichtet, der König aber übergab seine Tochter dem Jäger und ernannte ihn zu seinem Statthalter im ganzen Reich. Die Hochzeit ward mit großen Freuden gefeiert, und der junge König ließ seinen Vater und Pflegevater holen und überhäufte sie mit Schätzen. Den Wirt vergaß er auch nicht, und ließ ihn kommen und sprach zu ihm »sieht er, Herr Wirt, die Königstochter habe ich geheiratet, und sein Haus und Hof sind mein.« Sprach der Wirt »ja, das wäre nach den Rechten.« Der junge König aber sagte »es soll nach Gnaden gehen: Haus und Hof soll er behalten, und die tausend Goldstücke schenke ich ihm noch dazu.« Nun waren der junge König und die junge Königin guter Dinge und lebten vergnügt zusammen. Er zog oft hinaus auf die Jagd, weil das seine Freude war, und die treuen Tiere mußten ihn begleiten. Es lag aber in der Nähe ein Wald, von dem hieß es, er wäre nicht geheuer, und wäre einer erst darin, so käm er nicht leicht wieder heraus. Der junge König hatte aber große Lust darin zu jagen, und ließ dem alten König keine Ruhe bis er es ihm erlaubte. Nun ritt er mit einer großen Begleitung aus, und als er zu dem Wald kam, sah er eine schneeweiße Hirschkuh darin und sprach zu seinen Leuten »haltet hier bis ich zurück komme, ich will das schöne Wild jagen,« und ritt ihm nach in den Wald hinein, und nur seine Tiere folgten ihm. Die Leute hielten und warteten bis Abend, aber er kam nicht wieder: da ritten sie heim und erzählten der jungen Königin »der junge König ist im Zauberwald einer weißen Hirschkuh nachgejagt, und ist nicht wieder gekommen.« Da war sie in großer Besorgnis um ihn. Er war aber dem schönen Wild immer nachgeritten, und konnte es niemals einholen; wenn er meinte es wäre schußrecht, so sah er es gleich wieder in weiter Ferne dahin springen, und endlich verschwand es ganz. Nun merkte er daß er tief in den Wald hineingeraten war, nahm sein Horn und blies, aber er bekam keine Antwort, denn seine Leute konntens nicht hören. Und da auch die Nacht einbrach, sah er daß er diesen Tag nicht heim kommen könnte, stieg ab, machte sich bei einem Baum ein Feuer an und wollte dabei übernachten. Als er bei dem Feuer saß, und seine Tiere sich auch neben ihn gelegt hatten, däuchte ihn als hörte er eine menschliche Stimme: er schaute umher, konnte aber nichts bemerken. Bald darauf hörte er wieder ein Ächzen wie von oben her, da blickte er in die Höhe und sah ein altes Weib auf dem Baum sitzen, das jammerte in einem fort »hu, hu, hu, was mich friert!« Sprach er »steig herab und wärme dich, wenn dich friert.« Sie[[1]] aber sagte »nein, deine Tiere beißen mich.« Antwortete er »sie tun dir nichts, altes Mütterchen, komm nur herunter.« Sie[[1]] war aber eine Hexe und sprach »ich will dir eine Rute von dem Baum herabwerfen, wenn du sie damit auf den Rücken schlägst, tun sie mir nichts.« Da warf sie ihm ein Rütlein herab, und er schlug sie damit, alsbald lagen sie still und waren in Stein verwandelt. Und als die Hexe vor den Tieren sicher war, sprang sie herunter und rührte auch ihn mit einer Rute an und verwandelte ihn in Stein. Darauf lachte sie und schleppte ihn und die Tiere in einen Graben, wo schon mehr solcher Steine lagen. Als aber der junge König gar nicht wieder kam, ward die Angst und Sorge der Königin immer größer. Nun trug sich zu daß gerade in dieser Zeit der andere Bruder, der bei der Trennung gen Osten gewandelt war, in das Königreich kam. Er hatte einen Dienst gesucht und keinen gefunden, war dann herumgezogen hin und her, und hatte seine Tiere tanzen lassen. Da fiel ihm ein er wollte einmal nach dem Messer sehen, das sie bei ihrer Trennung in einen Baumstamm gestoßen hatten, um zu erfahren wie es seinem Bruder ginge. Wie er dahin kam, war seines Bruders Seite halb verrostet und halb war sie noch blank. Da erschrak er und dachte »meinem Bruder muß ein großes Unglück zugestoßen sein, doch kann ich ihn vielleicht noch retten, denn die Hälfte des Messers ist noch blank.« Er zog mit seinen Tieren gen Westen, und als er in das Stadttor kam, trat ihm die Wache entgegen und fragte ob sie ihn bei seiner Gemahlin melden sollte: die junge Königin wäre schon seit ein paar Tagen in großer Angst über sein Ausbleiben und fürchtete er wäre im Zauberwald umgekommen. Die Wache nemlich glaubte nicht anders als er wäre der junge König selbst, so ähnlich sah er ihm, und hatte auch die wilden Tiere hinter sich laufen. Da merkte er daß von seinem Bruder die Rede war und dachte »es ist das beste, ich gebe mich für ihn aus, so kann ich ihn wohl leichter erretten.« Also ließ er sich von der Wache ins Schloß begleiten, und ward mit großen Freuden empfangen. Die junge Königin meinte nicht anders als es wäre ihr Gemahl und fragte ihn warum er so lange ausgeblieben wäre. Er antwortete »ich hatte mich in einem Walde verirrt und konnte mich nicht eher wieder heraus finden.« Abends ward er in das königliche Bette gebracht, aber er legte ein zweischneidiges Schwert zwischen sich und die junge Königin: sie wußte nicht, was das heißen sollte, getraute aber nicht zu fragen. Da blieb er ein paar Tage und erforschte derweil alles, wie es mit dem Zauberwald beschaffen war, endlich sprach er »ich muß noch einmal dort jagen.« Der König und die junge Königin wollten es ihm ausreden, aber er bestand darauf und zog mit großer Begleitung hinaus. Als er in den Wald gekommen war, erging es ihm wie seinem Bruder, er sah eine weiße Hirschkuh und sprach zu seinen Leuten »bleibt hier und wartet, bis ich wiederkomme, ich will das schöne Wild jagen,« ritt in den Wald hinein, und seine Tiere liefen ihm nach. Aber er konnte die Hirschkuh nicht einholen, und geriet so tief in den Wald, daß er darin übernachten mußte. Und als er ein Feuer angemacht hatte, hörte er über sich ächzen »hu, hu, hu, wie mich friert!« Da schaute er hinauf, und es saß dieselbe Hexe oben im Baum. Sprach er »wenn dich friert, so komm herab, altes Mütterchen, und wärme dich.« Antwortete sie »nein, deine Tiere beißen mich.« Er aber sprach »sie tun dir nichts.« Da rief sie »ich will dir eine Rute hinabwerfen, wenn du sie damit schlägst, so tun sie mir nichts.« Wie der Jäger das hörte, traute er der Alten nicht, und sprach » meine[[Besitz]] Tiere schlag ich nicht, komm du herunter, oder ich hol dich.« Da rief sie »was willst du wohl? du tust mir noch nichts.« Er aber antwortete »kommst du nicht, so schieß ich dich herunter.« Sprach sie »schieß nur zu, vor deinen Kugeln fürchte ich mich nicht.« Da legte er an und schoß nach ihr, aber die Hexe war fest gegen alle Bleikugeln, lachte daß es gellte, und rief »du sollst mich noch nicht treffen.« Der Jäger wußte Bescheid, riss sich drei silberne Knöpfe vom Rock und lud sie in die Büchse, denn dagegen war ihre Kunst umsonst, und als er losdrückte, stürzte sie gleich mit Geschrei herab. Da stellte er den Fuß auf sie und sprach »alte Hexe, wenn du nicht gleich gestehst wo mein Bruder ist, so pack ich dich auf mit beiden Händen und werfe dich ins Feuer.« Sie[[1]] war in großer Angst, bat um Gnade und sagte »er liegt mit seinen Tieren versteinert in einem Graben.« Da zwang er sie mit hinzugehen, drohte ihr und sprach »alte Meerkatze, jetzt machst du meinen[[Besitz]] Bruder und alle Geschöpfe, die hier liegen, lebendig, oder du kommst ins Feuer.« Sie[[1]] nahm eine Rute und rührte die Steine an, da wurde sein Bruder mit den Tieren wieder lebendig, und viele andere, Kaufleute, Handwerker, Hirten, standen auf, dankten für ihre Befreiung und zogen heim. Die Zwillingsbrüder aber, als sie sich wiedersahen, küßten sich und freuten sich von Herzen. Dann griffen sie die Hexe, banden sie und legten sie ins Feuer, und als sie verbrannt war, da tat sich der Wald von selbst auf, und war licht und hell, und man konnte das königliche Schloß auf drei Stunden Wegs sehen. Nun gingen die zwei Brüder zusammen nach Haus und erzählten einander auf dem Weg ihre Schicksale. Und als der jüngste sagte, er wäre an des Königs Statt Herr im ganzen Lande, sprach der andere »das hab ich wohl gemerkt, denn als ich in die Stadt kam und für dich angesehen ward, da geschah mir alle königliche Ehre: die junge Königin hielt mich für ihren Gemahl, und ich mußte an ihrer Seite essen und in deinem Bett schlafen.« Wie das der andere hörte, ward er so eifersüchtig und zornig, daß er sein Schwert zog und seinem Bruder den Kopf abschlug. Als dieser aber tot da lag, und er sein rotes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig: »mein Bruder hat mich erlöst,« rief er aus, »und ich habe ihn dafür getötet!« und jammerte laut. Da kam sein Hase und erbot sich von der Lebenswurzel zu holen, sprang fort und brachte sie noch zu rechter Zeit: und der Tote ward wieder ins Leben gebracht und merkte gar nichts von der Wunde. Darauf zogen sie weiter, und der jüngste sprach »du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich, und die Tiere folgen dir nach wie mir: wir wollen zu den entgegengesetzten Toren eingehen und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen.« Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Tore und meldete der junge König mit den Tieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König »es ist nicht möglich, die Tore liegen eine Stunde weit aus einander.« Indem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter »sag an welcher ist dein Gemahl? es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht wissen.« Sie[[1]] war da in großer Angst und konnte es nicht sagen, endlich fiel ihr das Halsband ein, das sie den Tieren gegeben hatte, suchte und fand an dem einen Löwen ihr goldenes Schlößchen: da rief sie vergnügt, »der, dem dieser Löwe nachfolgt, der ist mein rechter Gemahl.« Da lachte der junge König und sagte »ja, das ist der rechte,« und sie setzten sich zusammen zu Tisch, aßen und tranken, und waren fröhlich. Abends, als der junge König zu Bett ging, sprach seine Frau »warum hast du die vorigen Nächte immer ein zweischneidiges Schwert in unser Bett gelegt, ich habe geglaubt, du wolltest mich totschlagen.« Da erkannte er wie treu sein Bruder gewesen war. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="61._Das_Bürle" 61. Das Bürle. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein Dorf, darin saßen lauter reiche Bauern und nur ein armer, den nannten sie das &&c=8 Bürle &&c=0 (Bäuerlein). Er hatte nicht einmal eine Kuh und noch weniger Geld eine zu kaufen: und er und seine Frau hätten so gern eine gehabt. Einmal sprach er zu ihr »hör, ich habe einen guten Gedanken, da ist unser Gevatter Schreiner, der soll uns ein Kalb aus Holz machen und braun anstreichen, daß es wie ein anderes aussieht, mit der Zeit wirds wohl groß und gibt eine Kuh.« Der Frau gefiel das auch, und der Gevatter Schreiner zimmerte und hobelte das Kalb zurecht, strich es an, wie sichs gehörte, und machte es so, daß es den Kopf herab senkte, als fräße es. Wie die Kühe des andern Morgens ausgetrieben wurden, rief das Bürle den Hirt herein und sprach »seht, da hab ich ein Kälbchen, aber es ist noch klein und muß noch getragen werden.« Der Hirt sagte »schon gut,« nahms in seinen Arm, trugs hinaus auf die Weide und stellte es ins Gras. Das Kälbchen blieb da immer stehen wie eins das frisst, und der Hirt sprach »das wird bald selber laufen, guck einer was es schon frisst!« Abends als er die Herde wieder heim treiben wollte, sprach er zu dem Kalb »kannst du da stehen und dich satt fressen, so kannst du auch auf deinen vier Beinen gehen, ich mag dich nicht wieder auf dem Arm heim schleppen.« Das Bürle stand aber vor der Haustüre und wartete auf sein Kälbchen: als nun der Kuhhirt durchs Dorf trieb, und das Kälbchen fehlte, fragte er danach. Der Hirt antwortete »das steht noch immer draußen und frisst: es wollte nicht aufhören und nicht mitgehen.« Bürle aber sprach »ei was, ich muß mein Vieh wieder haben.« Da gingen sie zusammen nach der Wiese zurück, aber einer hatte das Kalb gestohlen, und es war fort. Sprach der Hirt »es wird sich wohl verlaufen haben.« Das Bürle aber sagte »mir nicht so!« und führte den Hirten vor den Schultheiß, der verdammte ihn für seine Nachlässigkeit daß er dem Bürle für das entkommene Kalb mußte eine Kuh geben. Nun hatte das Bürle und seine Frau die lang gewünschte Kuh; sie freuten sich von Herzen, hatten aber kein Futter, und konnten ihr nichts zu fressen geben, also mußte sie bald geschlachtet werden. Das Fleisch salzten sie ein, und das Bürle ging in die Stadt und wollte das Fell dort verkaufen, um für den Erlös ein neues Kälbchen zu bestellen. Unterwegs kam er an eine Mühle, da saß ein Rabe mit gebrochenen Flügeln, den nahm er aus Erbarmen auf und wickelte ihn in das Fell. Weil aber das Wetter so schlecht ward, und Wind und Regen stürmte, konnte er nicht weiter, kehrte in die Mühle ein und bat um Herberge. Die Müllerin war allein zu Haus und sprach zu dem Bürle »da leg dich auf die Streu,« und gab ihm ein Käsebrot. Das Bürle aß und legte sich nieder, sein Fell neben sich, und die Frau dachte »der ist müde und schläft.« Indem kam der Pfaff, die Frau Müllerin empfing ihn wohl und sprach »mein Mann ist aus, da wollen wir uns traktieren.« Bürle horchte auf und wies von traktieren hörte, ärgerte es sich daß es mit Käsebrot hatte vorlieb nehmen müssen. Da trug die Frau herbei, und trug viererlei auf, Braten, Salat, Kuchen und Wein. Wie sie sich nun setzten und essen wollten, klopfte es draußen. Sprach die Frau »ach Gott, das ist mein Mann!« Geschwind versteckte sie den Braten in die Ofenkachel, den Wein unters Kopfkissen, den Salat aufs Bett, den Kuchen unters Bett, und den Pfaff in den Schrank auf dem Hausehrn &&wt0 {{[Haus¬ehrn]}}. &&wt1 Danach machte sie dem Mann auf und sprach »gottlob, daß du wieder hier bist! Das ist ein Wetter, als wenn die Welt untergehen sollte!« Der Müller sahs Bürle auf dem Streu liegen und fragte »was will der Kerl da?« »Ach,« sagte die Frau, »der arme Schelm kam in dem Sturm und Regen, und bat um ein Obdach, da hab ich ihm ein Käsebrot gegeben, und ihm die Streu angewiesen.« Sprach der Mann »ich habe nichts dagegen, aber schaff mir bald etwas zu essen.« Die Frau sagte »ich habe aber nichts als Käsebrot.« »Ich bin mit allem zufrieden,« antwortete der Mann, »meinetwegen mit Käsebrot,« sah das Bürle an und rief »komm und iss noch einmal mit.« Bürle ließ sich das nicht zweimal sagen, stand auf und aß mit. Danach sah der Müller das Fell auf der Erde liegen, in dem der Rabe steckte, und fragte »was hast du da?« Antwortete das Bürle »da hab ich einen Wahrsager drin.« »Kann der mir auch wahrsagen?« sprach der Müller. »Warum nicht?« antwortete das Bürle, »er sagt aber nur vier Dinge, und das fünfte behält er bei sich.« Der Müller war neugierig, und sprach »laß ihn einmal wahrsagen.« Da drückte Bürle dem Raben auf den Kopf, daß er quackte und »krr krr« machte. Sprach der Müller »was hat er gesagt?« Bürle antwortete »erstens hat er gesagt es steckte Wein unterm Kopfkissen.« »Das wäre des Guckgucks &&wt0 {{[Guck¬gucks]}}!« &&wt1 rief der Müller, ging hin und fand den Wein. »Nun weiter« sprach der Müller. Das Bürle ließ den Raben wieder quacksen und sprach »zweitens, hat er gesagt, wäre Braten in der Ofenkachel.« »Das wäre des Guckgucks!« rief der Müller, ging hin und fand den Braten. Bürle ließ den Raben noch mehr weissagen und sprach »drittens, hat er gesagt, wäre Salat auf dem Bett.« »Das wäre des Guckgucks!« rief der Müller, ging hin und fand den Salat. Endlich drückte das Bürle den Raben noch einmal, daß er knurrte, und sprach »viertens, hat er gesagt, wäre Kuchen unterm Bett.« »Das wäre des Guckgucks!« rief der Müller, ging hin und fand den Kuchen. Nun setzten sich die zwei zusammen an den Tisch, die Müllerin aber kriegte Todesängste, legte sich ins Bett und nahm alle Schlüssel zu sich. Der Müller hätte auch gern das fünfte gewußt, aber Bürle sprach »erst wollen wir die vier andern Dinge ruhig essen, denn das fünfte ist etwas schlimmes.« So aßen sie und danach ward gehandelt wie viel der Müller für die fünfte Wahrsagung geben sollte, bis sie um dreihundert Taler einig wurden. Da drückte das Bürle dem Raben noch einmal an den Kopf, daß er laut quackte. Fragte der Müller »was hat er gesagt?« Antwortete das Bürle »er hat gesagt draußen im Schrank auf dem Hausehrn, da steckte der Teufel.« Sprach der Müller »der Teufel muß hinaus,« und sperrte die Haustür auf, die Frau aber mußte den Schlüssel hergeben, und Bürle schloß den Schrank auf. Da lief der Pfaff was er konnte hinaus, und der Müller sprach »ich habe den schwarzen Kerl mit meinen[[Besitz]] Augen gesehen: es war richtig.« Bürle aber machte sich am andern Morgen in der Dämmerung mit den dreihundert Talern aus dem Staub. Daheim tat sich das Bürle allgemach auf, baute ein hübsches Haus, und die Bauern sprachen »das Bürle ist gewiss gewesen wo der goldene Schnee fällt und man das Geld mit Scheffeln heim trägt.« Da ward Bürle vor den Schultheiß gefordert, es sollte sagen woher sein Reichtum käme. Antwortete es »ich habe mein Kuhfell in der Stadt für dreihundert Taler verkauft.« Als die Bauern das hörten, wollten sie auch den großen Vorteil genießen, liefen heim, schlugen all ihre Kühe tot und zogen die Felle ab, um sie in der Stadt mit dem großen Gewinn zu verkaufen. Der Schultheiß sprach » meine[[Besitz]] Magd muß aber vorangehen.« Als diese zum Kaufmann in die Stadt kam, gab er ihr nicht mehr als drei Taler für ein Fell; und als die übrigen kamen, gab er ihnen nicht einmal so viel und sprach »was soll ich mit all den Häuten anfangen?« Nun ärgerten sich die Bauern daß sie vom Bürle hinters Licht geführt waren, wollten Rache an ihm nehmen und verklagten es wegen des Betrugs bei dem Schultheiß. Das unschuldige Bürle ward einstimmig zum Tod verurteilt, und sollte in einem durchlöcherten Faß ins Wasser gerollt werden. Bürle ward hinausgeführt und ein Geistlicher gebracht, der ihm eine Seelenmesse lesen sollte. Die andern mußten sich alle entfernen, und wie das Bürle den Geistlichen anblickte, so erkannte es den Pfaffen, der bei der Frau Müllerin gewesen war. Sprach es zu ihm »ich hab euch aus dem Schrank befreit, befreit mich aus dem Faß.« Nun trieb gerade der Schäfer mit einer Herde Schafe daher, von dem das Bürle wußte daß er längst gerne Schultheiß geworden wäre, da schrie es aus allen Kräften »nein, ich tus nicht! und wenns die ganze Welt haben wollte, nein, ich tus nicht!« Der Schäfer, der das hörte, kam herbei und fragte »was hast du vor? was willst du nicht tun?« Bürle sprach »da wollen sie mich zum Schultheiß machen, wenn ich mich in das Faß setze, aber ich tus nicht.« Der Schäfer sagte »wenns weiter nichts ist, um Schultheiß zu werden, wollte ich mich gleich in das Faß setzen.« Bürle sprach »willst du dich hinein setzen, so wirst du auch Schultheiß.« Der Schäfer wars zufrieden, setzte sich hinein, und das Bürle schlug den Deckel drauf; dann nahm es die Herde des Schäfers für sich und trieb sie fort. Der Pfaff aber ging zur Gemeinde und sagte die Seelenmesse wäre gelesen. Da kamen sie und rollten das Faß nach dem Wasser hin. Als das Faß zu rollen anfing, rief der Schäfer »ich will ja gerne Schultheiß werden.« Sie[[1]] glaubten nicht anders als das Bürle schrie so, und sprachen »das meinen[[Meinung]] wir auch, aber erst sollst du dich da unten umsehen,« und rollten das Faß ins Wasser hinein. Darauf gingen die Bauern heim, und wie sie ins Dorf kamen, so kam auch das Bürle daher, trieb eine Herde Schafe ruhig ein und war ganz zufrieden. Da erstaunten die Bauern und sprachen »Bürle, wo kommst du her? kommst du aus dem Wasser!« »Freilich,« antwortete das Bürle, »ich bin versunken tief, tief, bis ich endlich auf den Grund kam: ich stieß dem Faß den Boden aus und kroch hervor, da waren schöne Wiesen, auf denen viele Lämmer weideten, davon bracht ich mir die Herde mit.« Sprachen die Bauern »sind noch mehr da?« »O ja,« sagte das Bürle, »mehr als ihr brauchen könnt.« Da verabredeten sich die Bauern daß sie sich auch Schafe holen wollten, jeder eine Herde; der Schultheiß aber sagte »ich komme zuerst.« Nun gingen sie zusammen zum Wasser, da standen gerade am blauen Himmel kleine Flockwolken, die man Lämmerchen nennt, die spiegelten sich im Wasser ab, da riefen die Bauern »wir sehen schon die Schafe unten auf dem Grund.« Der Schulz drängte sich hervor und sagte »nun will ich zuerst hinunter und mich umsehen; wenns gut ist, will ich euch rufen.« Da sprang er hinein, »plump« klang es im Wasser. Sie[[1]] meinten nicht anders als er riefe ihnen zu »kommt!« und der ganze Haufe stürzte in einer Hast[[beeilen]] hinter ihm drein. Da war das Dorf ausgestorben, und Bürle als der einzige Erbe ward ein reicher Mann. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="62._Die_Bienenkönigin" 62. Die Bienenkönigin. &&ax &&lg=x &&fe Zwei Königssöhne gingen einmal auf Abenteuer und gerieten in ein wildes, wüstes Leben, so daß sie gar nicht wieder nach Haus kamen. Der jüngste, welcher der Dummling hieß, machte sich auf und suchte seine Brüder: aber wie er sie endlich fand, verspotteten sie ihn, daß er mit seiner Einfalt sich durch die Welt schlagen wollte, und sie zwei könnten nicht durchkommen, und wären doch viel klüger. Sie[[1]] zogen alle drei miteinander fort und kamen an einen Ameisenhaufen. Die zwei ältesten wollten ihn aufwühlen und sehen wie die kleinen Ameisen in der Angst herumkröchen und ihre Eier forttrügen, aber der Dummling sagte »laßt die Tiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie stört.« Da gingen sie weiter und kamen an einen See, auf dem schwammen viele viele Enten. Die zwei Brüder wollten ein paar fangen und braten, aber der Dummling ließ es nicht zu, und sprach »laßt die Tiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie tötet.« Endlich kamen sie an ein Bienennest, darin war so viel Honig, daß er am Stamm herunterlief. Die zwei wollten Feuer unter den Baum legen und die Bienen ersticken, damit sie den Honig wegnehmen könnten. Der Dummling hielt sie aber wieder ab, und sprach »laßt die Tiere in Frieden, ich leids nicht, daß ihr sie verbrennt.« Endlich kamen die drei Brüder in ein Schloß, wo in den Ställen lauter steinerne Pferde standen, auch war kein Mensch zu sehen, und sie gingen durch alle Säle, bis sie vor eine Tür ganz am Ende kamen, davor hingen drei Schlösser; es war aber mitten in der Türe ein Lädlein, dadurch konnte man in die Stube sehen. Da sahen sie ein graues Männchen, das an einem Tisch saß. Sie[[1]] riefen es an, einmal, zweimal, aber es hörte nicht: endlich riefen sie zum drittenmal, da stand es auf, öffnete die Schlösser und kam heraus. Er sprach aber kein Wort, sondern führte sie zu einem reichbesetzten Tisch; und als sie gegessen und getrunken hatten, brachte es einen jeglichen in sein eigenes Schlafgemach. Am andern Morgen kam das graue Männchen zu dem ältesten, winkte und leitete ihn zu einer steinernen Tafel, darauf standen drei Aufgaben geschrieben, wodurch das Schloß erlöst werden könnte. Die erste war, in dem Wald unter dem Moos lagen die Perlen der Königstochter, tausend an der Zahl, die mußten aufgesucht werden, und wenn vor Sonnenuntergang noch eine einzige fehlte, so ward der, welcher gesucht hatte, zu Stein. Der älteste ging hin und suchte den ganzen Tag, als aber der Tag zu Ende war, hatte er erst hundert gefunden; es geschah wie auf der Tafel stand, er ward in Stein verwandelt. Am folgenden Tag unternahm der zweite Bruder das Abenteuer: es ging ihm aber nicht viel besser als dem ältesten, er fand nicht mehr als zweihundert Perlen, und ward zu Stein. Endlich kam auch an den Dummling die Reihe, der suchte im Moos, es war aber so schwer die Perlen zu finden und ging so langsam. Da setzte er sich auf einen Stein und weinte. Und wie er so saß, kam der Ameisenkönig, dem er einmal das Leben erhalten hatte, mit fünftausend Ameisen, und es währte gar nicht lange, so hatten die kleinen Tiere die Perlen mit einander gefunden und auf einen Haufen getragen. Die zweite Aufgabe aber war, den Schlüssel zu der Schlafkammer der Königstochter aus der See zu holen. Wie der Dummling zur See kam, schwammen die Enten, die er einmal gerettet hatte, heran, tauchten unter, und holten den Schlüssel aus der Tiefe. Die dritte Aufgabe aber war die schwerste, aus den drei schlafenden Töchtern des Königs sollte die jüngste und die liebste heraus gesucht werden. Sie[[1]] glichen sich aber vollkommen, und waren durch nichts verschieden, als daß sie, bevor sie eingeschlafen waren, verschiedene Süßigkeiten gegessen hatten, die älteste ein Stück Zucker, die zweite ein wenig Syrup, die jüngste einen Löffel voll Honig. Da kam die Bienenkönigin von den Bienen, die der Dummling vor dem Feuer geschützt hatte, und versuchte den Mund von allen dreien, zuletzt blieb sie auf dem Mund sitzen, der Honig gegessen hatte, und so erkannte der Königssohn die rechte. Da war der Zauber vorbei, alles war aus dem Schlaf erlöst, und wer von Stein war, erhielt seine menschliche Gestalt wieder. Und der Dummling vermählte sich mit der jüngsten und liebsten, und ward König nach ihres Vaters Tod; seine zwei Brüder aber erhielten die beiden andern Schwestern. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="63._Die_drei_Federn" 63. Die drei Federn. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne, davon waren zwei klug und gescheit, aber der dritte sprach nicht viel, war einfältig und hieß nur der &&c=8 Dummling &&c=0. Als der König alt und schwach ward und an sein Ende dachte, wußte er nicht welcher von seinen Söhnen nach ihm das Reich erben sollte. Da sprach er zu ihnen »ziehet aus, und wer mir den feinsten Teppich bringt, der soll nach meinem Tod König sein.« Und damit es keinen Streit unter ihnen gab, führte er sie vor sein Schloß, blies drei Federn in die Luft und sprach »wie die fliegen, so sollt ihr ziehen.« Die eine Feder flog nach Osten, die andere nach Westen, die dritte flog aber gerad aus, und flog nicht weit, sondern fiel bald zur Erde. Nun ging der eine Bruder rechts, der andere ging links, und sie lachten den Dummling aus, der bei der dritten Feder da wo sie nieder gefallen war, bleiben mußte. Der Dummling setzte sich nieder und war traurig. Da bemerkte er auf einmal daß neben der Feder eine Falltüre lag. Er hob sie in die Höhe, fand eine Treppe und stieg hinab. Da kam er vor eine andere Türe, klopfte an, und hörte wie es inwendig rief »Jungfer grün und klein, Hutzelbein &&wt0 {{[Hutzel¬bein]}}, &&wt1 Hutzelbeins Hündchen, Hutzel hin und her, laß geschwind sehen, wer draußen wär.« Die Türe tat sich auf, und er sah eine große dicke Itsche (Kröte) sitzen und rings um sie eine Menge kleiner Itschen. Die dicke Itsche fragte was sein Begehren wäre. Er antwortete »ich hätte gerne den schönsten und feinsten Teppich.« Da rief sie eine junge und sprach »Jungfer grün und klein, Hutzelbein, Hutzelbeins Hündchen, Hutzel hin und her, bring mir die große Schachtel her.« Die junge Itsche holte die Schachtel, und die dicke Itsche machte sie auf und gab dem Dummling einen Teppich daraus, so schön und so fein, wie oben auf der Erde keiner konnte gewebt werden. Da dankte er ihr und stieg wieder hinauf. Die beiden andern hatten aber ihren jüngsten Bruder für so albern gehalten, daß sie glaubten er würde gar nichts finden und aufbringen. »Was sollen wir uns mit Suchen groß Mühe geben« sprachen sie, nahmen dem ersten besten Schäfersweib, das ihnen begegnete, die groben Tücher vom Leib und trugen sie dem König heim. Zu derselben Zeit kam auch der Dummling zurück, und brachte seinen schönen Teppich, und als der König den sah, erstaunte er, und sprach »wenn es dem Recht nach gehen soll, so gehört dem jüngsten das Königreich.« Aber die zwei andern ließen dem Vater keine Ruhe und sprachen unmöglich könnte der Dummling, dem es in allen Dingen an Verstand fehlte, König werden, und baten ihn er möchte eine neue Bedingung machen. Da sagte der Vater, »der soll das Reich erben, der mir den schönsten Ring bringt,« führte die drei Brüder hinaus, und blies drei Federn in die Luft, denen sie nachgehen sollten. Die zwei ältesten zogen wieder nach Osten und Westen, und für den Dummling flog die Feder gerade aus und fiel neben der Erdtüre nieder. Da stieg er wieder hinab zu der dicken Itsche und sagte ihr daß er den schönsten Ring brauchte. Sie[[1]] ließ sich gleich ihre große Schachtel holen und gab ihm daraus einen Ring, der glänzte von Edelsteinen und war so schön daß ihn kein Goldschmied auf der Erde hätte machen können. Die zwei ältesten lachten über den Dummling, der einen goldenen Ring suchen wollte, gaben sich gar keine Mühe, sondern schlugen einem alten Wagenring die Nägel aus und brachten ihn dem König. Als aber der Dummling seinen goldenen Ring vorzeigte, so sprach der Vater abermals »ihm gehört das Reich.« Die zwei ältesten ließen nicht ab den König zu quälen, bis er noch eine dritte Bedingung machte und den Ausspruch tat, der sollte das Reich haben, der die schönste Frau heimbrächte. Die drei Federn blies er nochmals in die Luft, und sie flogen wie die vorigemale. Da ging der Dummling ohne weiteres hinab zu der dicken Itsche und sprach »ich soll die schönste Frau heimbringen.« »Ei,« antwortete die Itsche, »die schönste Frau! die ist nicht gleich zur Hand, aber du sollst sie doch haben.« Sie[[1]] gab ihm eine ausgehölte gelbe Rübe mit sechs Mäuschen bespannt. Da sprach der Dummling ganz traurig »was soll ich damit anfangen?« Die Itsche antwortete »setze nur eine von meinen[[Besitz]] kleinen Itschen hinein.« Da griff er auf Geratewohl eine aus dem Kreis und setzte sie in die gelbe Kutsche, aber kaum saß sie darin, so ward sie zu einem wunderschönen Fräulein, die Rübe zur Kutsche, und die sechs Mäuschen zu Pferden. Da küßte er sie, jagte mit den Pferden davon und brachte sie zu dem König. Seine Brüder kamen nach, die hatten sich gar keine Mühe gegeben, eine schöne Frau zu suchen, sondern die ersten besten Bauernweiber mitgenommen. Als der König sie erblickte, sprach er »dem jüngsten gehört das Reich nach meinem Tod.« Aber die zwei ältesten betäubten die Ohren des Königs aufs neue mit ihrem Geschrei, »wir könnens nicht zugeben daß der Dummling König wird,« und verlangten der sollte den Vorzug haben, dessen Frau durch einen Ring springen könnte, der da mitten in dem Saal hing. Sie[[1]] dachten »die Bauernweiber können das wohl, die sind stark genug, aber das zarte Fräulein springt sich tot.« Der alte König gab das auch noch zu. Da sprangen die zwei Bauernweiber, sprangen auch durch den Ring, waren aber so plump, daß sie fielen und ihre groben Arme und Beine entzwei brachen. Darauf sprang das schöne Fräulein, das der Dummling mitgebracht hatte, und sprang so leicht hindurch wie ein Reh, und aller Widerspruch mußte aufhören. Also erhielt er die Krone, und hat lange in Weisheit geherrscht. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="64._Die_goldene_Gans" 64. Die goldene Gans. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein Mann, der hatte drei Söhne, davon hieß der jüngste der &&c=8 Dummling &&c=0, und wurde verachtet und verspottet, und bei jeder Gelegenheit zurückgesetzt. Es geschah, daß der älteste in den Wald gehen wollte, Holz hauen, und eh er ging, gab ihm noch seine Mutter einen schönen feinen Eierkuchen und eine Flasche Wein mit, damit er nicht Hunger und Durst litte. Als er in den Wald kam, begegnete ihm ein altes graues Männlein, das bot ihm einen guten Tag und sprach »gib mir doch ein Stück Kuchen aus deiner Tasche, und laß mich einen Schluck von deinem Wein trinken, ich bin so hungrig und durstig.« Der kluge Sohn aber antwortete »geb[[geben]] ich dir meinen[[Besitz]] Kuchen und meinen[[Besitz]] Wein, so hab ich selber nichts, pack dich deiner Wege,« ließ das Männlein stehen und ging fort. Als er nun anfing einen Baum zu behauen, dauerte es nicht lange, so hieb er fehl, und die Axt fuhr ihm in den Arm, daß er mußte heimgehen und sich verbinden lassen. Das war aber von dem grauen Männchen gekommen. Darauf ging der zweite Sohn in den Wald, und die Mutter gab ihm, wie dem ältesten, einen Eierkuchen und eine Flasche Wein. Dem begegnete gleichfalls das alte graue Männchen und hielt um ein Stückchen Kuchen und einen Trunk Wein an. Aber der zweite Sohn sprach auch ganz verständig »was ich dir gebe, das geht mir selber ab, pack dich deiner Wege,« ließ das Männlein stehen und ging fort. Die Strafe blieb nicht aus, als er ein paar Hiebe am Baum getan, hieb er sich ins Bein, daß er mußte nach Haus getragen werden. Da sagte der Dummling »Vater, laß mich einmal hinaus gehen und Holz hauen.« Antwortete der Vater » deine Brüder haben sich Schaden dabei getan, laß dich davon, du verstehst nichts davon.« Der Dummling aber bat so lange, bis er endlich sagte »geh nur hin, durch Schaden wirst du klug werden.« Die Mutter gab ihm einen Kuchen, der war mit Wasser in der Asche gebacken, und dazu eine Flasche saueres Bier. Als er in den Wald kam, begegnete ihm gleichfalls das alte graue Männchen, grüßte ihn und sprach »gib mir ein Stück von deinem Kuchen und einen Trunk aus deiner Flasche, ich bin so hungrig und durstig.« Antwortete der Dummling »ich habe aber nur Aschenkuchen und saueres Bier, wenn dir das recht ist, so wollen wir uns setzen und essen.« Da setzten sie sich, und als der Dummling seinen Aschenkuchen herausholte, so wars ein feiner Eierkuchen, und das sauere Bier war ein guter Wein. Nun aßen und tranken sie, und danach sprach das Männlein »weil du ein gutes Herz hast und von dem Deinigen gerne mitteilst, so will ich dir Glück bescheren. Dort steht ein alter Baum, den hau ab, so wirst du in den Wurzeln etwas finden.« Darauf nahm das Männlein Abschied. Der Dummling ging hin und hieb den Baum um, und wie er fiel, saß in den Wurzeln eine Gans, die hatte Federn von reinem Gold. Er hob sie heraus, nahm sie mit sich und ging in ein Wirtshaus, da wollte er übernachten. Der Wirt hatte aber drei Töchter, die sahen die Gans, waren neugierig was das für ein wunderlicher Vogel wäre und hätten gar gern eine von seinen goldenen Federn gehabt. Die älteste dachte »es wird sich schon eine Gelegenheit finden wo ich mir eine Feder ausziehen kann,« und als der Dummling einmal hinaus gegangen war, faßte sie die Gans beim Flügel, aber Finger und Hand blieben ihr daran festhängen. Bald danach kam die zweite und hatte keinen andern Gedanken als sich eine goldene Feder zu holen: kaum aber hatte sie ihre Schwester angerührt, so blieb sie festhängen. Endlich kam auch die dritte in gleicher Absicht: da schrieen die andern »bleib weg, ums Himmelswillen, bleib weg.« Aber sie begriff nicht warum sie wegbleiben sollte, dachte »sind die dabei, so kann ich auch dabei sein,« und sprang herzu, und wie sie ihre Schwester angerührt hatte, so blieb sie an ihr hängen. So mußten sie die Nacht bei der Gans zubringen. Am andern Morgen nahm der Dummling die Gans in den Arm, ging fort, und bekümmerte sich nicht um die drei Mädchen, die daran hingen. Sie[[1]] mußten immer hinter ihm drein laufen, links und rechts, wies ihm in die Beine kam. Mitten auf dem Felde begegnete ihnen der Pfarrer, und als er den Aufzug sah, sprach er »schämt euch, ihr garstigen Mädchen, was lauft ihr dem jungen Bursch durchs Feld nach, schickt sich das?« Damit faßte er die jüngste an die Hand und wollte sie zurückziehen: wie er sie aber anrührte, blieb er gleichfalls hängen und mußte selber hinter drein laufen. Nicht lange, so kam der Küster daher, und sah den Herrn Pfarrer, der drei Mädchen auf dem Fuß folgte. Da verwunderte er sich und rief »ei, Herr Pfarrer, wo hinaus so geschwind? vergeßt nicht daß wir heute noch eine Kindtaufe haben,« lief auf ihn zu und faßte ihn am Ärmel, blieb aber auch fest hängen. Wie die fünf so hinter einander her trabten, kamen zwei Bauern mit ihren Hacken vom Feld: da rief der Pfarrer sie an und bat sie möchten ihn und den Küster los machen. Kaum aber hatten sie den Küster angerührt, so blieben sie hängen, und waren ihrer nun siebene, die dem Dummling mit der Gans nachliefen. Er kam darauf in eine Stadt, da herrschte ein König, der hatte eine Tochter, die war so ernsthaft, daß sie niemand zum lachen bringen konnte. Darum hatte er ein Gesetz gegeben, wer sie könnte zum lachen bringen, der sollte sie heiraten. Der Dummling, als er das hörte, ging mit seiner Gans und ihrem Anhang vor die Königstochter, und als diese die sieben Menschen immer hinter einander herlaufen sah, fing sie überlaut an zu lachen und wollte gar nicht wieder aufhören. Da verlangte sie der Dummling zur Braut, aber dem König gefiel der Schwiegersohn nicht, er machte allerlei Einwendungen und sagte er müßte ihm erst einen Mann bringen, der einen Keller voll Wein austrinken könnte. Der Dummling dachte an das graue Männchen, das könnte ihm wohl helfen, ging hinaus in den Wald, und auf der Stelle, wo er den Baum abgehauen hatte, sah er einen Mann sitzen, der machte ein ganz betrübtes Gesicht. Der Dummling fragte was er sich so sehr zu Herzen nähme. Da antwortete er »ich habe so großen Durst, und kann ihn nicht löschen, das kalte Wasser vertrage ich nicht, ein Faß Wein habe ich zwar ausgeleert, aber was ist ein Tropfen auf einem heißen Stein?« »Da kann ich dir helfen,« sagte der Dummling, »komm nur mit mir, du sollst satt haben.« Er führte ihn darauf in des Königs Keller, und der Mann machte sich über die großen Fässer, trank und trank, daß ihm die Hüften weh taten, und ehe ein Tag herum war, hatte er den ganzen Keller ausgetrunken. Der Dummling verlangte abermals seine Braut, der König aber ärgerte sich daß ein schlechter Bursch, den jedermann einen Dummling nannte, seine Tochter davon tragen sollte, und machte neue Bedingungen: er müßte erst einen Mann schaffen, der einen Berg voll Brot aufessen könnte. Der Dummling besann sich nicht lange, sondern ging gleich hinaus in den Wald: da saß auf demselben Platz ein Mann, der schnürte sich den Leib mit einem Riemen zusammen, machte ein grämliches Gesicht, und sagte »ich habe einen ganzen Backofen voll Raspelbrot &&wt0 {{[Raspel¬brot]}} &&wt1 gegessen, aber was hilft das, wenn man so großen Hunger hat, wie ich: mein Magen bleibt leer, und ich muß mich nur zuschnüren, wenn ich nicht Hungers sterben soll.« Der Dummling war froh darüber, und sprach »mach dich auf und geh mit mir, du sollst dich satt essen.« Er führte ihn an den Hof des Königs, der hatte alles Mehl aus dem ganzen Reich zusammenfahren und einen ungeheueren Berg davon backen lassen: der Mann aber aus dem Walde stellte sich davor, fing an zu essen, und in einem Tag war der ganze Berg verschwunden. Der Dummling forderte zum drittenmal seine Braut, der König aber suchte noch einmal Ausflucht, und verlangte ein Schiff das zu Land und zu Wasser fahren könnte: »so wie du aber damit angesegelt kommst,« sagte er, »so sollst du gleich meine[[Besitz]] Tochter zur Gemahlin haben.« Der Dummling ging gerades Weges in den Wald, da saß das alte graue Männchen, dem er seinen Kuchen gegeben hatte, und sagte »ich habe für dich getrunken und gegessen, ich will dir auch das Schiff geben; das alles tu ich, weil du barmherzig gegen mich gewesen bist.« Da gab er ihm das Schiff, das zu Land und zu Wasser fuhr, und als der König das sah, konnte er ihm seine Tochter nicht länger vorenthalten. Die Hochzeit ward gefeiert, nach des Königs Tod erbte der Dummling das Reich, und lebte lange Zeit vergnügt mit seiner Gemahlin. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="65._Allerleirauh" 65. Allerleirauh. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein König, der hatte eine Frau mit goldenen Haaren, und sie war so schön, daß sich ihres Gleichen nicht mehr auf Erden fand. Es geschah, daß sie krank lag, und als sie fühlte daß sie bald sterben würde, rief sie den König und sprach »wenn du nach meinem Tode dich wieder vermählen willst, so nimm keine, die nicht eben so schön ist, als ich bin, und die nicht solche goldene Haare hat, wie ich habe; das mußt du mir versprechen.« Nachdem es ihr der König versprochen hatte, tat sie die Augen zu und starb. Der König war lange Zeit nicht zu trösten und dachte nicht daran, eine zweite Frau zu nehmen. Endlich sprachen seine Räte »es geht nicht anders, der König muß sich wieder vermählen, damit wir eine Königin haben.« Nun wurden Boten weit und breit umhergeschickt, eine Braut zu suchen, die an Schönheit der verstorbenen Königin ganz gleich käme. Es war aber keine in der ganzen Welt zu finden, und wenn man sie auch gefunden hätte, so war doch keine da, die solche goldene Haare gehabt hätte. Also kamen die Boten unverrichteter Sache wieder heim. Nun hatte der König eine Tochter, die war gerade so schön wie ihre verstorbene Mutter, und hatte auch solche goldene Haare. Als sie herangewachsen war, sah sie der König einmal an und sah daß sie in allem seiner verstorbenen Gemahlin ähnlich war und fühlte plötzlich eine heftige Liebe zu ihr. Da sprach er zu seinen Räten »ich will meine[[Besitz]] Tochter heiraten, denn sie ist das Ebenbild meiner verstorbenen Frau, und sonst kann ich doch keine Braut finden, die ihr gleicht.« Als die Räte das hörten, erschraken sie und sprachen »Gott hat verboten daß der Vater seine Tochter heirate, aus der Sünde kann nichts Gutes entspringen und das Reich wird mit ins Verderben gezogen.« Die Tochter erschrak noch mehr als sie den Entschluß ihres Vaters vernahm, hoffte aber ihn von seinem Vorhaben noch abzubringen. Da sagte sie zu ihm »eh ich euren Wunsch erfülle, muß ich erst drei Kleider haben, eins so golden wie die Sonne, eins so silbern wie der Mond, und eins so glänzend wie die Sterne; ferner verlange ich einen Mantel von tausenderlei Pelz und Rauhwerk zusammengesetzt, und ein jedes Tier in euerm Reich muß ein Stück von seiner Haut dazu geben.« Sie[[1]] dachte aber »das anzuschaffen ist ganz unmöglich, und ich bringe damit meinen[[Besitz]] Vater von seinen bösen Gedanken ab.« Der König ließ aber nicht ab, und die geschicktesten Jungfrauen in seinem Reiche mußten die drei Kleider weben, eins so golden wie die Sonne, eins so silbern wie der Mond, und eins so glänzend wie die Sterne; und seine Jäger mußten alle Tiere im ganzen Reiche auffangen und ihnen ein Stück von ihrer Haut abziehen; daraus ward ein Mantel von tausenderlei Rauhwerk gemacht. Endlich, als alles fertig war, ließ der König den Mantel herbei holen, breitete ihn vor ihr aus und sprach »morgen soll die Hochzeit sein.« Als nun die Königstochter sah daß keine Hoffnung mehr war ihres Vaters Herz umzuwenden, so faßte sie den Entschluß zu entfliehen. In der Nacht, während alles schlief, stand sie auf und nahm von ihren Kostbarkeiten dreierlei, einen goldenen Ring, ein goldenes Spinnrädchen und ein goldenes Haspelchen; die drei Kleider von Sonne Mond und Sternen, tat sie in eine Nußschale, zog den Mantel von allerlei Rauhwerk an und machte sich Gesicht und Hände mit Ruß schwarz. Dann befahl sie sich Gott und ging fort, und ging die ganze Nacht, bis sie in einen großen Wald kam. Und weil sie müde war, setzte sie sich in einen hohlen Baum, und schlief ein. Die Sonne ging auf und sie schlief fort und schlief noch immer, als es schon hoher Tag war. Da trug es sich zu, daß der König, dem dieser Wald gehörte, darin jagte. Als seine Hunde zu dem Baum kamen, schnupperten sie, liefen rings herum und bellten. Sprach der König zu den Jägern »seht doch was dort für ein Wild sich versteckt hat.« Die Jäger folgten dem Befehl, und als sie wieder kamen, sprachen sie »in dem hohlen Baum liegt ein wunderliches Tier, wie wir noch niemals eins gesehen haben: an seiner Haut ist tausenderlei Pelz; es liegt aber und schläft.« Sprach der König »seht zu ob ihrs lebendig fangen könnt, dann bindets auf den Wagen und nehmts mit.« Als die Jäger das Mädchen anfaßten, erwachte es voll Schrecken und rief ihnen zu »ich bin ein armes Kind, von Vater und Mutter verlassen, erbarmt euch mein und nehmt mich mit.« Da sprachen sie » &&c=8 Allerleirauh &&c=0, du bist gut für die Küche, komm nur mit, da kannst du die Asche zusammenkehren.« Also setzten sie es auf den Wagen und fuhren heim in das königliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein Ställchen an unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und sagten »Rauhtierchen, da kannst du wohnen und schlafen.« Dann ward es in die Küche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schürte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemüs, kehrte die Asche und tat alle schlechte Arbeit. Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du schöne Königstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert ward, da sprach sie zum Koch »darf ich ein wenig hinauf gehen und zusehen? ich will mich außen vor die Türe stellen.« Antwortete der Koch »ja, geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier sein und die Asche zusammentragen.« Da nahm sie ihr Öllämpchen, ging in ihr Ställchen, zog den Pelzrock aus und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Händen ab, so daß ihre volle Schönheit wieder an den Tag kam. Dann machte sie die Nuß auf und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glänzte. Und wie das geschehen war, ging sie hinauf zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Königstochter wäre. Der König aber kam ihr entgegen, reichte ihr die Hand und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen »so schön haben meine[[Besitz]] Augen noch keine gesehen.« Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der König umsah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die Wächter, die vor dem Schlosse standen, wurden gerufen und ausgefragt, aber niemand hatte sie erblickt. Sie[[1]] war aber in ihr Ställchen gelaufen, hatte geschwind ihr Kleid ausgezogen, Gesicht und Hände schwarz gemacht und den Pelzmantel umgetan, und war wieder Allerleirauh. Als sie nun in die Küche kam, und an ihre Arbeit gehen und die Asche zusammenkehren wollte, sprach der Koch »laß das gut sein bis morgen und koche mir da die Suppe für den König, ich will auch einmal ein bisschen oben zugucken: aber laß mir kein Haar hineinfallen, sonst kriegst du in Zukunft nichts mehr zu essen.« Da ging der Koch fort, und Allerleirauh kochte die Suppe für den König, und kochte eine Brotsuppe, so gut es konnte, und wie sie fertig war, holte es in dem Ställchen seinen goldenen Ring und legte ihn in die Schüssel, in welche die Suppe angerichtet ward. Als der Tanz zu Ende war, ließ sich der König die Suppe bringen und aß sie, und sie schmeckte ihm so gut, daß er meinte niemals eine bessere Suppe gegessen zu haben. Wie er aber auf den Grund kam, sah er da einen goldenen Ring liegen und konnte nicht begreifen wie er dahin geraten war. Da befahl er der Koch sollte vor ihn kommen. Der Koch erschrak, wie er den Befehl hörte, und sprach zu Allerleirauh »gewiss hast du ein Haar in die Suppe fallen lassen; wenns wahr ist, so kriegst du Schläge.« Als er vor den König kam, fragte dieser wer die Suppe gekocht hätte? Antwortete der Koch »ich habe sie gekocht.« Der König aber sprach »das ist nicht wahr, denn sie war auf andere Art und viel besser gekocht als sonst.« Antwortete er »ich muß es gestehen daß ich sie nicht gekocht habe, sondern das Rauhtierchen.« Sprach der König »geh und laß es herauf kommen.« Als Allerleirauh kam, fragte der König »wer bist du?« »Ich bin ein armes Kind, das keinen Vater und Mutter mehr hat.« Fragte er weiter »wozu bist du in meinem Schloß?« Antwortete es »ich bin zu nichts gut als daß mir die Stiefeln um den Kopf geworfen werden.« Fragte er weiter »wo hast du den Ring her, der in der Suppe war?« Antwortete es »von dem Ring weis ich nichts.« Also konnte der König nichts erfahren und mußte es wieder fortschicken. Über eine Zeit war wieder ein Fest, da bat Allerleirauh den Koch wie vorigesmal um Erlaubnis zusehen zu dürfen. Antwortete er »ja, aber komm in einer halben Stunde wieder und koch dem König die Brotsuppe, die er so gerne isst.« Da lief es in sein Ställchen, wusch sich geschwind und nahm aus der Nuß das Kleid, das so silbern war wie der Mond, und tat es an. Da ging sie hinauf, und glich einer Königstochter: und der König trat ihr entgegen und freute sich daß er sie wiedersah, und weil eben der Tanz anhub, so tanzten sie zusammen. Als aber der Tanz zu Ende war, verschwand sie wieder so schnell daß der König nicht bemerken konnte wo sie hinging. Sie[[1]] sprang aber in ihr Ställchen, und machte sich wieder zum Rauhtierchen, und ging in die Küche, die Brotsuppe zu kochen. Als der Koch oben war, holte es das goldene Spinnrad und tat es in die Schüssel, so daß die Suppe darüber angerichtet wurde. Danach ward sie dem König gebracht, der aß sie und sie schmeckte ihm so gut, wie das vorigemal, und ließ den Koch kommen, der mußte auch diesmal gestehen daß Allerleirauh die Suppe gekocht hätte. Allerleirauh kam da wieder vor den König, aber sie antwortete daß sie nur dazu da wäre, daß ihr die Stiefeln an den Kopf geworfen würden und daß sie von dem goldenen Spinnrädchen gar nichts wüßte. Als der König zum drittenmal ein Fest anstellte, da ging es nicht anders als die vorigemale. Der Koch sprach zwar »du bist eine Hexe, Rauhtierchen, und tust immer etwas in die Suppe, davon sie so gut wird, und dem König besser schmeckt als was ich koche;« doch weil es so bat, so ließ er es auf die bestimmte Zeit hingehen. Nun zog es ein Kleid an, das wie die Sterne glänzte, und trat damit in den Saal. Der König tanzte wieder mit der schönen Jungfrau und meinte daß sie noch niemals so schön gewesen wäre. Und während er tanzte, steckte er ihr, ohne daß sie es merkte, einen goldenen Ring an den Finger, und hatte befohlen daß der Tanz recht lang währen sollte. Wie er zu Ende war, wollte er sie an den Händen fest halten, aber sie riss sich los und sprang so geschwind unter die Leute, daß sie vor seinen Augen verschwand. Sie[[1]] lief, was sie konnte, in ihr Ställchen unter der Treppe, weil sie aber zu lange und über eine halbe Stunde geblieben war, so konnte sie das schöne Kleid nicht ausziehen, sondern warf nur den Mantel von Pelz darüber, und in der Eile machte sie sich auch nicht ganz rußig, sondern ein Finger blieb weiß. Allerleirauh lief nun in die Küche, kochte dem König die Brotsuppe und legte, wie der Koch fort war, den goldenen Haspel hinein. Der König als er den Haspel auf dem Grunde fand, ließ Allerleirauh rufen: da erblickte er den weißen Finger und sah den Ring, den er im Tanze ihr angesteckt hatte. Da ergriff er sie an der Hand, und hielt sie fest, und als sie sich losmachen und fortspringen wollte, tat sich der Pelzmantel ein wenig auf, und das Sternenkleid schimmerte hervor. Der König faßte den Mantel und riss ihn ab. Da kamen die goldenen Haare hervor und sie stand da in voller Pracht und konnte sich nicht länger verbergen. Und als sie Ruß und Asche aus ihrem Gesicht gewischt hatte, da war sie schöner als man noch jemand auf Erden gesehen hat. Der König aber sprach »du bist meine[[Besitz]] liebe Braut, und wir scheiden nimmermehr von einander.« Darauf ward die Hochzeit gefeiert, und sie lebten vergnügt bis an ihren Tod. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="66._Häsichenbraut" 66. &&wt0 {{Häsichenbraut.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Et was ene Frou mit ener Toach¬ter in änen schöh¬nen Goar¬ten mit Koal; da¬hin kam än Hä¬si¬chen und froaß zo Wen¬ters¬zit al¬len Koal. Da seit de Frou zur Toach¬ter »gäh in den Goar¬ten, und jags Hä¬si¬chen.« Seits Mä¬ken zum Hä¬si¬chen »schu! schu! du Hä¬si¬chen, frisst noch al¬len Koal.« Seits Hä¬si¬chen »kumm, Mä¬ken, und sett dich uf min Hao¬sen¬schwän¬ze¬ken und kumm mit in min Hao¬sen¬hütt¬chen.« Mä¬ken well nech. Am an¬nern Tog kummts Hä¬si¬chen we¬der und frisst den Koal, do seit de Frou zur Toach¬ter »gäh in den Goar¬ten, und jags Hä¬si¬chen.« Seits Mä¬ken zum Hä¬si¬chen »schu! schu! du Hä¬si¬chen, frisst noch al¬len Koal.« Seits Hä¬si¬chen »kumm, Mä¬ken, sett dich uf min Hao¬sen¬schwän¬ze¬ken und kumm mit mer in min Hao¬sen¬hütt¬chen.« Mä¬ken well nech. Am dret¬ten Tog kummts Hä¬si¬chen we¬der und frisst den Koal. Do seit de Frou zur Toach¬ter »gäh in den Goar¬ten und jags Hä¬si¬chen.« Seits Mä¬ken »schu! schu! du Hä¬si¬chen, frisst noch al¬len Koal.« Seits Hä¬si¬chen »kumm, Mä¬ken, sett dich uf min Hao¬sen¬schwän¬ze¬ken und kumm mit mer in min Hao¬sen¬hütt¬chen.« Mä¬ken sätzt sich uf den Hao¬sen¬schwän¬ze¬ken, do brachts Hä¬si¬chen weit raus in sin Hütt¬chen und seit »nu koach Grin¬koal und Her¬sche (Hirse), ick well de Hoch¬tid¬lüd be¬ten.« Do ka¬men al¬le Hoch¬tid¬lüd zu¬sam'm. (Wer wa¬ren dann die Hoch¬zeits¬leute? das kann ich dir sa¬gen, wie mirs ein an¬de¬rer er¬zählt hat: das wa¬ren al¬le Ha¬sen, und die Krä¬he war als Pfar¬rer da¬bei, die Braut¬leu¬te zu trau¬en, und der Fuchs als Küster, und der Al¬tar war un¬term Re¬gen¬bo¬gen). Mä¬ken aober was tru¬rig, da se so all¬eene was. Kummts Hä¬si¬chen und seit »tu uf, tu uf, de Hoch¬tid¬lüt senn fresch (frisch, lustig).« De Braut seit nischt und wint. Hä¬si¬chen gäht fort, Hä¬si¬chen kummt we¬der und seit »tu uf, tu uf, de Hoch¬tid¬lüt senn hon¬grig.« De Braut seit we¬der nischt und wint. Hä¬si¬chen gäht fort, Hä¬si¬chen kummt und seit »tu uf, tu uf, de Hoch¬tid¬lüt waor¬ten.« Do seit de Braut nischt und Hä¬si¬chen gäht fort, aober se macht ene Pup¬pen von Stroah met eren Klee¬dern, und gibt er eenen Röhr¬lep¬pel, und set se an den Kes¬sel med Her¬sche, und gäht zor Mot¬ter. Hä¬si¬chen kummt noch ämahl und seit »tu uf, tu uf,« und macht uf und smet de Pup¬pe an Kopp, daß er de Hu¬be ab¬fällt. Do set Hä¬si¬chen daß sine Braut nech es und gäht fort und es tru¬rig.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="67._Die_zwölf_Jäger" 67. Die zwölf Jäger. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Königssohn, der hatte eine Braut und hatte sie sehr lieb. Als er nun bei ihr saß und ganz vergnügt war, da kam die Nachricht daß sein Vater tot krank läge und ihn noch vor seinem Ende zu sehen verlangte. Da sprach er zu seiner Liebsten »ich muß nun fort und muß dich verlassen, da geb[[geben]] ich dir einen Ring zu meinem Andenken. Wann ich König bin, komm ich wieder und hol dich heim.« Da ritt er fort, und als er bei seinem Vater anlangte, war dieser sterbenskrank und dem Tode nah. Er sprach zu ihm »liebster Sohn, ich habe dich vor meinem Ende noch einmal sehen wollen, versprich mir nach meinem Willen dich zu verheiraten,« und nannte ihm eine gewisse Königstochter, die sollte seine Gemahlin werden. Der Sohn war so betrübt, daß er sich gar nicht bedachte, sondern sprach »ja lieber Vater, was euer Wille ist, soll geschehen,« und darauf schloß der König die Augen und starb. Als nun der Sohn zum König ausgerufen und die Trauerzeit verflossen war, mußte er das Versprechen halten, das er seinem Vater gegeben hatte, und ließ um die Königstochter werben, und sie ward ihm auch zugesagt. Das hörte seine erste Braut und grämte sich über die Untreue so sehr, daß sie fast verging. Da sprach ihr Vater zu ihr »liebstes Kind, warum bist du so traurig? was du dir wünschest, das sollst du haben.« Sie[[1]] bedachte sich einen Augenblick, dann sprach sie »lieber Vater, ich wünsche mir elf Mädchen, von Angesicht Gestalt und Wuchs mir völlig gleich.« Sprach der König »wenns möglich ist, soll dein Wunsch erfüllt werden,« und ließ in seinem ganzen Reich so lange suchen, bis elf Jungfrauen gefunden waren, seiner Tochter von Angesicht Gestalt und Wuchs völlig gleich. Als sie zu der Königstochter kamen, ließ diese zwölf Jägerkleider machen, eins wie das andere, und die elf Jungfrauen mußten die Jägerkleider anziehen, und sie selber zog das zwölfte an. Darauf nahm sie Abschied von ihrem Vater und ritt mit ihnen fort und ritt an den Hof ihres ehemaligen Bräutigams, den sie so sehr liebte. Da fragte sie an ob er Jäger brauchte und ob er sie nicht alle zusammen in seinen Dienst nehmen wollte. Der König sah sie an und erkannte sie nicht; weil es aber so schöne Leute waren, sprach er ja, er wollte sie gerne nehmen; und da waren sie die zwölf Jäger des Königs. Der König aber hatte einen Löwen, das war ein wunderliches Tier, denn er wußte alles Verborgene und Heimliche. Es trug sich zu, daß er eines Abends zum König sprach »du meinst du hättest da zwölf Jäger?« »Ja,« sagte der König, »zwölf Jäger sinds.« Sprach der Löwe weiter »du irrst dich, das sind zwölf Mädchen.« Antwortete der König »das ist nimmermehr wahr, wie willst du mir das beweisen?« »O, laß nur Erbsen in dein Vorzimmer streuen,« antwortete der Löwe, »da wirst dus gleich sehen. Männer haben einen festen Tritt, wenn die über Erbsen hingehen, regt sich keine, aber Mädchen, die trippeln und trappeln und schlurfeln, und die Erbsen rollen.« Dem König gefiel der Rat wohl, und er ließ die Erbsen streuen. Es war aber ein Diener des Königs, der war den Jägern gut, und wie er hörte daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, ging er hin und erzählte ihnen alles wieder, und sprach »der Löwe will dem König weis machen ihr wärt Mädchen.« Da dankte ihm die Königstochter und sprach hernach zu ihren Jungfrauen »tut euch Gewalt an und tretet fest auf die Erbsen.« Als nun der König am andern Morgen die zwölf Jäger zu sich rufen ließ, und sie ins Vorzimmer kamen, wo die Erbsen lagen, so traten sie so fest darauf und hatten einen so sichern starken Gang, daß auch nicht eine rollte, oder sich bewegte. Da gingen sie wieder fort, und der König sprach zum Löwen »du hast mich belogen, sie gehen ja wie Männer.« Antwortete der Löwe »sie habens gewußt, daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, und haben sich Gewalt angetan. Laß nur einmal zwölf Spinnräder ins Vorzimmer bringen, so werden sie herzukommen und werden sich daran freuen, und das tut kein Mann.« Dem König gefiel der Rat, und er ließ die Spinnräder ins Vorzimmer stellen. Der Diener aber, ders redlich mit den Jägern meinte, ging hin und entdeckte ihnen den Anschlag. Da sprach die Königstochter, als sie allein waren, zu ihren elf Mädchen »tut euch Gewalt an und blickt euch nicht um nach den Spinnrädern.« Wie nun der König am andern Morgen seine zwölf Jäger rufen ließ, so kamen sie durch das Vorzimmer und sahen die Spinnräder gar nicht an. Da sprach der König wiederum zum Löwen »du hast mich belogen, es sind Männer, denn sie haben die Spinnräder nicht angesehen.« Der Löwe antwortete »sie habens gewußt, daß sie sollten auf die Probe gestellt werden, und haben sich Gewalt angetan.« Der König aber wollte dem Löwen nicht mehr glauben. Die zwölf Jäger folgten dem König beständig zur Jagd, und er hatte sie je länger je lieber. Nun geschah es, daß, als sie einmal auf der Jagd waren, Nachricht kam, die Braut des Königs wäre im Anzug. Wie die rechte Braut das hörte, tats ihr so weh, daß es ihr fast das Herz abstieß, und sie ohnmächtig auf die Erde fiel. Der König meinte seinem lieben Jäger sei etwas begegnet, lief hinzu und wollte ihm helfen, und zog ihm den Handschuh aus. Da erblickte er den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und als er ihr in das Gesicht sah, erkannte er sie. Da ward sein Herz so gerührt, daß er sie küßte, und als sie die Augen aufschlug, sprach er »du bist mein und ich bin dein, und kein Mensch auf der Welt kann das ändern.« Zu der andern Braut aber schickte er einen Boten, und ließ sie bitten in ihr Reich zurückzukehren, denn er habe schon eine Gemahlin, und wer einen alten Schlüssel wiedergefunden habe, brauche den neuen nicht. Darauf ward die Hochzeit gefeiert, und der Löwe kam wieder in Gnade, weil er doch die Wahrheit gesagt hatte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="68._De_Gaudeif_un_sien_Meester" 68. &&wt0 {{De Gaudeif un sien Meester.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Jan wull sien Sohn en Hand¬werk leh¬ren loe¬ten, do gonk Jan in de Ker¬ke un bed¬det to us¬sen Herr¬gott wat üm wull se¬lig (zu¬träg¬lich) wö¬re: do steit de Köster ach¬ter dat Alt¬ar un seg »dat Gau¬dei¬fen, dat Gau¬dei¬fen (gau¬die¬ben).« Do geit Jan wier to sien Sohn, he möst dat Gau¬deif¬en leh¬ren, dat hed¬de em us¬se Herr¬gott segt. Geit he met sie¬nen Sohn un sögt sik enen Mann, de dat Gau¬dei¬fen kann. Do goht se ene gan¬ze Tied, kummt in so'n graut Wold, do steit so'n klein Hüs¬ken mot so'ne olle Frau derin; seg Jan »wiet ji nich enen Mann, de dat Gau¬dei¬fen kann?« »Dat känn ji hier wull leh¬ren,« seg de Frau, »mien Sohn is en Meester der¬von.« Do kührt (spricht) he met den Sohn, of he dat Gau¬dei¬fen auk recht kön¬ne? De Gau¬deifs¬mees¬ter seg »ick willt juen Sohn wull leh¬ren, dann kummt övern Johr wier, wann ji dann juen Sohn noch kennt, dann will ick gar kien Lehr¬geld heb¬ben, un ken¬ne ji em nig, dann mü¬ge ji mi twe hun¬nert Dah¬ler gie¬wen.« De Va¬der geit wier noh Hues, un de Sohn leh¬ret gut hexen un gau¬dei¬fen. Asse dat Johr um is, geit de Va¬der al¬le un grient wu he dat an¬fan¬gen will, dat he sie¬nen Sohn kennt. Asse he der so geit un grient, do kümmt em so'n klein Männ¬ken in de Möte (ent¬ge¬gen), dat seg »Mann, wat grien ji? ji sind je so be¬dröft.« »O,« seg Jan, »ick heb¬be mie¬nen Sohn vör en Johr bi en Gau¬deifs¬mees¬ter ver¬met, do se¬de de mig, ick söll övert Johr wier kum¬men, un wann ick dann mie¬nen Sohn nich kenn¬de, dann söll ick em twe hun¬nert Dah¬ler gie¬wen, un wann ick em kenn¬de, dann höf ick nix to gie¬wen; nu sin ick so ban¬ge dat ick em nig ken¬ne, un ick weet nig, wo ick dat Geld her krie¬gen sall.« Do seg dat Männ¬ken, he söll en Körs¬ken Braut met nie¬men, un go¬hen un¬ner den Komin sto¬hen: »do up den Hahl¬baum steit en Körf¬ken, do kiekt en Vü¬gel¬ken uht, dat is jue Sohn.« Do geit Jan hen un schmit en Körs¬ken Schwat¬braut vör den Korf, do kümmt dat Vü¬gel¬ken dar¬uht un blickt der up. »Hol¬la, mien Sohn, bist du hier?« seg de Vader. Do freu¬de sick de Sohn dat he sie¬nen Va¬der sog; awerst de Lehr¬mees¬ter seg »dat het ju de Dü¬vel in gie¬wen, wu könn ji sus juen Sohn ken¬nen?« »Va¬der, loet us gohn« se¬de de Junge. Do will de Va¬der met sie¬nen Sohn nach Hues hen¬gohn, un¬ner¬weges kümmt der ne Kuts¬ke an föh¬ren, do segd de Sohn to sie¬nen Va¬der »ick will mie in enen grau¬ten Wind¬hund ma¬ken, dann künn ji viel Geld met mie ver¬die¬nen.« Do röpt de Heer uht de Kuts¬ke »Mann, will ji den Hund ver¬kau¬pen?« »Jau,« se¬de de Va¬der. »Wu viel Geld will ji den vör heb¬ben?« »Der¬tig Dah¬ler.« »Je, Mann, dat is je viel, men we¬gen dat et so'n eis¬licke roh¬ren Ruen (ge¬wal¬tig schö¬ner Rü¬de) is, so will ick en be¬hollen.« De Heer nimmt en in sie¬ne Kuts¬ke, as¬se de en lück (we¬nig) weg¬föhrt is, do sprinkt de Hund uht den Wa¬gen dör de Gla¬se, un do was he kien Wind¬hund mehr un was wier bie sie¬nen Va¬der. Do goht sie to¬sa¬men noh Hues. Den an¬nern Dag is in dat neigste Dorb Markt, do seg de Jun¬ge to sie¬nen Va¬der »ick will mie nu in en schön Perd ma¬ken, dann ver¬kau¬pet mie; awerst wann ji mie ver¬kau¬pet, do möt ji mi den Taum ut¬trec¬ken, süs kann ick kien Mensk wier we¬ren.« Do treckt de Va¬der met dat Perd noh't Markt, do kümmt de Gau¬deifs¬mees¬ter un köft dat Perd för hun¬nert Dah¬ler, un de Va¬der ver¬get un treckt em den Taum nig uht. Do treckt de Mann met das Perd noh Hues, un doet et in en Stall. Asse de Magd öwer de Deh¬le geit, do segt dat Perd »tüh mie den Taum uht, tüh mie den Taum uht.« Do steiht de Magd un lus¬tert, »je, kannst du küh¬ren?« Geit hen un tüht em den Taum uht, do werd dat Perd en Lün¬ing (Sper¬ling), un flügt öwer de Döh¬re, un de Hexen¬mees¬ter auk en Lün¬ing, un flügt em noh. Do kümmt se bie ene (zu¬sam¬men), un bie¬tet sick, awerst de Mees¬ter ver¬spielt un mäk sick in't Water, un is en Fisk. Do werd de Jun¬ge auk en Fisk, un se bie¬tet sick wier, dat de Mees¬ter ver¬spie¬len mot. Do mäk sick de Mees¬ter in en Hohn, un de Jun¬ge werd en Voß un bitt den Mees¬ter den Kopp af; do is he stor¬wen un liegt daut bes up düs¬sen Dag.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="69._Jorinde_und_Joringel" 69. Jorinde und Joringel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein altes Schloß mitten in einem großen dicken Wald, darinnen wohnte eine alte Frau ganz allein, das war eine Erzzauberin. Am Tage machte sie sich zur Katze oder zur Nachteule, des Abends aber wurde sie wieder ordentlich wie ein Mensch gestaltet. Sie[[1]] konnte das Wild und die Vögel herbei locken, und dann schlachtete sie, kochte und briet es. Wenn Jemand auf hundert Schritte dem Schloß nahe kam, so mußte er stille stehen und konnte sich nicht von der Stelle bewegen, bis sie ihn los sprach: wenn aber eine keusche Jungfrau in diesen Kreis kam, so verwandelte sie dieselbe in einen Vogel, und sperrte sie dann in einen Korb ein, und trug den Korb in eine Kammer des Schlosses. Sie[[1]] hatte wohl sieben tausend solcher Körbe mit so raren Vögeln im Schlosse. Nun war einmal eine Jungfrau, die hieß Jorinde: sie war schöner als alle andere Mädchen. Die, und dann ein gar schöner Jüngling, Namens Joringel, hatten sich zusammen versprochen. Sie[[1]] waren in den Brauttagen und sie hatten ihr größtes Vergnügen eins am andern. Damit sie nun einsmalen vertraut zusammen reden könnten, gingen sie in den Wald spazieren. »Hüte dich,« sagte Joringel, »daß du nicht so nahe ans Schloß kommst.« Es war ein schöner Abend, die Sonne schien zwischen den Stämmen der Bäume hell ins dunkle Grün des Waldes, und die Turteltaube sang kläglich auf den alten Maibuchen. Jorinde weinte zuweilen, setzte sich hin im Sonnenschein und klagte; Joringel klagte auch. Sie[[1]] waren so bestürzt, als wenn sie hätten sterben sollen: sie sahen sich um, waren irre und wußten nicht wohin sie nach Hause gehen sollten. Noch halb stand die Sonne über dem Berg und halb war sie unter. Joringel sah durchs Gebüsch und sah die alte Mauer des Schlosses nah bei sich; er erschrak und wurde totbang. Jorinde sang »mein Vöglein mit dem Ringlein rot singt Leide, Leide, Leide: es singt dem Täubelein seinen Tod, singt Leide, Lei — zucküt, zicküt, zicküt.« Joringel sah nach Jorinde. Jorinde war in eine Nachtigall verwandelt, die sang »zicküt, zicküt.« Eine Nachteule mit glühenden Augen flog dreimal um sie herum und schrie dreimal »schu, hu, hu, hu.« Joringel konnte sich nicht regen: er stand da wie ein Stein, konnte nicht weinen, nicht reden, nicht Hand noch Fuß regen. Nun war die Sonne unter: die Eule flog in einen Strauch, und gleich darauf kam eine alte krumme Frau aus diesem hervor, gelb und mager: große rote Augen, krumme Nase, die mit der Spitze ans Kinn reichte. Sie[[1]] murmelte, fing die Nachtigall und trug sie auf der Hand fort. Joringel konnte nichts sagen, nicht von der Stelle kommen; die Nachtigall war fort. Endlich kam das Weib wieder und sagte mit dumpfer Stimme »grüß dich, Zachiel {{[Zachiel]}}, wenns Möndel {{[Möndel]}} ins Körbel scheint, bind los, Zachiel, zu guter Stund.« Da wurde Joringel los. Er fiel vor dem Weib auf die Knie und bat sie möchte ihm seine Jorinde wieder geben, aber sie sagte er sollte sie nie wieder haben, und ging fort. Er rief, er weinte, er jammerte, aber alles umsonst. »Uu, was soll mir geschehen?« Joringel ging fort und kam endlich in ein fremdes Dorf: da hütete er die Schafe lange Zeit. Oft ging er rund um das Schloß herum, aber nicht zu nahe dabei. Endlich träumte er einmal des Nachts er fände eine blutrote Blume, in deren Mitte eine schöne große Perle war. Die Blume brach er ab, ging damit zum Schlosse: alles, was er mit der Blume berührte, ward von der Zauberei frei: auch träumte er, er hätte seine Jorinde dadurch wieder bekommen. Des Morgens, als er erwachte, fing er an durch Berg und Tal zu suchen ob er eine solche Blume fände: er suchte bis an den neunten Tag, da fand er die blutrote Blume am Morgen früh. In der Mitte war ein großer Tautropfe, so groß wie die schönste Perle. Diese Blume trug er Tag und Nacht bis zum Schloß. Wie er auf hundert Schritt nahe bis zum Schloß kam, da ward er nicht fest, sondern ging fort bis ans Tor. Joringel freute sich hoch, berührte die Pforte mit der Blume, und sie sprang auf. Er ging hinein, durch den Hof, horchte wo er die vielen Vögel vernähme: endlich hörte ers. Er ging und fand den Saal, darauf war die Zauberin und fütterte die Vögel in den sieben tausend Körben. Wie sie den Joringel sah, ward sie bös, sehr bös, schalt, spie Gift und Galle gegen ihn aus, aber sie konnte auf zwei Schritte nicht an ihn kommen. Er kehrte sich nicht an sie und ging, besah die Körbe mit den Vögeln; da waren aber viele hundert Nachtigallen, wie sollte er nun seine Jorinde wieder finden? Indem er so zusah, daß die Alte heimlich ein Körbchen mit einem Vogel wegnahm und damit nach der Türe ging. Flugs sprang er hinzu, berührte das Körbchen mit der Blume und auch das alte Weib: nun konnte sie nichts mehr zaubern, und Jorinde stand da, hatte ihn um den Hals gefaßt, so schön wie sie ehemals war. Da machte er auch alle die andern Vögel wieder zu Jungfrauen, und da ging er mit seiner Jorinde nach Hause, und sie lebten lange vergnügt zusammen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="70._Die_drei_Glückskinder" 70. Die drei Glückskinder. &&ax &&lg=x &&fe Ein Vater ließ einmal seine drei Söhne vor sich kommen und schenkte dem ersten einen Hahn, dem zweiten eine Sense, dem dritten eine Katze. »Ich bin schon alt,« sagte er, »und mein Tod ist nah, da wollte ich euch vor meinem Ende noch versorgen. Geld hab ich nicht, und was ich euch jetzt gebe, scheint wenig wert, es kommt aber bloß darauf an, daß ihr es verständig anwendet: sucht euch nur ein Land, wo dergleichen Dinge noch unbekannt sind, so ist euer Glück gemacht.« Nach dem Tode des Vaters ging der älteste mit seinem Hahn aus, wo er aber hinkam, war der Hahn schon bekannt: in den Städten sah er ihn schon von weitem auf den Türmen sitzen, und sich mit dem Wind umdrehen, in den Dörfern hörte er mehr als einen krähen, und niemand wollte sich über das Tier wundern, so daß es nicht das Ansehn hatte, als würde er sein Glück damit machen. Endlich aber geriets ihm doch, daß er auf eine Insel kam, wo die Leute nichts von einem Hahn wußten, sogar ihre Zeit nicht einzuteilen verstanden. Sie[[1]] wußten wohl wenns Morgen oder Abend war, aber Nachts, wenn sies nicht verschliefen, wußte sich keiner aus der Zeit herauszufinden. »Seht,« sprach er, »was für ein stolzes Tier, es hat eine rubinrote Krone auf dem Kopf, und trägt Sporn wie ein Ritter: es ruft euch des Nachts dreimal zu bestimmter Zeit an, und wenns das letztemal ruft, so geht die Sonne bald auf. Wenns aber bei hellem Tag ruft, so richtet euch darauf ein, dann gibts gewiss anderes Wetter.« Den Leuten gefiel das wohl, sie schliefen eine ganze Nacht nicht und hörten mit großer Freude wie der Hahn um zwei vier und sechs Uhr laut und vernehmlich die Zeit abrief. Sie[[1]] fragten ihn ob das Tier nicht feil wäre und wieviel er dafür verlangte. »Etwa so viel, als ein Esel Gold trägt,« antwortete er. »Ein Spottgeld für ein so kostbares Tier« riefen sie insgesammt und gaben ihm gerne was er gefordert hatte. Als er mit dem Reichtum heim kam, verwunderten sich seine Brüder, und der zweite sprach »so will ich mich doch aufmachen und sehen ob ich meine[[Besitz]] Sense auch so gut losschlagen kann.« Es hatte aber nicht das Ansehen danach, denn überall begegneten ihm Bauern und hatten so gut eine Sense auf der Schulter als er. Doch zuletzt glückte es ihm auch auf einer Insel, wo die Leute nichts von einer Sense wußten. Wenn dort das Korn reif war, so fuhren sie Kanonen vor den Feldern auf, und schossens herunter. Das war nun ein ungewisses Ding, mancher schoß drüber hinaus, ein anderer traf statt des Halms die Ähren, und schoß sie fort, dabei ging viel zu Grund, und obendrein gabs einen lästerlichen Lärmen. Da stellte sich der Mann hin und mähte es so still und so geschwind nieder, daß die Leute Maul und Nase vor Verwunderung aufsperrten. Sie[[1]] waren willig ihm dafür zu geben was er verlangte, und er bekam ein Pferd, dem war Gold aufgeladen, so viel es tragen konnte. Nun wollte der dritte Bruder seine Katze auch an den rechten Mann bringen. Es ging ihm wie den andern, so lange er auf dem festen Lande blieb, war nichts auszurichten, es gab aller Orten Katzen, und waren ihrer so viel, daß die neugebornen Jungen meist im Wasser ersäuft wurden. Endlich ließ er sich auf eine Insel überschiffen, und es traf sich glücklicherweise, daß dort noch niemals eine gesehen war und doch die Mäuse so überhand genommen hatten, daß sie auf den Tischen und Bänken tanzten, der Hausherr mochte daheim sein oder nicht. Die Leute jammerten gewaltig über die Plage, der König selbst wußte sich in seinem Schlosse nicht dagegen zu retten: in allen Ecken pfiffen Mäuse und zernagten was sie mit ihren Zähnen nur packen konnten. Da fing nun die Katze ihre Jagd an und hatte bald ein paar Säle gereinigt, und die Leute baten den König das Wundertier für das Reich zu kaufen. Der König gab gerne was gefordert wurde, das war ein mit Gold beladener Maulesel, und der dritte Bruder kam mit den allergrößten Schätzen heim. Die Katze machte sich in dem königlichen Schlosse mit den Mäusen eine rechte Lust und biss so viele tot daß sie nicht mehr zu zählen waren. Endlich ward ihr von der Arbeit heiß, und sie bekam Durst: da blieb sie stehen, drehte den Kopf in die Höhe und schrie »miau, miau.« Der König sammt allen seinen Leuten, als sie das seltsame Geschrei vernahmen, erschraken und liefen in ihrer Angst sämmtlich zum Schloß hinaus. Unten hielt der König Rat, was zu tun das beste wäre; zuletzt ward beschlossen einen Herold an die Katze abzuschicken und sie aufzufordern das Schloß zu verlassen, oder zu gewärtigen daß Gewalt gegen sie gebraucht würde. Die Räte sagten »lieber wollen wir uns von den Mäusen plagen lassen, an das Übel sind wir gewöhnt, als unser Leben einem solchen Untier Preis geben.« Ein Edelknabe mußte hinauf gehen und die Katze fragen »ob sie das Schloß gutwillig räumen wollte?« Die Katze aber, deren Durst nur noch größer geworden war, antwortete bloß »miau, miau.« Der Edelknabe verstand »durchaus, durchaus nicht,« und überbrachte dem König die Antwort. »Nun,« sprachen die Räte, »soll sie der Gewalt weichen.« Es wurden Kanonen aufgeführt und das Haus in Brand geschossen. Als das Feuer in den Saal kam wo die Katze saß, sprang sie glücklich zum Fenster hinaus; die Belagerer hörten aber nicht eher auf, als bis das ganze Schloß in Grund und Boden geschossen war. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="71._Sechse_kommen_durch_die_ganze_Welt" 71. Sechse kommen durch die ganze Welt. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Mann, der verstand allerlei Künste: er diente im Krieg, und hielt sich brav und tapfer, aber als der Krieg zu Ende war, bekam er den Abschied und drei Heller Zehrgeld auf den Weg. »Wart,« sprach er, »das laß ich mir nicht gefallen, finde ich die rechten Leute, so soll mir der König noch die Schätze des ganzen Landes heraus geben.« Da ging er voll Zorn in den Wald, und sah einen darin stehen, der hatte sechs Bäume ausgerupft, als wärens Kornhalme. Sprach er zu ihm »willst du mein Diener sein und mit mir ziehen?« »Ja,« antwortete er, »aber erst will ich meiner Mutter das Wellchen Holz heimbringen,« und nahm einen von den Bäumen, und wickelte ihn um die fünf andern, hob die Welle auf die Schulter und trug sie fort. Dann kam er wieder, und ging mit seinem Herrn, der sprach »wir zwei sollten wohl durch die ganze Welt kommen.« Und als sie ein Weilchen gegangen waren, fanden sie einen Jäger, der lag auf den Knien, hatte die Büchse angelegt und zielte. Sprach der Herr zu ihm »Jäger, was willst du schießen?« Er antwortete »zwei Meilen von hier sitzt eine Fliege auf dem Ast eines Eichbaums, der will ich das linke Auge heraus schießen.« »O, geh mit mir,« sprach der Mann, »wenn wir drei zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.« Der Jäger war bereit und ging mit ihm, und sie kamen zu sieben Windmühlen, deren Flügel trieben ganz hastig herum, und ging doch links und rechts kein Wind, und bewegte sich kein Blättchen. Da sprach der Mann »ich weis nicht, was die Windmühlen treibt, es regt sich ja kein Lüftchen,« und ging mit seinen Dienern weiter, und als sie zwei Meilen fortgegangen waren, sahen sie einen auf einem Baum sitzen, der hielt das eine Nasenloch zu und blies aus dem andern. »Mein, was treibst du da oben?« fragte der Mann. Er antwortete »zwei Meilen von hier stehen sieben Windmühlen, seht, die blase ich an, daß sie laufen.« »O, geh mit mir,« sprach der Mann, »wenn wir vier zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.« Da stieg der Bläser herab und ging mit, und über eine Zeit sahen sie einen, der stand da auf einem Bein, und hatte das andere abgeschnallt und neben sich gelegt. Da sprach der Herr »du hast dirs ja bequem gemacht zum Ausruhen.« »Ich bin ein Laufer,« antwortete er, »und damit ich nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; wenn ich mit zwei Beinen laufe, so gehts geschwinder als ein Vogel fliegt.« »O, geh mit mir, wenn wir fünf zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.« Da ging er mit, und gar nicht lang, so begegneten sie einem, der hatte ein Hütchen auf, hatte es aber ganz auf dem einen Ohr sitzen. Da sprach der Herr zu ihm »manierlich! manierlich! häng deinen Hut doch nicht auf ein Ohr, du siehst ja aus wie ein Hans Narr.« »Ich darfs nicht tun,« sprach der andere, »denn setz ich meinen[[Besitz]] Hut gerad, so kommt ein gewaltiger Frost, und die Vögel unter dem Himmel erfrieren und fallen tot zur Erde.« »O, geh mit mir,« sprach der Herr, »wenn wir sechs zusammen sind, sollten wir wohl durch die ganze Welt kommen.« Nun gingen die sechse in eine Stadt, wo der König hatte bekannt machen lassen wer mit seiner Tochter in die Wette laufen wollte, und den Sieg davon trüge, der sollte ihr Gemahl werden; wer aber verlöre, müßte auch seinen Kopf hergeben. Da meldete sich der Mann, und sprach »ich will aber meinen[[Besitz]] Diener für mich laufen lassen.« Der König antwortete »dann mußt du auch noch dessen Leben zum Pfand setzen, also daß sein und dein Kopf für den Sieg haften.« Als das verabredet und fest gemacht war, schnallte der Mann dem Laufer das andere Bein an und sprach zu ihm »nun sei hurtig und hilf daß wir siegen.« Es war aber bestimmt, daß wer am ersten Wasser aus einem weit abgelegenen Brunnen brächte, der sollte Sieger sein. Nun bekam der Laufer einen Krug, und die Königstochter auch einen, und sie fingen zu gleicher Zeit zu laufen an: aber in einem Augenblick, als die Königstochter erst eine kleine Strecke fort war, konnte den Laufer schon kein Zuschauer mehr sehen, und es war nicht anders, als wäre der Wind vorbei gesaust. In kurzer Zeit langte er bei dem Brunnen an, schöpfte den Krug voll Wasser und kehrte wieder um. Mitten aber auf dem Heimweg überkam ihn eine Müdigkeit, da setzte er den Krug hin, legte sich nieder, und schlief ein. Er hatte aber einen Pferdeschädel, der da auf der Erde lag, zum Kopfkissen gemacht, damit er hart läge, und bald wieder erwachte. Indessen war die Königstochter, die auch gut laufen konnte, so gut es ein gewöhnlicher Mensch vermag, bei dem Brunnen angelangt, und eilte mit ihrem Krug voll Wasser zurück; und als sie den Laufer da liegen und schlafen sah, war sie froh und sprach »der Feind ist in meine[[Besitz]] Hände gegeben,« leerte seinen Krug aus und sprang weiter. Nun wär alles verloren gewesen, wenn nicht zu gutem Glück der Jäger mit seinen scharfen Augen oben auf dem Schloß gestanden und alles mit angesehen hätte. Da sprach er »die Königstochter soll doch gegen uns nicht aufkommen,« lud seine Büchse und schoß so geschickt, daß er dem Laufer den Pferdeschädel unter dem Kopf wegschoß ohne ihm weh zu tun. Da erwachte der Laufer, sprang in die Höhe und sah daß sein Krug leer und die Königstochter schon weit voraus war. Aber er verlor den Mut nicht, lief mit dem Krug wieder zum Brunnen zurück, schöpfte aufs neue Wasser und war noch zehn Minuten eher als die Königstochter daheim. »Seht ihr,« sprach er, »jetzt hab ich erst die Beine aufgehoben, vorher wars gar kein Laufen zu nennen.« Den König aber kränkte es, und seine Tochter noch mehr, daß sie so ein gemeiner abgedankter Soldat davon tragen sollte; sie ratschlagten mit einander wie sie ihn sammt seinen Gesellen los würden. Da sprach der König zu ihr »ich habe ein Mittel gefunden, laß dir nicht bang sein, sie sollen nicht wieder heim kommen.« Und sprach zu ihnen »ihr sollt euch nun zusammen lustig machen, essen und trinken« und führte sie zu einer Stube, die hatte einen Boden von Eisen, und die Türen waren auch von Eisen, und die Fenster waren mit eisernen Stäben verwahrt. In der Stube war eine Tafel mit köstlichen Speisen besetzt, da sprach der König zu ihnen »geht hinein, und laßts euch wohl sein.« Und wie sie darinnen waren, ließ er die Türe verschließen und verriegeln. Dann ließ er den Koch kommen, und befahl ihm ein Feuer so lang unter die Stube zu machen, bis das Eisen glühend würde. Das tat der Koch, und es fing an und ward den sechsen in der Stube, während sie an der Tafel saßen, ganz warm, und sie meinten das käme vom Essen; als aber die Hitze immer größer ward und sie hinaus wollten, Türe und Fenster aber verschlossen fanden, da merkten sie daß der König Böses im Sinne gehabt hatte und sie ersticken wollte. »Es soll ihm aber nicht gelingen,« sprach der mit dem Hütchen, »ich will einen Frost kommen lassen, vor dem sich das Feuer schämen und verkriechen soll.« Da setzte er sein Hütchen gerade, und alsobald fiel ein Frost daß alle Hitze verschwand und die Speisen auf den Schüsseln anfingen zu frieren. Als nun ein paar Stunden herum waren, und der König glaubte sie wären in der Hitze verschmachtet, ließ er die Türe öffnen und wollte selbst nach ihnen sehen. Aber wie die Türe aufging, standen sie alle sechse da, frisch und gesund, und sagten es wäre ihnen lieb daß sie heraus könnten, sich zu wärmen, denn bei der großen Kälte in der Stube frören die Speisen an den Schüsseln fest. Da ging der König voll Zorn hinab zu dem Koch, schalt ihn und fragte warum er nicht getan hätte was ihm wäre befohlen worden. Der Koch aber antwortete »es ist Glut genug da, seht nur selbst.« Da sah der König daß ein gewaltiges Feuer unter der Eisenstube brannte, und merkte daß er den sechsen auf diese Weise nichts anhaben könnte. Nun sann der König aufs neue wie er der bösen Gäste los würde, ließ den Meister kommen und sprach »willst du Gold nehmen, und dein Recht auf meine[[Besitz]] Tochter aufgeben, so sollst du haben so viel du willst.« »O ja, Herr König,« antwortete er, »gebt mir so viel als mein Diener tragen kann, so verlange ich eure Tochter nicht.« Das war der König zufrieden, und jener sprach weiter »so will ich in vierzehn Tagen kommen und es holen.« Darauf rief er alle Schneider aus dem ganzen Reich herbei, die mußten vierzehn Tage lang sitzen und einen Sack nähen. Und als er fertig war, mußte der Starke, welcher Bäume ausrupfen konnte, den Sack auf die Schulter nehmen und mit ihm zu dem König gehen. Da sprach der König »was ist das für ein gewaltiger Kerl, der den hausgroßen Ballen Leinewand auf der Schulter trägt?« erschrak und dachte »was wird der für Gold wegschleppen!« Da hieß er eine Tonne Gold herbringen, die mußten sechzehn der stärksten Männer tragen, aber der Starke packte sie mit einer Hand, steckte sie in den Sack und sprach »warum bringt ihr nicht gleich mehr, das deckt ja kaum den Boden.« Da ließ der König nach und nach seinen ganzen Schatz herbeitragen, den schob der Starke in den Sack hinein, und der Sack ward davon noch nicht zur Hälfte voll. »Schafft mehr herbei,« rief er, »die paar Brocken füllen nicht.« Da mußten noch siebentausend Wagen mit Gold in dem ganzen Reich zusammen gefahren werden: die schob der Starke sammt den vorgespannten Ochsen in seinen Sack. »Ich wills nicht lange besehen,« sprach er, »und nehmen was kommt, damit der Sack nur voll wird.« Wie alles darin stack, ging doch noch viel hinein, da sprach er »ich will dem Ding nur ein Ende machen, man bindet wohl einmal einen Sack zu, wenn er auch noch nicht voll ist.« Dann huckte er ihn auf den Rücken und ging mit seinen Gesellen fort. Als der König nun sah wie der einzige Mann des ganzen Landes Reichtum forttrug, ward er zornig und ließ seine Reiterei aufsitzen, die sollten den sechsen nachjagen, und hatten Befehl dem Starken den Sack wieder abzunehmen. Zwei Regimenter holten sie bald ein, und riefen ihnen zu »ihr seid Gefangene, legt den Sack mit dem Gold nieder, oder ihr werdet zusammengehauen.« »Was sagt ihr?« sprach der Bläser, »wir wären Gefangene? eher sollt ihr sämmtlich in der Luft herumtanzen,« hielt das eine Nasenloch zu und blies mit dem andern die beiden Regimenter an, da fuhren sie aus einander und in die blaue Luft über alle Berge weg, der eine hierhin, der andere dorthin. Ein Feldwebel rief um Gnade, er hätte neun Wunden und wäre ein braver Kerl, der den Schimpf nicht verdiente. Da ließ der Bläser ein wenig nach, so daß er ohne Schaden wieder herab kam, dann sprach er zu ihm »nun geh heim zum König und sag er sollte nur noch mehr Reiterei schicken, ich wollte sie alle in die Luft blasen.« Der König, als er den Bescheid vernahm, sprach »laßt die Kerle gehen, die haben etwas an sich.« Da brachten die sechs den Reichtum heim, teilten ihn unter sich und lebten vergnügt bis an ihr Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="72._Der_Wolf_und_der_Mensch" 72. Der Wolf und der Mensch. &&ax &&lg=x &&fe Der Fuchs erzählte einmal dem Wolf von der Stärke des Menschen, kein Tier könnte ihm widerstehen, und sie müßten List gebrauchen, um sich vor ihm zu erhalten. Da antwortete der Wolf »wenn ich nur einmal einen Menschen zu sehen bekäme, ich wollte doch auf ihn losgehen.« »Dazu kann ich dir helfen,« sprach der Fuchs, »komm nur morgen früh zu mir, so will ich dir einen zeigen.« Der Wolf stellte sich frühzeitig ein, und der Fuchs brachte ihn hinaus auf den Weg, den der Jäger alle Tage ging. Zuerst kam ein alter abgedankter Soldat. »Ist das ein Mensch?« fragte der Wolf. »Nein,« antwortete der Fuchs, »das ist einer gewesen.« Danach kam ein kleiner Knabe, der zur Schule wollte. »Ist das ein Mensch?« »Nein, das will erst einer werden.« Endlich kam der Jäger, die Doppelflinte auf dem Rücken, und den Hirschfänger an der Seite. Sprach der Fuchs zum Wolf »siehst du, dort kommt ein Mensch, auf den mußt du losgehen, ich aber will mich fort in meine[[Besitz]] Höhle machen.« Der Wolf ging nun auf den Menschen los, der Jäger, als er ihn erblickte, sprach »es ist Schade, daß ich keine Kugel geladen habe,« legte an und schoß dem Wolf das Schrot ins Gesicht. Der Wolf verzog das Gesicht gewaltig, doch ließ er sich nicht schrecken und ging vorwärts: da gab ihm der Jäger die zweite Ladung. Der Wolf verbiss den Schmerz und rückte dem Jäger zu Leibe: da zog dieser seinen blanken Hirschfänger und gab ihm links und rechts ein paar Hiebe, daß er, über und über blutend, mit Geheul zu dem Fuchs zurück lief. »Nun, Bruder Wolf,« sprach der Fuchs, »wie bist du mit dem Menschen fertig worden?« »Ach,« antwortete der Wolf, »so hab ich mir die Stärke des Menschen nicht vorgestellt, erst nahm er einen Stock von der Schulter und blies hinein, da flog mir etwas ins Gesicht, das hat mich ganz entsetzlich gekitzelt: danach pustete er noch einmal in den Stock, da flog mirs um die Nase, wie Blitz und Hagelwetter, und wie ich ganz nah war, da zog er eine blanke Rippe aus dem Leib, damit hat er so auf mich losgeschlagen, daß ich beinah tot wäre liegen geblieben.« »Siehst du,« sprach der Fuchs, »was du für ein Prahlhans bist: du wirfst das Beil so weit, daß dus nicht wieder holen kannst.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="73._Der_Wolf_und_der_Fuchs" 73. Der Wolf und der Fuchs. &&ax &&lg=x &&fe Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das mußte der Fuchs tun, weil er der schwächste war, und der Fuchs wär gerne des Herrn los gewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den Wald gingen, da sprach der Wolf »Rotfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.« Da antwortete der Fuchs »ich weis einen Bauernhof, wo ein paar junge Lämmlein sind, hast du Lust, so wollen wir eins holen.« Dem Wolf war das recht, sie gingen hin, und der Fuchs stahl das Lämmlein, brachte es dem Wolf und machte sich fort. Da fraß es der Wolf auf, war aber damit noch nicht zufrieden, sondern wollte das andere dazu haben, und ging es zu holen. Weil er es aber so ungeschickt machte, ward es die Mutter vom Lämmlein gewahr und fing an entsetzlich zu schreien und zu bläen, daß die Bauern herbeigelaufen kamen. Da fanden sie den Wolf und schlugen ihn so erbärmlich, daß er hinkend und heulend bei dem Fuchs ankam. »Du hast mich schön angeführt,« sprach er, »ich wollte das andere Lamm holen, da haben mich die Bauern erwischt und haben mich weich geschlagen.« Der Fuchs antwortete »warum bist du so ein Nimmersatt.« Am andern Tag gingen sie wieder ins Feld, sprach der gierige Wolf abermals »Rotfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.« Da antwortete der Fuchs »ich weis ein Bauernhaus, da backt die Frau heut Abend Pfannkuchen, wir wollen uns davon holen.« Sie[[1]] gingen hin, und der Fuchs schlich ums Haus herum, guckte und schnupperte so lange, bis er ausfindig machte wo die Schüssel stand, zog dann sechs Pfannkuchen herab und brachte sie dem Wolf. »Da hast du zu fressen,« sprach er zu ihm und ging seiner Wege. Der Wolf hatte die Pfannkuchen in einem Augenblick hinunter geschluckt und sprach »sie schmecken nach mehr,« ging hin und riss geradezu die ganze Schüssel herunter, daß sie in Stücke zersprang. Da gabs einen gewaltigen Lärm, daß die Frau herauskam, und als sie den Wolf sah, rief sie die Leute, die eilten herbei und schlugen ihn was Zeug wollte halten, daß er mit zwei lahmen Beinen laut heulend zum Fuchs in den Wald hinaus kam. »Was hast du mich garstig angeführt!« rief er, »die Bauern haben mich erwischt und mir die Haut gegerbt.« Der Fuchs aber antwortete »warum bist du so ein Nimmersatt.« Am dritten Tag, als sie beisammen draußen waren, und der Wolf mit Mühe nur forthinkte, sprach er doch wieder »Rotfuchs, schaff mir was zu fressen, oder ich fresse dich selber auf.« Der Fuchs antwortete »ich weis einen Mann, der hat geschlachtet, und das gesalzene Fleisch liegt in einem Faß im Keller, das wollen wir holen.« Sprach der Wolf »aber ich will gleich mitgehen, damit du mir hilfst, wenn ich nicht fort kann.« »Meinetwegen,« sagte der Fuchs, und zeigte ihm die Schliche und Wege, auf welchen sie endlich in den Keller gelangten. Da war nun Fleisch im Überfluß, und der Wolf machte sich gleich daran und dachte »bis ich aufhöre, hats Zeit.« Der Fuchs ließ sichs auch gut schmecken, blickte überall herum, lief aber oft zu dem Loch, durch welches sie gekommen waren und versuchte ob sein Leib noch schmal genug wäre durchzuschlüpfen. Sprach der Wolf »lieber Fuchs, sag mir warum rennst du so hin und her, und springst hinaus und herein?« »Ich muß doch sehen, ob niemand kommt,« antwortete der listige, »friss nur nicht zu viel.« Da sagte der Wolf »ich gehe nicht eher fort, als bis das Faß leer ist.« Indem kam der Bauer, der den Lärm von des Fuchses Sprüngen gehört hatte, in den Keller. Der Fuchs, wie er ihn sah, war mit einem Satz zum Loch draußen: der Wolf wollte nach, aber er hatte sich so dick gefressen, daß er nicht mehr durch konnte, sondern stecken blieb. Da kam der Bauer mit einem Knüppel und schlug ihn tot. Der Fuchs aber sprang in den Wald und war froh daß er den alten Nimmersatt los war. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="74._Der_Fuchs_und_die_Frau_Gevatterin" 74. Der Fuchs und die Frau Gevatterin. &&ax &&lg=x &&fe Die Wölfin brachte ein Junges zur Welt und ließ den Fuchs zu Gevatter einladen. »Er ist doch nahe mit uns verwandt,« sprach sie, »hat einen guten Verstand und viel Geschicklichkeit, er kann mein Söhnlein unterrichten und ihm in der Welt forthelfen.« Der Fuchs erschien auch ganz ehrbar und sprach »liebwerte Frau Gevatterin, ich danke euch für die Ehre, die ihr mir erzeigt, ich will mich aber auch so halten, daß ihr eure Freude daran haben sollt.« Bei dem Fest ließ er sichs schmecken und machte sich ganz lustig, hernach sagte er »liebe Frau Gevatterin, es ist unsere Pflicht, für das Kindlein zu sorgen, ihr müßt gute Nahrung haben, damit es auch zu Kräften kommt. Ich weis einen Schafstall, woraus wir leicht ein gutes Stück holen können.« Der Wölfin gefiel das Liedlein, und sie ging mit dem Fuchs hinaus nach dem Bauernhof. Er zeigte ihr den Stall aus der Ferne und sprach »dort werdet ihr ungesehen hineinkriechen können, ich will mich derweil auf der andern Seite umsehen, ob ich etwa ein Hühnlein erwische.« Er ging aber nicht hin, sondern ließ sich am Eingang des Waldes nieder, streckte die Beine und ruhte sich. Die Wölfin kroch in den Stall, da lag ein Hund und machte Lärm, so daß die Bauern gelaufen kamen, die Frau Gevatterin ertappten und eine scharfe Lauge von ungebrannter Asche über ihr Fell gossen. Endlich entkam sie doch und schleppte sich hinaus: da lag der Fuchs, tat ganz kläglich und sprach »ach, liebe Frau Gevatterin, wie ist mirs schlimm ergangen! die Bauern haben mich überfallen und mir alle Glieder zerschlagen, wenn ihr nicht wollt daß ich auf dem Platz liegen bleiben und verschmachten soll, so müßt ihr mich forttragen.« Die Wölfin konnte selbst nur langsam fort, doch hatte sie große Sorge für den Fuchs, daß sie ihn auf ihren Rücken nahm, und den ganz gesunden und heilen Gevatter langsam bis zu ihrem Haus trug. Da rief er ihr zu »lebt wohl, liebe Frau Gevatterin, und laßt euch den Braten wohl bekommen,« lachte sie gewaltig aus und sprang fort. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="75._Der_Fuchs_und_die_Katze" 75. Der Fuchs und die Katze. &&ax &&lg=x &&fe Es trug sich zu, daß die Katze in einem Walde dem Herrn Fuchs begegnete, und weil sie dachte »er ist gescheit und wohl erfahren, und gilt viel in der Welt,« so sprach sie ihm freundlich zu. »Guten Tag, lieber Herr Fuchs, wie gehts? wie stehts? wie schlagt ihr euch durch in dieser teuren Zeit?« Der Fuchs, alles Hochmutes voll, betrachtete die Katze von Kopf bis zu Füßen und wußte lange nicht ob er eine Antwort geben sollte. Endlich sprach er »O du armseliger Bartputzer, du buntscheckiger Narr, du Hungerleider und Mäusejäger, was kommt dir in den Sinn? du unterstehst dich zu fragen wie mirs gehe? was hast du gelernt? wie viel Künste verstehst du?« »Ich verstehe nur eine einzige« antwortete bescheidentlich die Katze. »Was ist das für eine Kunst?« fragte der Fuchs. »Wenn die Hunde hinter mir her sind, so kann ich auf einen Baum springen und mich retten.« »Ist das alles?« sagte der Fuchs, »ich bin Herr über hundert Künste und habe überdies noch einen Sack voll Liste. Du jammerst mich, komm mit mir, ich will dich lehren wie man den Hunden entgeht.« Indem kam ein Jäger mit vier Hunden daher. Die Katze sprang behend auf einen Baum und setzte sich in den Gipfel, wo Äste und Laubwerk sie völlig verbargen. »Bindet den Sack auf, Herr Fuchs, bindet den Sack auf,« rief ihm die Katze zu, aber die Hunde hatten ihn schon gepackt und hielten ihn fest. »Ei, Herr Fuchs,« rief die Katze, »ihr bleibt mit euern hundert Künsten stecken. Hättet ihr heraufkriechen können wie ich, so wärs nicht um euer Leben geschehen.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="76._Die_Nelke" 76. Die Nelke. &&ax &&lg=x &&fe Es war eine Königin, die hatte unser Herr Gott verschlossen, daß sie keine Kinder gebar. Da ging sie alle Morgen in den Garten und bat zu Gott im Himmel er möchte ihr einen Sohn oder eine Tochter bescheren. Da kam ein Engel vom Himmel und sprach »gib dich zufrieden, du sollst einen Sohn haben mit wünschlichen Gedanken, denn was er sich wünscht auf der Welt, das wird er erhalten.« Sie[[1]] ging zum König und sagte ihm die fröhliche Botschaft, und als die Zeit herum war, gebar sie einen Sohn, und der König war in großer Freude. Nun ging sie alle Morgen mit dem Kind in den Tiergarten, und wusch sich da bei einem klaren Brunnen. Es geschah einstmals, als das Kind schon ein wenig älter war, daß es ihr auf dem Schoß lag, und sie entschlief. Da kam der alte Koch, der wußte daß das Kind wünschliche Gedanken hatte, und raubte es, und nahm ein Huhn und zerriss es, und tropfte ihr das Blut auf die Schürze und das Kleid. Da trug er das Kind fort an einen verborgenen Ort, wo es eine Amme tränken mußte, und lief zum König und klagte die Königin an, sie habe ihr Kind von den wilden Tieren rauben lassen. Und als der König das Blut an der Schürze sah, glaubte er es und geriet in einen solchen Zorn, daß er einen tiefen Turm bauen ließ, in den weder Sonne noch Mond schien, und ließ seine Gemahlin hinein setzen und vermauern; da sollte sie sieben Jahre sitzen, ohne Essen und Trinken, und sollte verschmachten. Aber Gott schickte zwei Engel vom Himmel in Gestalt von weißen Tauben, die mußten täglich zweimal zu ihr fliegen und ihr das Essen bringen, bis die sieben Jahre herum waren. Der Koch aber dachte bei sich »hat das Kind wünschliche Gedanken und ich bin hier, so könnte es mich leicht ins Unglück bringen.« Da machte er sich vom Schloß weg, und ging zu dem Knaben, der war schon so groß, daß er sprechen konnte, und sagte zu ihm »wünsche dir ein schönes Schloß mit einem Garten und was dazu gehört.« Und kaum waren die Worte aus dem Munde des Knaben, so stand alles da, was er gewünscht hatte. Über eine Zeit sprach der Koch zu ihm »es ist nicht gut, daß du so allein bist, wünsche dir eine schöne Jungfrau zur Gesellschaft.« Da wünschte sie der Königssohn herbei, und sie stand gleich vor ihm, und war so schön, wie sie kein Maler malen konnte. Nun spielten die beide zusammen, und hatten sich von Herzen lieb, und der alte Koch ging auf die Jagd, wie ein vornehmer Mann. Es kam ihm aber der Gedanke, der Königssohn könnte einmal wünschen bei seinem Vater zu sein und ihn damit in große Not bringen. Da ging er hinaus, nahm das Mädchen beiseit und sprach »diese Nacht, wenn der Knabe schläft, so geh an sein Bett und stoß ihm das Messer ins Herz und bring mir Herz und Zunge von ihm; und wenn du das nicht tust, so sollst du dein Leben verlieren.« Darauf ging er fort, und als er am andern Tag wieder kam, so hatte sie es nicht getan und sprach »was soll ich ein unschuldiges Blut ums Leben bringen, das noch niemand beleidigt hat?« Sprach der Koch wieder »wo du es nicht tust, so kostet dichs selbst dein Leben.« Als er weggegangen war, ließ sie sich eine kleine Hirschkuh herbei holen, und ließ sie schlachten, und nahm Herz und Zunge, und legte sie auf einen Teller, und als sie den Alten kommen sah, sprach sie zu dem Knaben »leg dich ins Bett und zieh die Decke über dich.« Da trat der Bösewicht herein und sprach »wo ist Herz und Zunge von dem Knaben?« Das Mädchen reichte ihm den Teller, aber der Königssohn warf die Decke ab, und sprach »du alter Sünder, warum hast du mich töten wollen? nun will ich dir dein Urteil sprechen. Du sollst ein schwarzer Pudelhund werden und eine goldene Kette um den Hals haben, und sollst glühende Kohlen fressen, daß dir die Lohe zum Hals heraus schlägt.« Und wie er die Worte ausgesprochen hatte, so war der alte in einen Pudelhund verwandelt, und hatte eine goldene Kette um den Hals, und die Köche mußten lebendige Kohlen herauf bringen, die fraß er, daß ihm die Lohe aus dem Hals heraus schlug. Nun blieb der Königssohn noch eine kleine Zeit da und dachte an seine Mutter und ob sie noch am Leben wäre. Endlich sprach er zu dem Mädchen »ich will heim in mein Vaterland, willst du mit mir gehen, so will ich dich ernähren.« »Ach,« antwortete sie, »der Weg ist so weit, und was soll ich in einem fremden Lande machen, wo ich unbekannt bin.« Weil es also ihr Wille nicht recht war, und sie doch von einander nicht lassen wollten, wünschte er sie zu einer schönen Nelke und steckte sie bei sich. Da zog er fort, und der Pudelhund mußte mit laufen, und zog in sein Vaterland. Nun ging er zu dem Turm, wo seine Mutter darin saß, und weil der Turm so hoch war, wünschte er eine Leiter herbei, die bis oben hin reichte. Da stieg er hinauf und sah hinein und rief »herzliebste Mutter, Frau Königin, seid ihr noch am Leben, oder seid ihr tot?« Sie[[1]] antwortete »ich habe ja eben gegessen, und bin noch satt,« und meinte die Engel wären da. Sprach er »ich bin euer lieber Sohn, den die wilden Tiere euch sollen vom Schoß geraubt haben: aber ich bin noch am Leben, und will euch bald erretten.« Nun stieg er herab und ging zu seinem Herr Vater, und ließ sich anmelden als ein fremder Jäger, ob er könnte Dienste bei ihm haben. Antwortete der König ja, wenn er gelernt wäre und ihm Wildpret schaffen könnte, sollte er herkommen; es hatte sich aber auf der ganzen Grenze und Gegend niemals Wild aufgehalten. Da versprach der Jäger er wollte ihm so viel Wild schaffen, als er nur auf der königlichen Tafel brauchen könnte. Dann hieß er die Jägerei zusammen kommen, sie sollten alle mit ihm hinaus in den Wald gehen. Da gingen sie mit, und draußen hieß er sie einen großen Kreis schließen, der an einem Ende offen blieb, und dann stellte er sich hinein und fing an zu wünschen. Alsbald kamen zweihundert und etliche Stück Wildpret in den Kreis gelaufen, und die Jäger mußten es schießen. Da ward alles auf sechszig Bauerwagen geladen und dem König heimgefahren; da konnte er einmal seine Tafel mit Wildpret zieren, nachdem er lange Jahre keins gehabt hatte. Nun empfand der König große Freude darüber und bestellte es sollte des andern Tags seine ganze Hofhaltung bei ihm speisen, und machte ein großes Gastmal. Wie sie alle beisammen waren, sprach er zu dem Jäger »weil du so geschickt bist, so sollst du neben mir sitzen.« Er antwortete »Herr König, Ew. Majestät halte zu Gnaden, ich bin ein schlechter Jägerbursch.« Der König aber bestand darauf und sagte »du sollst dich neben mich setzen,« bis er es tat. Wie er da saß, dachte er an seine liebste Frau Mutter, und wünschte daß nur einer von des Königs ersten Dienern von ihr anfinge, und fragte wie es wohl der Frau Königin im Turm ginge, ob sie wohl noch am Leben wäre oder verschmachtet. Kaum hatte er es gewünscht, so fing auch schon der Marschall an, und sprach »königliche Majestät, wir leben hier in Freuden, wie geht es wohl der Frau Königin im Turm, ob sie wohl noch am Leben oder verschmachtet ist?« Aber der König antwortete »sie hat mir meinen[[Besitz]] lieben Sohn von den wilden Tieren zerreißen lassen, davon will ich nichts hören.« Da stand der Jäger auf und sprach »gnädigster Herr Vater, sie ist noch am Leben, und ich bin ihr Sohn, und die wilden Tiere haben ihn nicht geraubt, sondern der Bösewicht, der alte Koch, hat es getan, der hat mich, als sie eingeschlafen war, von ihrem Schoß weggenommen und ihre Schürze mit dem Blut eines Huhns betropft.« Darauf nahm er den Hund mit dem goldenen Halsband und sprach »das ist der Bösewicht,« und ließ glühende Kohlen bringen, die mußte er Angesichts aller fressen, daß ihm die Lohe aus dem Hals schlug. Darauf fragte er den König ob er ihn in seiner wahren Gestalt sehen wollte, und wünschte ihn wieder zum Koch, da stand er alsbald mit der weißen Schürze und dem Messer an der Seite. Der König, wie er ihn sah, ward zornig, und befahl daß er in den tiefsten Kerker sollte geworfen werden. Darauf sprach der Jäger weiter »Herr Vater, wollt ihr auch das Mädchen sehen, das mich so zärtlich aufgezogen hat und mich hernach ums Leben bringen sollte, es aber nicht getan hat, obgleich sein eigenes Leben auf dem Spiel stand?« Antwortete der König »ja, ich will sie gerne sehen.« Sprach der Sohn »gnädigster Herr Vater, ich will sie euch zeigen in Gestalt einer schönen Blume.« Und griff in die Tasche und holte die Nelke, und stellte sie auf die königliche Tafel, und sie war so schön, wie der König nie eine gesehen hatte. Darauf sprach der Sohn »nun will ich sie auch in ihrer wahren Gestalt zeigen,« und wünschte sie zu einer Jungfrau; da stand sie da und war so schön, daß kein Maler sie hätte schöner malen können. Der König aber schickte zwei Kammerfrauen und zwei Diener hinab in den Turm, die sollten die Frau Königin holen und an die königliche Tafel bringen. Als sie aber dahin geführt ward, aß sie nichts mehr und sagte »der gnädige barmherzige Gott, der mich im Turm erhalten hat, wird mich bald erlösen.« Da lebte sie noch drei Tage und starb dann selig; und als sie begraben ward, da folgten ihr die zwei weißen Tauben nach, die ihr das Essen in den Turm gebracht hatten, und Engel vom Himmel waren, und setzten sich auf ihr Grab. Der alte König ließ den Koch in vier Stücke zerreißen, aber der Gram zehrte an seinem Herzen, und er starb bald. Der Sohn heiratete die schöne Jungfrau, die er als Blume in der Tasche mitgebracht hatte, und ob sie noch leben, das steht bei Gott. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="77._Das_kluge_Gretel" 77. Das kluge Gretel. &&ax &&lg=x &&fe Es war eine Köchin, die hieß Gretel, die trug Schuhe mit roten Absätzen, und wenn sie damit ausging, so drehte sie sich hin und her, war ganz fröhlich, und dachte »du bist doch ein schönes Mädel.« Und wenn sie nach Haus kam, so trank sie aus Fröhlichkeit einen Schluck Wein, und weil der Wein auch Lust zum Essen macht, so versuchte sie das beste, was sie kochte, so lang, bis sie satt war, und sprach »die Köchin muß wissen wies Essen schmeckt.« Es trug sich zu, daß der Herr einmal zu ihr sagte »Gretel, heut Abend kommt ein Gast, richte mir zwei Hühner fein wohl zu.« »Wills schon machen, Herr,« antwortete Gretel. Nun stachs die Hühner ab, brühte sie, rupfte sie, steckte sie an den Spieß, und brachte sie, wies gegen Abend ging, zum Feuer, damit sie braten sollten. Die Hühner fingen an braun und gahr zu werden, aber der Gast war noch nicht gekommen. Da rief Gretel dem Herrn, »kommt der Gast nicht, so muß ich die Hühner vom Feuer tun, ist aber Jammer und Schade wenn sie nicht bald gegessen werden, wo sie am besten im Saft sind.« Sprach der Herr »so will ich nur selbst laufen und den Gast holen.« Als der Herr den Rücken gekehrt hatte, legte Gretel den Spieß mit den Hühnern beiseite und dachte »so lange da beim Feuer stehen, macht schwitzen und durstig, wer weis wann die kommen! derweil spring ich in den Keller und tue einen Schluck.« Lief hinab, setzte einen Krug an, sprach »Gott gesegnes dir, Gretel,« und tat einen guten Zug. »Der Wein hängt an einander,« sprachs weiter, »und ist nicht gut abbrechen,« und tat noch einen ernsthaften Zug. Nun ging es und stellte die Hühner wieder übers Feuer, strich sie mit Butter und trieb den Spieß lustig herum. Weil aber der Braten so gut roch, dachte Gretel »es könnte etwas fehlen, versucht muß er werden!« schleckte mit dem Finger und sprach »ei, was sind die Hühner so gut! ist ja Sünd und Schand, daß man sie nicht gleich isst!« Lief zum Fenster, ob der Herr mit dem Gast noch nicht käm, aber es sah niemand: stellte sich wieder zu den Hühnern, dachte »der eine Flügel verbrennt, besser ists, ich eß ihn weg.« Also schnitt es ihn ab, und aß ihn auf, und er schmeckte ihm: und wie es damit fertig war, dachte es »der andere muß auch herab, sonst merkt der Herr daß etwas fehlt.« Wie die zwei Flügel verzehrt waren, ging es wieder und schaute nach dem Herrn, und sah ihn nicht. »Wer weis,« fiel ihm ein, »sie kommen wohl gar nicht, und sind wo eingekehrt.« Da sprachs »hei, Gretel, sei guter Dinge, das eine ist doch angegriffen, tu noch einen frischen Trunk, und iss es vollends auf, wenns all ist, hast du Ruhe: warum soll die gute Gottesgabe umkommen?« Also lief es noch einmal in den Keller, tat einen ehrbaren Trunk, und aß das eine Huhn in aller Freudigkeit auf. Wie das eine Huhn hinunter war, und der Herr noch immer nicht kam, sah Gretel das andere an, und sprach »wo das eine ist muß das andere auch sein, die zwei gehören zusammen: was dem einen Recht ist, das ist dem andern billig; ich glaube wenn ich noch einen Trunk tue, so sollte mirs nicht schaden.« Also tat es noch einen herzhaften Trunk, und ließ das zweite Huhn wieder zum andern laufen. Wie es so im besten essen war, kam der Herr daher gegangen, und rief »eil dich, Gretel, der Gast kommt gleich nach.« »Ja, Herr, wills schon zurichten,« antwortete Gretel. Der Herr sah indessen ob der Tisch wohl gedeckt war, nahm das große Messer, womit er die Hühner zerschneiden wollte, und wetzte es auf dem Gang. Indem kam der Gast, klopfte sittig und höflich an der Haustüre. Gretel lief und schaute wer da war, und als es den Gast sah, hielt es den Finger an den Mund und sprach »still! still! macht geschwind daß ihr wieder fort kommt, wenn euch mein Herr erwischt, so seid ihr unglücklich; er hat euch zwar zum Nachtessen eingeladen, aber er hat nichts anders im Sinn, als euch die beiden Ohren abzuschneiden. Hört nur wie er das Messer dazu wetzt.« Der Gast hörte das Wetzen und eilte was er konnte die Stiegen wieder hinab. Gretel war nicht faul, lief schreiend zu dem Herrn und rief »da habt ihr einen schönen Gast eingeladen!« »Ei, warum, Gretel? was meinst du damit?« »Ja,« sagte es, »der hat mir beide Hühner, die ich eben auftragen wollte, von der Schüssel genommen und ist damit fortgelaufen.« »Das ist feine Weise!« sprach der Herr, und ward ihm leid um die schönen Hühner, »wenn er mir dann wenigstens das eine gelassen hätte, damit mir was zu essen geblieben wäre.« Er rief ihm nach er sollte bleiben, aber der Gast tat als hörte er es nicht. Da lief er hinter ihm her, das Messer noch immer in der Hand, und schrie »nur eins! nur eins!« und meinte, der Gast sollte ihm nur ein Huhn lassen, und nicht alle beide nehmen: der Gast aber meinte nicht anders, als er sollte eins von seinen Ohren hergeben, und lief als wenn Feuer unter ihm brennte, damit er sie beide heimbrächte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="78._Der_alte_Großvater_und_der_Enkel" 78. Der alte Großvater und der Enkel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb geworden, die Ohren taub, und die Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische saß und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er Suppe auf das Tischtuch, und es floß ihm auch etwas wieder aus dem Mund. Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen mußte sich der alte Großvater endlich hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen und noch dazu nicht einmal satt; da sah er betrübt nach dem Tisch, und die Augen wurden ihm naß. Einmal auch konnten seine zitterigen Hände das Schüsselchen nicht fest halten, es fiel zur Erde und zerbrach. Die junge Frau schalt, er sagte aber nichts und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes Schüsselchen für ein paar Heller, daraus mußte er nun essen. Wie sie da so sitzen, so trägt der kleine Enkel von vier Jahren auf der Erde kleine Brettlein zusammen. »Was machst du da?« fragte der Vater. »Ich mache ein Tröglein,« antwortete das Kind, »daraus sollen Vater und Mutter essen, wenn ich groß bin.« Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an, fingen endlich an zu weinen, holten alsofort den alten Großvater an den Tisch und ließen ihn von nun an immer mit essen, sagten auch nichts wenn er ein wenig verschüttete. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="79._Die_Wassernixe" 79. Die Wassernixe. &&ax &&lg=x &&fe Ein Brüderchen und ein Schwesterchen spielten an einem Brunnen, und wie sie so spielten, plumpten sie beide hinein. Da war unten eine Wassernixe, die sprach »jetzt hab ich euch, jetzt sollt ihr mir brav arbeiten,« und führte sie mit sich fort. Dem Mädchen gab sie verwirrten garstigen Flachs zu spinnen, und es mußte Wasser in ein hohles Faß schleppen, der Junge aber sollte einen Baum mit einer stumpfen Axt hauen; und nichts zu essen bekamen sie als steinharte Klöße. Da wurden zuletzt die Kinder so ungeduldig, daß sie warteten, bis eines Sonntags die Nixe in der Kirche war, da entflohen sie. Und als die Kirche vorbei war, sah die Nixe daß die Vögel ausgeflogen waren, und setzte ihnen mit großen Sprüngen nach. Die Kinder erblickten sie aber von weitem, und das Mädchen warf eine Bürste hinter sich, das gab einen großen Bürstenberg, mit tausend und tausend Stacheln, über den die Nixe mit großer Müh klettern mußte; endlich aber kam sie doch hinüber. Wie das die Kinder sahen, warf der Knabe einen Kamm hinter sich, das gab einen großen Kammberg mit tausendmal tausend Zinken, aber die Nixe wußte sich daran fest zu halten und kam zuletzt doch drüber. Da warf das Mädchen einen Spiegel hinterwärts, welches einen Spiegelberg gab, der war so glatt, so glatt, daß sie unmöglich drüber konnte. Da dachte sie »ich will geschwind nach Haus gehen und meine[[Besitz]] Axt holen und den Spiegelberg entzwei hauen.« Bis sie aber wieder kam, und das Glas aufgehauen hatte, waren die Kinder längst weit entflohen, und die Wassernixe mußte sich wieder in ihren Brunnen trollen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="80._Von_dem_Tode_des_Hühnchens" 80. Von dem Tode des Hühnchens. &&ax &&lg=x &&fe Auf eine Zeit ging das Hühnchen mit dem Hähnchen in den Nußberg, und sie machten mit einander aus wer einen Nußkern fände, sollte ihn mit dem andern teilen. Nun fand das Hühnchen eine große große Nuß, sagte aber nichts davon und wollte den Kern allein essen. Der Kern war aber so dick, daß es ihn nicht hinunter schlucken konnte, und er ihm im Hals stecken blieb, daß ihm angst wurde es müßte ersticken. Da schrie das Hühnchen »Hähnchen, ich bitte dich lauf, was du kannst, und hol mir Wasser, sonst erstick ich.« Das Hähnchen lief, was es konnte, zum Brunnen, und sprach »Born, du sollst mir Wasser geben; das Hühnchen liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt und will ersticken.« Der Brunnen antwortete »lauf erst hin zur Braut, und laß dir rote Seide geben.« Das Hähnchen lief zur Braut, »Braut, du sollst mir rote Seide geben: rote Seide will ich dem Brunnen geben, der Brunnen soll mir Wasser geben, das Wasser will ich dem Hühnchen bringen, das liegt auf dem Nußberg, hat einen großen Nußkern geschluckt und will daran ersticken.« Die Braut antwortete »lauf erst und hol mir mein Kränzlein, das blieb an einer Weide hängen.« Da lief das Hähnchen zur Weide und zog das Kränzlein von dem Ast und brachte es der Braut, und die Braut gab ihm rote Seide dafür, die brachte es dem Brunnen, der gab ihm Wasser dafür. Da brachte das Hähnchen das Wasser zum Hühnchen, wie es aber hinkam, war dieweil das Hühnchen erstickt, und lag da tot und regte sich nicht. Da war das Hähnchen so traurig, daß es laut schrie, und kamen alle Tiere und beklagten das Hühnchen; und sechs Mäuse bauten einen kleinen Wagen, das Hühnchen darin zum Grabe zu fahren; und als der Wagen fertig war, spannten sie sich davor, und das Hähnchen fuhr. Auf dem Wege aber kam der Fuchs, »wo willst du hin, Hähnchen?« »Ich will mein Hühnchen begraben.« »Darf ich mitfahren?« »Ja, aber setz dich hinten auf den Wagen, vorn könnens meine[[Besitz]] Pferdchen nicht vertragen.« Da setzte sich der Fuchs hinten auf, dann der Wolf, der Bär, der Hirsch, der Löwe und alle Tiere in dem Wald. So ging die Fahrt fort, da kamen sie an einen Bach. »Wie sollen wir nun hinüber?« sagte das Hähnchen. Da lag ein Strohhalm am Bach, der sagte »ich will mich queer drüber legen, so könnt ihr über mich fahren.« Wie aber die sechs Mäuse auf die Brücke kamen, rutschte der Strohhalm und fiel ins Wasser, und die sechs Mäuse fielen alle hinein und ertranken. Da ging die Not von neuem an, und kam eine Kohle und sagte »ich bin groß genug, ich will mich darüber legen und ihr sollt über mich fahren.« Die Kohle legte sich auch an das Wasser, aber sie berührte es unglücklicher Weise ein wenig, da zischte sie, verlöschte und war tot. Wie das ein Stein sah, erbarmte er sich und wollte dem Hähnchen helfen, und legte sich über das Wasser. Da zog nun das Hähnchen den Wagen selber, wie es ihn aber bald drüben hatte, und war mit dem toten Hühnchen auf dem Land und wollte die andern, die hinten auf saßen, auch heran ziehen, da waren ihrer zu viel geworden, und der Wagen fiel zurück, und alles fiel mit einander in das Wasser und ertrank. Da war das Hähnchen noch allein mit dem toten Hühnchen, und grub ihm ein Grab und legte es hinein, und machte einen Hügel darüber, auf den setzte es sich und grämte sich so lang bis es auch starb; und da war alles tot. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="81._Bruder_Lustig" 81. Bruder Lustig. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein großer Krieg, und als der Krieg zu Ende war, bekamen viele Soldaten ihren Abschied. Nun bekam der &&c=8 Bruder Lustig &&c=0 auch seinen Abschied und sonst nichts als ein kleines Laibchen Commissbrot und vier Kreuzer an Geld; damit zog er fort. Der heilige Petrus aber hatte sich als ein armer Bettler an den Weg gesetzt, und wie der Bruder Lustig daher kam, bat er ihn um ein Almosen. Er antwortete »lieber Bettelmann, was soll ich dir geben? ich bin Soldat gewesen und habe meinen[[Besitz]] Abschied bekommen, und habe sonst nichts als das kleine Commissbrot und vier Kreuzer Geld, wenn das all ist, muß ich betteln, so gut wie du. Doch geben will ich dir was.« Darauf teilte er den Laib in vier Teile, und gab davon dem Apostel einen und auch einen Kreuzer. Der heilige Petrus bedankte sich, ging weiter und setzte sich in einer andern Gestalt wieder als Bettelmann dem Soldaten an den Weg, und als er zu ihm kam, bat er ihn, wie das vorigemal, um eine Gabe. Der Bruder Lustig sprach wie vorher und gab ihm wieder ein Viertel von dem Brot und einen Kreuzer. Der heilige Petrus bedankte sich und ging weiter, setzte sich aber zum drittenmal in einer andern Gestalt als ein Bettler an den Weg und sprach den Bruder Lustig an. Der Bruder Lustig gab ihm auch das dritte Viertel Brot und den dritten Kreuzer. Der heilige Petrus bedankte sich, und der Bruder Lustig ging weiter und hatte nicht mehr als ein Viertel Brot und einen Kreuzer. Damit ging er in ein Wirtshaus, aß das Brot und ließ sich für den Kreuzer Bier dazu geben. Als er fertig war, zog er weiter, und da ging ihm der heilige Petrus gleichfalls in der Gestalt eines verabschiedeten Soldaten entgegen und redete ihn an, »guten Tag, Camerad, kannst du mir nicht ein Stück Brot geben und einen Kreuzer zu einem Trunk?« »Wo soll ichs hernehmen,« antwortete der Bruder Lustig, »ich habe meinen[[Besitz]] Abschied und sonst nichts als einen Laib Commissbrot und vier Kreuzer an Geld bekommen. Drei Bettler sind mir auf der Landstraße begegnet, davon hab ich jedem ein Viertel von meinem Brot und einen Kreuzer Geld gegeben. Das letzte Viertel hab ich im Wirtshaus gegessen und für den letzten Kreuzer dazu getrunken. Jetzt bin ich leer, und wenn du auch nichts mehr hast, so können wir mit einander betteln gehen.« »Nein,« antwortete der heilige Petrus, »das wird just nicht nötig sein: ich verstehe mich ein wenig auf die Doktorei, und damit will ich mir schon so viel verdienen als ich brauche.« »Ja,« sagte der Bruder Lustig, »davon verstehe ich nichts, also muß ich allein betteln gehen.« »Nun komm nur mit,« sprach der heilige Petrus, »wenn ich was verdiene, sollst du die Hälfte davon haben.« »Das ist mir wohl recht« sagte der Bruder Lustig. Also zogen sie mit einander fort. Nun kamen sie an ein Bauernhaus und hörten darin gewaltig jammern und schreien, da gingen sie hinein, so lag der Mann darin auf den Tod krank und war nah am Verscheiden, und die Frau heulte und weinte ganz laut. »Laßt euer Heulen und Weinen,« sprach der heilige Petrus, »ich will den Mann wieder gesund machen,« nahm eine Salbe aus der Tasche und heilte den Kranken augenblicklich, so daß er aufstehen konnte, und ganz gesund war. Sprachen Mann und Frau in großer Freude »wie können wir euch lohnen? was sollen wir euch geben?« Der heilige Petrus aber wollte nichts nehmen, und jemehr ihn die Bauersleute baten, desto mehr weigerte er sich. Der Bruder Lustig aber stieß den heiligen Petrus an, und sagte »so nimm doch was, wir brauchens ja.« Endlich brachte die Bäuerin ein Lamm und sprach zu dem heiligen Petrus das müßte er annehmen, aber er wollte es nicht. Da stieß ihn der Bruder Lustig in die Seite und sprach »nimms doch, dummer Teufel, wir brauchens ja.« Da sagte der heilige Petrus endlich »ja, das Lamm will ich nehmen, aber ich trags nicht: wenn dus willst, so mußt du es tragen.« »Das hat keine Not,« sprach der Bruder Lustig, »das will ich schon tragen,« und nahms auf die Schulter. Nun gingen sie fort und kamen in einen Wald, da war das Lamm dem Bruder Lustig schwer geworden, er aber war hungrig, also sprach er zu dem heiligen Petrus »schau, da ist ein schöner Platz, da könnten wir das Lamm kochen und verzehren.« »Mir ist's recht,« antwortete der heilige Petrus, »doch kann ich mit der Kocherei nicht umgehen: willst du kochen, so hast du da einen Kessel, ich will derweil auf und ab gehen, bis es gahr ist. Du mußt aber nicht eher zu essen anfangen, als bis ich wieder zurück bin; ich will schon zu rechter Zeit kommen.« »Geh nur,« sagte Bruder Lustig, »ich verstehe mich aufs Kochen, ich wills schon machen.« Da ging der heilige Petrus fort, und der Bruder Lustig schlachtete das Lamm, machte Feuer an, warf das Fleisch in den Kessel und kochte. Das Lamm war aber schon gahr und der Apostel noch immer nicht zurück, da nahm es der Bruder Lustig aus dem Kessel, zerschnitt es und fand das Herz. »Das soll das Beste sein,« sprach er und versuchte es, zuletzt aber aß er es ganz auf. Endlich kam der heilige Petrus zurück und sprach »du kannst das ganze Lamm allein essen, ich will nur das Herz davon, das gib mir.« Da nahm Bruder Lustig Messer und Gabel, tat als suchte er eifrig in dem Lammfleisch herum, konnte aber das Herz nicht finden; endlich sagte er kurz weg »es ist keins da.« »Nun, wo solls denn sein?« sagte der Apostel. »Das weis ich nicht,« antwortete der Bruder Lustig, »aber schau, was sind wir alle beide für Narren, suchen das Herz vom Lamm und fällt keinem von uns ein, ein Lamm hat ja kein Herz!« »Ei,« sprach der heilige Petrus, »das ist was ganz Neues, jedes Tier hat ja ein Herz, warum sollt ein Lamm kein Herz haben?« »Nein, gewisslich, Bruder, ein Lamm hat kein Herz, denk nur recht nach, so wird dirs einfallen, es hat im Ernst keins.« »Nun, es ist schon gut,« sagte der heilige Petrus, »ist kein Herz da, so brauch ich auch nichts vom Lamm, du kannsts allein essen.« »Was ich halt nicht aufessen kann, das nehm ich mit in meinem Ranzen« sprach der Bruder Lustig, aß das halbe Lamm und steckte das übrige in seinen Ranzen. Sie[[1]] gingen weiter, da machte der heilige Petrus daß ein großes Wasser queer über den Weg floß und sie hindurch mußten. Sprach der heilige Petrus »geh du nur voran.« »Nein,« antwortete der Bruder Lustig, »geh du voran,« und dachte »wenn dem das Wasser zu tief ist, so bleib ich zurück.« Da schritt der heilige Petrus hindurch, und das Wasser ging ihm nur bis ans Knie. Nun wollte Bruder Lustig auch hindurch, aber das Wasser wurde größer und stieg ihm an den Hals. Da rief er »Bruder, hilf mir.« Sagte der heilige Petrus »willst du auch gestehen daß du das Herz von dem Lamm gegessen hast?« »Nein,« antwortete er, »ich hab es nicht gegessen.« Da ward das Wasser noch größer, und stieg ihm bis an den Mund: »hilf mir, Bruder,« rief der Soldat. Sprach der heilige Petrus noch einmal »willst du auch gestehen daß du das Herz vom Lamm gegessen hast?« »Nein,« antwortete er, »ich hab es nicht gegessen.« Der heilige Petrus wollte ihn doch nicht ertrinken lassen, ließ das Wasser wieder fallen und half ihm hinüber. Nun zogen sie weiter, und kamen in ein Reich, da hörten sie daß die Königstochter totkrank läge. »Holla, Bruder,« sprach der Soldat zum heiligen Petrus, »da ist ein Fang für uns, wenn wir die gesund machen, so ist uns auf ewige Zeiten geholfen.« Da war ihm der heilige Petrus nicht geschwind genug, »nun, heb die Beine auf, Bruderherz,« sprach er zu ihm, »daß wir noch zu rechter Zeit hin kommen.« Der heilige Petrus ging aber immer langsamer, wie auch der Bruder Lustig ihn trieb und schob, bis sie endlich hörten die Königstochter wäre gestorben. »Da haben wirs,« sprach der Bruder Lustig, »das kommt von deinem schläfrigen Gang.« »Sei nur still,« antwortete der heilige Petrus, »ich kann noch mehr als Kranke gesund machen, ich kann auch Tote wieder ins Leben erwecken.« »Nun, wenn das ist,« sagte der Bruder Lustig, »so laß ich mirs gefallen, das halbe Königreich mußt du uns aber zum wenigsten damit verdienen.« Darauf gingen sie in das königliche Schloß, wo alles in großer Trauer war: der heilige Petrus aber sagte zu dem König er wollte die Tochter wieder lebendig machen. Da ward er zu ihr geführt, und dann sprach er »bringt mir einen Kessel mit Wasser,« und wie der gebracht war, hieß er jedermann hinausgehen, und nur der Bruder Lustig durfte bei ihm bleiben. Darauf schnitt er alle Glieder der Toten los und warf sie ins Wasser, machte Feuer unter den Kessel und ließ sie kochen. Und wie alles Fleisch von den Knochen herabgefallen war, nahm er das schöne weiße Gebein heraus, und legte es auf eine Tafel, und reihte und legte es nach seiner natürlichen Ordnung zusammen. Als das geschehen war, trat er davor und sprach dreimal »im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Tote, steh auf.« Und beim drittenmal erhob sich die Königstochter lebendig, gesund und schön. Nun war der König darüber in großer Freude, und sprach zum heiligen Petrus »begehre deinen Lohn, und wenns mein halbes Königreich wäre, so will ich dirs geben.« Der heilige Petrus aber antwortete »ich verlange nichts dafür.« »O, du Hans Narr!« dachte der Bruder Lustig bei sich, stieß seinen Cameraden in die Seite und sprach »sei doch nicht so dumm, wenn du nichts willst, so brauch ich doch was.« Der heilige Petrus aber wollte nichts; doch weil der König sah daß der andere gerne was wollte, ließ er ihm vom Schatzmeister seinen Ranzen mit Gold anfüllen. Sie[[1]] zogen darauf weiter und wie sie in einen Wald kamen, sprach der heilige Petrus zum Bruder Lustig »jetzt wollen wir das Gold teilen.« »Ja,« antwortete er, »das wollen wir tun.« Da teilte der heilige Petrus das Gold, und teilte es in drei Teile. Dachte der Bruder Lustig »was er wieder für einen Sparren im Kopf hat! macht drei Teile, und unser sind zwei.« Der heilige Petrus aber sprach »nun habe ich genau geteilt, ein Teil für mich, ein Teil für dich, und ein Teil für den, der das Herz vom Lamm gegessen hat.« »O, das hab ich gegessen,« antwortete der Bruder Lustig und strich geschwind das Gold ein, »das kannst du mir glauben.« »Wie kann das wahr sein,« sprach der heilige Petrus, »ein Lamm hat ja kein Herz.« »Ei was, Bruder, wo denkst du hin! ein Lamm hat ja ein Herz, so gut wie jedes Tier, warum sollte das allein keins haben?« »Nun, es ist schon gut,« sagte der heilige Petrus, »behalt das Gold allein, aber ich bleibe nicht mehr bei dir und will meinen[[Besitz]] Weg allein gehen.« »Wie du willst, Bruderherz,« antwortete der Soldat, »leb wohl.« Da ging der heilige Petrus eine andere Straße, Bruder Lustig aber dachte »es ist gut, daß er abtrabt, es ist doch ein wunderlicher Heiliger.« Nun hatte er zwar Geld genug, wußte aber nicht mit umzugehen, vertats, verschenkts, und wie eine Zeit herum war, hatte er wieder nichts. Da kam er in ein Land, wo er hörte daß die Königstochter gestorben wäre. »Holla,« dachte er, »das kann gut werden, die will ich wieder lebendig machen, und mirs bezahlen lassen, daß es eine Art hat.« Ging also zum König und bot ihm an, die Tote wieder zu erwecken. Nun hatte der König gehört, daß ein abgedankter Soldat herumziehe, und die Gestorbenen wieder lebendig mache, und dachte der Bruder Lustig wäre dieser Mann, doch, weil er kein Vertrauen zu ihm hatte, fragte er erst seine Räte, die sagten aber er könnte es wagen, da seine Tochter doch tot wäre. Nun ließ sich der Bruder Lustig Wasser im Kessel bringen, hieß jedermann hinausgehen, schnitt die Glieder ab, warf sie ins Wasser und machte Feuer darunter, gerade wie er es beim heiligen Petrus gesehen hatte. Das Wasser fing an zu kochen, und das Fleisch fiel herab, da nahm er das Gebein heraus und tat es auf die Tafel; er wußte aber nicht in welcher Ordnung es liegen mußte, und legte alles verkehrt durch einander. Dann stellte er sich davor, und sprach »im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Tote, steh auf,« und sprachs dreimal, aber die Gebeine rührten sich nicht. Da sprach er es noch dreimal, aber gleichfalls umsonst. »Du Blitzmädel, steh auf,« rief er, »steh auf, oder es geht dir nicht gut.« Wie er das gesprochen, kam der heiligen Petrus auf einmal in seiner vorigen Gestalt, als verabschiedeter Soldat, durchs Fenster herein gegangen und sprach »du gottloser Mensch, was treibst du da, wie kann die Tote auferstehen, da du ihr Gebein so unter einander geworfen hast?« »Bruderherz, ich habs gemacht, so gut ich konnte« antwortete er. »Diesmal will ich dir aus der Not helfen, aber das sag ich dir, wo du noch einmal so etwas unternimmst, so bist du unglücklich, auch darfst du von dem König nicht das Geringste dafür begehren oder annehmen.« Darauf legte der heilige Petrus die Gebeine in ihre rechte Ordnung, sprach dreimal zu ihr »im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Tote, steh auf,« und die Königstochter stand auf, war gesund und schön wie vorher. Nun ging der heilige Petrus wieder durchs Fenster hinaus: der Bruder Lustig war froh daß es so gut abgelaufen war, ärgerte sich aber doch daß er nichts dafür nehmen sollte. »Ich möchte nur wissen,« dachte er, »was der für Mucken im Kopf hat, denn was er mit der einen Hand gibt, das nimmt er mit der andern: da ist kein Verstand drin.« Nun bot der König dem Bruder Lustig an was er haben wollte, er durfte aber nichts nehmen, doch brachte er es durch Anspielung und Listigkeit dahin, daß ihm der König seinen Ranzen mit Gold füllen ließ, und damit zog er ab. Als er hinaus kam, stand vor dem Tor der heilige Petrus, und sprach »schau, was du für ein Mensch bist, habe ich dir nicht verboten etwas zu nehmen, und nun hast du den Ranzen doch voll Gold.« »Was kann ich dafür,« antwortete Bruder Lustig, »wenn mirs hinein gesteckt wird.« »Das sag ich dir, daß du nicht zum zweitenmal solche Dinge unternimmst, sonst soll es dir schlimm ergehen.« »Ei, Bruder, sorg doch nicht, jetzt hab ich Gold, was soll ich mich da mit dem Knochenwaschen abgeben.« »Ja,« sprach der heilige Petrus, »das Gold wird lang dauern! Damit du aber hernach nicht wieder auf unerlaubten Wegen gehst, so will ich deinem Ranzen die Kraft geben, daß alles, was du dir hinein wünschest, auch darin sein soll. Leb wohl, du siehst mich nun nicht wieder.« »Gott befohlen,« sprach der Bruder Lustig, und dachte »ich bin froh daß du fortgehst, du wunderlicher Kauz, ich will dir wohl nicht nachgehen.« An die Wunderkraft aber, die seinem Ranzen verliehen war, dachte er nicht weiter. Bruder Lustig zog mit seinem Gold umher, und vertats und verfumfeits &&ut0 {{[ver¬fum¬feits]}} &&ut0 wie das erstemal. Als er nun nichts mehr als vier Kreuzer hatte, kam er an einem Wirtshaus vorbei und dachte »das Geld muß fort,« und ließ sich für drei Kreuzer Wein und einen Kreuzer Brot geben. Wie er da saß und trank, kam ihm der Geruch von gebratenen Gänsen in die Nase. Bruder Lustig schaute und guckte, und sah daß der Wirt zwei Gänse in der Ofenröhre stehen hatte. Da fiel ihm ein daß ihm sein Camerad gesagt hatte was er sich in seinen Ranzen wünschte, das sollte darin sein. »Holla, das mußt du mit den Gänsen versuchen!« Also ging er hinaus, und vor der Türe sprach er »so wünsch ich die zwei gebratenen Gänse aus der Ofenröhre in meinen[[Besitz]] Ranzen.« Wie er das gesagt hatte, schnallte er ihn auf, und schaute hinein, da lagen sie beide darin. »Ach, so ists recht,« sprach er, »nun bin ich ein gemachter Kerl,« ging fort auf eine Wiese und holte den Braten hervor. Wie er so im besten Essen war, kamen zwei Handwerksbursche daher und sahen die eine Gans, die noch nicht angerührt war, mit hungrigen Augen an. Dachte der Bruder Lustig »mit einer hast du genug,« rief die zwei Bursche herbei und sprach »da nehmt die Gans und verzehrt sie auf meine[[Besitz]] Gesundheit.« Sie[[1]] bedankten sich, gingen damit ins Wirtshaus, ließen sich eine Halbe Wein und ein Brot geben, packten die geschenkte Gans aus und fingen an zu essen. Die Wirtin sah zu und sprach zu ihrem Mann »die zwei essen eine Gans, sieh doch nach obs nicht eine von unsern aus der Ofenröhre ist.« Der Wirt lief hin, da war die Ofenröhre leer: »was, ihr Diebsgesindel, so wohlfeil wollt ihr Gänse essen! gleich bezahlt, oder ich will euch mit grünem Haselsaft waschen.« Die zwei sprachen »wir sind keine Diebe, ein abgedankter Soldat hat uns die Gans draußen auf der Wiese geschenkt.« »Ihr sollt mir keine Nase drehen, der Soldat ist hier gewesen, aber als ein ehrlicher Kerl zur Tür hinaus gegangen, auf den hab ich Acht gehabt: ihr seid die Diebe und sollt bezahlen.« Da sie aber nicht bezahlen konnten, nahm er den Stock und prügelte sie zur Türe hinaus. Bruder Lustig ging seiner Wege und kam an einen Ort, da stand ein prächtiges Schloß und nicht weit davon ein schlechtes Wirtshaus. Er ging in das Wirtshaus und bat um ein Nachtlager, aber der Wirt wies ihn ab, und sprach »es ist kein Platz mehr da, das Haus ist voll vornehmer Gäste.« »Das nimmt mich Wunder,« sprach der Bruder Lustig, »daß sie zu euch kommen und nicht in das prächtige Schloß gehen.« »Ja,« antwortete der Wirt, »es hat was an sich, dort eine Nacht zu liegen, wers noch versucht hat, ist nicht lebendig wieder heraus gekommen.« »Wenns andere versucht haben,« sagte der Bruder Lustig, »will ichs auch versuchen.« »Das laßt nur bleiben,« sprach der Wirt, »es geht euch an den Hals.« »Es wird nicht gleich an den Hals gehen,« sagte der Bruder Lustig, »gebt mir nur die Schlüssel und brav Essen und Trinken mit.« Nun gab ihm der Wirt die Schlüssel und Essen und Trinken, und damit ging der Bruder Lustig ins Schloß, ließ sichs gut schmecken, und als er endlich schläfrig wurde, legte er sich auf die Erde, denn es war kein Bett da. Er schlief auch bald ein, in der Nacht aber wurde er von einem großen Lärm aufgeweckt, und wie er sich ermunterte, sah er neun häßliche Teufel in dem Zimmer, die hatten einen Kreis um ihn gemacht und tanzten um ihn herum. Sprach der Bruder Lustig »nun tanzt, so lang ihr wollt, aber komm mir keiner zu nah.« Die Teufel aber drangen immer näher auf ihn ein und traten ihm mit ihren garstigen Füßen fast ins Gesicht. »Habt Ruh, ihr Teufelsgespenster,« sprach er, aber sie triebens immer ärger. Da ward der Bruder Lustig bös und rief »holla, ich will bald Ruhe stiften!« kriegte ein Stuhlbein und schlug mitten hinein. Aber neun Teufel gegen einen Soldaten war doch zu viel, und wenn er auf den vordern zuschlug, so packten ihn die andern hinten bei den Haaren und rissen ihn erbärmlich. »Teufelspack,« rief er, »jetzt wird mirs zu arg: wartet aber! Alle neune in meinen[[Besitz]] Ranzen hinein!« husch, steckten sie darin, und nun schnallte er ihn zu und warf ihn in eine Ecke. Da wars auf einmal still, und Bruder Lustig legte sich wieder hin und schlief bis an den hellen Morgen. Nun kamen der Wirt und der Edelmann, dem das Schloß gehörte, und wollten sehen wie es ihm ergangen wäre; als sie ihn gesund und munter erblickten, erstaunten sie und fragten »haben euch denn die Geister nichts getan?« »Warum nicht gar,« antwortete Bruder Lustig, »ich habe sie alle neune in meinem Ranzen. Ihr könnt euer Schloß wieder ganz ruhig bewohnen, es wird von nun an keiner mehr darin umgehen!« Da dankte ihm der Edelmann, beschenkte ihn reichlich und bat ihn in seinen Diensten zu bleiben, er wollte ihn auf sein Lebtag versorgen. »Nein,« antwortete er, »ich bin an das Herumwandern gewöhnt, ich will weiter ziehen.« Da ging der Bruder Lustig fort, trat in eine Schmiede und legte den Ranzen, worin die neun Teufel waren, auf den Ambos, und bat den Schmied und seine Gesellen zuzuschlagen. Die schlugen mit ihren großen Hämmern aus allen Kräften zu, daß die Teufel ein erbärmliches Gekreisch erhoben. Wie er danach den Ranzen aufmachte, waren achte tot, einer aber, der in einer Falte gesessen hatte, war noch lebendig, schlüpfte heraus und fuhr wieder in die Hölle. Darauf zog der Bruder Lustig noch lange in der Welt herum, und wers wüßte, könnte viel davon erzählen. Endlich aber wurde er alt, und dachte an sein Ende, da ging er zu einem Einsiedler, der als ein frommer Mann bekannt war und sprach zu ihm »ich bin das Wandern müde und will nun trachten in das Himmelreich zu kommen.« Der Einsiedler antwortete »es gibt zwei Wege, der eine ist breit und angenehm, und führt zur Hölle, der andere ist eng und rauh, und führt zum Himmel.« »Da müßt ich ein Narr sein,« dachte der Bruder Lustig, »wenn ich den engen und rauhen Weg gehen sollte.« Machte sich auf und ging den breiten und angenehmen Weg, und kam endlich zu einem großen schwarzen Tor, und das war das Tor der Hölle. Bruder Lustig klopfte an, und der Torwächter guckte wer da wäre. Wie er aber den Bruder Lustig sah, erschrak er, denn er war gerade der neunte Teufel, der mit in dem Ranzen gesteckt hatte und mit einem blauen Auge davon gekommen war. Darum schob er den Riegel geschwind wieder vor, lief zum Obersten der Teufel, und sprach »draußen ist ein Kerl mit einem Ranzen und will herein, aber laßt ihn bei Leibe nicht herein, er wünscht sonst die ganze Hölle in seinen Ranzen. Er hat mich einmal garstig darin hämmern lassen.« Also ward dem Bruder Lustig hinaus gerufen er sollte wieder abgehen, er käme nicht herein. »Wenn sie mich da nicht wollen,« dachte er, »will ich sehen ob ich im Himmel ein Unterkommen finde, irgendwo muß ich doch bleiben.« Kehrte also um und zog weiter, bis er vor das Himmelstor kam, wo er auch anklopfte. Der heilige Petrus saß gerade dabei als Torwächter: der Bruder Lustig erkannte ihn gleich und dachte »hier findest du einen alten Freund, da wirds besser gehen.« Aber der heilige Petrus sprach »ich glaube gar, du willst in den Himmel?« »Laß mich doch ein, Bruder, ich muß doch wo einkehren; hätten sie mich in der Hölle aufgenommen, so wär ich nicht hierher gegangen.« »Nein,« sagte der heilige Petrus, »du kommst nicht herein.« »Nun, willst du mich nicht einlassen, so nimm auch deinen Ranzen wieder: dann will ich gar nichts von dir haben,« sprach der Bruder Lustig. »So gib ihn her« sagte der heilige Petrus. Da reichte er den Ranzen durchs Gitter in den Himmel hinein, und der heilige Petrus nahm ihn und hing ihn neben seinen Sessel auf. Da sprach der Bruder Lustig »nun wünsch ich mich selbst in meinen[[Besitz]] Ranzen hinein.« Husch, war er darin, und saß nun im Himmel, und der heilige Petrus mußte ihn darin lassen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="82._De_Spielhansl" 82. &&wt0 {{De Spielhansl.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Js is emohl e Mon gewön, der hot ninx us (als) g'spielt, und do hobend'n d' Leut nur in &&c=8 Spiel¬hansl &&c=0 g'hoa¬ßen, und wal (weil) e gor nit afg'hört zen spieln, se hot e san (sein) Haus und ullss (al¬les) ve¬spielt. Hietzt (jetzt), net¬te (eben) in lötz¬ten Tog, eh's iahm (ihm) d' Schuld¬ne schon s' Haus ho¬bend wög¬neh¬me willn, is un¬se Herr¬gout un de halli Ped¬rus kem¬me und ho¬bend g'sogt er sull's übe d' Nacht g'holte (bei sich be¬hal¬ten). Oft (da) hot de Spiel¬hansl g'sogt »wögn mei¬ne kints do bleibn döi Nocht; ober i kong eng koan Bött und ninx z'össn (zu es¬sen) gebn.« Oft hot un¬se Herr¬gout g'sogt er sulls ne (nur) g'hol¬ten, und söi wil¬letn ian (ih¬nen) sel¬be wos z'össn kaf¬fen; dos is in Spiel¬hansl recht g'wön. Oft hot iahm de hal¬li Ped¬rus drei Grouschn gebn, und er sull zen Böcke (Becker) gehn und e Brod huhln. Hietzt is hullt (halt) de Spiel¬hansl gon¬ge, wie er aber ze den Haus kem¬me is, wou die on¬nen Spiel¬lumpn drin g'wön sand, döi iahm ullss og¬wun¬ge hobnd, do hob'ns n g'ruefft und ho¬bend g'schrien »Hansl, geh ah¬ne (her¬ein).« »Jo,« hot e g'sogt, »willt's me die drei Grouschn a non og¬win¬ge.« Döi hobnd'n obe (aber) nit ausg'lossn. Hietzt is e hullt an¬hi (hin¬ein) und oft hot e die drei Grouschn a non ve¬spielt. De hal¬li Pe¬drus und un¬se Herr¬gout hobnd olle¬wall (im¬mer) g'wort't, und wie er ian z'long nit kem¬me is, sand's iahm int¬gögn gon¬ge. De Spiel¬hansl obe, wie e kem¬me is, hot ton us wenn iahm's Geld in ne Locken (Lacken) g'folln war, und hot olle¬wall drin he¬rum¬krob¬belt: obe un¬se Herr¬gout hots schon g'wisst, daß e's ve¬spielt hot. Oft hot iahm de hal¬li Pe¬drus non mohl drei Grouschn gebn. Hietzt hot e sie obe nim¬me ve¬führn los¬se und hot ian s' Brod brocht. Oft hot'n un¬se Herr¬gout g'frogt wou e koan'n Wein nit hot, do hot e g'sogt »u, Herr, d' Fas¬se sand al¬li laar.« Oft hot un¬se Herr¬gout g'sogt er sull ner in Köl¬te (Kel¬ler) ohi (hin¬ab) gehn, »is is non de böst Wein int.« Er hots long nit glaubn willn, obe af d'löst hot e g'sogt »i will ohi gehn, ober i woaß«s daß ko¬ane int is.« Wie er obe's Fassl on¬zapft hot, se is de böst Wein aus¬se g'run¬ne. Hietzt hot er ian in Wein brocht, und döi zwoa sand übe d' Nocht do blieb'n. In on¬nen Tog, in de Früe, hot un¬se Herr¬gout zen Spiel¬hansl g'sogt, er sull sie (sich) drei Gnodn aus¬bittn. Er hot g'moant, er wird sie 'n Him¬mel aus¬bittn, obe de Spiel¬hansl hot bettn um e Korntn, mit der er ullss g'wingt; um Würfl, mit den er a ullss g'wingt, und um en Bam (Baum), wou ullss Oubst draf wochst, und wonn oane (einer) affi steigt, daß e nim¬me ohe kon (her¬ab kann), bis er iahm's schofft (be¬fiehlt). Hietzt hot iahm un¬se Herr¬gout ullss gebn, wos e ve¬langt hot un is mit'n hal¬lin Pe¬drus wie¬de fuert (fort). Hietzt hot hult de Spiel¬hansl erst recht zen spieln ong¬fongt, und hätt bold d' hal¬beti Welt zom¬g'wunge. Oft hot de hal¬li Pe¬drus ze'n unse Herr¬goutn g'sogt »Herr, dos Ding tuet koan guet, er g'win¬get af d'löst non (noch) d'ganzi Welt; me müssn iahm in (den) Toid schickn.« Hietzt ha¬bend's iahm in Toid g'schickt. Wie de Toid kem¬me is, is de Spiel¬hansl net¬te be'n Spiel¬tisch g'sössn; oft hot de Toid g'sogt »Hansl, kimm e Bissl ausse.« De Spiel¬hansl obe hot g'sogt »wort nur e Bissl, bis dos G'spiel aus is, und steig de¬wall e weng af'n Bam do affi und brouck uns e wen¬gerl wos o, daß me afn Wög wos z'noschn hobn.« Hietzt is hullt de Toid affi g'stiegn, und wie e wie¬de hot ohi wil¬le, hot e nit kin¬ne, und de Spiel¬hansl hot'n sie¬ben Johr droubn lossn, und de¬wall is koan Mensch nit g'storbn. Oft hot de hal¬li Pe¬drus zen un¬sen Herr¬goutn g'sagt »Herr, dos Ding tuet koan guet, is ster¬bet jo koan Mensch mehr; mir müessn schon sel¬be kem¬me.« Hietzt sand's hullt sel¬be kem¬me, und do hot iahm un¬se Herr¬gout g'schofft daß er in Toid ohe lossn sull. Oft is er obe glei gon¬ge und hot zen Toid g'sogt »geh ohe,« und der hot'n glei g'num¬me und hot'n okra¬gelt (er¬würgt). Oft sands mit enon¬ne fuert und sand in d' on¬ne¬ri Welt kem¬me, do is hullt man (mein) Spiel¬hansl zen Him¬mel¬toir gon¬ge und hot on¬kloupft. »Wer is draußt?« »De Spiel¬hansl.« »Ach, den brau¬che me nit, geh ne wie¬de fuert.« Oft is e zen Feg¬fuir¬toir gon¬ge und hot wie¬de kloupft. »Wer is draußt?« »De Spiel¬hansl.« »Ach, is is e so (ohne das) Jom¬me und Noit g'nue be'n uns, mir willn nit spieln; geh ne wie¬de fuert.« Of is e zen Hülln¬toir gon¬ge, und do hobn's n an¬hi lossn, is is obe niamd de¬hoambt g'wön, us de ol¬ti Lu¬zi¬far und krumpn Tuifln (die g'rodn hobn af de Welt z' toan g'hot), und oft hot e si glei ine (nie¬der) g'sötzt und hot wie¬de zen spieln ong'fongt. Hietzt hot obe de Lu¬zif¬ar ninx g'hot, us sa¬ni krumpn Tuifln: döi hot iahm de Spiel¬hansl og¬wun¬ge, wall e mit sann Kortn ulls hot g'win¬ge müeßn. Hietzt is e mit sann krumpn Tuifln fuert, und oft sand's af Hoihe¬fuert (nach Ho¬hen¬furt), und hobnd d' Houpfn¬stan¬ge ausg'rissn und san de¬mit zen Himml affi und hobnd zen wägn ong'fongt; und hietzt hot de Himml schon krocht (ge¬kracht). Oft hot de hal¬li Pe¬drus wie¬de g'sogt »Herr, dos Ding tuet koan guet, mir müeßn ne an¬he (her¬ein) lossn, sunst wer¬fet er uns in Him¬mel ohi (hin¬ab).« Hietzt hobnd's 'n hult anhi lossn. Obe de Spiel¬hansl hot glei wie¬de zen spieln ong'fongt, und do is glei e Lärm un e Ge¬tös won (wor¬den), daß me san oagns Wort nit ve¬stondn hot. Oft hat de hal¬li Pe¬drus wie¬de g'sogt »Herr, dos Ding tuet koan guet, wir müßn ne ohi wer¬fen, er ma¬chet uns sunst in gonzn Himl re¬wel¬lisch.« Hietzt sands hullt her und hobnd'n ohe g'worfn, und da hot sie san Seel z'toalt (hat sich sei¬ne See¬le zer¬teilt) und is in d'on¬nen Spiel¬lum¬pen g'fohrn, döi non (noch) bis da¬te lebnd.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="83._Hans_im_Glück" 83. Hans im Glück. &&ax &&lg=x &&fe Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient, da sprach er zu ihm »Herr, meine[[Besitz]] Zeit ist herum, nun wollte ich gerne wieder heim zu meiner Mutter, gebt mir meinen[[Besitz]] Lohn.« Der Herr antwortete »du hast mir treu und ehrlich gedient, wie der Dienst war, so soll der Lohn sein,« und gab ihm ein Stück Gold, das so groß als Hansens Kopf war. Hans zog sein Tüchlein aus der Tasche, wickelte den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Haus. Wie er so dahin ging und immer ein Bein vor das andere setzte, kam ihm ein Reiter in die Augen, der frisch und fröhlich auf einem muntern Pferd vorbei trabte. »Ach,« sprach Hans ganz laut, »was ist das Reiten ein schönes Ding! da sitzt einer wie auf einem Stuhl, stößt sich an keinen Stein, spart die Schuh, und kommt fort, er weis nicht wie.« Der Reiter, der das gehört hatte, hielt an und rief »ei, Hans, warum laufst du auch zu Fuß?« »Ich muß ja wohl,« antwortete er, »da habe ich einen Klumpen heim zu tragen: es ist zwar Gold, aber ich kann den Kopf dabei nicht gerad halten, auch drückt mirs auf die Schulter.« »Weißt du was,« sagte der Reiter, »wir wollen tauschen: ich gebe dir mein Pferd, und du gibst mir deinen Klumpen.« »Von Herzen gern,« sprach Hans, »aber ich sage euch ihr müßt euch damit schleppen.« Der Reiter stieg ab, nahm das Gold und half dem Hans hinauf, gab ihm die Zügel fest in die Hände und sprach »wenns nun recht geschwind soll gehen, so mußt du mit der Zunge schnalzen, und hopp hopp rufen.« Hans war seelenfroh, als er auf dem Pferde saß und so frank und frei dahin ritt. Über ein Weilchen fiels ihm ein, es sollte noch schneller gehen, und fing an mit der Zunge zu schnalzen und hopp hopp zu rufen. Das Pferd setzte sich in starken Trab, und ehe sichs Hans versah, war er abgeworfen und lag in einem Graben, der die Äcker von der Landstraße trennte. Das Pferd wäre auch durchgegangen, wenn es nicht ein Bauer aufgehalten hätte, der des Weges kam und eine Kuh vor sich her trieb. Hans suchte seine Glieder zusammen und machte sich wieder auf die Beine. Er war aber verdrießlich und sprach zu dem Bauer »es ist ein schlechter Spaß, das Reiten, zumal, wenn man auf so eine Mähre gerät wie diese, die stößt und einen herabwirft, daß man den Hals brechen kann; ich setze mich nun und nimmermehr wieder auf. Da lob ich mir eure Kuh, da kann einer mit Gemächlichkeit hinter her gehen und hat obendrein seine Milch, Butter und Käse jeden Tag gewiss. Was gäb ich darum, wenn ich so eine Kuh hätte!« »Nun,« sprach der Bauer, »geschieht euch so ein großer Gefallen, so will ich euch wohl die Kuh für das Pferd vertauschen.« Hans willigte mit tausend Freuden ein: der Bauer schwang sich aufs Pferd und ritt eilig davon. Hans trieb seine Kuh ruhig vor sich her und bedachte den glücklichen Handel. »Hab ich nur ein Stück Brot, und daran wird mirs doch nicht fehlen, so kann ich, so oft mirs beliebt, Butter und Käse dazu essen; hab ich Durst, so melk ich meine[[Besitz]] Kuh und trinke Milch. Herz, was verlangst du mehr?« Als er zu einem Wirtshaus kam, machte er Halt, aß in der großen Freude alles, was er bei sich hatte, sein Mittags- und Abendbrot, rein auf, und ließ sich für seine letzten paar Heller ein halbes Glas Bier einschenken. Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze ward drückender, je näher der Mittag kam, und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine Stunde dauerte. Da ward es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst die Zunge am Gaumen klebte. »Dem Ding ist zu helfen,« dachte Hans, »jetzt will ich meine[[Besitz]] Kuh melken und mich an der Milch laben.« Er band sie an einen dürren Baum, und da er keinen Eimer hatte, so stellte er seine Ledermütze unter, aber wie er sich auch bemühte, es kam kein Tropfen Milch zum Vorschein. Und weil er sich ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das ungeduldige Tier endlich mit einem der Hinterfüße einen solchen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden taumelte und eine zeitlang sich gar nicht besinnen konnte wo er war. Glücklicherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren ein junges Schwein liegen hatte. »Was sind das für Streiche!« rief er und half dem guten Hans auf. Hans erzählte was vorgefallen war. Der Metzger reichte ihm seine Flasche und sprach »da trinkt einmal und erholt euch. Die Kuh will wohl keine Milch geben, das ist ein altes Tier, das höchstens noch zum Ziehen taugt oder zum Schlachten.« »Ei, ei,« sprach Hans, und strich sich die Haare über den Kopf, »wer hätte das gedacht! es ist freilich gut, wenn man so ein Tier ins Haus abschlachten kann, was gibts für Fleisch! aber ich mache mir aus dem Kuhfleisch nicht viel, es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein junges Schwein hätte! das schmeckt anders, dabei noch die Würste.« »Hört, Hans,« sprach da der Metzger, »euch zu Liebe will ich tauschen und will euch das Schwein für die Kuh lassen.« »Gott lohn euch eure Freundschaft« sprach Hans, übergab ihm die Kuh, ließ sich das Schweinchen vom Karren losmachen und den Strick, woran es gebunden war, in die Hand geben. Hans zog weiter und überdachte wie ihm doch alles nach Wunsch ginge, begegnete ihm ja eine Verdrießlichkeit, so würde sie doch gleich wieder gut gemacht. Es gesellte sich danach ein Bursch zu ihm, der trug eine schöne weiße Gans unter dem Arm. Sie[[1]] boten einander die Zeit, und Hans fing an von seinem Glück zu erzählen und wie er immer so vorteilhaft getauscht hätte. Der Bursch erzählte ihm daß er die Gans zu einem Kindtaufschmaus brächte. »Hebt einmal,« fuhr er fort, und packte sie bei den Flügeln, »wie schwer sie ist, die ist aber auch acht Wochen lang genudelt worden. Wer in den Braten beißt, muß sich das Fett von beiden Seiten abwischen.« »Ja,« sprach Hans, und wog sie mit der einen Hand, »die hat ihr Gewicht, aber mein Schwein ist auch keine Sau.« Indessen sah sich der Bursch nach allen Seiten ganz bedenklich um, schüttelte auch wohl mit dem Kopf. »Hört,« fing er darauf an, »mit eurem Schweine mags nicht ganz richtig sein. In dem Dorfe, durch das ich gekommen bin, ist eben dem Schulzen eins aus dem Stall gestohlen worden. Ich fürchte, ich fürchte, ihr habts da in der Hand. Sie[[1]] haben Leute ausgeschickt, und es wäre ein schlimmer Handel, wenn sie euch mit dem Schwein erwischten: das geringste ist, daß ihr ins finstere Loch gesteckt werdet.« Dem guten Hans ward bang, »ach Gott,« sprach er, »helft mir aus der Not, ihr wisst hier herum bessern Bescheid, nehmt mein Schwein da und laßt mir eure Gans.« »Ich muß schon etwas aufs Spiel setzen,« antwortete der Bursche, »aber ich will doch nicht Schuld sein daß ihr ins Unglück geratet.« Er nahm also das Seil in die Hand und trieb das Schwein schnell auf einen Seitenweg fort: der gute Hans aber ging, seiner Sorgen entledigt, mit der Gans unter dem Arme der Heimat zu. »Wenn ichs recht überlege,« sprach er mit sich selbst, »habe ich noch Vorteil bei dem Tausch: erstlich den guten Braten, hernach die Menge von Fett, die herausträufeln wird, das gibt Gänsefettbrot auf ein Vierteljahr: und endlich die schönen weißen Federn, die laß ich mir in mein Kopfkissen stopfen, und darauf will ich wohl ungewiegt einschlafen. Was wird meine[[Besitz]] Mutter eine Freude haben!« Als er durch das letzte Dorf gekommen war, stand da ein Scheerenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte, und er sang dazu »ich schleife die Scheere und drehe geschwind, und hänge mein Mäntelchen nach dem Wind.« Hans blieb stehen und sah ihm zu; endlich redete er ihn an, und sprach »euch gehts wohl, weil ihr so lustig bei eurem Schleifen seid.« »Ja,« antwortete der Scheerenschleifer, »das Handwerk hat einen güldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt ihr die schöne Gans gekauft?« »Die hab ich nicht gekauft, sondern für mein Schwein eingetauscht.« »Und das Schwein?« »Das hab ich für eine Kuh gekriegt.« »Und die Kuh?« »Die hab ich für ein Pferd bekommen.« »Und das Pferd?« »Dafür hab ich einen Klumpen Gold, so groß als mein Kopf, gegeben.« »Und das Gold?« »Ei, das war mein Lohn für sieben Jahre Dienst.« »Ihr habt euch jederzeit zu helfen gewußt,« sprach der Schleifer, »könnt ihrs nun dahin bringen, daß ihr das Geld in der Tasche springen hört, wenn ihr aufsteht, so habt ihr euer Glück gemacht.« »Wie soll ich das anfangen?« sprach Hans »Ihr müßt ein Schleifer werden, wie ich; dazu gehört eigentlich nichts, als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst. Da hab ich einen, der ist zwar ein wenig schadhaft, dafür sollt ihr mir aber auch weiter nichts als eure Gans geben; wollt ihr das?« »Wie könnt ihr noch fragen,« antwortete Hans, »ich werde ja zum glücklichsten Menschen auf Erden; habe ich Geld, so oft ich in die Tasche greife, was brauche ich da länger zu sorgen?« reichte ihm die Gans hin, und nahm den Wetzstein in Empfang. »Nun,« sprach der Schleifer, und hob einen gewöhnlichen schweren Feldstein, der neben ihm lag, auf, »da habt ihr noch einen tüchtigen Stein dazu, auf dem sichs gut schlagen läßt, und ihr eure alten Nägel gerade klopfen könnt. Nehmt hin und hebt ihn ordentlich auf.« Hans lud den Stein auf und ging mit vergnügtem Herzen weiter; seine Augen leuchteten vor Freude, »ich muß in einer Glückshaut geboren sein,« rief er aus, »alles was ich wünsche trifft mir ein, wie einem Sonntagskind.« Indessen, weil er seit Tagesanbruch auf den Beinen gewesen war, begann er müde zu werden; auch plagte ihn der Hunger, da er allen Vorrat auf einmal in der Freude über die erhandelte Kuh aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit Mühe weiter gehen und mußte jeden Augenblick Halt machen; dabei drückten ihn die Steine ganz erbärmlich. Da konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, wie gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt nicht zu tragen brauchte. Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, wollte da ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben: damit er aber die Steine im Niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig neben sich auf den Rand des Brunnens. Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum Trinken bücken, da versah ers, stieß ein klein wenig an, und beide Steine plumpten hinab. Hans, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Tränen in den Augen daß er ihm auch diese Gnade noch erwiesen und ihn auf eine so gute Art und ohne daß er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den schweren Steinen befreit hätte, die ihm allein noch hinderlich gewesen wären. »So glücklich wie ich,« rief er aus, »gibt es keinen Menschen unter der Sonne.« Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="84._Hans_heiratet" 84. Hans heiratet. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein junger Bauer, der hieß Hans, dem wollte sein Vetter gern eine reiche Frau werben. Da setzte er den Hans hinter den Ofen und ließ gut einheizen. Dann holte er einen Topf Milch und eine gute Menge Weißbrot, gab ihm einen neugemünzten glänzenden Heller in die Hand und sprach »Hans, den Heller da halt fest und das Weißbrot, das brocke in die Milch, und bleib da sitzen, und geh mir nicht von der Stelle, bis ich wiederkomme.« »Ja,« sprach der Hans, »das will ich alles ausrichten.« Nun zog der Werber ein paar alte verplackte Hosen an, ging ins andere Dorf zu einer reichen Bauerntochter und sprach »wollt ihr nicht meinen[[Besitz]] Vetter Hans heiraten? ihr kriegt einen wackern und gescheiten Mann, der euch gefallen wird.« Fragte der geizige Vater »wie siehts aus mit seinem Vermögen? hat er auch was einzubrocken?« »Lieber Freund,« antwortete der Werber, »mein junger Vetter sitzt warm, hat einen guten schönen Pfennig in der Hand, und hat wohl einzubrocken. Er sollte auch nicht weniger Placken (wie man die Güter nannte) zählen, als ich,« und schlug sich dabei auf seine geplackte Hose. »Wollt ihr euch die Mühe nehmen mit mir hinzugehen, soll euch zur Stunde gezeigt werden daß alles so ist, wie ich sage.« Da wollte der Geizhals die gute Gelegenheit nicht fahren lassen und sprach »wenn dem so ist, so habe ich weiter nichts gegen die Heirat.« Nun ward die Hochzeit an dem bestimmten Tag gefeiert, und als die junge Frau ins Feld gehen und die Güter des Bräutigams sehen wollte, zog Hans erst sein sonntägliches Kleid aus und seinen verplackten Kittel an und sprach »ich könnte mir das gute Kleid verunehren.« Da gingen sie zusammen ins Feld, und wo sich auf dem Weg der Weinstock abzeichnete, oder Äcker und Wiesen abgeteilt waren, deutete Hans mit dem Finger und schlug dann an einen großen oder kleinen Placken seines Kittels, und sprach »der Placken ist mein und jener auch, mein Schatz, schauet nur danach,« und wollte damit sagen, die Frau sollte nicht in das weite Feld gaffen, sondern auf sein Kleid schauen, das wäre sein eigen. »Bist du auch auf der Hochzeit gewesen?« »Ja wohl bin ich darauf gewesen, und in vollem Staat. Mein Kopfputz war von Schnee, da kam die Sonne, und er ist mir abgeschmolzen; mein Kleid war von Spinneweb, da kam ich durch Dornen, die rissen mir es ab; meine[[Besitz]] Pantoffel waren von Glas, da stieß ich an einen Stein, da sagten sie klink! und sprangen entzwei.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="85._Die_Goldkinder" 85. Die Goldkinder. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein armer Mann und eine arme Frau, die hatten nichts als eine kleine Hütte, und nährten sich vom Fischfang, und es ging bei ihnen von Hand zu Mund. Es geschah aber, als der Mann eines Tages beim Wasser saß und sein Netz auswarf, daß er einen Fisch herauszog, der ganz golden war. Und als er den Fisch voll Verwunderung betrachtete, hub dieser an zu reden und sprach »hör, Fischer, wirfst du mich wieder hinab ins Wasser, so mach ich deine kleine Hütte zu einem prächtigen Schloß.« Da antwortete der Fischer »was hilft mir ein Schloß, wenn ich nichts zu essen habe?« Sprach der Goldfisch weiter »auch dafür soll gesorgt sein, es wird ein Schrank im Schloß sein, wenn du den aufschließest, so stehen Schüsseln darin mit den schönsten Speisen, so viel du dir wünschest.« »Wenn das ist,« sprach der Mann, »so kann ich dir wohl den Gefallen tun.« »Ja,« sagte der Fisch, »es ist aber die Bedingung dabei, daß du keinem Menschen auf der Welt, wer es auch immer sein mag, entdeckst woher dein Glück gekommen ist; sprichst du ein einziges Wort, so ist alles vorbei.« Nun warf der Mann den wunderbaren Fisch wieder ins Wasser und ging heim. Wo aber sonst seine Hütte gestanden hatte, da stand jetzt ein großes Schloß. Da machte er ein paar Augen, trat hinein und sah seine Frau, mit schönen Kleidern geputzt, in einer prächtigen Stube sitzen. Sie[[1]] war ganz vergnügt und sprach »Mann, wie ist das auf einmal gekommen? das gefällt mir wohl.« »Ja,« sagte der Mann, »es gefällt mir auch, aber es hungert mich auch gewaltig, gib mir erst was zu essen.« Sprach die Frau »ich habe nichts und weis in dem neuen Haus nichts zu finden.« »Das hat keine Not,« sagte der Mann, »dort sehe ich einen großen Schrank, den schließ einmal auf.« Wie sie den Schrank aufschloß, stand da Kuchen, Fleisch, Obst, Wein, und lachte einen ordentlich an. Da rief die Frau voll Freude »Herz, was begehrst du nun?« und sie setzten sich nieder, aßen und tranken zusammen. Wie sie satt waren, fragte die Frau »aber, Mann, wo kommt all dieser Reichtum her?« »Ach,« antwortete er, »frage mich nicht darum, ich darf dirs nicht sagen, wenn ichs jemand entdecke, so ist unser Glück wieder dahin.« »Gut,« sprach sie, »wenn ichs nicht wissen soll, so begehr ichs auch nicht zu wissen.« Das war aber ihr Ernst nicht, es ließ ihr keine Ruhe Tag und Nacht, und sie quälte und stachelte den Mann so lang, bis er in der Ungeduld heraus sagte, es käme alles von einem wunderbaren goldenen Fisch, den er gefangen und dafür wieder in Freiheit gelassen hätte. Und wies heraus war, da verschwand alsbald das schöne Schloß mit dem Schrank, und sie saßen wieder in der alten Fischerhütte. Der Mann mußte von vornen anfangen seinem Gewerbe nachgehen und fischen. Das Glück wollte es aber, daß er den goldenen Fisch noch einmal herauszog. »Hör,« sprach der Fisch, »wenn du mich wieder ins Wasser wirfst, so will ich dir noch einmal das Schloß mit dem Schrank voll Gesottenem und Gebratenem zurückgeben; nur halt dich fest und verrat bei Leibe nicht von wem dus hast, sonst gehts wieder verloren.« »Ich will mich schon hüten« antwortete der Fischer und warf den Fisch in sein Wasser hinab. Daheim war nun alles wieder in voriger Herrlichkeit, und die Frau war in einer Freude über das Glück; aber die Neugierde ließ ihr doch keine Ruhe, daß sie nach ein paar Tagen wieder zu fragen anhub wie es zugegangen wäre und wie er es angefangen habe. Der Mann schwieg eine Zeitlang still dazu, endlich aber machte sie ihn so ärgerlich, daß er herausplatzte und das Geheimnis verriet. In dem Augenblick verschwand das Schloß und sie saßen wieder in der alten Hütte. »Nun hast dus,« sagte der Mann, »jetzt können wir wieder am Hungertuch nagen.« »Ach,« sprach die Frau, »ich will den Reichtum lieber nicht, wenn ich nicht weis von wem er kommt; sonst habe ich doch keine Ruhe.« Der Mann ging wieder fischen, und über eine Zeit so wars nicht anders, er holte den Goldfisch zum drittenmal heraus. »Hör,« sprach der Fisch: »ich sehe wohl, ich soll immer wieder in deine Hände fallen, nimm mich mit nach Haus, und zerschneid mich in sechs Stücke, zwei davon gib deiner Frau zu essen, zwei deinem Pferd, und zwei leg in die Erde, so wirst du Segen davon haben.« Der Mann nahm den Fisch mit nach Haus und tat wie er ihm gesagt hatte. Es geschah aber, daß aus den zwei Stücken, die in die Erde gelegt waren, zwei goldene Lilien aufwuchsen, und daß das Pferd zwei goldene Füllen bekam, und des Fischers Frau zwei Kinder gebar, die ganz golden waren. Die Kinder wuchsen heran, wurden groß und schön, und die Lilien und Pferde wuchsen mit ihnen. Da sprachen sie »Vater, wir wollen uns auf unsere goldenen Rosse setzen und in die Welt ausziehen.« Er aber antwortete betrübt »wie will ichs aushalten, wenn ihr fortzieht und ich nicht weis wies euch geht?« Da sagten sie »die zwei goldenen Lilien bleiben hier, daran könnt ihr sehen, wies uns geht: sind sie frisch, so sind wir gesund; sind sie welk, so sind wir krank; fallen sie um, so sind wir tot.« Sie[[1]] ritten fort und kamen in ein Wirtshaus, darin waren viele Leute, und als sie die zwei Goldkinder erblickten, fingen sie an zu lachen und zu spotten. Wie der eine das Gespött hörte, so schämte er sich, wollte nicht in die Welt, kehrte um und kam wieder heim zu seinem Vater. Der andere aber ritt fort und gelangte zu einem großen Wald. Und als er hinein reiten wollte, sprachen die Leute »es geht nicht, daß ihr durchreitet, der Wald ist voll Räuber, die werden übel mit euch umgehen, und gar, wenn sie sehen daß ihr golden seid und eure Pferde auch, so werden sie euch tot schlagen.« Er aber ließ sich nicht schrecken und sprach »ich muß und soll hindurch.« Da nahm er Bärenfelle und überzog sich und sein Pferd damit, daß nichts mehr vom Gold zu sehen war, und ritt getrost in den Wald hinein. Als er ein wenig fortgeritten war, so hörte er es in den Gebüschen rauschen und vernahm Stimmen, die miteinander sprachen. Von der einen Seite riefs »da ist einer,« von der andern aber »laß ihn laufen, das ist ein Bärenhäuter, und arm und kahl, wie eine Kirchenmaus, was sollen wir mit ihm anfangen!« So ritt das Goldkind glücklich durch den Wald und geschah ihm kein Leid. Eines Tags kam er in ein Dorf, darin sah er ein Mädchen, das war so schön, daß er nicht glaubte es könnte ein schöneres auf der Welt sein. Und weil er eine so große Liebe zu ihm empfand, so ging er zu ihm und sagte »ich habe dich von ganzem Herzen lieb, willst du meine[[Besitz]] Frau werden?« Er gefiel aber auch dem Mädchen so sehr, daß es einwilligte und sprach »ja, ich will deine Frau werden und dir treu sein mein Lebelang.« Nun hielten sie Hochzeit zusammen, und als sie eben in der größten Freude waren, kam der Vater der Braut heim, und als er sah daß seine Tochter Hochzeit machte, verwunderte er sich und sprach »wo ist der Bräutigam?« Sie[[1]] zeigten ihm das Goldkind, das hatte aber noch seine Bärenfelle um. Da sprach der Vater zornig »nimmermehr soll ein Bärenhäuter meine[[Besitz]] Tochter haben,« und wollte ihn ermorden. Da bat ihn die Braut, was sie konnte, und sprach »er ist einmal mein Mann, und ich habe ihn von Herzen lieb,« bis er sich endlich besänftigen ließ. Doch aber kams ihm nicht aus den Gedanken, so daß er am andern Morgen früh aufstand und seiner Tochter Mann sehen wollte, ob er ein gemeiner und verlumpter Bettler wäre. Wie er aber hinblickte, sah er einen herrlichen, goldenen Mann im Bette, und die abgeworfenen Bärenfelle lagen auf der Erde. Da ging er zurück und dachte »wie gut ists, daß ich meinen[[Besitz]] Zorn bändigte, ich hätte eine große Missetat begangen.« Dem Goldkind aber träumte er zöge hinaus auf die Jagd nach einem prächtigen Hirsch, und als er am Morgen erwachte, sprach er zu seiner Braut »ich will hinaus auf die Jagd.« Ihr war angst, und sie bat ihn da zu bleiben und sagte »leicht kann dir ein großes Unglück begegnen,« aber er antwortete »ich soll und muß fort.« Da stand er auf und zog hinaus in den Wald, und gar nicht lange, so hielt auch ein stolzer Hirsch vor ihm, ganz nach seinem Traume. Er legte an und wollte ihn schießen, aber der Hirsch sprang fort. Da jagte er ihm nach, über Graben und durch Gebüsche, und ward nicht müde den ganzen Tag; am Abend aber verschwand der Hirsch vor seinen Augen. Und als das Goldkind sich umsah, so stand er vor einem kleinen Haus, darin saß eine Hexe. Er klopfte an, und ein Mütterchen kam heraus und fragte »was wollt ihr so spät noch mitten in dem großen Wald?« Er sprach »habt ihr keinen Hirsch gesehen?« »Ja,« antwortete sie, »den Hirsch kenn ich wohl,« und ein Hündlein, das mit ihr aus dem Haus gekommen war, bellte dabei den Mann heftig an. »Willst du schweigen, du böse Kröte,« sprach er, »sonst schieß ich dich tot.« Da rief die Hexe zornig »was, mein Hündchen willst du töten!« und verwandelte ihn alsbald, daß er da lag wie ein Stein, und seine Braut erwartete ihn umsonst und dachte »es ist gewiss eingetroffen, was mir so Angst machte und so schwer auf dem Herzen lag.« Daheim aber stand der andere Bruder bei den Goldlilien, als plötzlich eine davon umfiel. »Ach Gott,« sprach er, »meinem Bruder ist ein großes Unglück zugestoßen, ich muß fort, ob ich ihn vielleicht errette.« Da sagte der Vater »bleib hier, wenn ich auch dich verliere, was soll ich anfangen?« Er aber antwortete »ich soll und muß fort.« Da setzte er sich auf sein goldenes Pferd und ritt fort und kam in den großen Wald, wo sein Bruder lag und Stein war. Die alte Hexe kam aus ihrem Haus, rief ihn an und wollte ihn auch berücken, aber er näherte sich nicht, sondern sprach »ich schieße dich nieder, wenn du meinen[[Besitz]] Bruder nicht wieder lebendig machst.« Sie[[1]] rührte, so ungerne sies auch tat, den Stein mit dem Finger an, und alsbald erhielt er sein menschliches Leben zurück. Die beiden Goldkinder aber freuten sich, als sie sich wiedersahen, küßten und herzten sich, und ritten zusammen fort aus dem Wald, der eine zu seiner Braut, der andere heim zu seinem Vater. Da sprach der Vater »ich wußte wohl, daß du deinen Bruder erlöst hattest, denn die goldene Lilie ist auf einmal wieder aufgestanden und hat fortgeblüht.« Nun lebten sie vergnügt, und es ging ihnen wohl bis an ihr Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="86._Der_Fuchs_und_die_Gänse" 86. Der Fuchs und die Gänse. &&ax &&lg=x &&fe Der Fuchs kam einmal auf eine Wiese, wo eine Herde schöner fetter Gänse saß, da lachte er und sprach »ich komme ja wie gerufen, ihr sitzt hübsch beisammen, so kann ich eine nach der andern auffressen.« Die Gänse gackerten vor Schrecken, sprangen auf, fingen an zu jammern und kläglich um ihr Leben zu bitten. Der Fuchs aber wollte auf nichts hören und sprach »da ist keine Gnade, ihr müßt sterben.« Endlich nahm sich eine das Herz und sagte »sollen wir armen Gänse doch einmal unser jung frisch Leben lassen, so erzeige uns die einzige Gnade und erlaub uns noch ein Gebet, damit wir nicht in unsern Sünden sterben: hernach wollen wir uns auch in eine Reihe stellen, damit du dir immer die fetteste aussuchen kannst.« »Ja,« sagte der Fuchs, »das ist billig, und ist eine fromme Bitte: betet, ich will so lange warten.« Also fing die erste ein recht langes Gebet an, immer »ga! ga!« und weil sie gar nicht aufhören wollte, wartete die zweite nicht, bis die Reihe an sie kam, sondern fing auch an »ga! ga!« Die dritte und vierte folgte ihr, und bald gackerten sie alle zusammen. (Und wenn sie ausgebetet haben, soll das Märchen weiter erzählt werden, sie beten aber alleweile noch immer fort.)